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Drinking Battle 1989: Alle fünf Minuten einen Tequila! Wer nicht mittrinkt, fliegt raus!

Der Kurzfilm Kampftrinken (Drinking Battle) Berlin 1989 ist ein Dokument der Zeitgeschichte über eine ebenso talentierte wie rebellische Subkultur, die auf der Suche nach Identität und Anerkennung im Kapitalismus bereit war, ihre Gehirnzellen zu opfern.

West-Berlin 1989. Die Mauer steht noch. Es ist früh am Abend. In der Szenekneipe Blechkiste in Kreuzberg versammeln sich gut ein Dutzend Kreative zum Hardcorewettkampf. Ihr Ziel: Unbedingt gewinnen! Ihre Disziplin: Kampftrinken!

Die Regeln sind simpel: Teilnahme auf eigene Gefahr. 20 D-Mark Startgeld auf den Tresen und alle fünf Minuten einen Tequila auf ex. Gesoffen wird in Runden. Wer nicht mittrinkt oder umfällt, ist raus. Ein Notarzt steht bereit. 200 Mark bekommt der Sieger. Der wird sich am nächsten Tag und nach 40 Drinks an nichts mehr erinnern können.

Peter Gruchot schoss in dieser legendären Nacht des gezielten Alkoholmissbrauchs die Fotos. Filmemacher Rolf S. Wolkenstein hielt das Saufen bis zum Umfallen mit der VHS-Kamera für die Nachwelt fest. Saufen, Kotzen, Schnapsleichen auf der Straße und wieder Kotzen. Am Ende noch der Versuch eines Interviews mit dem Sieger.

Sein Freund und Mitproduzent Wolfgang “Wolf” Hogekamp legte die Kamera beiseite, griff in den Wettkampf ein … und soff beim Drinking Battle in Berlin alle unter den Tisch!

Der Kurzfilm Kampftrinken (Drinking Battle) Berlin 1989 ist ein Dokument der Zeitgeschichte über eine ebenso talentierte wie rebellische Subkultur, die auf der Suche nach Identität und Anerkennung im Kapitalismus bereit war, ihre Gehirnzellen zu opfern.

Die Kamera bleibt konsequent distanziert und gibt dem Zuschauer Gelegenheit, sich selbst ein Urteil über das Thema Kampftrinken zu bilden. [Zur Nachahmung nicht empfohlen.]


Foto: Rolf S. Wolkenstein (via Peter Gruchot).

Gunther Sosna studierte Psychologie, Soziologie und Sportwissenschaften in Kiel und Hamburg. Er war als Handballtrainer tätig, arbeitete dann als Journalist für Tageszeitungen und Magazine und später im Bereich Kommunikation und Werbung. Er lebte hauptsächlich im europäischen Ausland und war international in der Pressearbeit und im Marketing tätig. Sosna ist Initiator von Neue Debatte und weiterer Projekte aus den Bereichen Medien, Bildung, Diplomatie und Zukunftsfragen. Regelmäßig schreibt er über soziologische Themen, Militarisierung und gesellschaftlichen Wandel. Außerdem führt er Interviews mit Aktivisten, Politikern, Querdenkern und kreativen Köpfen aus allen Milieus und sozialen Schichten zu aktuellen Fragestellungen. Gunther Sosna ist Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens und tritt für die freie Potenzialentfaltung ein, die die Talente, Fähigkeiten und die Persönlichkeit des Menschen in den Mittelpunkt stellt, ohne sie den Zwängen der Verwertungsgesellschaft unterzuordnen. Im Umbau der Unternehmen zu gemeinnützigen und ausschließlich dem Gemeinwohl verpflichteten sowie genossenschaftlich und basisdemokratisch organisierten Betrieben sieht er einen Ausweg aus dem gesellschaftlichen Niedergang, der vorangetrieben wird durch eine auf privaten Profit ausgerichtete Wirtschaft, Überproduktion, Kapitalanhäufung und Bullshit Jobs, die keinerlei Sinn mehr haben.

Von Gunther Sosna

Gunther Sosna studierte Psychologie, Soziologie und Sportwissenschaften in Kiel und Hamburg. Er war als Handballtrainer tätig, arbeitete dann als Journalist für Tageszeitungen und Magazine und später im Bereich Kommunikation und Werbung. Er lebte hauptsächlich im europäischen Ausland und war international in der Pressearbeit und im Marketing tätig. Sosna ist Initiator von Neue Debatte und weiterer Projekte aus den Bereichen Medien, Bildung, Diplomatie und Zukunftsfragen. Regelmäßig schreibt er über soziologische Themen, Militarisierung und gesellschaftlichen Wandel. Außerdem führt er Interviews mit Aktivisten, Politikern, Querdenkern und kreativen Köpfen aus allen Milieus und sozialen Schichten zu aktuellen Fragestellungen. Gunther Sosna ist Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens und tritt für die freie Potenzialentfaltung ein, die die Talente, Fähigkeiten und die Persönlichkeit des Menschen in den Mittelpunkt stellt, ohne sie den Zwängen der Verwertungsgesellschaft unterzuordnen. Im Umbau der Unternehmen zu gemeinnützigen und ausschließlich dem Gemeinwohl verpflichteten sowie genossenschaftlich und basisdemokratisch organisierten Betrieben sieht er einen Ausweg aus dem gesellschaftlichen Niedergang, der vorangetrieben wird durch eine auf privaten Profit ausgerichtete Wirtschaft, Überproduktion, Kapitalanhäufung und Bullshit Jobs, die keinerlei Sinn mehr haben.

5 Antworten auf „Drinking Battle 1989: Alle fünf Minuten einen Tequila! Wer nicht mittrinkt, fliegt raus!“

Was ich, als Epileptiker, überhaupt nicht verstehen kann ist , daß dieses Kampf- oder Komatrinken mittlerweile als zu unserer Gesellschaft zugehörig empfunden wird. Und wenn ich dann auch noch lese, daß der Kameramann auch noch mitgetrunken hat (anscheinend wurde das dann noch als besondere Heldentat angesehen), geht mir das erst recht über die Hutschnur. Wenn nämlich auf grund einer solchen Veranstaltung sich letztendlich gesundheitliche Schäden einstellen, wird recht bald nach der , von derMehrzahl der Bevölkerung bezahlten, Medizin verlangt hier wieder Abhilfe zu schaffen. Wenn Menschen, die ohne eigenes Zutun krank werden, sich dann darüber aufregen, wundern sich einige auch noch. Und so etwas ist dann auch noch einen Film wert. Wenn ich nicht schon krank wäre, würde ich es bei dem Gedanken an diese Dinge bald werden.
Christoph Droß
PS: bin mal gespannt, wie viele sich jetzt über diesen Kommentar aufregen.

Hallo Christoph und vielen Dank für Deinen Kommentar. Er wirft eine berechtigte Frage auf: Die Motivation und Sinnhaftigkeit, sich bewusst der Gefährdung der eigenen Gesundheit auszusetzen. Das gezeigte Kampftrinken fand erstaunlicherweise in der Kreativszene seine Protagonisten. Wolf Hogekamp und Rolf S. Wolkenstein, der viele Jahre als Dokumentarfilmer aktiv war und sehr unterschiedliche Milieus mit der Kamera begleitete, hat dazu geschrieben: “Wolfgang sollte erst mal mittrinken und dann später die Kamera übernehmen, um sozusagen „insight“ zu filmen. Ich sollte den Anfang filmen und ihn dann, als Nichtalkoholtrinker, (unter)stützen. Schon nach kurzer Zeit geriet Wolfgang allerdings so in Fahrt, dass sich mal wieder alles ganz anders entwickelte …” Vielleicht war der Preis für die unbedingte Nähe, die eigene Enthemmung. Die Neigung zur Entblößung seines Selbst lässt sich heute in vielen Bereichen finden. Dazu gehört sicher auch ein offeneres Verhältnis zu Drogen und Alkohol, aber vor allem, so hat es sinngemäß der Philosoph Byung-Chul Han beschrieben, die ausgeprägte Bereitschaft, sich selbst ins Schaufenster der Öffentlichkeit zu stellen.

Auch die Absicht, einen “Insider”-Bericht schreiben zu wollen und dafür eine Selbstgefährdung in Kauf zu nehmen, ist in meinen Augen keine Entschuldigung für so ein Verhalten. Auch ein hier erwähntes “offeneres Verhältnis zu Drogen” ist da nicht angebracht. Denn im Gegensatz z. B. zum Bloggen, das ja auch eine Neigung zur Entblößung darstellt,(ich nehme mich da nicht aus),hat der Konsum von Drogen, zu denen ich nicht nur den Alkohol sondern auch Nikotin zähle, Auswirkungen, die sich schließlich, mehr oder weniger schnell, negativ auf den menschlichen Körper bemerkbar machen. Und hier hört bei mir die Bereitschaft zum Verständnis endgültig auf. Während viele Personen sich nichts sehnlicher wünschen, als einen gesunden Körper zu haben, setzten diese Leute sich bewußt Gefahren aus, die geradezu mit Selbstverletzung gleich zu setzten ist.Während allerdings das Besaufen von der Gesellschaft toleriert wird, werden sich selbst verletzende Personen von den meisten ausgegrenzt. Unter anderem deshalb, da diese Verlezungen direkt sichtbar sind . Übermäßige Alkoholzufuhr ( Genuß kann ich das nicht mehr nennen) ist auch eine Form der Vergiftung, die in nicht seltenen Fällen Epilepsie auslösen kann. Da ich auch Epileptiker bin kenne ich die Auswirkungen daher sehr gut (zu gut) und kann daher kein Verständnis dafür aufbringen. Ich wäre überglücklich, diese Krankheit los zu sein. Daher kann ich überhaupt nicht verstehen, daß diesem Thema(Kampftrinken) eine solche Aufmerksamkeit geschenkt wird. Wesentlich sinnvoller wäre es in meinen Augen, wenn mehr Informationen über solche Krankheiten verbreitet werden könnten. Viele Erkrankte haben nämlich mit Vorurteilen zu kämpfen, die zum Einen bis ins Arbeitsleben hineinspielen, aber auch in den privaten Berreichen bemerkbar sind. Und dies nicht nur bei Epilepsie. Eine Dokumentation darüber ist wesentlich angebrachter, als ein Beitrag über Kampftrinken. Der Einsatz von “Drogen” (in diesem Fall Haschisch bzw. dem Extrakt davon) in der Medizin wäre übrigens auch mal ein Thema, das wesentlich sinnvoller ist, um eine vorurteilfreiere Beurteilung zu ermöglichen.
Wenn ich jetzt hier vom Thema abgeschweift sein sollte, möchte ich mich dafür entschuldigen.
Christoph Droß

Salute Christoph! Du hast jetzt einen ziemlich weiten Bogen geschlagen und bist zu einem Thema gekommen, dass durchaus wichtig ist. Ich könnte mich selbst nicht erinnern, wann ich in einer Tageszeitung etwas über Epilepsie gelesen habe. Ich wüsste auch kein Magazin, dass diesen Bereich von unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet, außer Fachmedien oder medizinische Blätter. Sollte man sich als Recherche vornehmen. Doch jetzt zu deiner Kritik. Dokumentarfilmer versuchen ja immer einen Bereich einzufangen, der nicht alltäglich oder exotisch, ungewöhnlich, unbekannt oder völlig fremd ist. Das Drinking Battle in Berlin gehört sicher dazu, weil es, selbst wenn es merkwürdig klingt, ein Wettkampf gewesen ist, der bestimmte Vorbereitungen hatte. Dazu gehörte auch die Bestellung eines Notarztwagens. Der Film selbst hat keine reißerische Linie, sondern zeigt einfach nur wie es war. Die Bilder sprechen für sich. Ich finde das nicht unvernünftig, weil sich der Zuschauer seine eigene Meinung bilden kann. Das gilt auch für die von dir genannten Drogen in der Medizin, wo sie sicher hilfreich sind und vielleicht das Leben mit einer Erkrankung leichter machen. Und dann gibt es eben auch die andere Seite, wo es lediglich um den Rausch geht. Ich glaube übrigens nicht, dass der exzessive Umgang mit Nikotin, Drogen, Alk etc. gesellschaftlich toleriert wird, sondern in der jeweiligen Gruppe akzeptiert ist (im Sinne einer Ingroup) und dagegen in der unbeteilgten Gesellschaft einfach hingenommen wird. Also eine mehr gleichgültige Position vorherrscht. Das gilt ja auch für andere Themen. Wenn du z.B. bedenkst, dass eine unglaublich hohe Anzahl an Menschen mitterweile Depressionen haben bzw. andere psychische Auffälligkeiten, die in diese Sparte fallen, und die offenbar unmittelbar mit der Arbeitsbelastung und der allgemeinen Lebenssituation zusammenhängen, wird erstaunlich wenig darüber berichtet und (noch viel erstaunlicher) gesprochen. Und wenn, meistens im Zusammenhang mit einem wirtschaftlichen Schaden der entstehen würde durch Krankheitstage. Das finde ich schon ziemlich merkwürdig, da der Mensch dadurch mehr als deutlich auf eine ökonomische Größe reduziert wird. Aber das wäre eine weitere Recherche.

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