Kategorien
Kultur

Menschliche Entwicklung

Wahrheit und Lüge. Zwei Gegensätze, die zusammengehören wie Pech und Schwefel. Was früher wahr war, ist heute eine Lüge.

Wahrheit und Lüge. Zwei Gegensätze, die zusammengehören wie Pech und Schwefel. Was früher wahr war, ist heute eine Lüge. Alex schreibt über die Angst, die uns das Vertrauen nimmt und über die Liebe als Weg für eine menschliche Entwicklung.

“Der Mensch muss für alle Konflikte eine Methode entwickeln, die Rache, Aggression und Vergeltung ausschließt. Die Grundlage einer solchen Methode ist die Liebe.”

Martin Luther King Junior; Bürgerrechtler, 1929 – 1968

Aktuelle Situation

In der äußerlichen, oberflächlichen, arroganten Plattheit kann man die Wahrheit sehen. Zumindest der, der die Muse des wahren Blickes hat, genauer hinschaut und keinen schwarzen Schleier der Lüge vor sich herträgt, der einen blind werden lässt, gegen die wahren Schönheiten, die die Welt uns zu bieten hat.

Wahrheit und Lüge. Gegensätze, die zusammengehören wie Pech und Schwefel. Was früher wahr war, ist heute eine Lüge, weil irgendwer mal irgendwann das nicht nur gesagt hat, sondern uns auch noch eingetrichtert hat.

Und nun lebe ich in einer Zeit, in der die Lüge als Wahrheit gelebt wird und wer sagt „Hey, äh, wart mal …“ wird gleich an den medialen Galgen aufgeknüpft. Von der Meute gefordert, vom Sheriff getan und hinterher kann dem Durchreisenden, dem mit viel Tamtam die spannende Jagd auf den Desperado beschrieben wird, gar nicht mehr gesagt werden, warum er nun aufgeknüpft worden war.

Erklärung der aktuellen Situation

Wir schlagen nach dem Anderen, weil wir Angst haben. Wir haben Angst, weil wir das Andere nicht kennen. Weil wir das Andere nicht kennen, misstrauen wir. Weil wir dem Anderen misstrauen, schlagen wir danach.

Ein kurzer Prozess, den ich immer wieder sehe, lese, höre … lebe. Ich lebe ihn, weil ich kein isoliertes Individuum bin, erhaben über alles, was mit anderen Lebewesen zu tun hat.

Nein, es hat alles miteinander zu tun. Alles ist verbunden und verwoben. Und so kann ich mich Mahatma Gandhi nur anschließen, der sagte:

Die Menschheit ist eine Familie. Da kann ich nicht sagen, dass die Gewalttätigen mich nichts angingen.

Also darf ich meine Augen nicht verschließen vor der Abwärtsspirale aus Angst. Aber wie begegne ich diesem Strom, diesem Sog, der mich mitreißen will? Mit Liebe und Vertrauen!

Eine Lösung

Martin Luther King wurde 1968 ermordet.
Martin Luther King: „Liebe ist die beständigste Macht der Welt.“

Das Andere, was wir nicht kennen, wird uns immer etwas Angst machen und wir werden danach schlagen wollen. Aber, wenn wir lernen dem Leben wieder zu vertrauen, dann werden wir keine Angst mehr haben.

Dennoch müssen wir in Kauf nehmen; verletzt zu werden. Das Leben kann uns nicht vor allem beschützen. Und darf es nicht! Es gibt keine absolute Sicherheit. Und nur so können unsere Seelen lernen. Indem sie Erfahrung im Leben sammeln. Und vielleicht sind wir deshalb auf dieser Erde: Um zu lernen.

Aber es ist ein langer Weg des Lernens. Es ist ein langer Weg des Liebens und des Vertrauens. Diejenigen, die einen Anfang mach(t)en, diejenigen, die einen Unterschied mach(t)en, w(u)(e)rden noch stärker verletzt als jene, die deren Werk fortsetzen. Weil, um zu lieben, muss man sich verletzlich zeigen. Und am Anfang hat man den vollen Sog gegen sich und es wird härter zugeschlagen, als wenn schon eine gewisse Zeit des Wandels vergangen und der Mahlstrom nicht ganz so stark ist.

Warum muss ich mich verletzlich zeigen für die Veränderung hin zur Liebe? Weil nur so wieder Gefühle in die Welt der Menschen kommen. Wir sind so stark von purer Angst indoktriniert, seit vielleicht schon Jahrtausenden, dass wir die natürliche Verbindung zu uns selbst verloren haben.

Wir haben kein Vertrauen mehr zu uns selbst, schon gleich gar nicht zu anderen Menschen. Unser Leben ins geprägt von Konkurrenzdenken und Panikmacherei. Klar fällt es mir schwer keine Angst zu haben, wenn ich die Nachrichten sehe und mir gesagt wird, ich soll Hamstereinkäufe tätigen.

Aber nur ein kleiner Teil hat Angst. Mein großes Selbst gibt mir zu verstehen, dass dahinter etwas Größeres steht und ich Angst bekommen soll. Denn, ziehen wir doch eine Bilanz, sehen wir uns an, was wirklich ist:

  • Ich habe ein Dach über dem Kopf.
  • Ich habe Essen im Kühlschrank.
  • Ich habe es warm.
  • Vor meiner Haustüre laufen Menschen und Autos fahren vorbei.

Panik funktioniert nur, wenn wir mitmachen. Wenn wir uns aber vor der Panik einmal besinnen und uns sagen: „Okay, bevor ich hier jetzt ausraste, guck ich lieber noch mal aus dem Fenster.“ Eine Realitätsüberprüfung ist in allen Lebenslagen ratsam, bevor wir uns dem Reptil in uns zum Fraß vorwerfen.

Ein Lösungsweg

Um nun wieder Liebe und Vertrauen in die Menschen zu bringen, muss ich mich, weil ich ein Geschenk des Verständnisses, der Liebe und des Weitblickes erhalten habe, schlichtweg die Verbindung zum großen Ganzen aufrechterhalte, etwas zurückstellen, um anderen einen Raum zu geben. In diesem Raum begegne ich dem Menschen mit Liebe.

Da die Liebe diesem Menschen neu und etwas Fremdes ist, wird er erst mal Angst haben und mich schlagen, weil er meint, ich will ihm schaden. Deshalb meine ich, dass diejenigen, die anfangen, geschlagen werden, noch mehr als jene, die weiter machen. Weil, wenn dieser Mensch die erste Dosis Liebe erhalten hat und merkt „Hey, das ist ja gar nicht so schlimm. Der will mir nix Böses“, wird er dem Fortführenden mit weniger Misstrauen und weniger Schlagen begegnen.

Das ist die angesprochene Verletzlichkeit. Ich muss den ersten Schritt machen, dann sehen die anderen, wie es auch gehen kann, lernen die Liebe kennen und ich pflanze einen weiteren Baum der Liebe im Wald des Lebens. Ich kann nicht wissen, ob die Saat aufgehen wird, aber ich kann dem Kern das lebensnotwendige Wasser jeden Tag aufs Neue geben. Das kann ich tun, die Sonne kann ich nicht beeinflussen. Der Sonne müssen die Menschen schon selbst entgegenwachsen.


Fotos: Alex Barth (Titelbild) – CC BY 2.0 und U.S. Embassy New Delhi (Martin Luther King) – CC BY-ND 2.0

 

Autorin und Künstlerin bei Neue Debatte | Webseite

Alex Ross emi­g­rie­rte aus den schwäbisch-bayrischen Bergen in die Lüneburger Heide. Nach dem Abitur zog sie nach Hamburg, um ein Handwerk zu erlernen. Alex gibt sich als Autorin dem Schreiben hin und als Künstlerin der kreativen Malerei. Ihre Essays unterzieht sie dem Urteil der eifrigen Leserkultur. Sie schreibt über die kleinen Schönheiten und die großen Gemeinheiten des Alltags. Alex lebt im Norden Deutschlands.

Von Alex Ross

Alex Ross emi­g­rie­rte aus den schwäbisch-bayrischen Bergen in die Lüneburger Heide. Nach dem Abitur zog sie nach Hamburg, um ein Handwerk zu erlernen. Alex gibt sich als Autorin dem Schreiben hin und als Künstlerin der kreativen Malerei. Ihre Essays unterzieht sie dem Urteil der eifrigen Leserkultur. Sie schreibt über die kleinen Schönheiten und die großen Gemeinheiten des Alltags. Alex lebt im Norden Deutschlands.

9 Antworten auf „Menschliche Entwicklung“

So unterschiedlich wie wir Menschen scheinen, so scheint auch die Vielfalt der Ängste unbegrenzt zu sein, aber im Kern sind sie sich alle ähnlich und beschränken sich auf eine Angst: Nichts wert zu sein beziehungsweise keinen Sinn zu haben. Jede Kultur hat sich diese Frage gestellt und bisher keine Antwort gefunden und keine Antwort zu haben, macht Angst. Das Unbekannte hat kein Gesicht.

Dann könnte ein Konservativer Gesit doch sagen: Die Angst ist eine anthropologische Grundkonstante. Das ist eben so, sie treibt uns an, wir sollen und wollen das nicht ändern, so wie wir alle auf zwei Beinen gehen! Oder anders: Wer die Angst besiegen wollte, müßte die unverselle Liebe als Antwort formulieren, dem Europäer sagen, er ist kultiviert genug, dem Amerikaner er hat genügend geleistet und dem Asiaten, er ist angepaßt und eckt nicht an. Wie sag ich das alles in einem Satz?

Klar, wenn man keine Veränderung haben will … Aber ist das die Natur? Die Natur hat sich auf lange Sicht immer verändert und weiter entwickelt. Der Mensch ist da keine Ausnahme, sonst würden nicht so viele Seelen/Menschen auf der Erde wandeln, die dem Strom entgegenschwimmen, weil sie zur Quelle wollen, statt den Wasserfall hinab zu fallen.
Und wir Menschen haben unsere Sprache entwickelt, die fasettenreich ist. Muss es dann nur ein Satz sein?

Schön gesagt. Es gibt wohl tatsächlich mehr als genug kluge und mutige. Auch wenn diese beiden Eigenschaften eigentlich gegensätzlich sind. Wie aber soll eine Gesellschaft diese Tatkräftigen fördern? Wie verhindern wir, dass sie angesichts der vielen Schafe auf halbem Weg die Hilfsbereitschaft aufgeben und stattdessen mit ihrem Mut ein Unternehmen gründen, innerhalb dessen die Schafe ihre Angst und Unterwürfigkeit kultivieren können? Und wie schützen wir die mutigen Liebenden davor, dass die Schafe ihnen ein Denkmal errichten, sich davor niederwerfen und so laut lobpreisen, bis die Herzen der edelsten sich mit Arroganz und Machtgier füllen?

Ich weiß es nicht. Ich hab keine Lösung, außer an diesem mysteriösen Gefühl festzuhalten, was “die Welt im innersten zusammenhält”. Ich denke, dass wir das schlimmste Beben, den heftigsten Sturm, die zerstörerischste Flut einfach nur überleben müssen, damit wir gewinnen können. Schon allein mit dem Übereben der Liebe, hat der Hass einen sehr sehr starken Gegner. Vielleicht müssen wir diese Zeiten momentan nur überstehen und das weiter geben, was uns stark macht und die nächsten Größen können dann etwas besseres daraus schaffen, wozu wir heute nicht im Stande sind, weil das Beben die Erde aufreißt, der Sturm zu heftig wütet und die Flut uns den Boden unter den Füßen wegzieht.
Wenn du auf dem Weg des Großen Ganzen unterwegs bist, etwas verändern willst zum großen Glück hin arbeitest, dann wandelst du automatisch auch auf dem Weg der Macht, was nicht schlechtes ist; an sich. Aber der Mensch hat nun mal beides in sich. Es kommt nur darauf an wohin das Pendel manchmal schlägt. Aber selbst das stärkste Negativ kann genutz werden, wenn man weiß wie man es kanalüsiert und in welche Richtung. Da steckt die Krux.

Um das mal zu entmystifizieren, ohne gleich das ganze System infrage zu stellen: Ich hab so den Verdacht, wir kämen ein ganzes Stück weiter, wenn man mehr Leute das tun lässt was sie eigentlich wollen, mithin lieben?

Wenn wir Menschen frei wären, dann sähe die Welt weit aus bunter und friedlicher aus. Da geb ich dir recht. Und die Liebe würde den Platz der Angst einnehmen.

Anhalten und umspannen. Bei Widrigkeiten oder Alarmierendem. Anhalten statt wegzulaufen oder um mich zu schlagen. Und dann das Gegensätzliche, Zerreißende zu umarmen. Die Spannung reinzulassen. Dabei weit zu werden. Und wenn es nicht immer geht, dann geht es doch immer wieder.

Wie ist Deine Meinung zum Thema?

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.