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Fidel Castro ist tot: Der Comandante hat das Wort!

Fidél Castro ist gestorben. Der kommunistische Revolutionsführer wurde 90 Jahre alt.

Fidél Castro ist gestorben. Der kommunistische Revolutionsführer, der Kuba mit seiner Guerilla 1959 von der Diktatur Fulgencio Batistas befreite, wurde 90 Jahre alt.

Mehrfach sprach Castro als Staatsoberhaupt Kubas vor der UN-Vollversammlung. Legendär ist eine vierstündige Rede, die Castro 1960 hielt. Nicht weniger beeindruckend ist seine Ansprache von 1970, in der Castro die Folgen des ausbeuterischen kapitalistischen Systems anprangert.

Die Rede erscheint fast prophetisch, da die skizzierte Apokalypse in Form von Kriegen, Vertreibung und Flucht heute auch nah an Europa gerückt ist. Eine unverständliche Wirtschaftsordnung, die die Menschen in Ausbeuter und Ausgebeutete spaltet, wurde den Gesellschaften übergestülpt, und wird nun als Normalität hingenommen.

Fidél Castro, der selbst schwere Schuld auf sich geladen hat durch die Verfolgung, Inhaftierung und die Hinrichtung politischer Gegner, hat die Entwicklung vorhergesagt. Er konnte Menschen für sozialistische Ideen begeistern, ohne aber den Siegeszug des Kapitals aufhalten zu können. Das gelingt nur mit der Masse.

In Fidél Castro vereinigen sich somit Licht und Schatten der antikapitalistischen Strömungen, deren Anhänger Castro als Máximo Líder verehrten und fast geschlossen seine Verfehlungen ausklammerten. Das wird der Person Fidel Castro nicht gerecht, obgleich er unzweifelhaft die zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts maßgeblich mitgeprägt hat.

Jairo Gomez hat die 1970 vor der UN-Vollversammlung gehaltene Rede des Comandante in Teilen übersetzt:

Herr Präsident, sehr geehrte Vertreter,

man spricht oft über die Menschenrechte, aber man muss auch über die Rechte der Menschheit sprechen. Warum müssen einige Völker barfuß gehen, damit einige andere in luxuriösen Automobilen reisen können? Warum dürfen manche Menschen nur 35 Jahre leben, damit andere 70 leben?

Warum müssen einige bettelarm sein, damit andere übertriebener Maßen reich sein können? Ich spreche im Namen der Kinder, die noch nicht einmal ein Stück Brot zu essen haben. Ich spreche im Namen der Kranken, die keinerlei Medizin haben. Ich spreche im Namen derer, denen man das Recht zu leben und die menschliche Würde verweigert hat.

Einige Länder sind reich an Bodenschätzen, andere haben nichts. Welches ist das Schicksal ihrer Völker? An Hunger zu sterben, auf ewig arm zu bleiben? Was nutzt dann die Zivilisation? Wozu nutzt dann das menschliche Gewissen?

Wozu nützen die Vereinten Nationen? Wozu nützt die Welt? Man darf nicht über Frieden reden, wenn jährlich Millionen an Hunger oder an eigentlich heilbaren Krankheiten sterben! Man darf nicht über Frieden sprechen, angesichts 900 Millionen Analphabeten. Die Ausbeutung der armen Länder durch die reichen muss aufhören!

Ich weiß, dass es in vielen armen Ländern auch Ausbeuter und Ausgebeutete gibt. Ich wende mich an die reichen Länder, damit sie helfen. Ich wende mich an die armen Länder, damit sie verteilen. Genug der Worte! Taten sind erforderlich!

Genug der Abstraktionen, es sind konkrete Aktionen nötig! Genug der Reden über eine neue globale wirtschaftliche, spekulative Weltordnung, die niemand versteht! Man muss über eine reale und objektive Ordnung reden, die alle verstehen!

Ich bin nicht hierher als Prophet der Revolution gekommen. Ich bin auch nicht hierher mit dem Wunsch oder der Forderung gekommen, die Welt gewaltsam zu erschüttern. Wir sind hierher gekommen, um über Frieden und Zusammenarbeit unter den Völkern zu reden.

Wir sind auch hierher gekommen, um darauf hinzuweisen, dass wenn es uns nicht gelingt, die Ungerechtigkeiten und Konflikte auf einer friedlichen Weise zu beseitigen, die Zukunft apokalyptisch sein wird.

Der Lärm der Waffen und eine drohende Sprache der Übermacht muss aufhören! Genug der Vorstellung, man könne die Probleme der Welt mit Nuklearwaffen beseitigen. Die Bomben mögen die Hungernden, die Kranken und die Ignoranten töten, aber sie werden niemals den Hunger, die Krankheiten und die Ignoranz aus der Welt schaffen.

Sie können auch nicht den gerechten Widerstand der Völker töten. In diesem Holocaust werden auch die Reichen sterben, jene, die in dieser Welt am meisten zu verlieren haben. Verabschieden wir uns von den Waffen und widmen wir uns auf zivilisierte Weise den drückendsten Problemen unserer Ära. Das ist die heilige Verantwortung und Pflicht der Staatsmänner der Welt. Es ist außerdem die unabdingbare Prämisse zum Überleben der Menschheit.

Vielen Dank.


Foto: Marcelo Montecino – (flickr.com) – CC BY-SA 2.0

 

Gunther Sosna studierte Psychologie, Soziologie und Sportwissenschaften in Kiel und Hamburg. Er war als Handballtrainer tätig, arbeitete dann als Journalist für Tageszeitungen und Magazine und später im Bereich Kommunikation und Werbung. Er lebte hauptsächlich im europäischen Ausland und war international in der Pressearbeit und im Marketing tätig. Sosna ist Initiator von Neue Debatte und weiterer Projekte aus den Bereichen Medien, Bildung, Diplomatie und Zukunftsfragen. Regelmäßig schreibt er über soziologische Themen, Militarisierung und gesellschaftlichen Wandel. Außerdem führt er Interviews mit Aktivisten, Politikern, Querdenkern und kreativen Köpfen aus allen Milieus und sozialen Schichten zu aktuellen Fragestellungen. Gunther Sosna ist Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens und tritt für die freie Potenzialentfaltung ein, die die Talente, Fähigkeiten und die Persönlichkeit des Menschen in den Mittelpunkt stellt, ohne sie den Zwängen der Verwertungsgesellschaft unterzuordnen. Im Umbau der Unternehmen zu gemeinnützigen und ausschließlich dem Gemeinwohl verpflichteten sowie genossenschaftlich und basisdemokratisch organisierten Betrieben sieht er einen Ausweg aus dem gesellschaftlichen Niedergang, der vorangetrieben wird durch eine auf privaten Profit ausgerichtete Wirtschaft, Überproduktion, Kapitalanhäufung und Bullshit Jobs, die keinerlei Sinn mehr haben.

Seit 1967 lebt der im spanischen Granada geborene Bernardo Jairo Gomez Garcia in Deutschland. Sein Vater stammt aus Kolumbien, seine Mutter aus Spanien. Schon vor seinen Ausbildungen zum Trockenbaumonteur und Kfz-Lackierer entdeckte Gomez seine Leidenschaft für die Kunst. Er studierte an einer privaten Kunsthochschule Airbrushdesign und wechselte aus der Fabrikhalle ans Lehrerpult. Rund 14 Jahre war Gomez als Spanischlehrer in der Erwachsenenbildung tätig. Seine Interessen gelten der Politik, Geschichte, Literatur und Malerei. Für Neue Debatte schreibt Jairo Gomez über die politischen Entwicklungen in Spanien und Lateinamerika und wirft einen kritischen Blick auf die gesellschaftlichen Veränderungen in Deutschland und Europa.

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