Viele Menschen der jungen und mittel-alten Generation haben Eltern, welche ihre frühe Adoleszenz im Dunstkreis der 68’er–Bewegung genießen durften.
Neben einigen revolutionären Ideen1 gegen Polizei und Establishment sowie eine freiere Sexualität gesellte sich die Erprobung alternativer Lebensformen, Philosophien und Therapiemethoden. Dies führte die Betroffenen zu einer nahezu ausschweifenden Toleranz mit Tendenz zu einem Schuss Verrücktheit.
Ein Nachkömmling dieser Generation zu sein, gestaltete sich nicht immer einfach, da eine orientierende Autorität zu fehlen schien. Erzogen wurde entweder antiautoritär, frei nach dem Motto des “anything goes” oder eben gar nicht, was es dem Nachwuchs nicht eben leicht machte, in schweren Zeiten Halt oder Orientierung bei seinen Eltern zu finden.
Toleranz, eben als die Freiheit der Andersdenkenden, sollte vom echten Hippie nicht nur für die eigene Person, sondern auch für dessen Mitmenschen eingefordert werden. Ein durch Toleranz verkleideter Egoismus schadet nicht nur dem Hippie selbst, sondern auch seinem sozialen Umfeld.
Quellen und Anmerkungen
[1] Als Hippies werden Menschen der gegenkulturellen Jugendbewegung bezeichnet, die in den 1960er Jahren in den USA entstand. Hippie leitet sich von dem englischen Wort hip “angesagt” ab. Die Hippiebewegung, die von San Francisco ausging, stellte die Wohlstandsideale der Mittelschicht infrage und vertrat eine von bürgerlichen Tabus und Zwängen befreite Lebensvorstellung. Unter dem Schlagwort Flower Power wurde versucht, dem Leistungsdruck der Gesellschaft zu entfliehen und neue Lebensweisen und menschlichere Umgangsformen zu finden.↩
Foto: tookapic (Pixabay.com, Creative Commons CC0).
Dr. Christian Ferch studierte Linguistik, Philosophie und Religionswissenschaft mit den Schwerpunkten Semantik, Kommunikationstheorie und Religionskritik. Er war Chefredakteur der Studentenzeitung „Die Spitze“ und schrieb seine Dissertation unter dem Titel „Elemente einer allgemeinen Kommunikationstheorie“ an der Freien Universität Berlin. Christian Ferch veröffentlicht zahlreiche philosophische Texte auf seiner Homepage. Im Podcast Philosophie Heros reflektiert er auf gesellschaftliche Aspekte aus dem Blickwinkel der Philosophie und der Kommunikation.
5 Antworten auf „Für Hippies, und solche, die es werden wollen …“
Wenn die Hintergründe und die politische Situation ausgeblendet werden, wird die Aussage manchmal sehr schnell flach:
Die 68er waren eine Reaktion auf die verlogene Situation des “Wirtschaftswunders”, in dem sich die alten Nazis in aller Ruhe wieder etabliert hatten und an den Hochschulen wie in der Justiz weiter machten.
EIN Hintergrund der Hippies waren auch die Proteste gegen den Wahnsinn des Vietnam-Krieges, und eine Herkunft von den “Nature Boys”, vor dem 1. Weltkrieg geflohene Burschen aus den Kreisen des Monte Verita und des Wandervogel, der eine Bewegung vor der Nazi-Zeit in ganz Europa war.
Mehr dazu in http://www.fairmuenchen.de/wandervogel
Okay, mag sein, dass ich da manches ausblendete. Die Protestleistungen der 68’er bleiben – selbst bei mir – unbestritten. Als Abkömmling des Dunstkreises der 68’er darf ich jecdoch an meiner »Erziehung« Kritik üben, oder?
Glück auf!
Klar, Kritik ist immer gut, Hr. Ferch, und… die meisten “Hippies” , jedenfalls aus meinem Bekanntenkreis, haben die von Hr. Lesch angesprochenen wahren Tatsachen noch besser ausgeblendet als Sie. Ausser Tuli Kupferberg sind fast alle tot oder etabliert, hahah.
Vielen Dank für den Kommentar. Als Ergänzung noch der Hinweis, dass der genannte Tuli Kupferberg 2010 verstorben ist.
Wieder etwas zu pauschal, denn Bewegungen wandeln sich eher, auch wenn sich Einzelne in den Absturz, vor allem mit Drogen, zurück ins Bürgerliche, in Berufe oder ins schlichte Überleben am Land gerettet haben.
Dann kam der Punk, und der lebt noch in allerlei Ecken, bevor sich Vieles in die Beliebigkeit des Käuflichen auflöste, und die SchülerInnen alles untereinander kombinierten …