“Erst wer wahr und ehrlich spricht, mag der Wahrheit auf die Spur kommen, und sei es nur seine eigene”, schreibt Dr. Christian Ferch und sucht Antworten bei Immanuel Kant.
Nicht jedermann ist dazu bereit, sich die Frage zu stellen, inwiefern er etwas oder ein Ding erkennen kann.
Immanuel Kant1 beantwortete diese Frage nach der Erkenntnis des “Dings an sich”, also nach der Seele eines Dinges negativ: Das “Ding an sich” sei nicht erkennbar, so Kant.
Ich denke, also bin ich.
René Descartes (franz. Philosoph)
Schon vor Kant hatte René Descartes2, Wegbereiter der naturwissenschaftlichen Methodologie, denkend nach Gewissheit gesucht, war jedoch nicht fündig geworden. Außer: Sich selbst als denkendes Wesen zu erkennen und anzuerkennen, was in sein berühmtes cogito, ergo sum (“Ich denke, also bin ich.”) mündete.
Nun hatte er sich selbst erkannt, wie stand es jedoch mit den Dingen und den Anderen? Selbst wenn er durch das “natürliche Licht” klar und differenziert (claire et distincte) etwas erkannt hatte, wie sollte diese seine Erkenntnis einem Anderen vermittelt werden.
Außerhalb des eigenen Bewusstseins
Dies ist die Frage nach der Überwindung des Solipsismus3, eben die Frage, wie und in welcher Form eine Erkenntnis von einem zum anderen Subjekt übermittelt werden kann.
Streng solipsistisch (sole ipsum: nur ich selbst) ist das gar nicht möglich, obschon uns die Funktionalitäten sozialer Gruppen etwas Anderes “vorgaukeln”.
Auseinandersetzungen und Streits über “die Wahrheit” sind daher ebenso unumgänglich wie vorprogrammiert. Helfen kann hier nur ein Nachdenken über die Zusammenhänge von Wahrheit, Wahrhaftigkeit und Authentizität: Erst wer wahr und ehrlich spricht, mag der Wahrheit auf die Spur kommen, und sei es “nur” seine eigene …
Quellen und Anmerkungen
[1] Immanuel Kant (1724 – 1804) war ein deutscher Philosoph der Aufklärung und einer der wichtigsten Vertreter der abendländischen Philosophie. Der Beginn der modernen Philosophie wird durch sein Werk Kritik der reinen Vernunft kennzeichnet. Kants dualistische Philosophie prägte die in der Erkenntnistheorie verwendete Begrifflichkeit “Das Ding an sich”. Sie steht für intelligible Gegenstände. Als intelligibel werden Gegenstände bezeichnet, die nur über den Verstand oder das Intellekt erfasst werden können, da sie der Sinneswahrnehmung nicht zugänglich sind.↩
[2] René Descartes (1596 – 1650) war ein französischer Naturwissenschaftler, Mathematiker und Philosoph. Berühmt ist sein Ausspruch “cogito, ergo sum” (dt.: “Ich denke, also bin ich.”). Das vollständige Zitat lautet: “Ich zweifle, also bin ich, oder was dasselbe ist, ich denke, also bin ich.” (lat.: dubito, ergo sum vel quod idem est, cogito, ergo sum). Etwa zehn Jahre nach seinem Tod setzte der Heilige Stuhl Descartes Werke auf das die Liste der verbotenen Bücher (Index Librorum Prohibitorum), weil er insbesondere in seinen naturwissenschaftlichen Studien keinen Raum für Gott gelassen hatte. Auf die Indizierung von 1663 folgten weitere Verbote. 1691 wurde die Verbreitung seiner Lehren an französischen Schulen untersagt.↩
[3] Solipsismus setzt sich aus den lateinischen Wörtern solus (dt.: allein) und ipse (dt.: selbst) zusammen. In der Philosophie steht Solipsismus für die These, dass nur das eigene Ich existiert. Dahinter steht die Überlegung, dass es unmöglich sein kann, Gewissheit über eine Realität außerhalb des eigenen Bewusstseins zu erlangen.↩
Foto: qimono (pixabay.com, Creative Commons CC0).
Dr. Christian Ferch studierte Linguistik, Philosophie und Religionswissenschaft mit den Schwerpunkten Semantik, Kommunikationstheorie und Religionskritik. Er war Chefredakteur der Studentenzeitung „Die Spitze“ und schrieb seine Dissertation unter dem Titel „Elemente einer allgemeinen Kommunikationstheorie“ an der Freien Universität Berlin. Christian Ferch veröffentlicht zahlreiche philosophische Texte auf seiner Homepage. Im Podcast Philosophie Heros reflektiert er auf gesellschaftliche Aspekte aus dem Blickwinkel der Philosophie und der Kommunikation.