Kategorien
Gesellschaft

Vermögensobergrenze – Die Diskussion erweitern und konkretisieren

Community-Autor Andreas Smurawski fasst ein heißes Eisen an. Das Tabu Nummer 1 des Kapitalismus: Die Vermögensobergrenze.

Unser Community-Autor Andreas Smurawski hat gleich in seinem ersten Beitrag für die Neue Debatte ein heißes Eisen angefasst. Das Tabu Nummer 1 des Kapitalismus: Die Vermögensobergrenze. Das Thema wurde in den sozialen Netzen von der Leserschaft kontrovers diskutiert. Die Diskussion wird nun konkreter. Der Autor stellt sich den kritischen Fragen der Community.

Zunächst möchte ich mich für die zahlreichen Anmerkungen, Fragen und Ideen der Leserinnen und Leser bedanken und nehme diese gern als Anlass, das Thema Vermögensgrenzen thematisch zu vertiefen.

Dazu haben die Redaktion und ich zahlreiche Kommentare und Anmerkungen gesichtet und exemplarisch je ein Beispiel zu einem Themenkomplex herausgesucht, auf das ich im Folgenden näher eingehe.

Quirin Sch. schrieb: Funktioniert nicht. Wenn Superreiche an dieses Limit kommen, gehen sie einfach aus Deutschland raus oder schaffen ihr Geld raus. Außerdem wäre eine solche Vermögensobergrenze verfassungswidrig.

Tja, dann lassen wir es besser bleiben und die unbegrenzte Vermögenskonzentration geht weiter wie gehabt. Wenn es nicht funktioniert, kann man da natürlich nichts machen. Die Superreichen werden weiter Vermögen anhäufen, was automatisch bedeutet, dass sich die von Armut betroffenen und gefährdeten Gesellschaftsteile vergrößern und sich die ohnehin schon starken Spannungen innerhalb der Gesellschaft weiter zuspitzen. War ja nur mal so eine Idee.

Natürlich lassen wir das Gespräch an dieser Stelle nicht so einfach auslaufen. Ich halte dieses Argument “funktioniert nicht” auch nicht für ein tatsächliches Argument, sondern eher für eine Resignation gegenüber bestehenden Strukturen und der ihnen innewohnenden Macht. Wenn es unter den derzeitigen Bedingungen nicht funktioniert, muss man eben die Bedingungen schaffen, damit eine Vermögensbegrenzung erreicht werden kann. So einfach ist das!

Da Vermögen mehr ist, als nur gehortete Zahlungsmittel, dazu also auch Immobilien, Firmenvermögen in Form von Maschinen, Fuhrparks und sonstigem Material gehören, wird das mit dem “aus Deutschland schaffen” für diese Vermögenswerte schon mal einigermaßen schwierig. Das Großkapital kann eben nicht so mir nichts, dir nichts das Land verlassen. Dieses Argument ist deshalb ein Scheinargument, das nur dazu dienen soll, die Diskussion abzuwürgen und als unmöglich darzustellen. Vermögen wird von uns Menschen geschaffen, jeden Tag, überall auf der Welt, also kann man es selbstverständlich auch begrenzen!

Des Weiteren ist eine Vermögensobergrenze mitnichten verfassungswidrig. Ganz im Gegenteil sieht das Grundgesetz eine solche Möglichkeit zur Begrenzung sogar ausdrücklich vor. In Artikel 14 GG Absatz 1 heißt es dazu: (1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

Eine Vermögensobergrenze ist also lediglich an den politischen Willen und natürlich auch an die verwaltungstechnische Umsetzung gebunden. Sofern es einen Bedarf zur Begrenzung gibt, liegt es ausschließlich am Willen eine solche Begrenzung auch einzuführen. An dieser Stelle möchte ich den Leser wieder dazu ermuntern, nicht reflexartig zu sagen, geht nicht, sondern darüber nachzudenken, wie es denn gehen könnte! Welche Möglichkeiten zur Vermögensbegrenzung könnte es denn geben? Was müsste man dazu wissen?

Welches Personal wird benötigt und welche Kompetenzen muss dieses Personal haben? Welche Institutionen müssten zusammenarbeiten? Welche Verschleierungstaktiken gibt es und wie könnte man diese eindämmen? Sicher, es wird immer Menschen geben, die sich einer solchen Begrenzung entziehen wollen und werden. Aber nur aufgrund dieser paar Menschen zu sagen, na gut, dann lassen wir es lieber gleich bleiben, ist genauso, wie die Strafen für Mord auszusetzen, weil es ja immer jemand gibt, der trotz der Strafen mordet.

Sylke H. merkte an: Wie bewegt man diese Leute (Anm. d. R.: die Superreichen) in den Binnenmarkt zu investieren?

Ganz einfach: Gar nicht!

Das Weltbruttoinlandsprodukt betrug im vergangenen Jahr 73,99 Billionen US-Dollar!

Der Allianz Global Wealth Report 2016 gibt ein weltweites Bruttogeldvermögen (Bankeinlagen, Wertpapiere und Versicherungen und Pensionsfonds) in Höhe von 155 Billionen Euro an. Vernachlässigt man die verschiedenen Währungen dieser beiden Zahlen, wird deutlich, dass es etwa doppelt so viel Geldvermögen wie Waren und Dienstleistungen auf diesem Planeten gibt. Das ist völlig gaga!

Es gibt schlicht nichts zu kaufen für diese gigantischen Summen, es ist wertloses Geld, ohne Deckung, ohne Bezug zu realen Waren und Dienstleistungen. Dieses überschüssige Geld kann gar nicht investiert werden, da dafür in der Realwirtschaft die Möglichkeiten fehlen, es gibt sie nicht. An dieser Stelle können wir den Bogen zu meinem ersten Text schlagen, der sich mit natürlichen Grenzen beschäftigte.

In jeder entwickelten Volkswirtschaft nimmt irgendwann die jährliche Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts1  ab. Die Menge, die pro Jahr an Waren und Dienstleistungen geschaffen wird, beginnt irgendwann sich zu begrenzen. Na klar, wir brauchen nicht fünf Fernseher in der Wohnung und rennen auch nicht dreimal in der Woche zum Friseur. Irgendwann ist nun mal eine Grenze dessen erreicht, was wir verkonsumieren können. Allein schon aus Zeitgründen. Denn wie wir alle wissen, hat auch ein Tag nur eine begrenzte Anzahl an Stunden, nämlich 24 – die Sache mit der Grenze taucht auffallend oft auf. Und da will ich gar nicht erst anfangen, über so etwas Unbequemes wie Umweltschutz zu reden.

Investitionen werden mit der Aussicht auf Rendite, also auf Wachstum getätigt. Jemand, der investiert, möchte nach Möglichkeit am Ende der Laufzeit seiner Investition seinen investierten Betrag plus x zurückhaben. Wenn dieses Wachstum aber in der Realwirtschaft nicht mehr zu erzielen ist, beispielsweise aufgrund gesättigter Märkte, helfen auch keine Anreize zur Investition mehr.

Christiane K. fragte: Wer sollte das kontrollieren?

Da würde mir zunächst einfallen, dass wir die sicher noch vorhandenen behördlichen Strukturen der 1996 letztmalig erhobenen Vermögenssteuer 2 nutzen könnten.

Und wenn diese behördlichen Strukturen auch nur noch aus Wissen und Kompetenzen der Mitarbeiter bestehen, die diese Arbeit bis 1996 gemacht haben, sind sie doch eine gute Grundlage zunächst die Vermögenserfassung zu bewerkstelligen und im Weiteren dann auch Kontroll- und Sanktionsmechanismen aufzubauen. Das Wichtigste ist, dass die Kompetenzen zur Vermögenserfassung (wieder) entwickelt und genutzt werden. Alles Weitere ergibt sich quasi zwangsläufig aus den schon vorhandenen Strukturen der Gewaltenteilung.

Donny R. gibt zu bedenken, dass wir, seitdem die Vermögenssteuer nicht mehr erhoben wird, kaum noch etwas über die oberen 10% der Bevölkerung und ihrer Vermögen wissen.

Das stimmt so nicht ganz. Wie oben schon erwähnt, gibt es jährlich erscheinende Berichte der Allianz AG und Credit Suisse AG 3 zum globalen Vermögen, wozu ja auch das Vermögen der Deutschen gehört. Daneben gibt es Studien der Deutschen Bundesbank zum Vermögen der deutschen Bevölkerung und auch verschiedene Wirtschaftsinstitute erheben solche Daten. Über das Vermögen der reichsten Deutschen gibt es plausible Daten von Forbes und dem Manager Magazin. Richtig aber ist, dass durch den Ausfall des Staates bei der Vermögensfeststellung hier großer Handlungsbedarf besteht und im Zuge der Einführung einer Vermögensobergrenze schnell solche Institutionen reaktiviert oder geschaffen werden müssten. Die Grundlagen, sowie die nötigen Kompetenzen aber, sind vorhanden.

Auch über die Folgen von Vermögenskonzentration gibt es Datenmaterial. So haben bspw. Gert G. Wagner und Karl Brenke (beide DIW Berlin) 2013 einen Aufsatz mit dem Titel Ungleiche Verteilung der Einkommen bremst das Wirtschaftswachstum im Wirtschaftsdienst (Zeitschrift für Wirtschaftspolitik) veröffentlicht.

Die Autoren stellen hier detailliert dar, welche negativen Folgen eine zu starke Konzentration von Vermögen auf die Entwicklung einer Gesellschaft hat. Und sie machen darüber hinaus auch Vorschläge, wie dieser Konzentration begegnet werden könnte, zum Beispiel mit einer Vermögensabgabe. Im Unterschied zur Vermögenssteuer wäre das eine nur einmalige Besteuerung hoher und höchster Vermögen, aber immerhin schon mal ein Schritt in die richtige Richtung.

Gunter G. meint: Die Vermögensobergrenze ist der falsche Weg! Die obersten Vermögen sollte man nicht begrenzen, sondern wieder abschmelzen (Vermögenssteuer) und stattdessen das Einkommen begrenzen oder zumindest eine Klammer um den Best- und den Geringstverdienenden in einem Betrieb machen, um die Lohnspreizung wieder auf ein normales Maß zurückzuführen.

Ja, also dann müssten wir uns über die Konsequenzen von “abschmelzen” unterhalten. Denn wenn etwas abschmilzt, z.B. der mit den Kindern gemeinsam gebaute Schneemann, dann hat auch der Schneemann zuvor eine bestimmte Größe erreicht. Das geht schon mit der Anzahl der übereinandergestapelten Kugeln los.

Deren Anzahl ist begrenzt – und schon wieder taucht da die Grenze auf. Und wenn sie nun beginnen zu schmelzen, dann werden sie, gemessen an einer zuvor definierten oder feststehenden Größe, kleiner. Wenn also Vermögen durch zum Beispiel die Erhebung einer Vermögenssteuer abgeschmolzen werden soll, dann hat man zuvor natürlich eine Grenze definiert, von der aus abgeschmolzen wird.

Wenn der Leser aber meinte, dass das Abschmelzen gerade nicht zu einer Begrenzung des Vermögens führen solle, und das abzuschmelzende Vermögen durchaus weiterwachsen können solle, sind wir aber wieder bei dem von mir beschriebenen Problem.

Wenn die Vermögen, trotz Steuer, weiter wachsen, wächst auch die Armut auf der anderen Seite zwangsläufig mit! Jede Ware, jede Dienstleistung, jeder Vermögenswert stellt an sich ja schon eine Begrenzung dar. Es gibt nur eine begrenzte Anzahl an Autos auf dem Planeten, es gibt nur eine begrenzte Zahl an Kaffeetassen, es gibt nur eine begrenzte Zahl an Köpfen, denen man die Haare schneiden kann.

Wenn sich all diese begrenzten Dinge in immer weniger Händen konzentrieren, dann ist es formal logisch nicht anders möglich, als dass dies zur Verarmung breiter Gesellschaftsteile führen muss. Unbegrenzter Reichtum muss zu unbegrenzter Armut führen. Die Belege für diese Behauptung sieht jeder, der mit offenen Augen durch seine Wohngegend fährt und sich mal die Mühe macht, die sogenannten sozialen Brennpunkte dabei nicht auszusparen. Tun Sie es! Fahren oder gehen sie mal durch die Wohngebiete der sozial schwachen Menschen in ihrer Nähe. Sie werden es sehen, wozu unbegrenzter Reichtum führt und welch verheerende Konsequenzen er für die Schwächsten unserer Gesellschaft hat.

Daneben vermischt der Leser an dieser Stelle Vermögen mit Einkommen. Eine Begrenzung von Vermögen ist für ihn nicht notwendig, eine Begrenzung von Einkommen dagegen schon. Eine Klammer um den Best- und Geringstverdienenden ist nichts anderes als eine Begrenzung, hier eben die Begrenzung von Einkommen. Auch das ist eine Forderung, die unbedingt auf den Diskussionstisch gehört. Wenn ich aber das Vermögen nicht begrenze und somit unbegrenzten Reichtum zulasse, kommt es zwangsläufig und unabwendbar zu den bereits beschriebenen Folgen für große Teile der Bevölkerung. Ich bleibe dabei: Individuelles Vermögen muss zwingend begrenzt werden!

Jaqueline Chantalle M. schrieb: Macht im Prinzip Sinn. Bedeutet aber letztendlich eine heftige Bevormundung, was ich nicht so gut finde, auch wenn ich meine, dass niemand bergeweise Geld haben muss. Ich denke, der Fehler liegt im System. Die Börse zu regulieren fänd’ ich als Wirtschaftslaie sinnvoll – bestimmte Spekulationsarten generell verbieten – z.B. auf Nahrungsmittel.

Börsengeschäfte müssen reguliert werden, da gehe ich vollkommen mit. Vor allem so perverse Geschäfte wie das Spekulieren auf Nahrungsmittel. Es ist unglaublich, dass es möglich ist, mit dem Hunger von Menschen zu spekulieren und damit auch noch Geld zu verdienen. Aber auch das Verbieten bestimmter Spekulationsarten wäre ja eine Bevormundung, genau das, was der Leserin beim Thema der Vermögensobergrenze Unbehagen bereitet.

Das zeigt wieder sehr anschaulich, dass jeder Mensch überall in seiner Umwelt Beispiele für Grenzen, für notwenige Einschränkungen und Verbote sieht und vollkommen davon überzeugt ist, dass solche Begrenzungen sinnvoll sind. Nur nicht beim Vermögen eines Einzelnen, da gibt es eine ganze Menge Menschen, die das zunächst ablehnen oder zumindest ein ungutes Gefühl dabei haben. Aus psychologischer Sicht ist das ziemlich spannend, warum das so ist. Nichts um uns herum ist grenzenlos, schrankenlos. Beim Vermögen aber können wir ja mal ne Ausnahme machen. Weil es sein könnte, dass ich selbst, irgendwann, dazugehöre?

Vermögensgrenzen können durchaus sehr hoch angesiedelt werden. Eine Gesellschaft kann sich schon ziemlich reiche Individuen leisten. Kein Problem. Mehrere Hundert Millionen Euro in einer Hand halten wir aus. Und genau, weil diese Grenze sehr hoch angesetzt werden kann, kann ich diejenigen mit dem unguten Gefühl beruhigen. Sie werden niemals auch nur in die Nähe dieser Grenze kommen! Und die, die in die Nähe dieser Grenze kommen, auch die kann ich beruhigen. Es wird Ihnen an absolut gar nichts fehlen!

Kai S. fragte: Also mal rein theoretisch es gebe eine Obergrenze an persönlichen Besitz … Wer sammelt das Geld ein und verteilt es?

Genau das ist der Punkt, an dem wir alle gemeinsam nachdenken müssen. Denn neben Barvermögen, dass recht einfach einzusammeln und zu verteilen wäre, gibt es ja noch andere Vermögenswerte, bei denen das nicht so leicht ist.

Immobilienbesitz könnte bspw. über einer bestimmten Grenze, eben der gesamtgesellschaftlich zu diskutierenden und festzulegenden Vermögensgrenze für diese Vermögensklasse, in einen genossenschaftlich zu verwaltenden Immobilienbesitz überführt werden. Auch das gibt es ja heute schon. Kommunale Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaften sind nichts Anderes. Die Strukturen dafür sind also schon vorhanden.

Unternehmen könnten ebenso, über einer gesamtgesellschaftlich festzulegenden Obergrenze, von der schon vorhandenen Mitarbeiterstruktur geführt und verwaltet werden. Nur dass eben die Gewinne aus diesen Unternehmen der Mitarbeiterschaft zufließen und nicht allein den Eigentümern zur Verfügung stehen. Man könnte also schlicht die Rechtsform ändern. Wohlgemerkt, immer erst dann, wenn eine bestimmte Grenze überschritten wird. Bis zu dieser Grenze muss Privateigentum auch für das Unternehmen eines Eigentümers geschützt bleiben.

An dieser Stelle wieder der Aufruf an die Leser: Denken Sie mit! Wie könnte denn die Begrenzung verschiedener Vermögensklassen (Aktien, Unternehmen, Immobilien etc.) gestaltet werden? Wie kann unsere Gesellschaft bspw. Immobilienbesitz begrenzen?

Wie könnten wir es organisieren, dass meinetwegen ein einzelner Bürger 1000 Wohnungen besitzen kann und darf, die erste Wohnung aber über den 1000 privaten Wohnungen der Gesellschaft gehört, der Kommune gehört, der Stadt gehört? Versuchen sie diese Begrenzungen und wie man mit den Werten oberhalb dieser Grenzen umgeht, zu benennen, Ideen dafür zu entwickeln, wie hoch die Grenzen jeweils ganz konkret sein könnten und was darüber hinaus mit entsprechenden Vermögenswerten passieren könnte.

Nils K. bemerkte: Nette Idee. Für sowas bräuchte es ein globales Steuerrecht.

Dieses Argument geht wieder in die Richtung, dass ein einzelner Staat eine solche Grenze nicht einführen könne, da die Superreichen sonst das Land verlassen würden und sich eben mit ihrem Besitz in einem Land niederlassen, das eine solche Grenze nicht hat. Dazu habe ich oben schon Position bezogen. Da ein globales Steuersystem nicht realisierbar ist, lassen wir es also besser bleiben. Alles bleibt, wie es ist.

Die Vermögenskonzentration geht ungebremst weiter, die Verarmung breiter Gesellschaftsteile schreitet ungebremst voran. Genau das aber ist für mich keine Lösung. Also es ist ja auch keine, weil alles beim Alten bleibt. Ganz abgesehen davon, dass Vermögen eben mitnichten einfach so außer Landes geschafft werden kann. Wir unterschätzen hier oft die Möglichkeiten unseres Staates, weil man uns seit Jahrzehnten einredet, dass nur Privateigentum Wohlstand für alle schafft.

Jaqueline Chantalle M. warf noch ein: Würde ich davon abhängig machen, wie das Vermögen erwirtschaftet wird. Nur durch persönlichen Fleiß wird man vermutlich eher nicht auf Milliarden kommen.

Das “vermutlich” kann die Leserin hier ersatzlos streichen. Selbstverständlich wird ein solches Milliardenvermögen nicht von einem einzelnen Menschen erarbeitet, sondern von vielen Hundert oder gar Tausenden Menschen. Auch ein Herr Maschmeyer4 hat nur eine begrenzte Zeit – da ist sie schon wieder, die Grenze – zur Verfügung, in der er arbeiten kann.

Selbst wenn er 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr arbeitet, mehr geht eben nicht. Gigantische Vermögen werden immer von großen Menschenmengen erarbeitet. Was aber nicht heißen soll, dass Vermögen auf die theoretisch mögliche Arbeitsleistung eines einzelnen Menschen begrenzt werden sollte. Es gibt durchaus Arbeitsergebnisse, für die der Leistende eine Belohnung weit über seiner eigenen Schaffenskraft erhalten kann. Jeder, der ein Medikament entwickelt, dass das Leben vieler Menschen rettet, sollte von dieser Erfindung profitieren. Aber, Sie ahnen es sicher schon, in Grenzen!

Zum Schluss möchte ich noch einmal einen Aufruf an den Leser richten. Meine Forderung für eine Vermögensbegrenzung nach oben resultiert aus der Beobachtung der mich umgebenden Natur, wozu auch die Gesellschaft, und alles was sie ausmacht, gehört. Ich sehe nirgends unbegrenzte Dinge, Systeme, Entwicklungen. Nichts existiert dauerhaft, ohne sich in bestimmten Grenzen zu bewegen. Wer also ein Beispiel für etwas Überdauerndes findet, das nicht in Grenzen existiert, der soll mir das mitteilen. Vielleicht komme ich ja dann zu anderen Schlüssen …

Schreiben Sie Ihre Meinung als Kommentar unter den Beitrag, diskutieren Sie mit uns auf Facebook über die Vermögensobergrenze oder nutzen Sie das Kontaktformular und schicken Sie uns Ihren Gastbeitrag zu diesem wichtigen Thema.


Quellen und Anmerkungen

[1] Beispielhaft ist der Vergleich der Entwicklung des Bruttoinlandprodukts von Deutschland (entwickelte Volkswirtschaft) und Indien (sich entwickelnde Volkswirtschaft). Link zu einer Grafik mit dem Vergleich.

Die Vermögensteuer ist eine auf das Vermögen, also das bewertbare Eigentum des Steuerpflichtigen erhobene Steuer. Ausführliche Informationen sind über den Link zu finden.

[3] Das Credit Suisse Research Institute veröffentlicht den Global Wealth Report 2016, der über den Link einzusehen ist. 

[4] Carsten Maschmeyer ist ein deutscher Finanzunternehmer. Als Geschäftsführer der Maschmeyer Group investiert er in Unternehmensgründungen aus verschiedenen Branchen. Davor baute er die Finanzvertriebsgesellschaft AWD Holding AG auf und war Vorstand der gemeinsam mit Bert Rürup gegründeten MaschmeyerRürup AG. Das “Vermögen Magazin” bezifferte im September 2016 das Vermögen von Carsten Maschmeyer auf über eine Milliarde Euro. Als Beruf wird Investor und Unternehmer angegeben. 


Foto: Geralt (pixabay.com) – Creative Commons CC0 und A. Smurawski (privat).

Community-Autor

Andreas Smurawski setzt sich seit seiner Ausbildung zum Bankkaufmann kritisch mit dem Geldsystem auseinander. Das Studium der Psychologie, dass er im Anschluss absolvierte, motivierte ihn dazu, die Kenntnisse aus seiner Ausbildungszeit mit Kenntnissen über die menschliche Psyche zu verknüpfen, um so zu gesamtgesellschaftlichen Prozessen Stellung nehmen zu können. Vor allem die Ereignisse beim Platzen der sogenannten Internetblase um die Jahrtausendwende und die Finanzkrise 2007 weckten in ihm Zweifel daran, dass das derzeitige Geldsystem alternativlos sei, wenn es doch zu derartigen Zerwürfnissen führte. Andreas Smurawski ist Jahrgang 1980. Er lebt bei Rostock und arbeitet im Bereich Forschung und Entwicklung.

Von Andreas Smurawski

Andreas Smurawski setzt sich seit seiner Ausbildung zum Bankkaufmann kritisch mit dem Geldsystem auseinander. Das Studium der Psychologie, dass er im Anschluss absolvierte, motivierte ihn dazu, die Kenntnisse aus seiner Ausbildungszeit mit Kenntnissen über die menschliche Psyche zu verknüpfen, um so zu gesamtgesellschaftlichen Prozessen Stellung nehmen zu können. Vor allem die Ereignisse beim Platzen der sogenannten Internetblase um die Jahrtausendwende und die Finanzkrise 2007 weckten in ihm Zweifel daran, dass das derzeitige Geldsystem alternativlos sei, wenn es doch zu derartigen Zerwürfnissen führte. Andreas Smurawski ist Jahrgang 1980. Er lebt bei Rostock und arbeitet im Bereich Forschung und Entwicklung.

5 Antworten auf „Vermögensobergrenze – Die Diskussion erweitern und konkretisieren“

guten tag herr smurawski

ihr beitrag gefällt mir sehr. er ist sehr erfrischen. es freud mich von einem intelligenten innovativen menschen zu lesen. machmal wenn ich mich so umschaue denke ich ich sei der einzige.

die idee einer vermögensbegrenzung hatte ich schon vor einer ganzen weile. ich gehe noch weiter und befürworte eine bedingsloses grundeinkommen im zusammenhang mit einer vemögensbegrenzung.

ich halte das bedingungslose grundeinkommen für ein gutes instrument dass das geld auch bei den leuten ankommt die es wirklich brauchen und somit eine kaufkraft haben.
ohne eine aufgeblähte bürokratie die grosse mengen an gelder verschlingt wie das heute der fall ist.

das ganze soll in etwa so aussehen:

nehmen wir eine fiktive vermögensobergrenze von 200 milionen euro an. und ein fiktives grundeinkommen von 3000 euro. so kann sich jeder zwischen 3000 euro und 200 milionen euro bewegen.
somit haben alle eine kaufkraft und können nach begrenztem wachstum streben.

grüsse
peter reug

Hallo Herr Reug,

vielen Dank für Ihren Kommentar.

Ich halte das bedingungslose Grundeinkommen, zwar für eine gute Möglichkeit, ein Mindestmaß an Kaufkraft für ALLE Mitglieder unserer Gesellschaft zu garantieren. Allerdings gibt es auch ein paar Punkte, die ohne weitergehende, grundlegendere Veränderungen in unserer Gesellschaft eine forcierte Spaltung in Arm und Reich, gerade DURCH das bedingungslose Grundeinkommen, bedeuten würden.

Vielleicht werde ich mich in einem der kommenden Beiträge näher zur Idee des bedingungslosen Grundeinkommens äußern.

Nur so viel zunächst: Wenn sich ein Milliardär wie Götz Werner (Gründer DM-Drogeriemärkte) für das bedingungslose Grundeinkommen stark macht, werde ich skeptisch ;-).

Hallo Herr Smurawski

vielen dank für ihre Antwort.
Leider habe ich erst jetzt gesehen das sie geschrieben haben.

Mich nimmt wunder wie sie zu dem schluss kommen dass das Grundeinkommen die Gesellschaft noch mehr spalten würde.

Denken sie vielleicht das die Arbeitgeber weniger Lohn Bezahlen würden, da der Arbeitnehmer ja das Grundeinkommen hat?

Allerdings ist der Arbeitnehmer mit einem Grundeinkommen auch nicht mehr abhängig von einer Arbeit und somit von einem Arbeitgeber. Deswegen kann sich der Arbeitnehmer dann aussuchen bei wem er arbeitet. Zum beispiel bei einem Arbeitgeber der den Angestellten schätzt und das auch zeigt in dem er ihm nicht weniger Lohn bezahlt.

Es gibt übrigens verschiedene Ansätze eines Grundeinkommens.
Das worüber in der Schweiz abgestummen wurde ist nur eine Variante des Grundeinkommens von vielen.

Im übrigen habe ich schon einen Namen für das beschriebene System.
Interismus! (von Lat. inter zwischen) Ein System in dem es keine absolute Armut und kein absoluter Reichtum gibt. 3000 Euro – 200 Milionen Euro.

Das ist wichtig denn wenn man eine Idee hat, muss man sie benennen und möglichst einfach erklären können, um sie in einer möglichst grossen Masse der bevölkerung zu verbreiten. Denn nur dann wird eine Idee auch tragfähig und erhält Gewicht.

Hallo Herr Smurawski,
ein guter Beitrag, wenn auch eigentlich nur Symptome angesprochen werden. Soll ja aber auch zum Nachdenken anregen. Was das BGE betrifft empfehle ich das Interview von Sarah Wagenknecht bei “Jung und naiv”, da erläutert sie, warum sie ähnliche Zweifel am BGE hat, gerade im Bezug darauf, dass gerade Götz Werner und Co. es fordern und welche möglichen Auswirkungen es auf unsere Gesellschaft hätte.
Ich hätte einen anderen Vorschlag. Warum nicht nur eine Steuer auf Umsatz und Gewinn der Firmen, sondern auch auf Bodenverbrauch (Abbau von Bodenschätzen usw.), eine Besteuerung der Kapitaleinkünfte in der Höhe wie unter Kohl (eine amerikanische Besteuerung wie kurz nach dem zweiten Weltkrieg würde heute wohl als Enteignung und Kommunismus bezeichnet) sowie einen Sozialbeitrag in Höhe der entsprechenden Sozialabgaben als Maschinensteuer für jeden Roboter mit dem menschliche Arbeitsplätze wegrationalisiert wurden. Diese haben dann natürlich in die entsprechenden sozialen Sicherungssysteme einzufließen. Oder eine progressive Besteuerung der “Einkommen” der “Leistungsträger” wie sie der französische Kandidat Melenchon fordert. Aber nein, so was ist mit dem obrigkeitshörigen Deutschen nicht veranstalten, der fragt ja schließlich auch nach, ob er für die Revolution den Rasen betreten darf.

Erfreulicher Artikel :-) .

Es sei einfach mal zu erwähnen, dass es für das gesamte Zusammenleben und für die Gesundheit in einem jeglichen System zwingend notwendig ist, dass es Begrenzungen gibt. Dem Autor ist nicht umsonst aufgefallen, dass es überall Grenzen gibt, denn es hat auch weitergehende Dimensionen und Implikationen. Die Natur, das Leben und die Fähigkeit in der Natur, Strukturen anzunehmen (für selbst begrenzte Zeit) und diese zu behalten – also die Funktionsfähigkeit der Natur – ist davon abhängig, dass quasi alles begrenzt ist bzw. dass es Regeln gibt (ob die Existenz der Natur(gesetze) begrenzt ist oder die Anzahl an Begrenzungen an sich, ist eine andere Frage). Schon allein als Schnittstelle oder Interaktion ist Regulation funktionsstiftend. Keine Technologie würde funktionieren, wenn es nicht ausgefeilte Regeln und Vorschriften der Einzelteile gäbe, wie sie miteinander zu interagieren hätten. Nur haben wir in der Realität noch ein größeres “Problem”, denn abgetrennt und unabhängig leben wir nicht voneinander, sind unsere Entscheidungen auch nicht wie ein Einsiedler, wo ein Postbote, vielleicht mal vorbei kommt.

Aber durch Chaos und Zufall ohne Regeln kann es keine Strukturen/Ordnung geben, denn Ordnung ist abstrakt eben das Gegenteil von Zufälligkeit, nämlich Struktur (genauso Struktur, wie die Zusammenarbeit der biologischen Bestandteile im Körper, oder die Gesetzmäßigkeit zum Zusammenhalt von Atomen unter bestimmten Bedingungen, sodass die Atome nicht in zufälliger Zeit alle plötzlich beliebig nach eigenem “Willen” auseinander springen und nie etwas garantiert zustande kommt).

Da hilft leider auch keine selbstgefällige (bzw. passend zur normativen Vorstellung – nach eigenem Wünschen ausgerichtete -) liberale Einstellung, mit der sich einige ökonomische Ideologen selbst belügen, denn die Natur, die Gesundheit und die Logik richtet sich nicht nach Wortwahl und Wunsch-Vorstellungen aus, die einem selbst in eigener gesteigerten Konnotation (wie die in “Freiheit”, “Wohlstand”, “Reichtum”…) gefallen. Einiges philosophisch weitergedacht, bedeutet allgemeine Freiheit in absoluter Reinform abstrakt die Auflösung von allgemein Strukturiertem und damit letztlich auch Zerstörung (von der entgegenstehenden Sache, auf die sich gerade der genutzte Freiheitsbegriff bezieht).

In systemischer Sicht bedeutet Freiheit in Reinform aus dieser Überlegung heraus auch Ungeordnetheit (- wenn man Freiheit als Absolut der Ungeregeltheit und Authoritätslosigkeit bzw. aus Aversion gegen Grenzen im System versteht, da von Liberalen oder in der klassischen Freiheitsvorstellung Grenzen ja als Unfreiheit verstanden werden (wenn man von der einzigen Begrenzung der gegenseitigen Freiheit absieht), genauso wie Freiheit nach meiner Erfahrung in der Philosphie im Gegensatz zu religiösen Ansichten quasi individualistisch (also auf die subjektive Wahrnehmung und den eigenen Wahrnehmung hin) verstanden wird; also nie als Freiheit des Selbst von eigenen (eventuell schädlichen) Trieben, (Sehn)Süchten oder inneren Zwängen sondern ausschließlich nur von äußeren Zwängen (die scheinbar von außen auf das Individuum kommen), wobei man diese innere Zwänge stattdessen meistens nur voreingenommen mit sich selbst (fälschlicherweise?) identifiziert, regelrecht übersieht und mit dem Selbst gleichsetzt -).
Daher kann man Freiheit nicht allgemein als Ideal oder etwas Ideales sehen, weil man sonst im allgemeinen Sinne die Zerstörung von Strukturiertem idealisieren würde. Auch der Liberalismus, zu dem ich noch komme, hat deswegen eine begrenzte eher einseitig-gerichtete Fokussierung auf Freiheit, obwohl der Freiheitsbegriff dort ideologie-typisch unabgegrenzt und ungenau idealisiert wird, um möglichst breit die Leute anzusprechen.
– auch “Befreiung” in der Bedeutung stellt letztlich auch eine Loslösung und Auflösung von irgendetwas dar, zumeist im umgangssprachlichen Sinne verstanden als Auflösung ausschließlich negativ-empfundener Strukturen (wie weit bestimmte Strukturen als negativ betrachtet werden, ist subjektiv von Werturteilen abhängig). –

Unbegrenzte allgemeine Freiheitsvorstellungen passen einfach nicht zum Wesen der Gesundheit (- begrifflich verstanden als nachhaltige Gewährleistung/Nicht-Zerstörung/Aufrechterhaltung von Funktionsfähigkeit sowie als Ausgeglichenheit -) und passen daher nicht zur allgemeinen Funktionsfähigkeit, weil physikalische Funktionalität/Nutzbarkeit ja erst durch irgendeine Strukturiertheit von etwas zustande kommt (ganz davon abgesehen, wie diese Funktionalität empfunden/bewertet wird).
(– Dabei sei noch beachtet, dass der Begriff des Gleichgewichts (üblicherweise in der Ökonomik genutzt) und der Ausgeglichenheit 2 vollkommen unterschiedliche Sachen darstellen; Gleichgewicht ist eine mathematische Beschreibung einer beliebigen stationären (theoretischen) Situation mit einem Gleichungssystem (wenn man die Vorstellung der Gleichgewichtstheorie teilt), während Ausgeglichenheit sich auf die Verteilung bezieht. –)

Um nicht zu einseitig das Thema zu behandeln, muss man dazu sagen, dass zu wenig Freiheit im Zusammenleben aber auch Unterdrückung sowie gleichermaßen die Gefahr der Zerstörung von positiven Entwicklungen bedeuten kann und dass mir das auch bewusst ist (schließlich klammert sich der Zuspruch zu Freiheitsfanatismus auch in Pessivismus an negative Erfahrungen in der historischen Vergangenheit).
(– Dieses positiv konnotierte Verständnis von Freiheit ist besonders prägend, wenn man Freiheit passiv betrachtet: allgemein als Nicht-Behinderung/Deregulation von Entwicklungen (unabhängig davon, ob diese gut oder schlecht sind), wie es z.B. üblicherweise den Rechtsliberalismus (wie ich ihn kenne) ausschließlich bestimmt, wozu der Wirtschaftsliberalismus z.B. zählt.
Durch die bestrebte Auflösung von begrenzenden Mechanismen, kommt man aber auch hier nicht um ein aktives Freiheitsverständnis herum, wie davor erwähnt –)

Ich argumentiere nicht mit einer allgemeinen Bekämpfung von Freiheit als vielmehr um ein beschränktes und ausgeglichenes (nicht einseitiges aber vielseitiges) Maß davon, welches am besten zur Gesundheit beitragen soll. Und nur, weil man kein Liberaler ist, unterstützt man nicht gleich totalitäre (oder in Praxis totalitäre) Vorstellungen wie Kommunismus. (Wobei der Begriff des “Liberalen” aus meiner Erfahrung eher eine mittlerweile wirkende Schönung erfahren hat von der tatsächlichen Bezeichnung eines leicht bis stärkeren Freiheitsfanatikers (welcher den individuellen Willen als Ideal deklariert auf gleiche autoritäre Weise wie der Absolutismus einen Herrscher, gegen den sich der Liberalismus eigentlich richtete, oder der eben die Freiheit als Ideal überstellt, was der Begriff “Liberalismus” als “Ideologie der Freiheit” eigentlich auch ausdrückt).
Dabei klingt die Bezeichnung “Liberaler” doch so toll, wie auch der subjektiv-konnotierte Wortklang üblicherweise Basis liberaler Rhetorik ist bzw. die subjektive Selbstempfindung und die primitiven Triebe aus Urzeiten – mit der man sich ja automatisch ohne zu denken verbunden und einverstanden fühlt – und so toll empfundene aber subjektiv verstandene Worte in der Rhetorik als Mittel genutzt werden und damit kritisches Denken gegenüber der ideologischen Haltung des Argumentierenden zu umgehen versucht wird).

Man muss auch dazu sagen: der Kapitalismus ist historisch schließlich auch nur das Kind des Liberalismus. Die Vorherrschaft des Liberalismus und deren tollgefundenen Assoziationen/Prinzipien wie der starke Fokus auf “Selbstverantwortung”, die aus ihm hervorgingen, sind bis heute der Grund, warum sich der Kapitalismus hartnäckig hält. (- Gemeint mit “Selbstverantwortung” ist aber eigentlich Selbstbestimmung (nüchterner formuliert: Alleinbestimmung) bzw. im libertären Sinne: Alleinverantwortung für das eigene Ergehen – was aus meiner Sicht sogar eher gegensätzlich zu einer eigentlichen Verantwortung gegenüber eigenem Handeln in Betracht weiter reichender Auswirkungen ist, wo doch Verantwortung bezüglich anderer aus philosophischer Überlegung gerade als Grenze der Freiheit notwendig ist und so in ihrem Einschränkungscharakter gerade der liberalen Vorstellung entgegensteht -)

Aber um den Kapitalismus nicht zu unterstützen, muss man kein Kommunist sein. Eine ordentliche Vermögensobergrenze ist fast ausreichend (- neben tatsächlich demokratischen politischen Innovationen, wie z.B. ein Volksveto, mit der eigennützliche politische Entscheidungen landes- oder bundesweit im Vornherein oder Nachhinein (wie bei einer zu erwartenden politischen GAU-Entscheidung zugunsten von Lobbyisten) durch eine mehrheitlich Abstimmung des Volkes ausgesetzt werden können, vor allem dann, wenn die negativen Folgen spürbar werden -). Aber schließlich ist das Werturteil hinter der Obergrenze, dass man möchte, dass es allen Menschen bis hin zu Tieren ähnlich gut im Leben geht (was nicht Gleichheit und Gleichmachung bedeutet) und natürlich wird das heißen, das man Ärmeren vom “Wohlstand” abgeben muss, dass die Gesellschaft sich zukünftig nur noch weniger überverhältnismäßigen Lebensstandard leistet, und dass Reichtum der Vergangenheit angehört und es gibt kaum ein effektiveres Instrument dafür. Durch Übereizung mit Reichtum hat ein Einzelner durch mehr Reichtum sowieso nichts, keinen wesentlichen Dazugewinn (auch vor allem an dem Zeitpunkt WENN ER ES GAR NICHT ALLES KONSUMIEREN KANN), denn im gesättigten Reichtum kann ein Einzelner keinenfalls soviel “Nutzen” dazugewinnen, wie derjenige verliert, der durch den Reichtum stattdessen arm wird (utilitaristische Allgemeinheits-Maßstäbe aus der Ökonomik unterstütze ich aus deren inkorrekten idealen Darstellung sowieso nicht). Aus der Beschränktheit von Vermögen, Besitz und Ressourcen zu jedem Zeitpunkt folgt auch, dass Reichtum der Zustand eines Verteilungsdefizit ist und dass unser Lebensstandard auf Reichtum gegenüber anderen Ländern basiert. Diese komische Reichtumvorstellung ist schlussendlich nur unnötig und folgt auf keiner Weise einer intelligenten Logik statt mehr auf selbstgefälligem Denken.

Das Liberalismus-Prinzip der Deregulation und der Schrankenlosigkeit ist zumindest für mich aus der Welt geschafft. Zudem wird aus meiner Sicht – durch die Parteinahme des Liberalismus als Vertreter des Individualismus – gleichzeitig die verwendete Freiheitsvorstellung – wo doch “Freiheit” als Begriff schon von sich aus sensibel subjektiv und schwammig ist – zu wenig vielseitig interpretiert und thematisiert (also nur in Bezug auf die eher rücksichtslos wirkende Befreiung des Selbst, der eigenen Entscheidung, des eigenen Willens; es entsteht eine Übergewichtung in der Verstärkung innerer Zwänge über äußere Zwänge, eine Überstellung des triebbasierten psychologischen Es über das Über-Ich), sodass eine Fehlgewichtung/Unausgeglichenheit im System durch die Freiheitsfokussierung im Liberalismus entsteht, die der sozialen und moralischen Gesundheit auch unzuträglich ist (wie mir die amoralische liberale Tendenz des Moralprinzips als Privatsache anmutet). Aus meiner pessimistischen Art heraus würde ich sogar sagen, dass das eher einer stetigen gesellschaftlichen Selbstzerstörung gleicht, wenn jeder sich nur noch für seiner selbst engagiert und nur sein Leben für sich selbst lebt (zum Glück sieht das heute noch anders aus).

Andererseits könnte man auch sagen: wenn man die Freiheit fördern will, in dem Sinne, dass sich das verfügbare Vermögen freier verteilt, dann trägt die Vermögensbegrenzung in ihrer Wirkweise als Auflösung negativer Strukturen (wie die Vermögenskonzentration eine ist) zu mehr Freiheit bei. Daher bei einseitigem Bezug der Freiheitsvorstellungen (z.B. im Falle von nur auf Selbstnutzen bezogener Motivation), die beispielsweise zur Auflösung von Schutzmechanismen zur Eingennutzsteigerung führen könnten, können in dem Fall durch fehlende entgegengerichtete Freiheit sogar zusätzlich negative Strukturen entstehen (was vielleicht beim ersten Mal gegensätzlich klingt, aber dennoch nicht im Widerspruch zu obigem Gedankenexperiment steht).

Ich befürworte eindeutig eine Vermögensbegrenzung, bin dadurch aber noch lange keiner sozialistischen oder kommunistischen Vorstellung oder Ideologie verschrieben. Schließlich ist nicht der Markt das Problem und das, was den Kapitalismus ausmacht, sondern die Grenzenlosigkeit, die normativen Werte/Vorstellungen und damit einhergehende (wirtschaftliche und dadurch auch politische) Machtausweitung und -ausnutzung, die durch die Abschaffung von Märkten allerdings sich nur anders formieren würde und auch nur konzentrieren würde. Die Zentralisierung von Macht ist der gemeinsame Grund, warum beide populären Modelle des Kapitalismus und Kommunismus scheitern und nicht funktionieren, wenn man Funktionsfähigkeit als langfristige systemische Stabilität (d.h. gemeinschaftliche Gesundheit) und nicht als allgemeinen Wirtschaftsprofit Einzelner definiert.

Ein letztes Beispiel dazu bildet die Physik in der Technologie. In der Elektronik bezeichnet man elektrische Filter für Signale als stabil (bzw. B(ounded)I(nput)B(ounded)O(output)-stabil), wenn die Signale für unendliche Zeit nicht unendlich verstärkt wurden/werden. Ist auch logisch, denn unbegrenzte Verstärkung würde das Gerät irgendwann zerstören. Strukturen sind auch nur begrenzt widerstandsfähig und wenn sich zu viel Kraft ballt, dann trennen sich Bindungen auseinander.

Wie ist Deine Meinung zum Thema?

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.