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Philosophie

Erklären und Verstehen: Ein wichtiger Unterschied

Das Denkbild von der Gewissheit wissenschaftlicher Erkenntnis war revolutionär für die Naturwissenschaften, aber desaströs für die Geisteswissenschaften.

Der Naturwissenschaftler erklärt, der Geisteswissenschaftler versteht – oder er ist zumindest auf dem Weg dahin. Dr. Christian Ferch schreibt über den wichtigen Unterschied in der Wissenschaft.

Ist von “Wissenschaft” die Rede, so ist damit landläufig und gemeinhin die Naturwissenschaft gemeint. Dies ist ein Irrtum, denn neben den immerhin vorherrschenden Naturwissenschaften existieren noch die Geisteswissenschaften, welche sich mit den verschiedensten Themen auseinandersetzen und befassen.

Während die Naturwissenschaften nur zwei Theorietypen kennen, nämlich die der Gesetze und der Wahrscheinlichkeiten, herrscht in den Geisteswissenschaften eine größere Mannigfaltigkeit und Bandbreite an Theorie­typen. Zu nennen sind hier:

  • Hermeneutik
  • Theorie der Identitätsbildung (G.H. Mead)
  • Narrativik
  • Psychoanalyse
  • Handlungstheorie
  • Phänomenologische Soziologie

Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften weisen eben Unterschiede in ihren Methodologien auf, was ihrer Herkunft aus zwei unterschiedlichen philosophischen Traditionen geschuldet ist:

Sind es in den Naturwissenschaften Beobach­tung und Experiment, auf denen Erkenntnis basiert, so herr­schen in den Geisteswissenschaften reflektierendes Verstehen und Einfühlung in innere Zusammenhänge vor.

Mit anderen Worten, der Naturwissenschaftler “erklärt”, der Geisteswissenschaftler “versteht”, versucht es, oder ist zumindest auf dem Weg dahin.

Das in der frühen Neuzeit aufkeimende Denkbild von der Gewissheit wissenschaftlicher Erkenntnis war revolutionär – für die Naturwissenschaften, aber desaströs für die Geisteswissenschaften.


Foto: Geralt (pixabay.com, Creative Commons CC0).

Dr. Christian Ferch studierte Linguistik, Philosophie und Religionswissenschaft mit den Schwerpunkten Semantik, Kommunikationstheorie und Religionskritik. Er war Chefredakteur der Studentenzeitung „Die Spitze“ und schrieb seine Dissertation unter dem Titel „Elemente einer allgemeinen Kommunikationstheorie“ an der Freien Universität Berlin. Christian Ferch veröffentlicht zahlreiche philosophische Texte auf seiner Homepage. Im Podcast Philosophie Heros reflektiert er auf gesellschaftliche Aspekte aus dem Blickwinkel der Philosophie und der Kommunikation.

Von Christian Ferch

Dr. Christian Ferch studierte Linguistik, Philosophie und Religionswissenschaft mit den Schwerpunkten Semantik, Kommunikationstheorie und Religionskritik. Er war Chefredakteur der Studentenzeitung „Die Spitze“ und schrieb seine Dissertation unter dem Titel „Elemente einer allgemeinen Kommunikationstheorie“ an der Freien Universität Berlin. Christian Ferch veröffentlicht zahlreiche philosophische Texte auf seiner Homepage. Im Podcast Philosophie Heros reflektiert er auf gesellschaftliche Aspekte aus dem Blickwinkel der Philosophie und der Kommunikation.

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