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Gesellschaft

Aufstehen gegen den Sexismus in der Politik

Sexismus findet sich in allen gesellschaftlichen Schichten. Auch in Frankreich und in der dortigen Politik.

Sexismus findet sich in allen gesellschaftlichen Schichten. Auch in Frankreich und in der dortigen Politik. “Erhebt Eure Stimme, damit eines Tages diese Praktiken ein Ende haben”, fordert unsere Gastautorin Magalie.

“Hey Kleine, du hast nen Arsch, der die Hand anzieht.”

“Schön und auch noch intelligent, an diesem Posten, das ist ja unglaublich … liegende Beförderung [1]? Mit wem?”

“Machst du mit beim Film mit den Eiern?”

“Wir werden Wein bestellen. Ich werde Sie abfüllen, damit ich Sie missbrauchen kann.”

So lauten einige der Angriffe, die sie erdulden mussten. Sie? Frauen in der Politik, Mitarbeiterinnen im Parlament, in den öffentlich-rechtlichen Körperschaften oder Ministerien.

Ihre Zeugnisse sind versammelt auf dem Internetseite Chair collaboratrice [2]. Die Frauen sollen dort frei reden können und Unterstützung erhalten. Wir haben eine der vier Sprecherinnen getroffen, Charlotte Soulary, die parlamentarische Mitarbeiterin von Pouria Amirshahi.

“Nach der Affäre Baupin [3] im Parlament fingen alle plötzlich an zu reden, auf beiden Seiten, Männer und Frauen: sexistische Witze noch und nöcher. Wir wollten einen Schritt weiter gehen, nicht nur die Fälle zeigen, die es in die Medien geschafft hatten, sondern den ganz gewöhnlichen Sexismus zeigen, die alltägliche Atmosphäre, in die die sexuelle Belästigung und die sexuellen Angriffe eingebettet sind. Die zahlreichen anonymen Zeugnisse, die wir erhalten, zeigen diese Alltäglichkeit, diese Banalisierung, gegen die man kämpfen muss. Das ist die Aufgabe der Homepage: sie soll dazu beitragen diese Banalisierung zu beenden. Unsere Initiative will zeigen, dass der Sexismus in der Politik, unabhängig vom politischen Lager, ein weitverbreitetes Phänomen ist und alltäglich.”

Wie kann man gegen diese sexistischen Praktiken angehen? Zunächst muss man sie benennen. Dann muss man vorbeugen und bestrafen.

“Es geht um Information und Fortbildung, wir wollen das Gesetz zur sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz bekannt machen, das sehr klar formuliert ist, aber kaum bei den Opfern bekannt”, sagt Cahrlotte Soulary. “Die Zeugen spielen eine entscheidende Rolle, sie können dazwischen gehen, reagieren, ihre Solidarität mit dem Opfer zeigen, und an kompetente Beratungsstellen verweisen”, fährt sie fort.

Auf der Homepage werden die Beratungsstellen genannt und auf verschiedene Hilfsorganisationen verwiesen.

Was die Bestrafung angeht, da gibt es noch viel zu tun. “In der Politik wagen viele Opfer nicht Anzeige zu erstatten. Das ist ein Spießrutenlauf, man setzt sich und seine (parlamentarische) Gruppe Repressalien und Demütigungen aus.” Auf Seiten der Abgeordneten, von denen nur 27% weiblich sind, herrscht ein Gefühl der Allmacht und Straflosigkeit vor. “Denn der Sexismus durchdringt die ganze Gesellschaft”, erinnert Charlotte Soulary.

Zögert nicht und erhebt Eure Stimme, damit eines Tages diese Praktiken ein Ende haben, die eine Schande für die Republik sind.

Magalie


Quellen und Anmerkungen

[1] Promotion canapé, wörtlich: Sofa-Beförderung ist ein sehr gebräuchlicher Ausdruck und meint das “Sich-hoch-schlafen” zu Karrierezwecken (von Frauen).

[2] Chair collaboratrice, wörtlich: Mitarbeiterinnen-Fleisch spielt mit dem Homonyme Chère collaboratrice = liebe Mitarbeiterin.

[3] Denis Baupin, Abgeordneter der GRÜNEN, wird von Parlamentsmitarbeiterinnen der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz angeklagt für den Zeitraum 1990 bis heute.


Redaktionelle Anmerkung: Der Beitrag von Magalie erschien in französischer Sprache erstmals bei unserem Kooperationspartner Gazette Debout.

Mit besonderem Dank  an Dr. Susanne Hildebrandt für die Übersetzung.


Foto: Global Debout – Paris: Nuit Debout / DR

Gazette Debout ist ein unabhängiges Magazin aus Frankreich. Es ging als spontanes Projekt aus den Protesten der sozialen Bewegung Nuit Debout hervor.

Von Gazette Debout

Gazette Debout ist ein unabhängiges Magazin aus Frankreich. Es ging als spontanes Projekt aus den Protesten der sozialen Bewegung Nuit Debout hervor.

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