“Die Ursachen der Dinge erkennen”, ist das Motto der London School of Economics and Political Science. Der Grund für den Dreck, der sich künftig in der Eliteuniversität auftürmen wird, ist schnell gefunden: die miese Behandlung der Reinigungskräfte. Die Cleaner Gewerkschaft UVW Union hat jetzt beschlossen, für unbestimmte Zeit jede Woche für einen Tag in den Streik zu treten – bis ihre Forderungen erfüllt sind.
Reinigungskräfte an der London School of Economics and Political Science (LSE) haben aufgrund der Nichterfüllung der Forderung nach mehr Parität im Bezug auf die Arbeitsbedingungen beschlossen, weitere Streikmaßnahmen einzuleiten, da es der LSE misslungen sei, ein Angebot vorzulegen, über das eine Einigung hätte erzielt werden können, wie die Gewerkschaft “United Voices of the World” (UVW Union) über ihren Account bei Facebook mitteilte.
Die Mitglieder der noch jungen, aber wehrhaften und streitbaren Gewerkschaft, stimmten dafür, auf unbestimmte Zeit einen Tag in der Woche in den Streik zu treten “bis die LSE sich besinnt und den Forderungen der Reinigungskräfte nachkommt”.
Die Gewerkschaft streitet für eine Erhöhung der Zahlungen im Krankheitsfall, höheres Mutterschaftsgeld, mehr Urlaub, Mitspracherecht, bessere Arbeitsbedingungen und mehr Wertschätzung für die Cleaner.
Von den ersten Erfolgen beflügelt
Der erste Tag dieser neuen Streikmaßnahme wird Mittwoch, der 10. Mai 2017 sein und sich von da ab an Woche für Woche wiederholen.

Der Beschluss, noch einmal in den Streik zu treten, liegt in dem “unglaublichen Erfolg” ihres ersten Streiks am 15. und 16. März 2017, der in der Geschichte der London School of Economics als erster Streik von Reinigungskräften oder Leiharbeitern überhaupt gilt.
Seit diesem Streik plädierte die LSE unter dem Vorwand, noch vor dem Ende der Osterferien eine zufriedenstellende Einigung beider Parteien zu erzielen, darauf, dass die UVW Union von weiteren Streikmaßnahmen absieht.
Es machte laut UVW zumindest den Anschein einer Wende, als die LSE versuchte, ihrer “hochgradig unverdienten” Reputation als Institution, die Interesse daran zeigt, Ungleichheit zu bekämpfen, nachzukommen, als sie weiter zu fördern.
Ein gebührender Anstand würde jedem sagen, dass “den Forderungen der Reinigungskräfte nachzukommen” sei. Dass eine so “wohlhabende und renommierte Institution sich regelrecht widersetzt, für Gleichheit unter den Geringverdienern, die es am nötigsten haben, zu sorgen, ist einfach nur lächerlich”, heißt es seitens der UVW Union.
100% Zustimmung für Streik
Die Cleaner wollen auf keinen Fall vor dem Management der London School of Economics einknicken. “Trotz der Lügen, den Verdrehungen und der Respektlosigkeit der LSE gegenüber den Beschäftigten, waren diese mehr als geduldig und haben wiederholt versucht, eine einvernehmliche Einigung in dem Disput zu erzielen. Und trotz alledem sind sie auch weiterhin fest entschlossen, gegenüber dem hoch bezahlten LSE-Management und der Direktion in der Sache nicht mit leeren Händen dazustehen.”
Die Gewerkschaft sieht sich in ihrer Haltung bestätigt, da sich zum einen seit dem ersten Streik die Zahl der UVW-Mitglieder an der Eliteuniversität wesentlich erhöht hat und zum anderen der jetzige Streik auch zu 100% von den Mitgliedern, die an der Abstimmung teilnahmen, befürwortet wurde. Das sollte die LSE “im Hinterkopf behalten”, schreibt die UVW.
Der Drang zu einer Lösung und die Moral unter den Mitgliedern an der LSE sei so groß wie nie zuvor und auch die Unterstützung von den Studenten sei “massiv” angestiegen.
Der nächste Streik würde daher sehr viel größer und schlagkräftiger als der erste werden und nur noch mehr “Aufmerksamkeit auf die Doppelmoral und die dreiste Heuchelei” der LSE ziehen.
Victory at Harrods …
Dass die UVW zum Arbeitskampf bereit und dabei nicht zu unterschätzen ist, zeigte sie Anfang des Jahres schon den Betreibern von Harrods. Das prestigeträchtige Kaufhaus an der Brompton Road hatte bis zu 75% der Trinkgelder des Servicepersonals für sich einbehalten. Ein Betrag, der pro Mitarbeiter bis zu £5000 (etwa 5943 Euro) im Jahr ausmachen soll.
Nachdem sich einige Köche und Kellner von Harrods der UVW anschlossen, verlangte die Gewerkschaft sofort, dass die Servicekräfte 100% des Trinkgeldes behalten dürfen.
Um der Forderung Nachdruck zu verleihen, wurden Hunderte von Menschen mobilisiert, die Anfang Januar in einer großen Demonstration bis zu dem Edelkaufhaus zogen. Die UVW kündigte außerdem an, regelmäßig weitere Demonstrationen durchzuführen.
Die Firmenleitung von Harrods gab nach. Die Mitarbeiter bekommen jetzt das gesamte Trinkgeld. Die UVW titelte auf ihrer Webseite: Victory at Harrods …
Informationen zum Streik an der London School of Economics:
Seit Jahrzehnten fühlen sich die externen Reinigungskräfte an der London School of Economics nicht wahrgenommen, von der LSE-Gemeinschaft ausgeschlossen und teilweise behandelt als seien sie Arbeiter zweiter Klasse, oder wie einigen auch schon gesagt wurde, “dritte Klasse oder keine Klasse” und sogar “wie der Schmutz, den sie reinigen.”
Die LSE, die einen Jahresumsatz von über 300 Millionen Pfund (rund 356 Millionen Euro) erzielen soll, hat große Teile der Reiningungskräfte an private, gewinnorientierte Unternehmer ausgelagert. Diese Reinigungskräfte arbeiten nicht unter den gleichen Voraussetzungen und haben nicht die gleichen Ansprüche wie LSE-Mitarbeiter. Zudem erfahren die “Cleaner”, die fast alle Migranten, Schwarze oder Angehörige einer ethnischen Minderheit sind, oft eine schlechte und respektlose Behandlung.
Viele haben sich deshalb der Gewerkschaft UVW Union angeschlossen, die sich nicht nur für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und eine paritätische Mitbestimmung einsetzt, sondern auch für mehr Würde und Respekt im Umgang mit den Cleanern. Außerdem sollen die massiven Unterschiede bei Urlaub und Bezahlung aufgehoben werden.
Krankenversicherung
Cleaner erhalten eine gesetzliche Krankenversicherung. In den ersten drei Tagen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit erhalten sie kein Geld. Ab dem vierten Tag bekommen sie nur £88,45 (105,13 Euro) pro Woche. Da sich Cleaner also gar nicht leisten können, Arbeit zu verpassen, wird trotz Krankheit gearbeitet, sodass eine Gefährdung für die Gesundheit eintritt oder sich Verletzungen verschlimmern.
Angestellte der LSE erhalten nach 5 Jahren der Dienstzugehörigkeit im Krankheitsfall ihr volles Gehalt für 6 Monate und die Hälfte ihres Gehalts für weitere 6 Monate pro Jahr.
Mutterschaft, Vaterschaft oder Adoption

Cleaner bekommen im Falle von Mutterschaft, Vaterschaft oder einer Adoption lediglich 90 Prozent ihres Gehalts für die ersten 6 Wochen. Anschließen bekommen sie noch £139,58 (165,90 Euro) pro Woche für die nächsten 33 Wochen. Die gesetzliche Vaterschaftszulage beträgt £139,58 pro Woche für zwei Wochen.
In-House-Mitarbeiter erhalten 18 Wochen lang ihr Gehalt in vollem Umfang für Mutterschaft und Adoption bezahlt. Ein Anteil von 10 Tagen ihres Gehalts wird als Vaterschaftsgeld bezahlt.
Jahresurlaub
Cleaner erhalten 28 Tage bezahlten Jahresurlaub.
LSE-Angestellte erhalten bis zu 40 Tage bezahlten Jahresurlaub einschließlich Feiertage und Universitätsschließungen.
Was die Cleaner noch fordern
- Eine Verringerung der Arbeitsbelastungen, die übermäßig sind und geistige und körperliche Not verursachen.
- Eine Überprüfung der Disziplinarverfahren, die auf trivialen und schlecht untersuchten Beschwerden beruhen.
- Die Wiederherstellung des Beschäftigungsverhältnisses von Alba Pasmino, der aus Sicht der UVW Union nach 12 Jahren an der LSE ungerechtfertigt und rechtswidrig entlassen wurde.
Weitere Informationen zum Streik bei der LSE gibt es auf der Homepage der UVW Union.
Mit Dank an Dominik für die Übersetzung.
Fotos: United Voices of the World
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Eine Antwort auf „Boss, mach deinen Dreck selbst weg: Die Cleaner werden an Londons Elite-Uni streiken“
eine echt tolle aktion, der ich viel ansteckungspotenzial und erfolg wünsche! genau diese art von aktionen FÜR eigene interessen – aufrecht und mit passender musik (welche die emotionen tragen und leben lassen) – sehe ich als streik-bewegungen, die ein zeichen in der gegenwart setzen und m.m.n. auch wirklich etwas bewirken können: immer mehr menschen singen “ihr lied” auf der straße – verweigern sich der drecksarbeit + den dazu demütigenden dreckslöhnen!
ps. mögen streikbrecher-versuche vor scham und einsicht gebannt werden (können) … das ist ein guter weg