Montag, 23.30 Uhr – Die vorletzte Woche im Mai hat begonnen. In 9 Tagen beende ich wieder meinen Selbstversuch 31 Tage Mindestsicherung. Ich muss zugeben, dass ich schon etwas müde bin. Es ist mühsam sich jeden Tag den Kopf zu zerbrechen, wie man mit lediglich 7,50 Euro am Tag auskommt.
In der APA-Kantine habe ich heute für die Jause nur 0,15 Cent ausgegeben, und dank der “Stütze”, die alle Mitarbeiter bis zu einer gewissen Gehaltsgrenze bekommen, ein Weckerl und eine Banane gekriegt.
Kurz nach Mittag knurrte der Magen schon wieder, aber ich dachte mir, dass ich heute nochmals einen Spartag einlegen sollte. Meine Konzentrationsfähigkeit war schon ziemlich eingeschränkt.
Unter “normalen” Umständen, hätte ich mir zum Aufputschen einen teuren Energydrink gegönnt, doch auf das “Ochsengesöff” sollte man sowieso aus unterschiedlichsten Gründen verzichten. Zum Glück hatte ich noch Schwarztee.
Nach der Arbeit fuhr ich gleich nach Hause. Salat und Toast und die fast schon tägliche Nudelsuppe standen am Speiseplan. Danach wollte ich an meinen Projekten arbeiten, doch irgendwie wollte die Müdigkeit heute nicht aus meinem Kopf.
Also kaufte ich mir dann beim Supermarkt um die Ecke doch noch ein billiges Energie-Saftl (0,49 Euro). Völlig umsonst, denn nach ein paar Stunden lies der Zuckerschock nach und ich musste mir heute einfach mal ein Nachmittagsschläfchen genehmigen.
Am frühen Abend wieder aufgewacht, mach ich mir langsam Gedanken, was ich euch denn heute schreiben werde. Kein Plan. Da fällt mir ein, dass ich am Sonntag den Tatort versäumt hatte und ihn mir unbedingt in der TVthek anschauen möchte. Und so verplempere ich den restlichen Abend und kurz vor Mitternacht weiß ich noch immer nicht so recht mit welchem Thema ich mich im heutigen Tagebuch auseinandersetzen soll.
Bitte verzeiht mir, dass der Eintrag deshalb vielleicht ebenso langweilig ist, wie mein ganzer Tag. Ich verspreche, dass schon morgen wieder mehr los sein wird: Denn am Dienstag werde ich den Verein START UP – Dein Start in ein neues Leben kennenlernen und bin schon sehr gespannt, wie das dort so abläuft.
Am Mittwoch steht eine besondere Herausforderung an, denn ich versuche mit so wenig Geld wie möglich von Wien nach St. Pölten zu kommen. Am Donnerstag bin ich im “Hotel Mama” einquartiert – ums Essen muss ich mir da mal keine Sorgen machen.
Allerdings wird es spannend werden, wie ich am Freitag wieder kostengünstig nach Wien zurückkomme, um am Samstag beim “Jour Fixe im Grünen” von Unsere Zeitung dabei zu sein.
Ein wenig Feiern am Südwind Straßenfest – 2017 wäre auch fein, doch ob ich das alles mit den restlichen 82,60 Euro schaffe, die mir für 9 Tage noch zur Verfügung stehen, bleibt spannend.
Ich freue mich, wenn ihr mich weiterhin dabei begleitet! Schlaft gut, meine Lieben!
Fragen, Anmerkungen, Lob und Tadel sowie Feedback zur Aktion, können als Kommentar unter dem Beitrag geschrieben oder an seine E-Mail michael.woegerer(at)gmail.com gesendet werden.
Die bisherigen Tagesnotizen:
31 Tage Mindestsicherung – Eine Annäherung (30.4.)
Tag 1 – Kein Spiel! (1.5.)
Tag 2 – Konsumgesellschaft (2.5.)
Tag 3 – Öffentlichkeit schaffen! (3.5.)
Tag 4 – Lebensrealitäten (4.5.)
Tag 5 – Freundschaft (5.5.)
Tag 6 – Netzwerke (6.5.)
Tag 7 – Kein Märchen (7.5.)
Tag 8 – Befreiung (8.5.)
Tag 9 – Nachhaltigkeit (9.5.)
Tag 10 – Durchatmen (10.5.)
Tag 11 – Lebenserwartung (11.5.)
Tag 12 – Exklusiv (12.5.)
Tag 13 – Soziale Hängematte (13.5.)
Tag 14 – Sigi, du fehlst! (14.5.)
Tag 15 – Halbzeit (15.5.)
Tag 16 – Beim Frisör (16.5.)
Tag 17 – Für Lisa (17.5.)
Tag 18 – Hunger auf Kultur (18.5.)
Tag 19 – Gratis-Essen für alle (19.5.)
Tag 20 – Wenn ich Sozialminister wäre (20.5.)
Tag 21 – Grundbedürfnisse (21.5.)
Foto: Hojun Kang; pixabay.com; Creative Commons CC0.
Michael Wögerer ist ein Journalist aus Wien. Er ist Mitbegründer und Redakteur von „Unsere Zeitung – Die Demokratische“, einem Kooperationspartner von Neue Debatte, war bei der Austria Presse Agentur und schreibt über Gewerkschaften, Soziales, Lateinamerika, Fußball und Liebe.
3 Antworten auf „Leben mit Mindestsicherung: Tag 22 – Planung“
Jemand sollte dir 80€ abziehen, damit das Experiment realistisch und spannend wird. Dann könntest du zb. darüber schreiben, wie es sich anfühlt zur Tafel zu gehen.
Tipp: Mit dem “Daumen im Wind” kommst du praktisch überall hin.
Der Besuch bei deiner Mom macht dein Experiment übrigens noch unglaubwürdiger. Das du noch arbeitest und in der Kantine für unglaubliche 15cent satt gemacht wirst, ist schon komisch genug. Mama sollte dir nur Nudelsuppe mit Toast und Salat servieren, haha.
Bisher hast du nichts weiter bewiesen, als das man mit der knappen Kohle und ein paar Tricks irgendwie vier Wochen klarkommen kann. Mit H4 selbst hat das nicht viel zu tun. Zum Schluss wirst du schreiben, dass es nicht gerade schön war aber irgendwie schon geht. Eigentlich ist dein kleines “Experiment”, “Leben mit Mindestsicherung” eine Verhöhnung aller vom Amt abhängigen. Zumindest ist der Titel irreführend.
Dein Bericht sollte besser lauten: Wie man vier Wochen Urlaub auf Staatskosten macht. oder : wie man Betriebsbedingte Übergangszeiten etc. überbrückt. oder: wie ich dazu kam, ein “vier Wochen” H4 Experiment zu machen.
Genieße die restlichen Tage!
Mach mal ein Experiment mit Sinn, zum Beispiel, was passiert, wenn ich meine Blumen mit Energiedrinks gieße.
Sehr geehrter maxzmart,
zur Frage wie realistisch mein Selbstversuch ist, empfehle ich dringend meine ersten beiden Einträge zu lesen. Es handelt sich bei dem Experiment, wie ganz zu Beginn geschrieben, um eine “Annäherung” (https://neue-debatte.com/2017/05/01/31-tage-mindestsicherung-eine-annaeherung/) und ich maße mir nicht an, meine temporäre Situation auch nur ansatzweise mit der von tatsächlich Betroffenen zu vergleichen.
Ich kann ihre Aggression zwar verstehen, hielte es aber für wichtig, dass sie ihre Wut nicht an jenen auslassen, deren Ziel es ist die Kluft zwischen Arm und Reich aufzuzeigen und letztendlich zu verringern, sondern jene an den Pranger stellen, die sie verursachen.
Mit freundlichen Grüßen aus Wien!
Michael Wögerer
Hallo Mike, Agressionen oder Wut gegen dich hege ich nicht, erkenne ich nicht mal im Subtext meiner Zeilen.
Das du nur temporär H4ler sein wirst, ergibt sich ja schon alleine durch die Überschrift und du hattest das auch klar heraus gestellt.
Der einzige Vorwurf meinerseits besteht darin, das dein “Experiment” authentischer hätte gestaltet werden können. Mit tatsächlich Betroffenen hast du dich nicht verglichen, würde ich auch nicht. Dein Engagement in Ehren, wenngleich (mir) die Motive etwas unklar sind.
Daher habe ich nicht dich, sondern das System ausgiebig an den Pranger gestellt.
Das deine Vorgehensweise in punkto Authentizität verbesserungswürdig ist/gewesen wäre, ist konstruktive Kritik, die du annehmen hättest können.
Das hätte zwar auch nichts daran geändert, dich als Urlauber mit gewissen Ambitionen zu sehen, wäre aber vermutlich spannend geworden. Unter normalen Umständen würde ich gerademal meinem ärgsten Feind “Authentizität in Sachen H4” wünschen.
Dennoch möchte ich dir ganz ehrlich für dein Engagement, die Welt auf diesen Misstand aufmerksam zu machen danken, Bro!