Modern Times: Vom ersten Feuer bis zum hochgetunten Homunculus
Getrieben von ökonomischen Wachstumszwängen optimierte die kapitalistische Großindustrie sämtliche Produktionsmittel. Sie griff sogar in die Natur des Menschen ein und erfand einen gleichgeschalteten Fließbandarbeiter, der nun als Unsicherheitsfaktor in der automatisierten Produktionskette möglichst eliminiert und von Robotern ersetzt wird. Dabei erlaubt die Technik einen segensreichen Einsatz für die ganze Menschheit. Sie ist lediglich in den falschen Händen.
Cyberpunk, Cyborgs, Androiden, Dystopie, finstere Welten und die Menschheit beherrschende Maschinen – es geht um das kritische Verhältnis des Homo sapiens zur Technik und den wissenschaftlich-technischen Produktionsmitteln. Das ist wahrhaftig kein untypisches Problem der Menschheitsgeschichte, scheint aber heute neue Qualitäten anzunehmen.
Es hat schon lange in der Fantasie von Schriftstellern gespukt: Mary Shelleys Frankenstein (Original: Frankenstein or The Modern Prometheus) wird nächstes Jahr 200 Jahre alt. Jules Verne hat die technisch-wissenschaftlichen Möglichkeiten 50 Jahre später positiver beschrieben.
“Frankenstein” war die erste Tonverfilmung die sich an Mary Shelleys Roman “Frankenstein oder Der moderne Prometheus” orientierte. Boris Karloff spielte 1931 das Monster.
Fritz Lang (1927, Metropolis) und Universal Pictures (1931, Frankenstein) nutzten das neue Medium Film, um eine technikfeindliche und ideologisch reaktionäre Botschaft in Zeiten von Wirtschaftskrise und Klassenkämpfen unter die Leute zu streuen.
Wie sehr hier gezielt reaktionäre Weltanschauung verkauft wurde, merkt, wer als Kontrast Charly Chaplins Moderne Zeiten – auch noch ein Stummfilm – aus der Mitte der 1930er-Jahre anschaut, in dem der Mensch im Mittelpunkt steht und Maschinen und Technik nur Mittel zur Ausbeutung und Antreiberei darstellen.
Fragen wir zunächst: Wie entstand und entwickelte sich diese Problematik in der Menschheitsgeschichte, dieses Verhältnis zwischen Mensch und Maschine und Technik? In welchen Etappen und Phasen und unter welchen Bedingungen und mit welchen Auswirkungen entfaltete sie sich? Wo ist die Menschheit mit dieser Problematik angekommen und wie sind die Zukunftsaussichten?
Das Selbst und die kollektive Existenzsicherung
Die Pflanzen- und Tierwelt ist durch genetische Determinierung in ihrer Existenz festgelegt, einem gattungsmäßigen Schicksal unterworfen oder durch Instinkte im Rahmen von Nahrungsketten in das Naturganze eingebunden. Alles nimmt automatisch einen Platz in der uralten Evolution auf diesem passenden Planeten in einem Sonnensystem einer kleinen Galaxie ein.
Diese Evolution hat nach Milliarden von Jahren einen qualitativen Entwicklungssprung mit dem Homo sapiens gemacht, der heute am weitesten entwickelten und verbreiteten Teilgruppe der Lebensform der Hominiden als Untergruppe der Primaten.
Was machte diese neue Qualität aus? Die Menschen entwickelten ein Bewusstsein ihrer selbst. Sie lernten sich selbst – ein „ich“ – in der Umwelt zu reflektieren, lernten eigene Bedürfnisse zu benennen und gezielt und planmäßig, das heißt im Voraus, zu denken. In der Folge waren sie in der Lage sich Werkzeuge und Hilfsmittel aus der Natur abzuschauen und für die eigenen Bedürfnisse herzustellen. Mit ihnen optimierten sie zum einen die Wirkung ihrer Fähigkeiten, zum anderen erfanden sie völlig neue Methoden kollektiver Existenzsicherung.
Diese reflektierende Kreativität hob sie qualitativ aus dem Tierreich hervor und führte sie dazu, Gesetzmäßigkeiten der Natur zu erkennen und zu nutzen. Um nur einige frühe, entscheidende Neuerungen zu nennen:
Ein zentraler Schritt in die Zukunft war die Zähmung des Feuers als Wärmespender, für die Nahrungszubereitung, als Abschreckung wilder Tiere oder als Möglichkeit der Holzbearbeitung etwa bei der Härtung von Holzspitzen. Eine weitere weitreichende Erfindung waren Lanzen und Pfeil und Bogen als Fernwaffen der Jagd, die den frühen Menschen weitere Freiheitsgrade gaben.
Die Erfindung des Ackerbaus und damit verbundene Sesshaftwerdung gab einen wesentlichen Schub in Richtung Zivilisation und Staatenbildung, mit denen bewundernswerte technische Erfindungen wie zum Beispiel der Bau komplizierter Bewässerungssysteme oder der Bau erster Städte sowie von Tempelbezirken und Pyramiden, die eine große technische Fertigkeit bei der Herstellung und Bearbeitung von Steinen und Erfahrungen mit der Statik von Bauten erforderten, entstanden. Die Menschen erlernten den Schiffbau und die Segeltechnik. Entscheidend wurde die Erlernung der Metallgewinnung und Metallbearbeitung.
Die Menschheit war schlau, kreativ und zu bewundernswürdigen, gewaltigen, kollektiven Leistungen fähig. Dennoch bestimmten nicht diese technischen und funktionalen Erfindungen die Geschichte der menschlichen Gesellschaft. Es waren nicht die Erfindungen als solche, sondern die Motivation ihrer Herstellung und der Zweck ihres Einsatzes, die die Welt prägten.
Feuer für den Herd oder um Feinde zu verbrennen
In jeder technischen Erfindung auf der Basis tieferer Einsicht in die Funktionsgesetze der Natur waren und sind Optionen unterschiedlicher gesellschaftlicher Nutzung angelegt, über die nicht die umgebende Natur und die Erfindung als solche mit „Naturnotwendigkeit“ entscheidet, sondern die menschlichen Gesellschaften.
Sie konnten sich um die Hüterin des Herdfeuers gruppieren oder mit dem Feuer Ernte und Hütten ihrer Feinde abbrennen. Mit Pfeil und Bogen konnte sie ein Mammut erlegen oder auf den Nachbarstamm losgehen. Sie konnten das Rad erfinden und Transportkarren für friedliche Handelskontakte bauen oder Streitwagen, mit denen sie die Gegner niedermachten.
Eroberung durch Ausrottung: Bisonschädelknochen, um 1870.
Die Freiheitsgrade, die die Menschen durch ihre Erfindungen erhielten, spiegelten nicht automatisch den sozialen Reifegrad der jeweiligen Gesellschaft wider. Die technisch weit überlegenen amerikanischen Siedler und Geschäftemacher mit ihren Gewehren konnten beispielsweise die Bisonherden abknallen, riesige Ländereien einzäunen und das Land zur käuflichen Ware erklären.
Aber sie konnten doch ethisch-moralisch der naturrechtlichen Indianerkultur in fast allen Belangen nicht das Wasser reichen. Diese Menschen empfanden sich als integraler Bestandteil eines Naturganzen, griffen mit Ehrfurcht und Vorsicht mit ihren technischen Möglichkeiten in die Natur ein, entschuldigten sich bei den Geistern der gejagten Tiere und taten alles, um das Gleichgewicht der Natur zu erhalten.
Der Weg in die Klassengesellschaft
Als nach Hunderttausenden von Jahren Evolution an großen, fruchtbaren, klimatisch günstig gelegen Strömen (Euphrat, Tigris, Nil, Jangtsekiang, Indus) Zivilisationsinseln als frühe Gotteskönigtümer mit einer staatlichen Verwaltung entstanden, änderte sich etwas Grundlegendes im Verhältnis Mensch-Technik/Natur. Die Menschheit stieg damals in die erst heute zusammenbrechende Menschheitsepoche der Klassengesellschaften ein.
Die ehemals naturbedingte Lebensgemeinschaft von Stammesgesellschaften differenzierte sich endgültig in ein Oben und Unten von unterschiedlichen Besitzklassen mit antagonistischen Interessenlagen und einseitigen Gewalt- und Herrschaftsverhältnissen.
Die winzigen herrschenden Klassen in der Geschichte saßen den arbeitenden, das gesellschaftliche, materielle Leben produzierenden Menschen egoistisch im Nacken. Ohne selbst zum gesellschaftlichen Produkt beizutragen, bestimmten sie über technische Neuerungen und Entwicklungen. Sie waren zum einen vor allem an der Waffenentwicklung und militärischen Errungenschaften interessiert. Zum anderen förderten sie nachhaltig Tempelanlagen, Heiligtümer, Mausoleen, für einen einschüchternden und religiösen Auftritt.
Zur Sicherung ihres Herrschaftsgebietes und zur inneren Verwaltung und der Einnahmenabsicherung kennen wir Burganlagen, Heerstraßen und Grenzsicherungen wie die gewaltige Chinesische Mauer, große Wasserbauten wie künstliche Kanäle und großartige Hafenanlagen.
In all diesen Errungenschaften verwirklichte sich ein großes technisch-materielles Erfahrungswissen und ein handwerklich-technisches Know-how, über das die unfreien, arbeitenden Unterschichten verfügten und das sie unter größten Opfern und Mühen im Dienste sie knechtender und herrschender Klassen umsetzen mussten.
Es ging nicht mehr um die schonende Natureinbindung einer herrschaftsfreien Gesellschaft in ihre Lebensumwelt und den entsprechenden Einsatz von technischen Errungenschaften. In der Klassengesellschaft zählten prinzipiell nur Interesse und gehobene Lebenslage der privilegierten Oberschichten, meist brutal durchgesetzt auf Kosten der breiten arbeitenden Bevölkerung und ohne Rücksicht auf die Natur, die es ebenfalls zu beherrschen und auszubeuten galt. So gingen – nur ein Beispiel – in der Geschichte die Wälder des italienischen Apennin für Schiff- und Städtebau drauf und hinterließen eine verkarstete Landschaft.
Die Erfindung der Fließbandarbeiter
Allerdings war über drei- bis viertausend Jahre die Natur meist in der Lage, angesichts noch relativ eingeschränkter technischer Mittel die Praxis einer wie selbstverständlichen und rücksichtslosen Ausplünderung ihrer Schätze und Ressourcen zu kompensieren. Das sollte sich nachdrücklich in derjenigen Etappe der Klassengesellschaft, die sich auf die kapitalistische Wirtschaftsweise stützt, ändern.
Die Herrschaft über die Natur wurde nun als Kapitalinvestition mit dem Ziel der Profiterzielung durchgeführt. Der Raubbau an der Natur erfolgte mithilfe effektivster technischer Gerätschaften, nunmehr mit Ingenieurswissen und naturwissenschaftlich unterfüttert. Getrieben von ökonomischen Wachstumszwängen optimierte und automatisierte die unersättliche kapitalistische Großindustrie sämtliche Produktionsmittel.
Rohstoff- und Energiegewinnung griffen nicht nur immer zerstörerischer weltweit in die Naturkreisläufe ein. Im Produktionsprozess griff sie zusehends in die Natur des Menschen selbst ein, indem sie einen gleichgeschalteten Fließbandarbeiter erfand, die Arbeit der Menschen unerträglich verdichtete, sie zu Anhängseln von Takt gebenden Maschinen degradierte, bis sie nun als unsicherer Fremdkörper in der automatisierten Produktionskette möglichst ganz eliminiert und von Robotern ersetzt werden.
Wohlgemerkt, die Pervertierung des Arbeiters zum Maschinenanhängsel und der Aufstieg der Maschine zum Produktionstaktgeber sind nicht technisch zwingend, sondern kapitalistisch gewollt. Niemals in der Menschheitsgeschichte hat jemals eine Maschine Schuld an menschlichem Elend gehabt. Eine Maschine, eine technische Einrichtung, ein Roboter sind eine tote Vorrichtung, die man einschaltet und dann macht sie das, was man ihr vorher einprogrammiert hat.
Ihr Einsatz kann sowohl im Dienste der Arbeitserleichterung, der Herstellung sinnvoller oder dringend benötigter Dinge, der Verbilligung von Produkten und der Entlastung der arbeitenden Menschen dienen als auch dem genauen Gegenteil. Sie kann ebenso den Arbeiter antreiben und aussaugen, der Herstellung von Waffen, Kampfgasen, krankmachenden Nahrungsmitteln und der Natur- und Klimazerstörung dienen.
Verzweifelte Produzenten haben das in der Geschichte oft nicht verstanden. Sie gaben den Maschinen die Schuld für ihre Arbeitslosigkeit und ihre verzweifelte Lage und zerstörten die effizienteren Maschinen als die, die ihnen augenscheinlich die Arbeit wegnahmen (Maschinenstürmer), – so zum Beispiel bei Weberaufständen in Schlesien, als die heimarbeitenden Weber an ihren Handwebstühlen gegen überlegene automatische Webstühle vorgingen.
Das Gedicht “Die schlesischen Weber” von Heinrich Heine hat die Probleme demgegenüber politisch richtig eingeordnet:
Der Dichter Heinrich Heine, hier auf einem Gemälde von Moritz Daniel Oppenheim, veröffentlichte 1844 “Die schlesischen Weber”. Die industrielle Revolution stand da noch am Anfang.
Im düstern Auge keine Träne,
Sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne:
Deutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch –
Wir weben, wir weben!
Ein Fluch dem Gotte, zu dem wir gebeten
In Winterskälte und Hungersnöten;
Wir haben vergebens gehofft und geharrt,
Er hat uns geäfft und gefoppt und genarrt –
Wir weben, wir weben!
Ein Fluch dem König, dem König der Reichen,
Den unser Elend nicht konnte erweichen,
Der den letzten Groschen von uns erpreßt
Und uns wie Hunde erschießen läßt –
Wir weben, wir weben!
Ein Fluch dem falschen Vaterlande,
Wo nur gedeihen Schmach und Schande,
Wo jede Blume früh geknickt,
Wo Fäulnis und Moder den Wurm erquickt –
Wir weben, wir weben!
Das Schiffchen fliegt, der Webstuhl kracht,
Wir weben emsig Tag und Nacht –
Altdeutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch,
Wir weben, wir weben!
Das verhält sich heute nicht anders. In den letzten zwei Jahrzehnten ist ein großer Aderlass der Industrie zugunsten des Technikeinsatzes und der Mikroelektronik erfolgt. Die einfachen Arbeitsplätze wurden überall wegrationalisiert. Es sind gegenüber früheren Zeiten keine Branchen vorhanden, die durch entsprechenden Strukturwandel Ersatzarbeitsplätze anbieten können. Immer weniger Leute sind angehalten, immer effektiver immer mehr zu produzieren – mit der Folge, dass europaweit ein riesiges Arbeitslosenheer entstanden ist und Armut um sich greift.
Richtige Technik in falschen Händen
Wohlgemerkt, das liegt nicht an den roboterisierten Produktionsanlagen. Es ist auch nicht schade um die fortgefallenen, oft eintönigen, nervtötenden und primitiven Handlangerjobs. Das Problem liegt in der Produktionsweise, die die Menschen zu gekaufter Ware macht und rücksichtslos aussaugt oder als überflüssig ausspuckt.
Der jetzige Stand der Technik erlaubt in den richtigen Händen ihren segensreichen Einsatz. Drastische Arbeitszeitverkürzungen könnten vorhandene Arbeit gleichmäßig verteilen. Freigesetzte Arbeiter könnten in Zusammenhang mit einem bedingungslosen Grundeinkommen in ihren Firmen neue Anwendungen und Produkte entwickeln helfen, die tatsächlich gebraucht werden, ressourcenschonend herstellbar und wirklich nützlich sind. Sie wären von dem Zwang zu befreien, in gnadenloser Konkurrenz sinnfreie oder schädliche Produkte, zum Beispiel Militärgüter, herzustellen, oder für die mit einem riesigen teuren Reklameaufwand künstliche Bedürfnisse erzeugt werden müssen.
Wie schon aufgezeigt: Wir leben noch in einer bis zum Äußersten hochgezüchteten Klassengesellschaft, in der alle Produktion, aller Technikeinsatz, alle Erfindungen des menschlichen Geistes allein den Profitinteressen der Besitzer der kapitalisierten Produktionsfaktoren zu dienen haben – ohne Rücksicht auf Umwelt und Klima, auf die Menschen, ihre Natur und Bedürfnisse und ihr Lebens- und Existenzrecht.
Fall der Profitrate und Ende der Klassengesellschaft
Aber, ohne irgendwelchen illusionären Utopien und Wunschdenken nachzulaufen, die Zeit der Ausbeutungs- und Klassengesellschaft, heute in ihrer höchsten Form eines monopolistischen Finanzkapitalismus, läuft objektiv ab. Die Epoche der Menschheitsgeschichte, die vor ca. 5000 Jahren in ersten zivilisierten Staaten einsetzte, geht momentan an ihrem eigenen System zugrunde:
Der Technik- und Robotereinsatz und die Durchrationalisierung heutiger Produktion ist reiner Selbstzweck unter dem Zwang, Kapital zu verwerten. Dabei werden die notwendigen technischen Investitionen immer kostspieliger und langfristig sowie risikomäßig immer unkalkulierbarer. Die Menschen, die in der Produktion als einziger Produktionsfaktor Mehrwert erzeugen und damit Gewinn generieren können, werden immer weniger. Marx analysierte das als den tendenziellen Fall der Profitrate, und er hatte recht.
Ohne Menschen, nur mit Maschinen und Robotern, klappt der Kapitalismus auch aus einem anderen Grund nicht mehr. Kapital vermehrt sich in einem Kreislauf von Produktion und Distribution, von Herstellung der Waren und ihrem Verkauf auf Märkten. Diese Märkte sind – über den Zwischenschritt von Investitionsgütermärkten – Konsumgütermärkte von Endverbrauchern, die aber zunehmend im Zuge wachsender und hundertmillionenfacher weltweiter Arbeitslosigkeit und fehlender Kaufkraft ausbleiben. Wer verhindert, dass Menschen als Lohnarbeiter Geld verdienen können bzw. ihnen möglichst nur das Existenzminimum zahlt, wird sie auch nicht als Konsumenten von Waren wiederfinden. Die kapitalistischen Unternehmer werden den Kreis nicht quadrieren können, dass Menschen, die weniger Geld zum Ausgeben haben mehr für den Konsum ausgeben können. Eine schrumpfende Wirtschaft mit immer weniger lukrativen Investitionsmöglichkeiten und einem an Finanzspielhöllen, Börsen genannt, in „Finanzprodukten“ untereinander verzockten, unproduktiven, ungeheuren Reichtum bei gleichzeitigen Negativzinsen ist das Ende dieser Wirtschaftsweise!
Der Stand der heutigen Zwangswachstumswirtschaft kann nur weltwirtschaftlich richtig eingeschätzt werden, da die Entwicklung der Jahrtausende alten Klassenökonomie heute ihre finalen Wachstumsgrenzen in Form einen endlichen Planeten erreicht hat. Es geht ökonomisch, ökologisch und klimatisch nicht mehr weiter, im Gegenteil, auf vielen Feldern ist es bereits fünf nach zwölf, die staatlichen Zusammenbrüche von Arbeitsgesellschaften und das Umsichgreifen von Verfall, Chaos und primitiven Mad-Max-Regionen auf der Welt mit Mord und Totschlag, Massensterben an Hunger und Epidemien ist erschreckend. Es mutet wie der finale Niedergang an, wenn Millionen Kriegsvertriebener und Klimaflüchtlinge aus zerstörten Lebensräumen über Kontinente vagabundieren. Es wird keinen Systemneuanfang wie jeweils nach den Weltkriegen mehr geben können.
Cyborgs sind die neuen Götter
Android von der Firma KOKORO. (Foto: Gnsin, CC BY-SA 3.0)
Ist es da nicht logisch, wenn eine Cyberpunk-Bewegung auf den Spuren des Film Noir düstere, pessimistische, dystopische, ja zynische Endzeit Science-Fiction-Filme dreht, wenn Maschinenmonster, Transformers oder Terminators die Leinwände bevölkern, wenn die Bevölkerungen zu Walking Deads und Zombies mutieren und die Sache der wenigen Guten von Typen mit übersinnlichen Fähigkeiten wie Superman oder Spider-Woman einsam verfochten wird?
Diese neuen Hoffnungs- und Identifikationsfiguren sind die Götter der heutigen Zeit. Im Gegensatz zu den alten Göttern wie den nordischen Asen um Thor und Odin, Jesus Christus oder Buddha sind die heutigen Götter Cyborgs.
Sie haben ihre übersinnlichen Fähigkeiten nicht von Ur- und Obergöttern erhalten, sondern sie wurden ihnen eingepflanzt – sie sind technisch und elektronisch aufgepeppte normalmenschliche Biomasse. Und dann gibt es auch die modernen endlich funktionierenden und vernünftig programmierten Frankensteins, die Androidenroboter, deren „Väter“ eher wahnsinnig-geniale Wissenschaftler auf der Payroll von konzernbesitzenden politischen Herrschern à la Donald Trump sind.
Welch ein gezielter Hollywood-Grusel, der dennoch die neuesten technisch-wissenschaftlichen Optionen der Forschung widerspiegelt. Der technisch-wissenschaftliche Fortschritt ist in Bereiche des Lebens und der Natur des Menschen eingedrungen, die in ihrer Anwendung nicht nur hilfreiche und sinnvolle, heilende und helfenden Anwendungen zulassen, sondern zugleich gruselige Optionen realistisch erscheinen lassen.
So sagt Hollywood eine unausweichliche dystopische Zukunft voraus, aus der es keinen Ausweg gibt außer durch die guten Cyborgs, die die böse Technik in Form von Killerandroiden besiegen, aber nie sagen, wie das dann für die Menschheit eigentlich weitergeht:
Eine arbeitende, denkende, Widerstand leistende Bevölkerung kommt nicht vor.
Völker geistern als Living Deads durch eine zerstörte Stadtlandschaft, die sowieso niemanden mehr ernähren kann, und die man einfach abknallen kann.
Hilfe kommt nur durch cyborgartige Übermenschen.
Die Welt besteht im Übrigen aus Monopolkonzernen mit oligarchischen Diktatoren an der Spitze als allmächtige Bösewichter.
Eine Wirtschaft, Arbeitswelt und Millionen miteinander lebende Menschen gibt es nicht (mehr).
Man gibt sich große Mühe, eine Ideologie der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins und der technikpervertierten Heroenretter zu lancieren. Die Technik bestimmt und beherrscht angeblich alles und wächst den Menschen auf alle möglichen Arten feindselig über den Kopf.
Die Welt endet nicht im Cyberpunk
Ich habe deshalb so ausführlich die Überhitzung des Wirtschaftssystems und das Ende der Epoche der Klassengesellschaft beschrieben, weil im historischen Rahmen die Welt nicht hollywood- und cyberpunkartig enden kann und wird:
Ein zusammenbrechendes weltweites Wirtschaftssystem, in dem Konzerne, Produktionsketten, Energieversorgung, Finanznetzwerke und umfassende weltweite Krisen in einem tobenden Verteilungs- und Konkurrenzkampf verstrickt sind, ist nicht mehr in der Lage technikgestützte Herrschaftsimperien aufzubauen und solche filmreifen Horrorszenarien zu unterhalten.
Den 1 % der Wirtschaftsmächtigen und Warlords stehen letztlich 99 % der Weltbevölkerung entgegen, die immer weniger einsehen werden, dass sie sich von denen jeglicher Zukunft berauben lassen.
Und so ist die Lage in meinen Augen: Das herrschende Weltwirtschaftssystem wird unabhängig von diesem oder jenem bösen Politiker und Banker aus seinen eigenen Gesetzmäßigkeiten innerlich zerrissen werden.
Die Weltbevölkerung wird dem auf immer breiterer Front in unterschiedlichsten Formen Widerstand entgegensetzen. Die moderne Technik und Mikroelektronik mit ihren scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten aber auch ihren Gefahrenpotenzialen ist nach wie vor und wie schon seit Tausenden von Jahren Mittel zum Zweck und ein technisches Werkzeug, was so oder so benutzt werden kann.
Ethik, Moral und entmilitarisierte Gesellschaften
Natürlich stellen sich heute im Hinblick auf künstliche Intelligenz und selbstoptimierende und lernende Programme weitgehende ethische und moralische Fragen. Als Grundfrage drängt sich auf: “Soll man alles das tun, was machbar ist oder wann sagen wir: Schluss, bis hierher und nicht weiter?” Diese Frage stellt sich für „uns“ (noch) nicht.
Heute werden diese Fragen wie immer schon in der herrschenden Wirtschaftsordnung ganz emotionslos nach Investitionsüberlegungen und Profitzwang von oben entschieden.
Wenn in Silicon Valley jemandem der große Coup mit einem elektronisch aufgemotzten Homunkulus gelingen sollte, wird er den vermarkten und einen Konzern aufbauen, ob wir das nun ethisch richtig finden oder nicht. Wenn aber die Weltwirtschaft und ihre Märkte zusammenschrumpfen und auseinanderbrechen, wird es auch mit diesem Homunkulus-Cyborg nichts und die Frage erübrigt sich.
Wirklich sinnvoll und human wird der Einsatz jeder an sich zunächst neutralen Technik erst, wenn ihre Nutzung nicht mehr ausschließlich Profit- und Kapitalmaximierungsgesichtspunkten unterliegt, sondern gewaltfreie, entmilitarisierte Gesellschaften über Forschung und praktische Umsetzung entscheiden.
Bis es so weit ist, müssen wir mehr als misstrauisch sein, vor allem gegenüber polizeistaatlicher Überwachungswut und den Absatzproblemen der Wirtschaft, deren Datenklau, perfide Algorithmen und pausenlose Reklamebombardements schon verzweifelte, ad absurdum führende Züge annehmen.
Eine von Cyborgs, Androiden und von selbstoptimierenden Computern beherrschte Menschheit aber, wird es wohl nur in den Millionen Dollars einspielenden Fantasiewelten von Hollywoodprofis geben. Die Menschen weltweit haben andere Probleme – und das Banken- und Finanzkapital im Übrigen auch.
Ich halte mich eher an die Schlussszene von “Moderne Zeiten“, wo der Lebenskünstler und nicht kleinzukriegende Charlie seine Freundin an die Hand nimmt und mit ihr selbstbewusst und optimistisch auf der Landstraße in eine gemeinsame Zukunft watschelt.
Fotos: Frankenstein von Universal Studios (Public Domain), Titelbild (Charlie Chaplin in Modern Times) von Movie studio (Public Domain), Heinrich Heine (Gemälde von Moritz Daniel Oppenheim, 1831, gemeinfrei); Aufnahme von Bisonschädelknochen um 1870 (gemeinfrei) und Android von der Firma KOKORO aufgenommen von Gnsin, CC BY-SA 3.0.
Reinhard Paulsen studierte in den Jahren 1967-1974 Geschichte an der Universität in Kiel und schloss das Studium mit dem Grad eines Magister Artium ab. Danach verließ er das akademische Intellektuellenmilieu und absolvierte eine Schlosserlehre.
Reinhard Paulsen arbeitete als Betriebsschlosser in einer Aluminiumhütte und wechselte 1977 zu einem weltweit tätigen Konzern der Chemischen Industrie, in dem er 35 Jahre bis zu seinem Ruhestand 2012 angestellt war. Seine Arbeit umfasste Schlosser-, Techniker- und Ingenieursarbeit und Tätigkeiten in der Qualitätssicherung und im Reklamationswesen. In all diesen Jahren war Paulsen basisgewerkschaftlich engagiert: sei es als Vertrauensmann, als Betriebsrat oder in der gewerkschaftlichen Erwachsenenbildung, wobei er persönlich kritische Distanz zum Gewerkschaftsmanagement hielt.
2002 kehrte er nach 28 Jahren und parallel zu seiner beruflichen Tätigkeit an die Universität zurück. Er arbeitete ab 2006 an der Universität Hamburg (Fakultät für Geisteswissenschaften) an einem Promotionsprojekt zu hamburgischer und europäischer Schifffahrt im Mittelalter sowie deutscher Forschungsvergangenheit, das er 2014 mit dem Grad eines Dr. phil. in mittelalterlicher Geschichte abschloss. 2013 und 2014 nahm er Lehraufträge in mittelalterlicher Geschichte an der Universität Hamburg wahr.
Reinhard Paulsen studierte in den Jahren 1967-1974 Geschichte an der Universität in Kiel und schloss das Studium mit dem Grad eines Magister Artium ab. Danach verließ er das akademische Intellektuellenmilieu und absolvierte eine Schlosserlehre.
Reinhard Paulsen arbeitete als Betriebsschlosser in einer Aluminiumhütte und wechselte 1977 zu einem weltweit tätigen Konzern der Chemischen Industrie, in dem er 35 Jahre bis zu seinem Ruhestand 2012 angestellt war. Seine Arbeit umfasste Schlosser-, Techniker- und Ingenieursarbeit und Tätigkeiten in der Qualitätssicherung und im Reklamationswesen. In all diesen Jahren war Paulsen basisgewerkschaftlich engagiert: sei es als Vertrauensmann, als Betriebsrat oder in der gewerkschaftlichen Erwachsenenbildung, wobei er persönlich kritische Distanz zum Gewerkschaftsmanagement hielt.
2002 kehrte er nach 28 Jahren und parallel zu seiner beruflichen Tätigkeit an die Universität zurück. Er arbeitete ab 2006 an der Universität Hamburg (Fakultät für Geisteswissenschaften) an einem Promotionsprojekt zu hamburgischer und europäischer Schifffahrt im Mittelalter sowie deutscher Forschungsvergangenheit, das er 2014 mit dem Grad eines Dr. phil. in mittelalterlicher Geschichte abschloss. 2013 und 2014 nahm er Lehraufträge in mittelalterlicher Geschichte an der Universität Hamburg wahr.
7 Antworten auf „Modern Times: Vom ersten Feuer bis zum hochgetunten Homunculus“
Um die Wirtschaft menschlicher zu gestalten, muß meiner Meinung nach das Feindbild der Herrschenden und Besitzenden präzisiert werden. Ich vermute, ihre Unnahbarkeit liegt zum Teil darin, daß oft die Herrschenden nicht besitzen und die Besitzenden nicht herrschen.
Woher kommen sie? Sind sie vom Himmel gefallen? Ich vermute, die makelnde, Herrschende Kaste ist eine Folge des immateriellen Wissens. Ich brauche keine Muskeln, um Wissen zu tragen, noch weniger, als um einen Geldschein zu heben.
Das Urmenschenszenario: Die Bauern schicken ihren schwächsten und nutzlosesten zu den Schäfern. Der soll den Austausch von Korn und Wolle verhandeln. Er verhandelt den Preis, den Termin des Austauschs, plant den Transport. Geboren ist der Wissensmakler, der Manager. Er weiß, wo und wie die Früchte der Arbeit strömen und kann unbehlligt seine Pfründe abzweigen. Man braucht ihn scheinbar zwingend, im Frieden wie im Krieg.
Frage: Wieviel von ihm brauchen wir? Wieviel seiner Macht ist Anmaßung? Können wir ihn gerecht ehren und entlohnen und dabei unter Kontrolle halten?
These: Die Menschenfeindliche Klasse sind die grauen Herren des mittleren Managements, sie schaffen ihre eigene Unentbehrlichkeit. Sie handeln unmenschlich und verantwortungslos, weil sie eben kein Stück der Produktionsmittel besitzen, keine Loyalität gegenüber ihrem Betrieb empfinden. Sie beten die Technik an und während sie ein Projekt vor die Wand fahren telefonieren sie schon längst innerhalb ihrer Kaste um den nächsten Posten am anderen Ende der Welt.
“Ich vermute, ihre Unnahbarkeit liegt zum Teil darin, daß oft die Herrschenden nicht besitzen und die Besitzenden nicht herrschen.” Es wüde sich lohnen, die 2te und vor allem 3te Reihe der Macht genauer unter die Lupe zu nehmen. Die kennt keiner und trägt dabei Ideologie und Know-how.
Liebe Alice,
Wenn wir uns konkret den Entscheidungsträgern im Wirtschaftssystem in die Augen schauen wollen, ist das natürlich, – da haben sie völlig recht, – bei den Netzwerken und Hierarchien schwer zu machen. Die „Herrschenden, die nicht besitzen“ sind jedoch nicht das mittlere Management. Das setzen nur die Vorgaben des Topmanagements um, welches die Ge-schäftspolitik und die mittel- und langfristigen Geschäftsstrategien vorgibt.
Diese oberste Ebene des Managements, in Aktiengesellschaften der Vorstand mit seinen verschiedenen Ressorts ist jedoch seinerseits austauschbar und als operative Geschäftslei-tung Weisungen der Hauptaktionäre über deren Vertreter im Aufsichtsrat der Gesellschaft unterworfen. Wenn die z.B. beschließen, die Firma zu zerreißen und in Einzelteilen zu ver-kaufen, dann mach so eine Geschäftsleitung eben bewusst ruinöse Politik.
Auf den Jährlichen Aktionärshauptversammlungen wird sichtbar, wo die wirkliche Kapital-macht sitzt. Es sind die Mehrheitsaktionäre, meist wiederum andere Kapitalunternehmungen, die große Aktionenpakete als Kapitalanlage halten – oft die großen Versicherungsunter-nehmen – oder die Großbanken, die über das ihnen überlassene Depotstimmrecht vieler kleinerer Aktionäre über entscheidende Mehrheiten verfügen, um den Vorstand zu entlas-ten und seine Vorschläge, wie die im letzten Jahr von der Belegschaft erarbeitete Gewinne unter den Aktionären zu verteilen sind, abzusegnen – wobei Aktionäre Geldinstitutionen, Fonds oder auch Privatpersonen sein können.
Wenn man dann weiter nachbohrt, wer die Depots der Banken hält, wer hinter den von ihnen verwalteten Aktienportfolios steckt und wem die Fondsanteile etwa in Aktienfonds ge-hören, dann kommt man langsam bei der Schicht der Reichen und Superreichen an, bei den Kapitelbesitzern, die in der Regel im Hintergrund agieren und nach außen ihre Fond- und Firmenmanager oder Börsenhändler für sich „herrschen“ lassen. Aber seien sie versichert, liebe Alice, die letzte Entscheidung darüber, was gekauft und verkauft und was wo investiert wird. hat letztlich eine kapitalbesitzende winzige Elite von wirklichen Menschen. Sie ragen gewöhnlich irgendwo aus dem verwirrenden und verwobenen globalen Finanznetzwerk her-aus und sind als Kapitalherrscher identifizierbar. Trump und seine Milliardärsgarde im Wei-ßen Haus sind solche Typen, oder russische Oligarchen, oder die arabischen Ölscheichynas-tien.
Diese globale Kapitalistenschicht herrscht on top von allem. Ihr allumfassender Kapitalbesitz gibt ihnen eine allumfassende gesellschaftliche Entscheidungsmacht. Alice, wieso meinen sie, dass diese, sämtliche Produktionsmittel besitzende oberste Elite im Gegensatz zum mittleren Management Loyalität gegenüber „ihren“ Betrieben verspürt? Die wissen in der Regel nicht einmal, wie es dort aussieht, wo ihr Kapital weltweit überall drinsteckt. Oder glauben sie, dass die chinesischen Staatskapitalisten wissen, wie es in den europäischen Häfen oder Flug-linien aussieht, die sie kaufen, und dass die auch nur ein Fünkchen Verantwortung für die dortigen Arbeitnehmer verspüren??
Diese Art von Wirtschaft kann man nicht menschlicher gestalten. Man kann sie mit Mehrhei-ten nicht abwählen, und gut zureden und mehr Empathie für die kleinen Leute einfordern, nützt auch nichts.
Um diese Kapitalmacht zu brechen, muss man auch nicht die einzelnen Banker und Manager „die grauen Herren des Managements“ persönlich bekämpfen, weil sie so unmenschlich sind. Man muss sie kaltstellen, muss ihnen ihr Finanzspielwiesen dichtmachen.
Dieses System zerstört sich zum einen gerade mit ausweglosen Wirtschaftszwängen und weltweiten, platzenden Krisenblasen selbst. Zum anderen fällt ihre Macht dann, wenn es gelingt, die Börsen und Finanzschauplätze dicht zu machen. Man muss die nicht hilfreich und produktiv verwendeten Milliarden der sogenannten „Finanzprodukte“, die Milliardenkonten heute sinnlos und nicht mehr gewinnbringend investierbaren, über die Weltfinanzmärkte vagabundieren Milliardenbeträge enteignen, konfiszieren und nach Notwendigkeit und Be-dürftigkeit auf diesem geschundenen Globus den Bevölkerungen zur Verfügung stellen Wior brauchen die Chance, sie für sinnvolle und überfällige Projekte zu investieren, die von Hun-dertausenden von qualifizierten Arbeitssuchenden auf der Welt dann in Angriff genommen werden können, um die Not zu lindern und die globalen Schäden auf allen Kontinenten aus-zubessern.
So, meine ich, haben und schaffen wir eine Zukunft. Sie haben recht, “die grauen Herren des mittleren Managements“ reiten gerade die Welt zuschanden – aber nicht aus eigener Böswilligkeit, sondern im Auftrag von ganz oben. Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerungen kann auf diese Leute und ihre Art zu wirtschaften verzichten. Unentbehrlich sind die nur in ihrer Rolle als Erfüllungsgehilfen und Geschäfteführer der eigentlichen Kapitalzentralen dieser Welt.
Reinhard Paulsen
Lieber Reinhard Paulsen! Ich danke Ihnen sehr für Ihre ausführliche Antwort. Genau so eine ins Detail gehende Darstellung des Herrschaftssystems und seiner Akteure habe ich mir gewünscht. Denn dadurch wird aus Verdacht und Anfeindung eine vernünftige, sachlich und moralisch fundierte Anklage. Der nächste Schritt wäre dann ein gerechter Systemumbau. Denn, gesetzt den Fall, eine Enteignung des Großkapitals würde ohne substantielle Schäden für die Meschheit gelingen, müsste doch dann die Umverteilung so gestaltet sein, dass dabei und daraus keine neuen menschenfeindlichen Strukturen erwachsen. Mithin ein echter Kommunismus, welcher nicht zusammenbricht und eine Oligarchenclique in die Welt setzt. Dafür denke ich, ist ein tiefes Verständnis der Verwaltungssysteme und ihrer psychologischen Effekte auf die Akteure sehr wichtig. Es muss also, um auf Ihr eigentliches Thema zurückzukommen, auch Schaden und Nutzen der Menschmaschine, des Verwaltungsleviathans, bestimmt werden.
Alice Wunder
Liebe Alice,
Einhundert Prozent d’accord. Das sind genau die Fragen, über die wir uns auch schon heute Gedanken machen müssen. Also nicht nur, wogegen wir sind und was weg muss, sondern – und das ist viel schwieriger – wofür wir denn sind und wie es vernünftig und gerecht weitergeht.
Aber auch in diesen Fragen stehen wir nicht am Anfang. Zum einen gibt es in der Geschichte eine große Anzahl von Versuchen, Umsetzungen und Erfahrungen von neuen gesellschaftlichen Lebensformen, die es auszuwerten und unter den neuen heutigen Bedingungen der Geschichte neu zu überdenken gilt, von frühsozialistischen, utopischen Modellen und Versuchen (z. B. Robert Owen), der Pariser Commune 1871, der russischen Oktoberevolution mit bolschewistischer Kaderpartei und anschließender Diktatur des Proletariat, über die Erfahrungen der spanischen Republik in den 30er Jahren mit ihren anarchistischen Gesellschaftsmodellen des Zusammenlebens oder der Geschichte des sozialistischen Cubas oder Chinas und Vietnams. Es gibt vieles aus der Geschichte zu lernen – Positives wie Negatives.
Zum anderen gibt es heute schon weltweit viele Ansätze und Projekte, um aus dem Elend und der Umklammerung von Monopolen und Weltbank herauszukommen. Da muss es weltweit noch eine viel bessere Kommunikation, Diskussion und Erfahrungsaustausch geben.
Wie gesagt, ich bin da bei der Schlussszene Von „Moderne Zeiten“ und stelle mir vor, das Charly und seiner Freundin sich genau über so etwas auf ihrem Weg in die Zukunft Gedanken machen.
Gruß
Reinhard Paulsen
Sehr geehrter von R. Paulsen,
ich mag mich einfach mal so für Ihren aufwendig erarbeiteten Bericht, welcher mir bestätigt, was ich schon weiß oder nur erahne, bedanken.
Mit freundlichen Gruß
von stefan
Lieber Stefan,
das freut mich sehr, wenn ihnen der Artikel etwas gegeben hat. Genau dafür ist so ein grassroots-Medium wie die Neue Debatte gedacht. Man merkt, dass man mit seinen Überlegungen nicht allein ist und dass hier jeder seine Meinung schreiben und diskutieren kann.
Gruß
Reinhard Paulsen
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7 Antworten auf „Modern Times: Vom ersten Feuer bis zum hochgetunten Homunculus“
Um die Wirtschaft menschlicher zu gestalten, muß meiner Meinung nach das Feindbild der Herrschenden und Besitzenden präzisiert werden. Ich vermute, ihre Unnahbarkeit liegt zum Teil darin, daß oft die Herrschenden nicht besitzen und die Besitzenden nicht herrschen.
Woher kommen sie? Sind sie vom Himmel gefallen? Ich vermute, die makelnde, Herrschende Kaste ist eine Folge des immateriellen Wissens. Ich brauche keine Muskeln, um Wissen zu tragen, noch weniger, als um einen Geldschein zu heben.
Das Urmenschenszenario: Die Bauern schicken ihren schwächsten und nutzlosesten zu den Schäfern. Der soll den Austausch von Korn und Wolle verhandeln. Er verhandelt den Preis, den Termin des Austauschs, plant den Transport. Geboren ist der Wissensmakler, der Manager. Er weiß, wo und wie die Früchte der Arbeit strömen und kann unbehlligt seine Pfründe abzweigen. Man braucht ihn scheinbar zwingend, im Frieden wie im Krieg.
Frage: Wieviel von ihm brauchen wir? Wieviel seiner Macht ist Anmaßung? Können wir ihn gerecht ehren und entlohnen und dabei unter Kontrolle halten?
These: Die Menschenfeindliche Klasse sind die grauen Herren des mittleren Managements, sie schaffen ihre eigene Unentbehrlichkeit. Sie handeln unmenschlich und verantwortungslos, weil sie eben kein Stück der Produktionsmittel besitzen, keine Loyalität gegenüber ihrem Betrieb empfinden. Sie beten die Technik an und während sie ein Projekt vor die Wand fahren telefonieren sie schon längst innerhalb ihrer Kaste um den nächsten Posten am anderen Ende der Welt.
“Ich vermute, ihre Unnahbarkeit liegt zum Teil darin, daß oft die Herrschenden nicht besitzen und die Besitzenden nicht herrschen.” Es wüde sich lohnen, die 2te und vor allem 3te Reihe der Macht genauer unter die Lupe zu nehmen. Die kennt keiner und trägt dabei Ideologie und Know-how.
Liebe Alice,
Wenn wir uns konkret den Entscheidungsträgern im Wirtschaftssystem in die Augen schauen wollen, ist das natürlich, – da haben sie völlig recht, – bei den Netzwerken und Hierarchien schwer zu machen. Die „Herrschenden, die nicht besitzen“ sind jedoch nicht das mittlere Management. Das setzen nur die Vorgaben des Topmanagements um, welches die Ge-schäftspolitik und die mittel- und langfristigen Geschäftsstrategien vorgibt.
Diese oberste Ebene des Managements, in Aktiengesellschaften der Vorstand mit seinen verschiedenen Ressorts ist jedoch seinerseits austauschbar und als operative Geschäftslei-tung Weisungen der Hauptaktionäre über deren Vertreter im Aufsichtsrat der Gesellschaft unterworfen. Wenn die z.B. beschließen, die Firma zu zerreißen und in Einzelteilen zu ver-kaufen, dann mach so eine Geschäftsleitung eben bewusst ruinöse Politik.
Auf den Jährlichen Aktionärshauptversammlungen wird sichtbar, wo die wirkliche Kapital-macht sitzt. Es sind die Mehrheitsaktionäre, meist wiederum andere Kapitalunternehmungen, die große Aktionenpakete als Kapitalanlage halten – oft die großen Versicherungsunter-nehmen – oder die Großbanken, die über das ihnen überlassene Depotstimmrecht vieler kleinerer Aktionäre über entscheidende Mehrheiten verfügen, um den Vorstand zu entlas-ten und seine Vorschläge, wie die im letzten Jahr von der Belegschaft erarbeitete Gewinne unter den Aktionären zu verteilen sind, abzusegnen – wobei Aktionäre Geldinstitutionen, Fonds oder auch Privatpersonen sein können.
Wenn man dann weiter nachbohrt, wer die Depots der Banken hält, wer hinter den von ihnen verwalteten Aktienportfolios steckt und wem die Fondsanteile etwa in Aktienfonds ge-hören, dann kommt man langsam bei der Schicht der Reichen und Superreichen an, bei den Kapitelbesitzern, die in der Regel im Hintergrund agieren und nach außen ihre Fond- und Firmenmanager oder Börsenhändler für sich „herrschen“ lassen. Aber seien sie versichert, liebe Alice, die letzte Entscheidung darüber, was gekauft und verkauft und was wo investiert wird. hat letztlich eine kapitalbesitzende winzige Elite von wirklichen Menschen. Sie ragen gewöhnlich irgendwo aus dem verwirrenden und verwobenen globalen Finanznetzwerk her-aus und sind als Kapitalherrscher identifizierbar. Trump und seine Milliardärsgarde im Wei-ßen Haus sind solche Typen, oder russische Oligarchen, oder die arabischen Ölscheichynas-tien.
Diese globale Kapitalistenschicht herrscht on top von allem. Ihr allumfassender Kapitalbesitz gibt ihnen eine allumfassende gesellschaftliche Entscheidungsmacht. Alice, wieso meinen sie, dass diese, sämtliche Produktionsmittel besitzende oberste Elite im Gegensatz zum mittleren Management Loyalität gegenüber „ihren“ Betrieben verspürt? Die wissen in der Regel nicht einmal, wie es dort aussieht, wo ihr Kapital weltweit überall drinsteckt. Oder glauben sie, dass die chinesischen Staatskapitalisten wissen, wie es in den europäischen Häfen oder Flug-linien aussieht, die sie kaufen, und dass die auch nur ein Fünkchen Verantwortung für die dortigen Arbeitnehmer verspüren??
Diese Art von Wirtschaft kann man nicht menschlicher gestalten. Man kann sie mit Mehrhei-ten nicht abwählen, und gut zureden und mehr Empathie für die kleinen Leute einfordern, nützt auch nichts.
Um diese Kapitalmacht zu brechen, muss man auch nicht die einzelnen Banker und Manager „die grauen Herren des Managements“ persönlich bekämpfen, weil sie so unmenschlich sind. Man muss sie kaltstellen, muss ihnen ihr Finanzspielwiesen dichtmachen.
Dieses System zerstört sich zum einen gerade mit ausweglosen Wirtschaftszwängen und weltweiten, platzenden Krisenblasen selbst. Zum anderen fällt ihre Macht dann, wenn es gelingt, die Börsen und Finanzschauplätze dicht zu machen. Man muss die nicht hilfreich und produktiv verwendeten Milliarden der sogenannten „Finanzprodukte“, die Milliardenkonten heute sinnlos und nicht mehr gewinnbringend investierbaren, über die Weltfinanzmärkte vagabundieren Milliardenbeträge enteignen, konfiszieren und nach Notwendigkeit und Be-dürftigkeit auf diesem geschundenen Globus den Bevölkerungen zur Verfügung stellen Wior brauchen die Chance, sie für sinnvolle und überfällige Projekte zu investieren, die von Hun-dertausenden von qualifizierten Arbeitssuchenden auf der Welt dann in Angriff genommen werden können, um die Not zu lindern und die globalen Schäden auf allen Kontinenten aus-zubessern.
So, meine ich, haben und schaffen wir eine Zukunft. Sie haben recht, “die grauen Herren des mittleren Managements“ reiten gerade die Welt zuschanden – aber nicht aus eigener Böswilligkeit, sondern im Auftrag von ganz oben. Die überwältigende Mehrheit der Bevölkerungen kann auf diese Leute und ihre Art zu wirtschaften verzichten. Unentbehrlich sind die nur in ihrer Rolle als Erfüllungsgehilfen und Geschäfteführer der eigentlichen Kapitalzentralen dieser Welt.
Reinhard Paulsen
Lieber Reinhard Paulsen! Ich danke Ihnen sehr für Ihre ausführliche Antwort. Genau so eine ins Detail gehende Darstellung des Herrschaftssystems und seiner Akteure habe ich mir gewünscht. Denn dadurch wird aus Verdacht und Anfeindung eine vernünftige, sachlich und moralisch fundierte Anklage. Der nächste Schritt wäre dann ein gerechter Systemumbau. Denn, gesetzt den Fall, eine Enteignung des Großkapitals würde ohne substantielle Schäden für die Meschheit gelingen, müsste doch dann die Umverteilung so gestaltet sein, dass dabei und daraus keine neuen menschenfeindlichen Strukturen erwachsen. Mithin ein echter Kommunismus, welcher nicht zusammenbricht und eine Oligarchenclique in die Welt setzt. Dafür denke ich, ist ein tiefes Verständnis der Verwaltungssysteme und ihrer psychologischen Effekte auf die Akteure sehr wichtig. Es muss also, um auf Ihr eigentliches Thema zurückzukommen, auch Schaden und Nutzen der Menschmaschine, des Verwaltungsleviathans, bestimmt werden.
Alice Wunder
Liebe Alice,
Einhundert Prozent d’accord. Das sind genau die Fragen, über die wir uns auch schon heute Gedanken machen müssen. Also nicht nur, wogegen wir sind und was weg muss, sondern – und das ist viel schwieriger – wofür wir denn sind und wie es vernünftig und gerecht weitergeht.
Aber auch in diesen Fragen stehen wir nicht am Anfang. Zum einen gibt es in der Geschichte eine große Anzahl von Versuchen, Umsetzungen und Erfahrungen von neuen gesellschaftlichen Lebensformen, die es auszuwerten und unter den neuen heutigen Bedingungen der Geschichte neu zu überdenken gilt, von frühsozialistischen, utopischen Modellen und Versuchen (z. B. Robert Owen), der Pariser Commune 1871, der russischen Oktoberevolution mit bolschewistischer Kaderpartei und anschließender Diktatur des Proletariat, über die Erfahrungen der spanischen Republik in den 30er Jahren mit ihren anarchistischen Gesellschaftsmodellen des Zusammenlebens oder der Geschichte des sozialistischen Cubas oder Chinas und Vietnams. Es gibt vieles aus der Geschichte zu lernen – Positives wie Negatives.
Zum anderen gibt es heute schon weltweit viele Ansätze und Projekte, um aus dem Elend und der Umklammerung von Monopolen und Weltbank herauszukommen. Da muss es weltweit noch eine viel bessere Kommunikation, Diskussion und Erfahrungsaustausch geben.
Wie gesagt, ich bin da bei der Schlussszene Von „Moderne Zeiten“ und stelle mir vor, das Charly und seiner Freundin sich genau über so etwas auf ihrem Weg in die Zukunft Gedanken machen.
Gruß
Reinhard Paulsen
Sehr geehrter von R. Paulsen,
ich mag mich einfach mal so für Ihren aufwendig erarbeiteten Bericht, welcher mir bestätigt, was ich schon weiß oder nur erahne, bedanken.
Mit freundlichen Gruß
von stefan
Lieber Stefan,
das freut mich sehr, wenn ihnen der Artikel etwas gegeben hat. Genau dafür ist so ein grassroots-Medium wie die Neue Debatte gedacht. Man merkt, dass man mit seinen Überlegungen nicht allein ist und dass hier jeder seine Meinung schreiben und diskutieren kann.
Gruß
Reinhard Paulsen