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Gesellschaft

Coming-out: Hartz-IV und ich

Die Gehirnwäsche der Hartz-IV-Schöpfer hat funktioniert. Bis heute glauben viele Menschen, Hartz-IV-Empfänger würden zurecht auf den Holzbänken der 3. Klasse sitzen. Sie haben vergessen, über wen sie reden.

Als Bezieher der Grundsicherung ist es nicht gerade einfach an die Öffentlichkeit zu gehen und sich zu “outen”. Da ist dieses verdammte Stigma, welches so gut wie jedem anhaftet, der Hartz-IV in Anspruch nehmen muss. Auch mir.

Die Gehirnwäsche der “Hartz-IV-Schöpfer” hat sehr gut funktioniert und so ist es nicht verwunderlich, dass es eine große Gruppe von Menschen in der Gesellschaft gibt, die noch heute glaubt, Hartz-IV-Empfänger würden zurecht auf den Holzbänken der 3. Klasse sitzen.

Sätze wie “Es gibt kein Recht auf Faulheit!” von Gerhard Schröder (SPD) oder “Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen!”, 2006 vom ehemaligen SPD-Arbeitsminister Franz Müntefering ausgesprochen, haben sich unauslöschlich in viel zu viele Köpfe eingebrannt.

Dabei drängt sich mir die Frage auf, wie sich im Moment von Münteferings Statement zum Beispiel die Mitarbeiter des Chiphersteller Infineon gefühlt haben mögen, die in München-Perlach ihre Jobs verloren, weil die Konzernbosse das Stammwerk dichtmachten. Oder was die Belegschaften von den unzähligen anderen Firmen gedacht haben mögen, die pleitegingen oder aus wirtschaftlichen Gründen ins Ausland verlagert wurden und deren Mitarbeiter keine neue Anstellung fanden.

Franz Müntefering und Gerhard Schröder sind natürlich nicht alleine verantwortlich für die Konstruktion der Hartz-IV-Gesetze, die sich gegen die eigene Bevölkerung gewendet haben. Auch nicht ein Wolfgang Clement, 2002 bis 2005 Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit im Kabinett Schröder, der Stimmung gegen Arbeitslose machte.

Gewerkschafter, Unternehmensvertreter und Politiker arbeiteten in der Hartz-Kommission mit oder votierten im Bundestag für Arbeitsmarktreform und Hartz-Gesetze. Und natürlich ist da noch der ehemalige VW-Manager und Ex-Kanzlerberater Peter Hartz selbst, dessen Name zum Synonym für Armut wurde.

Sie zusammen öffneten einer kalten und asozialen Politik Tür und Tor, die die Gesellschaft gespalten hat und einen erheblichen Teil an Solidarität und Empathie zerstörte.

Es geht ans Eingemachte

Die Medien trugen ihren Teil zur Entwicklung bei, an vorderster Front die Boulevardpresse, vor allem die Bild-Zeitung und einige private Fernsehsender. Sie dichteten den Hartz-IV-Empfängern das Image des ungebildeten und arbeitsscheuen Menschen an, das sich in den Hirnen eines sehr großen Teils der Bevölkerung eingenistet hat und sich bis heute dort hält.

Mir kann aber niemand erzählen, dass die Mehrheit der Menschen, die eine Grundsicherung bezieht, diesem Bild entspricht. Laut Statistik sind in Deutschland fast 4,5 Millionen Menschen, die davon betroffen sind. Ja, sie sind betroffen.

Denn ihr Alltag ist sehr hart, wie die täglichen Berichte des Journalisten Michael Wögerer über das Leben mit Mindestsicherung zeigten. Leider sind seine Beschreibungen unvollständig. Sie sind es, weil es sich um ein zeitlich begrenztes Experiment handelte. Er wusste, dass es nach 31 Tagen vorbei ist und er wusste auch, dass er in den 31 Tagen keine Sanktionen zu fürchten hat. Ich gehe deshalb davon aus, dass er sich nicht wirklich minderwertig fühlte. In der Realität geht es aber ans Eingemachte, an das Selbstwertgefühl und an die Selbstbestimmung.

Hosen runter, Selbstbestimmung weg

Ein Mensch, der in die unsägliche Situation gerät, sich nicht mehr von eigener Arbeit ernähren zu können, weil er sie verloren hat oder er so wenig Gehalt für sie erhält, dass das Einkommen nicht bis zum Monatsende reicht, der weiß nicht, wann dieser Zustand beendet ist.

Befindet man sich über einen längeren Zeitraum in dieser Situation, kann es durchaus passieren, das einem das Selbstwertgefühl nach und nach abhandenkommt – das macht krank.

Die Selbstbestimmung ist man direkt zu Anfang los, wenn es heißt: “Hose runter!” Sämtliche Ersparnisse, die Maßnahmen, die man in früheren Jahren getroffen hat, um im Alter abgesichert zu sein, all das Finanzielle muss beim Jobcenter offengelegt werden. Vieles muss aufgebraucht werden, bevor die Mindestsicherung greift.

Abzüglich der Miete und des Abschlags für die Stromversorgung bleiben einem Alleinstehenden im Monat etwas über 300 Euro. Ja, man kann davon leben, allerdings bleibt es beim Leben. Mit dem Bezug der Mindestsicherung beginnt die soziale Isolation.

Der Fernseher als bester Freund

Reisen, Urlaub oder Auto sind Vokabeln, die man gleich aus seinem Sprachgebrauch streichen kann. Besuche im Theater oder im Kino und Verabredungen in der Kneipe nebenan oder im Restaurant an der Ecke sind nicht mehr möglich. Alle Vergnügungen, die Geld kosten werden zum Tabu, selbst wenn Freunde dazu einladen. Wer lässt sich schon gerne ständig aushalten?

Es passiert daher sehr leicht, dass man sich zurückzieht. Die sozialen Kontakte nehmen ab und der heimische PC und der Fernseher werden zu den besten Freunden. Die daraus resultierende Vereinsamung geht nach einiger Zeit unweigerlich an die Psyche. Depressionen stellen sich ein. Mir ist es zumindest so ergangen und ich habe aktuell immer noch Schwierigkeiten damit.

Mir ist bewusst, dass ich nur einer von Abermillionen Menschen bin, die sich in der misslichen Lage befinden, eine Mindestsicherung zu beziehen und es ist mir klar, dass es darunter Menschen gibt, denen es schlechter geht als mir, dennoch will ich meinen Werdegang beschreiben.

Die ersten Jobs

Nachdem ich meine Schullaufbahn abbrach, suchte ich mir sofort eine Lehrstelle als Trockenbaumonteur, um meinen Eltern nicht finanziell zur Last zu fallen. Nach der bestandenen Facharbeiterprüfung arbeitete ich noch zwei Jahre in diesem Beruf.

Da sich dieses Berufsbild mit der Zeit immer weiter von meinen Vorstellungen entfernte, begann ich, mich nach etwas anderem umzusehen, um mich beruflich neu zu orientieren. Irgendwann Mitte der 80er Jahre landete ich in einem Betrieb für Industrielackierung.

Die Arbeit gefiel mir sehr, da ich aber in der Firma keine Möglichkeit hatte, mich in diesem Beruf zu qualifizieren, wechselte ich in ein mittelständisches Unternehmen, das mir nach einer Einarbeitung von zwei Jahren, die Gelegenheit bot, meinen Facharbeiterbrief als Kfz-Lackierer nebenberuflich nachzuholen.

Ich arbeitete dann dort bis kurz vor der Jahrtausendwende. Hätte die Firma nicht geschlossen, würde ich wahrscheinlich immer noch dort arbeiten. Die Firma wurde jedoch an einen ausländischen Konzern verkauft und es erging dem Betrieb genauso wie vielen in der damaligen Zeit: die Patente wurden aus der Firma gezogen und danach wurde sie abgewirtschaftet.

Nackenschläge und ein Beruf mit Zukunft

Das war ein erster Nackenschlag. Wie viele andere Kollegen hatte ich mich mit dem Betrieb identifiziert und gern in ihm gearbeitet. Zum Glück konnte ich nahtlos eine andere Arbeitsstelle antreten. Zwei Jahre später musste ich mich leider hintereinander zwei Knieoperationen unterziehen und in der darauf folgenden Reha teilte man mir mit, dass ich meinen Beruf nicht mehr ausüben könne. Das war der zweite Nackenschlag.

Schon während der Reha fand in der Klinik ein Informationstag vom Rententräger statt, in dem man Berufsunfähigen Möglichkeiten aufzeigte, sich umzuorientieren, sprich, eine Umschulung in Anspruch zu nehmen.

Man riet uns, nicht ausschließlich die Angebote der Arbeitsämter in Anspruch zu nehmen, sondern auch Eigeninitiative zu zeigen, selbst nach Möglichkeiten der Veränderung zu suchen und diese vorzuschlagen. Genau das tat ich.

Wer meinen kurzen Lebenslauf in der Vorstellung der Autoren hier auf Neue Debatte gelesen hat, der weiß, dass ich während meiner Freizeit an einer privaten Kunstakademie Airbrush Design studiert habe und so kam ich auf die Idee, eine Umschulung in einem Verwandten Bereich zu beginnen – als DTP-Grafikdesigner. Die Akademie, an der ich Airbrush Design belegt hatte, bot staatlich anerkannte Umschulungen an und so nahm ich Kontakt mit dem Institut auf.

Ich bekam sogar von einem mir bekannten Grafikstudio eine schriftliche Zusage, dass ich bei entsprechender Ausbildung einen unbefristeten Arbeitsvertrag bekäme. Mit all dem bewaffnet sprach ich beim Arbeitsamt vor.

Dort bekam mein Optimismus einen Dämpfer, als man mir mitteilte, dass man erst überprüfen müsse, ob ich für diesen Beruf geeignet sei. Man schickte mich zu einem Berufsbildungswerk, wo man nach einer Woche voller Tests zum Schluss kam, dass ich ungeeignet wäre – es hieß, ich sei farbenblind.

Man stelle sich vor: 16 Jahre Berufserfahrung als Lackierer, unzählige Male Farben angemischt, künstlerisch in der bildenden Kunst tätig und dann heißt es, man sei zu dem Schluss gelangt, ich sei für eine Umschulung als DTP-Designer nicht geeignet, weil ich Farben nicht richtig erkennen könne.

Mein Widerspruchsschreiben nutzte nichts. Mir wurde geraten, mir einen Beruf mit Zukunft zu wählen: ich möge doch eine Umschulung zum Bürokaufmann machen. Das war der dritte Nackenschlag.

Plötzlich Lehrer

Das Leben nimmt zuweilen unerwartete Wendungen, stellte ich fest, als eine Offerte aus einer Ecke kam, mit der ich überhaupt nicht gerechnet hatte. Ich bekam ein Angebot als Spanischlehrer, um in einem privaten Bildungswerk für Erwachsene zu arbeiten.

Nach einer kurzen Probezeit bekam ich sogar einen unbefristeten Arbeitsvertrag, was in dieser Branche nicht gerade üblich ist. Während der 13 Jahre die ich dort arbeitete, betreute ich Firmen, die ihre Mitarbeiter ins Ausland schickten.

Als die Aufträge für das Bildungswerk ausblieben, beschloss ich mich selbstständig zu machen. Ich nahm die Hilfe des Teams “Selbstständige” des für mich zuständigen Jobcenters und dessen Kredit an. Um es kurz zu machen: Nicht jeder ist für die Selbstständigkeit geeignet.

Ich musste erkennen, dass ich an meine Grenzen gestoßen war. Psychisch stark angeschlagen, warf ich das Handtuch, meldete Privatinsolvenz an und beziehe seitdem eine Grundsicherung.

Die Luft ist raus

Ein letztes Mal raffte ich mich auf, um mich aus dieser Lage zu befreien, als ich erfuhr, dass die Möglichkeit besteht, ohne Abitur zu studieren. Immerhin hatte ich eine langjährige Erfahrung im Unterrichten.

Ich fand sogar einen Studiengang, der zu meiner Tätigkeit passte: Spanische Sprache und Kultur und Geschichte.

Ich schrieb die Universität Essen/Duisburg an und bekam einen Termin bei dem dafür zuständigen Professor. Der war davon angetan, das ein knapp 50-jähriger sich traute ein Regelstudium anzugehen.

Die Ernüchterung kam allerdings schnell danach, als man mir im Jobcenter mitteilte, dass man als Hartz-IV-Empfänger nicht studieren kann, weil einem Studenten keine Grundsicherung zusteht. BAföG kam auch nicht infrage, weil ich dafür zu alt sei.

Das alles hat meine Kraft förmlich herausgesaugt und es haben sich danach schwere Depressionen eingestellt. Zum Glück gibt es einige wenige Menschen in meinem Leben, die mir dabei geholfen haben wieder aufzustehen.

Ich glaube, es gibt weitaus schlimmere Schicksale, allerdings muss ich gestehen, dass mir persönlich die Luft ausgegangen ist. Es war ein langjähriger Kampf, den ich geführt habe, um nicht von der Allgemeinheit ausgehalten zu werden, den ich zu guter Letzt doch verloren habe.

Das Abso­lu­tum der Wirtschaft

Wie ich eingangs schrieb, bin ich nur einer von 4,5 Millionen Hartz-IV-Empfängern und vielen davon ist es schlechter ergangen. Der größte Teil davon ist nicht Schuld an der Situation und dennoch sind sie durch das Zutun von Politikern und Medien stigmatisiert worden.

Aussagen wie die von Schröder, Müntefering, Clement & Co., wie ich sie oben angeführt habe, sind Ohrfeigen für die Zigtausenden Stahlarbeiter, Werftarbeiter, Bergleute, die Mitarbeiter von Autoherstellern und aus anderen Branchen, die ihre Arbeitsplätze verloren und keinen Ersatz dafür bekamen.

Sie sind die Opfer einer sich wandelnden Wirtschaft, die die Profitmaximierung zum Abso­lu­tum erklärte. Im Einklang mit der Politik wurden die Arbeitslosen entmenschlicht und ihr Beitrag, den sie zum Wohlstand der Gesellschaft geleistet haben, geriet in Vergessenheit. Sie wurden zum Bodensatz der Gesellschaft.

Es gibt Solidarität

Die Solidarität ist zum Glück nicht gänzlich abhandengekommen, wie Michael Wögerer gezeigt hat, der einen Monat lang wie jemand lebte, der eine Grundsicherung bekommt.

Er hat recht, wenn er sagt, dass nur derjenige der dauerhaft von Armut betroffen ist, weiß, was es wirklich bedeutet. Ich möchte mich bei ihm bedanken, dass er dieses Experiment wagte, etwas, was kein Politiker, egal welcher Couleur auf sich genommen hat – bis auf eine rühmliche Ausnahme: der Landessprecher der Grünen in Wien, Joachim Kovacs.

Beiden gilt mein Dank, weil ihre Berichte mich dazu ermutigt haben, über mich zu schreiben.


Foto: Jairo Gomez (privat).

Seit 1967 lebt der im spanischen Granada geborene Bernardo Jairo Gomez Garcia in Deutschland. Sein Vater stammt aus Kolumbien, seine Mutter aus Spanien. Schon vor seinen Ausbildungen zum Trockenbaumonteur und Kfz-Lackierer entdeckte Gomez seine Leidenschaft für die Kunst. Er studierte an einer privaten Kunsthochschule Airbrushdesign und wechselte aus der Fabrikhalle ans Lehrerpult. Rund 14 Jahre war Gomez als Spanischlehrer in der Erwachsenenbildung tätig. Seine Interessen gelten der Politik, Geschichte, Literatur und Malerei. Für Neue Debatte schreibt Jairo Gomez über die politischen Entwicklungen in Spanien und Lateinamerika und wirft einen kritischen Blick auf die gesellschaftlichen Veränderungen in Deutschland und Europa.

Von Bernardo Jairo Gomez Garcia

Seit 1967 lebt der im spanischen Granada geborene Bernardo Jairo Gomez Garcia in Deutschland. Sein Vater stammt aus Kolumbien, seine Mutter aus Spanien. Schon vor seinen Ausbildungen zum Trockenbaumonteur und Kfz-Lackierer entdeckte Gomez seine Leidenschaft für die Kunst. Er studierte an einer privaten Kunsthochschule Airbrushdesign und wechselte aus der Fabrikhalle ans Lehrerpult. Rund 14 Jahre war Gomez als Spanischlehrer in der Erwachsenenbildung tätig. Seine Interessen gelten der Politik, Geschichte, Literatur und Malerei. Für Neue Debatte schreibt Jairo Gomez über die politischen Entwicklungen in Spanien und Lateinamerika und wirft einen kritischen Blick auf die gesellschaftlichen Veränderungen in Deutschland und Europa.

18 Antworten auf „Coming-out: Hartz-IV und ich“

Hey! :)
Ich weiß nicht, ob ich es gleich hinbekomme, diesen Kommentar richtig abzusenden, das Kommentarfeld will weder bei Firefox noch bei Safari so, wie es sollte und schiebt die Felder für Mailadresse und Webadresse übereinander. (Und warum es eine Autokorrektur hat, verstehe ich auch nicht …)

Ich bin auch so eine, die aus der Selbständigkeit in die Privatinsolvenz gerutscht ist (ohne Kredit allerdings) und eine gewisse ALG2-Karriere hinter sich hat. Ich hab sogar angefangen, Videos auf Youtube zu machen, mehr Coming-out geht (glaube ich) nicht (mein Name ist damit nicht verknüpft und nur einmal ungewollt in einem Video genannt …). Kommentare wie “Dann lebst Du ja von meinen Steuern” gab es auch mal, ich muß aber sagen: die prallen an mir ab. Man hat sich manche Entwicklungen im Leben ja nicht gewünscht und darauf hingearbeitet. Ich gehe sogar so weit, zu behaupten, daß man das Rückgrat haben muß, um diese Situation zu ertragen; ohne eine gewisse Resilienz geht es nicht.
Ich hab z.B. nie ein Auto gehabt und wüßte auch nicht, warum ich mich dafür schämen sollte. Oder dafür, daß mir meine Eltern keinen Betrieb vererbt haben. :)

Es gibt ja durchaus auch Menschen, die bewusst ohne oder mit wenig Geld leben und die sich auch keinen Kopf machen, wem sie zur Last fallen. Zu dieser Personengruppe zähle ich mich nicht, das reduziert das schlechte Gewissen etwas.

Ich bin gerade auf einem anderen Wege auf diese Seite hier gestoßen:
http://auf-dem-weg-in-die-freiheit.blogspot.de/

Ich bin auch hin- und hergerissen, wieviel Mut man sich gönnen sollte im Umgang mit anderen, aber solange noch Hilfsangebote vom Umfeld kommen, das ich durchaus auch pflege, auch durch Ehrenämter, ist es wohl nicht so schlimm mit meiner Persönlichkeit. ;)

Ich habe allerdings auch das Glück, daß das Jobcenter vor Ort interveniert hat, als ich letztes Jahr eine Depression mit suizidalen Tendenzen andeutete. Das gibt es auch, wenngleich vielleicht nur im ländlichen Bayern.

Ich wünsche Ihnen den nötigen Mut, um mit Ihrer Situation nicht zu sehr zu hadern.

Vielen Dank für Ihren Kommentar. Er ist wie Sie sehen doch bei uns angekommen. ;-)
Hadern führt zu nichts und darüber bin ich hinweg. Natürlich könnte die Situation besser sein, aber auch wesentlich schlechter. Ich versuche aus meiner Situation das beste zu machen und das Schreiben hilft mir dabei.
Ich wünsche Ihnen alles Gute

es ist bis auf wenige ausnahmen auch mein lebeslauf. es ist traurig das es keinen Politiker gib der die Wirklichkeit beim namen nennt. weiss auch nicht mehr weiter bin 60 und weiss was mit mir passiert,aber das ich das einzig richtige tu und dem Staat meine rente durch Selbsttötung erspare , hoffe das ich das nicht tue.

Vielen Dank für Ihren Kommentar. Allein die Erwähnung der Vokabel “Selbsttötung” im Zusammenhang mit Hartz Iv treibt mir den Schweiß auf die Stirn. Ich kann Sie nur darin bestärken, nicht einmal daran zu denken. Dieses System ist so ziemlich das ungerechteste was es gibt. Es ist auch ziemlich schwer dagegen anzukämpfen, ich denke, wir beide wissen wovon ich spreche. Es ist daher an der Zeit, dass sich so viele Menschen wie möglich “outen”, damit andere merken, dass sie nicht alleine sind. Aus diesem Grund habe ich diesen Artikel geschrieben. Bitte verinnerlichen Sie das folgende, weder Sie noch andere, sind der Bodensatz der Gesellschaft und das muss man den anderen klarmachen. Es ist schwer und kostet Zeit und Kraft, aber ich bin davon überzeugt, dass je mehr Stimmen sich erheben, es gelingen wird … und dann dürften die Tage dieses Systems gezählt sein.
Ihnen wünsche ich für die Zukunft viel Kraft und alles Gute

Wer ist der Staat, wenn er einen dazu bringt, eher an selbsttötung zu denken als ans Leben? Eben – wir müssen das Ding deutlich wieder in die eigene HAnd bekommen oder neue Gesellschaftsverträge eingehen, die echte soziale Verabredungen sind, wenn die jetztigen (Nicht)Arbeitsverhältnisse nicht glücklich machen oder Menschen in Konkurrenz und Isolation bringen statt in guten Kontakt und eine zwangfreies Miteinander. Es gibt Politiker, die das nicht nur beim Namen nennen – aber die meisten von denen sitzen nicht im Bundestag. Mein Mitbewerber Grog Grogsen und viele andere inkl. mir haben das aber getan – die DInge beim Namen genannt. Auch mein Kollege Michael Fielsch, der unzählige Plakate als parteiloser Bewerber schon 2016 entwarf, die ich dann mit verwenden durfte.
Ich hätte Euch auch die Diäten der Bundestagsabgeordneten versucht auf Hartz-Niveau zu senken – nicht, weil ich privilegiert bin mit dem wenigen Geld seit Jahren auszukommen, sondern weil ich darin einen Arbeits- und Fairnessanreiz für die Abgeordneten sehe ;-) Am Ende gehts auch darum, nicht Leute wie uns als neue Herrscher zu wählen, sondern die eigene Selbstbestimmung.
Aber ich hab nichtmal ein Prozent geschafft bei dieser coolen Bewerbung als Politikerin und versuche mich jetzt in der Unternehmensberatung bzw. als Nachhilfecoach mit Schwerpunkt Grundrechte – basierend auf meinem Realitätsbezug aus Hartz-IV-Perspektive ;-)

Lieber Jairo,
vielen Dank für deinen mutigen persönlichen Beitrag. Er ist wichtig! Ich habe mich dadurch dabei ertappt, dass auch ich bei Hartz IV irgendwie nicht frei von Vorstellungen an Kleinstädte im Osten mit rechtsradikalen jugendlichen Arbeitslosen und Gümmel-TV bin – und das nach Jahrzehnten von Gewerkschaftsarbeit – eigentlich traurig, ich schäme mich richtig. Also danke noch mal für deine Offenheit.
Aber noch etwas anderes. Aus deinem Beitrag und den Kommentaren ergibt sich für mich die Frage nach dem Widerstand gegen staatliche, zerstörerische Willkür. Siehst du – oder ihr anderen Kommentatoren – Potential und Möglichkeiten z.B. für Formen von der Art gewerkschaftlicher Organisierung von Hartz IV und anderen Arbeitslosen z.B. bei der so wichtige Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen und gewerbliche oder dienstleistende Kooperativen. Ihr habt doch alle ein gewaltiges Fachwissen. Das muss doch nutzbar einzusetzen sein – ohne und gegen den Staat, wenn es sein muss. Aber geht das überhaupt, oder hat einen das Arbeitsamt zu fest im Griff? Entschuldige die dummen Fragen, – ich bin ein auskömmlich situierter Rentner und kann gut schnacken.
Ich finde deinen Ansatz zu Spanienstudien mit fünfzig richtig gut. Vielleicht hast du da zu früh aufgegeben? Der Professor war auf deiner Seite. Du hättest alle Studentenorganisationen und Asta ebenfalls auf deiner Seite gehabt und vielleicht hätte sich ein Uni-Job ergeben, sodass du ohne Arbeitsamt hättest, wenn auch erst mal inoffiziell, studieren können. Ich habe auch mal an der Uni gelehrt. Bei mir hättest du jederzeit teilnehmen können und hättest eine benotete Bescheinigung zunächst mal in Papierform bekommen. Schade.
Jairo, ich fand deine Übersetzungen von Artikeln aus Spanien unheimlich wichtig für die Neue Debatte und ihre Leser. Du bist als Spanischlehrer vom Fach. Wir brauchen feste Pools von Übersetzern aus und in Italienisch, Spanisch, Portugiesisch, Französisch, Englisch, möglichst auch Russisch, damit wir unseren internationalistischen Anspruch als Klammer und Informationsmedium zwischen den Ländern so gut wie möglich erfüllen können. Welche Möglichkeiten für Übersetzer-Netzwerken siehst du von deiner Warte aus?
Also Jairo, Mann der ersten Stunden von Neue Debatte: DU WIRST GEBRAUCHT. In diesem Sinne

Viele liebe Grüße von deinem Mitautor der Neuen Debatte
Reinhard

Lieber Reinhard, zunächst einmal, möchte ich mich für Deinen Kommentar bedanken. Ich muss gestehen, dass ich nicht mit so viel positiver Resonanz auf den Artikel gerechnet habe, als ich ihn schrieb.
Scham brauchst Du im mindesten nicht zu empfinden. Wir alle sind einer Propaganda Maschinerie ausgeliefert, die nicht wirkungslos auf uns bleibt. Im Osten ist es das Bild von rechtsradikalen jugendlichen und hier im Westen, die Feinripp Unterhemden tragenden Faulenzer..
Die Idee, dass sich Hartz Iv Empfänger und Geringverdiener organisieren sollten, finde ich toll, nur fürchte ich, dass es sehr schwer sein wird sie zu mobilisieren. Angst und Lethargie ist eine blöde Mischung, die stark lähmend wirken kann.
Alles andere können wir sehr gerne auf einer anderen Plattform besprechen.
LG Jairo

Hallo Jairo

wir haben ja schon mal Kontakt gehabt und bewundere Deinen mutigen Schritt, der Welt Dein Schicksal mitzuteilen. Ich bin nicht ganz so dolle abgestürzt, doch lebe ich momentan von Erwerbsminderungsrente und darf nur noch max. 450 € dazuverdienen. Als ehem. Alleinverdiener mit noch drei Kindern, die bei einem wohnen und leben und einer Frau die gesundheitlich auch angeschlagen ist reibt das die Psyche schon mächtig auf. 2 psychosomatische Kliniken mit einmal 12 Wochen und einmal 5 Wochen Aufenthalt sind nun Bestandteil meiner Vita. Die depressiven Phasen kommen und gehen und es ist schwer zu erkennen und zu realisieren, das man mit gerade 51 nicht mehr die Leistung bringen kann und auch nicht will. Denn ich habe mich für meinen letzten AG so dermassen aufgerieben, das ich nun mit künstlicher Herzklappe, COPD, Bandscheibenvorfall und Depressionen zu leben habe. Nur meine liebe zum Leben und zu meinen Kindern und meiner Frau lassen die Gedanken an Suizid schnell verfliegen… Mitterweile bin ich auch über den Punkt weg, kein Geld zur Untertsützung anzunehmen. Daher beziehe ich zu der Rente auch noch Wohngeld. Anders würde ich gar nicht über die Runden kommen. Nur das Arbeitsamt bzw. die Kindergeldkasse zögert alles hinaus und so liegt der Antra auf Kindergeldzulage seit Februar auf Eis. Es ist ein ewiger Kampf, seine Rechte durchzuboxen. Dir wünsche ich weiterhin viel Kraft und danke Dir und auch den anderen Autoren der Neuen Debatte für Ihre immer sehr informativen Hintergrundberichte und Kommentare.
Bis dahin, Olaf

Ich bin sozusagen von der anderen Fraktion Harz4-Erleidender – alleinerziehende Mutter. Ein ganz anderer Lebensweg, aber ich bin dennoch immer wieder gegen die selben unverständlichen, unsinnigen Wände gerannt, bei meinen Versuchen dem System zu entkommen, wenigstens einen etwas befriedigenderen Lebensweg gehen zu können oder auch nur aus der Depression raus zu kommen.

An das Potential der Menschen müsste geglaubt werden. Der Ermessensspielraum der Sachbearbeiter müsste (zum Positiven hin!) größer sein, denn nur der direkt am Mensch dran ist kann überhaupt sehen zu was dieser Mensch in der Lage ist. Nicht irgendwelche Test’s und bürokratische aber auch für die Jobcentermitarbeiter völlig unsinnige bürokratische Regeln sollten über die Zukunft eines Menschen entscheiden. Eigeninitiative sollte immer belohnt werden und nicht nur, wenn sie in die vorgegebene Bürokratie passt. Es sollten neue Regelungen erstellt werden nicht alte verschlimmbessert, weil der die sie ändern nur ganz andere Fälle im Kopf haben, als dann in der Praxis darunter fallen.

Hey – hier betreibt jemand “Coming Out” – und zwar aus der Position des “Hartzers”, der recht eigentlich mehr auf das Konzept “grundeinkommen” steht.
https://www.youtube.com/watch?v=pgO4z0r_NZg
Die Darstellerin betreibt inzwischen echte Satire, ist zur Bundestagswahl angetreten in diesem Spannungsfeld und hat sich dazu überall mit Lust und Leidenschaft geoutet, denn das Spielfeld dazu an den heimischen Jobcenterberatungstischen war ihr zu klein… auch wenn der eine Arbeitsvermittler kräftig mitgeholfen hat, sie ins Rampenlicht zu katapultieren, nachdem er ihr angeboten hat, in einem Sexshop zu arbeiten. Ich weiß das alles, weil ich tadaa Coming out, diese FriGGa Wendt bin ;-)))

Wenn alle HartzIV-Betroffenen inkl. der MitarbeiterInnen der Jobcenter und angegliederten Fortbildungs- und Armutsindustrie auf der Straße erkennbar wären, hätten wir morgen das BGE eingeführt. Von daher outet Euch und sagt die Wahrheit – es beschämt nicht Euch, sondern die Spielregeln, wie sie derzeit verfasst sind und wie wir sie gemeinsam ändern können!
Personalisierung von SCHULD gegenüber einer abstrakten “Allgemeinheit” ist nämlich das stärkste Mittel gegen echte Veränderungen – es hemmt und lässt immer wieder die gleichen Ausbeutungsmuster reproduzieren.

Vielen Dank für den Kommentar. Sie schreiben: “Wenn alle HartzIV-Betroffenen inkl. der MitarbeiterInnen der Jobcenter und angegliederten Fortbildungs- und Armutsindustrie auf der Straße erkennbar wären, hätten wir morgen das BGE eingeführt. Von daher outet Euch und sagt die Wahrheit – es beschämt nicht Euch, sondern die Spielregeln, wie sie derzeit verfasst sind und wie wir sie gemeinsam ändern können!” Welche Überlegung haben Sie, damit sich die genannten Ausbeutungsmuster nicht reproduzieren? Oder sehen sie allein im BGE bereits eine Lösung?

Meine Überlegungen: das BGE (bedingungslose Grundeinkommen) ist ein KRAFTVOLLES WERKZEUG für die Selbstproduktion VON LÖSUNGEN.
Im dramatischten Fall kollektiver “Erstmal-die Schnauze-voll”-Lage käme es zu Arbeitsverweigerung und damit automatisch zum Generalstreik – gerechte Löhne oder faire Arbeitszeitaufteilung für existenziell wichtige “unbeliebte” Arbeiten, Wegfall künstlicher zusätzlicher Beschäftigungszwänge wäre dann umgesetzt.
Dass aber alle Welt nicht mehr arbeitet, nur weil es einen Sockelbetrag für alle gäbe, ist unwahrscheinlich laut umfragen. Außerdem gibt es Kündigungsfristen und die Werbung der Unternehmen muss dann ganzheitlicher sein und die werden sich, weil weiterhin gewinnorientiert, schon anpassen ;-)
Der erste EUR selbstverdienten Geldes kann die sozialen Kassen füllen und gleichzeitig dem Arbeitenden als Lohnabstandsgebot gegenüber “nichts umsetzen” Motivation sein.
Selbständige oder glücklich Angestellte, die Freude an ihrem Schaffen haben egal wie gut sie verdienen, werden in jedem Fall ihr Ding weitermachen.
Das BGE ist das Recht NEIN zu sagen und die MÖGLICHKEIT zu etwas anderen JA zu sagen, was ohne dem nicht “suportet” würde “von oben” oder wo man mittels Anträge “betteln” müsste.
Statt Stipendien von oben geht man für ein Projekt auf Crowdfunding – Gelder für Großvorhaben ließen sich im Direkt demokratischen Prozess bereitstellen oder verweigern (bzw. mittels “Hammelsprung” durch Mitarbeit oder fehlende Mitarbeit) – auch schon dann, wenn die etablierte Politik mit dem Werkzeug der direkten Demokratie nicht so schnell hinterhrkäme.
Andererseits möchte ich nur ein BGE einführen, das von der Gesellschaft auch gewünscht ist – dafür wäre eine Abstimmung (etwa wie in der Schweiz) zuvor erforderlich. Um bis dahin Minderheitenschutz für “abweichlerische Selbstbestimmer”, die sich nicht den künstlichen Gegebenheiten unterwerfen wollen, kann sofort mitels Sanktionsabschaffung in HArtz IV erreicht werden – langfristig wäre da aber nachzurüsten, dass nicht nur HArtzIV-Betroffene angstfrei Geld bekommen, sondern auch Berufstätige.
“Nur wer sich egal für was verkauft und macht, was die Geldgeber sagen, darf leben” – das mag ggf. für “Firmen” als juristische Personen geltne, nicht aber für das Existenzrecht einzelner und immer mehr werdender Menschen, die in den bestehenden Abläufen nicht unterkommen und auch nicht unterkommen wollen.
Ich bin schon PRAKTISCH in der Umsetzung – und Ihr könnt gern mitmachen – hier die website meines gesellschaftpolitischen Geschäftspartners: grundeinkommen-für-alle.org

…solange vom persönlichen Standpunkt nichts dergleichen in Sicht ist – BGE oder wenigstens die Abschaffung von Sanktionen und sonstiger Bevormundung, also solange immernoch “Zielvereinbarungen” im Job, weniger Raum zu studieren, Zwangshilfspflicht in Unterhaltsgemeinschaften, rechtsradikale Reaktionen in einer unzufriedenen Bevölkerung, Bestrafung von Ehrenamt, Elternschaft oder unbezahltem Mitdenken für’s Gemeinwohl…
so lange ist nur “möglichst blockierend auftreten” sinnvoll. Ein “Handelshemmnis” sein für die Freifahrt globaler Ausbeutung… sich untereinander von Mensch zu Mensch solidarisieren, indem man erstmal anfängt, keinem seiner Mitmenschen inkl. sich selber das Existenzrecht abzusprechen in Worten, Taten oder GEDANKEN, geht es los. Wir brauchen keine “breite Front” in einem “großen Kampf”, sondern zuverlässigen Mitmenschlichen Ungehorsam gegen lebensfeindliche Spielregeln und liebevolle Nachsicht, stillschweigende Toleranz für das Leben unserer Mitmenschen… solidarische Kreise, weil man sich die Zeit nimmt und auch die Nöte des anderen sieht, entstehen dann von allein – gerade wenn die Menschen auf beiden Seiten des Jobcentertisches sitzen, die sich solidarisieren – aus Gewerkschaften oder als individuen ohne Gewerkschaftsdenkweise. Wo immer es um die Grundrechte geht, braucht es WACHHEIT und BEWUSSTSEIN, Mut individuell zu Vergeben aber systemisch zu kritisieren. Dabei sind wir aber ALLE GEFORDERT – wo wir gehen und stehen. “Ich achte die Menschenwürde und die Freibestimmung meines Mitmenschen” – ob Freund oder Feind – egal welcher Herkunft – es ist mehr was uns verbindet als uns trennt – und ich unterwerfe mich nicht – sobald ich AUS NOT gefügig reagiere, so leiste ich maximal Dienst nach Vorschrift (und dann liefe in diesem Land gar nichts mehr bei den vielen versteckten Gefälligkeiten und “Anpassungen”, die stillschweigend erwartet werden) – bewerbe mich auf Kommando, mache das Zwangsmuster dahinter SICHTBAR – eben wie Jairo das hier schon gemacht hat in seinem COMING OUT. Auch dazu kann ich mindestens eine website empfehlen: wahrheitspatenschaft.de

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