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Komplexitätssprung – Verliert Bildung den Wettlauf mit der Technologie?

Die größte Herausforderung zukünftiger Arbeit liegt in der Zusammenarbeit zwischen Menschen und Maschinen. Aber es ist zu befürchten, dass Bildung den Wettlauf mit der Technologie nicht mehr gewinnen kann.

Die größte Herausforderung zukünftiger Arbeit liegt in der Zusammenarbeit zwischen Menschen und Maschinen. Sie erfährt den größten Komplexitätssprung. Smarte, verbundene Dinge und die Komplexitätsökonomie verändern Arbeit einschneidend. Aber es ist zu befürchten, dass Bildung den Wettlauf mit der Technologie nicht mehr gewinnen kann.

Die Geschichte vom Faustkeil bis zu intelligenten Robotern ist geprägt von der Entwicklung smarter Werkzeuge durch weniger smarte. Bis zum Computer halfen sie uns, Handarbeit immer besser zu verrichten. Computerprogramme helfen uns zunehmend bei der Kopfarbeit.

Komplex oder kompliziert?

Kompliziert ist schwer durchschaubar, aber berechenbar – komplex ist unberechenbar und deshalb schwer durchschaubar. Ein gelernter Dreher hat eine prächtige mechanische, hydraulische, elektrische Drehmaschine manuell bedient. Dann durfte er das Programmieren von computergesteuerten Drehmaschinen lernen. Er programmierte und überwachte sie autonom.

Es war einmal: ein Beruf und ein Job ein Leben lang.

Als dann tausend Maschinen verbunden und zentral programmiert wurden, türmte sich vor ihm die Frage auf: Würde er den Sprung in die Zentrale des Unternehmens schaffen?

Würde er es verstehen, parametrische Programme zu entwickeln? Würde er sich die nötige Theorie aneignen können? Oder bleibt ein Job im Reinigungstrupp?

Die Spreizung der Arbeit

Müssen wir alle Nobelpreisträger werden? Oder bereit sein, alles zu tun, was für Automaten zu mühselig ist? Unter den Forschern, die sich mit der Zukunft von Arbeit beschäftigen, herrscht weitgehend Einigkeit, dass es eine Einkommensschere gibt. Auch darüber, dass die Arbeit in der oben beschriebenen Weise polarisiert wird. Viel schwieriger oder viel einfacher. Davon zeugen Fakten.

Es findet ein Komplexitätssprung statt. Müssen wir deshalb alle Nobelpreisträger werden?

Über die Rolle der Technologie bei dieser Entwicklung ist die Einigkeit weitaus nicht so groß und auch nicht darüber, ob die Arbeit weniger wird.

Treffen Glück und Pech immer die Gleichen? Ich befürchte …

  • Bildung kann den Wettlauf mit der Technologie nicht mehr gewinnen.
  • Technologie beeinflusst die ökonomischen Regeln.
  • Technologie wird als neue Natur von Arbeit alles umkrempeln.

Wenn Technologie weniger als Roboter in die Arbeitswelt dringt, sondern als das zugrunde liegende System von Ökonomie, kann es tatsächlich zu einer drastischen Reorganisation führen. Arbeit wird weniger und erfährt eine Spreizung.

Komplexitätssprung in dreigeteilte Arbeitswelt

In einer einfachen Betrachtung könnte sich Arbeit auf drei Welten konzentrieren:

  • Arbeiten mit intelligenten Maschinen – in Fabriken mit längerfristiger Jobsicherheit.
  • Arbeiten rund um die Lebensqualität – bei den Erdnahen die ethische Werte bieten und „grünen“ Sinn verlangen.
  • Arbeiten in Einzelvertragsbeschäftigungen – im Labor auf der Basis von Kurzzeitverträgen.

Die Entwicklung der Arbeit selbst wird diese Welten jedoch überlagern oder gar völlig durcheinanderwirbeln.


Fotos: Karl Artmann (www.blickicht.com) und Titelbild von Adi Goldstein (Unsplash).

Herbert Exner ist ein österreichischer Mathematiker und Unternehmer. Er arbeitete über 40 Jahre an der Erschließung internationaler Märkte mit sowie an der Automatisierung von Hand- und Kopfarbeit. Heute setzt er sich mit der Komplexitätsökonomie und ihren Auswirkungen auf die Sozialsysteme und die Politik des 21. Jahrhunderts auseinander. 2016 veröffentlichte er das Magazinbuch "Unser - Was die evolutionäre Linke unterscheidet".

Von Herbert Exner

Herbert Exner ist ein österreichischer Mathematiker und Unternehmer. Er arbeitete über 40 Jahre an der Erschließung internationaler Märkte mit sowie an der Automatisierung von Hand- und Kopfarbeit. Heute setzt er sich mit der Komplexitätsökonomie und ihren Auswirkungen auf die Sozialsysteme und die Politik des 21. Jahrhunderts auseinander. 2016 veröffentlichte er das Magazinbuch "Unser - Was die evolutionäre Linke unterscheidet".

10 Antworten auf „Komplexitätssprung – Verliert Bildung den Wettlauf mit der Technologie?“

Vielen Dank für den Kommentar. Leider führt der Link zu einer “toten” Seite. Gibt es einen anderen Link bzw. skizzieren Sie, um was es in dem Konzept geht, damit die Leserschaft eine Vorstellung bekommt, was ein projektorientiertes Bildungssystem sein soll.

Der Fehler kommt daher, dass dort auch nicht “Bildungskonzept2.pdf”, sondern “Bindungskonzept2.pdf” verlinkt wurde.
Wenn man es richtig schreibt, kann man auch was lesen. ;)

Alte römische Weisheit: “Kaum macht man es richtig, schon funktioniert es!”

Gibt man nur den ersten Teil, bis incl. “/Bildung/” ein, so erscheint eine kleine Liste mit insgesamt 3 Texten, von denen einer der ist, der hier das Ziel sein sollte.

Entschuldigung, dass ich mich wieder mal vertippt hatte. Wurde ja inzwischen korrigiert: http://www.erlebnisoffen.de/bildung/bildungskonzept02.pdf
Wenn der Unterricht (übrigens ein entlarvender Begriff: Unter (mir) – Richt(en)) fast nur noch in Projekten stattfinden würde, könnten sich die Projektziele viel rascher anpassen als es Schulbücher und “geschulte” Lehrer können. Das System ist erstarrt. Vielleicht zwingt die Perspektive, die sich nach Exners Artikel andeutet, endlich vom Überkommenen wegzugehen und Alternativen (wie z.B. meine) auch mal zu beachten.
G.K.

Vielen Dank für den Link und die Erläuterung. Zwei Fragen dazu: Welche Rolle würde dem Lehrer, im Sinne des Vermittlers von Wissen usw., zukommen und welche Organisationsform würde eine solche Schule/ein solches Schulsystem benötigen? Das klassische Modell, dass Schüler Konsumenten von deklarativen Wissen sind, wäre ja nicht aufzubrechen, wenn die Strukturen der Hierarchie – also einseitge Beurteilung von Leistung bzw. Fähigkeit – erhalten bleiben.

Mein Konzept ist sicher kein fertiges. Nur ein Beitrag. Aber ich würde den Lehrer eher als Begleiter durch die Stufen der Projekte sehen. Vielleicht wie ein Tutor. Ich stimme zu, dass er nicht der einzige Bewerter sein sollte. Projektergebnisse werden ja am Ende vorgestellt. Da gibt es weitere legitime Bewertungen. Da es keine Noten gibt, sondern kriteriumsorientierte Bewertungen, entfielen manche Willkürlihkeiten. Wichtig wäre in der Tat auch, dass die Hierarchie im Kollegium bis hoch zu den Ministerien verändert würde. Sonst wäre ein neues System nicht in sich stimmig. Es ist doch unzeitgemäß, dass da immer noch Herrschaft ausgeübt wird. Ein Hemmnis für Entwicklung.
G.K.

Wenn Interesse besteht, den Konzeptansatz ausführlicher auf Neue Debatte darzustellen, schicken Sie doch uns gerne eine Nachricht (www.neue-debatte.com/kontakt) zu. Bildung und Bildungssysteme der Zukunft sind ein wichtiges Thema.

Danke für den interessanten Beitrag.

Ich verstehe nicht, inwiefern Bildung den Wettlauf mit der Technologie nicht gewinnen kann. Wie soll ich das verstehen? Wenn Sie meinen, dass wir nicht mehr genug wissen können um immer auf dem neuesten Stand zu sein, dann gebe ich Ihnen Recht.

Aber Bildung ist doch viel mehr als das. Es geht dabei doch nicht um ein paar Fertigkeiten sondern darum, welcher Mensch am Ende eines Bildungsprozesses vor uns steht. Und ob diese Menschen fähig sind, unsere Art von Kultur und Gesellschaft am Leben zu erhalten und weiter zu entwickeln.

Und dabei kann uns die Technologie nicht helfen.

Ich weiß nicht, ob ich mich auf so kurzem Raum deutlich ausgedrückt habe. Aber ich würde Sie gerne einladen auch auf meinem Blog darüber zu lesen.

https://www.der-leiermann.com/ueber-bildung-01/

https://www.der-leiermann.com/ueber-das-lesen-01/

Liebe Grüße,
Thomas Stiegler.

Auf deinem Blog hast du das Problem beschrieben. “Doch heute geht es bei allen Diskussionen nur mehr um solch abstrakte Dinge wie lebenslanges Lernen, darum, Kompetenzen zu erwerben oder möglichst viele Scheine von möglichst vielen Universitäten zu besitzen. Also um etwas, das man später ökonomisch verwerten kann.” Die Verwertung des Ich es das Thema. Das Subjekt, dass durch ökonomischen Zwang zum verwertbaren Objekt wird und somit das Lernen als Optimierungszwang sehen muss, aber nicht als Weg, den Menschen und sein Ich zu entwickeln. seine Vielfalt. Aber den Optimierungswettlauf im Sinne der Ökonomie gegen KI & Co., so wie es der Autor richtig darstellt, kann kein Mensch gewinnen.

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