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Die Automatisierung und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft (Teil 1)

Schon immer versuchte der Mensch, sich die Arbeit zu erleichtern. Er erfand Werkzeuge, die ihm die Erledigung von Aufgaben mit weniger Aufwand von Zeit oder Kraft ermöglichten. Die Fortsetzung dieses Strebens ist die Automation. Der Blick in die Vergangenheit liefert Erkenntnisse über ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft, die für den Blick in die Zukunft von großer Bedeutung sind.

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Schon immer versuchte der Mensch, sich die Arbeit zu erleichtern. Er erfand Werkzeuge, die ihm die Erledigung von Aufgaben mit weniger Aufwand von Zeit oder Kraft ermöglichten. Die Fortsetzung dieses Strebens ist die Automation. Der Blick in die Vergangenheit liefert Erkenntnisse über ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft, die für den Blick in die Zukunft von großer Bedeutung sind.

 

Wer aufmerksam die Nachrichten verfolgt, dem ist ein Begriff wahrscheinlich schon mehrfach begegnet: Automatisierung. Manchmal ist auch von „Automation“ die Rede. Schon im antiken Griechenland weihte man der Automatia, der „von selbst Kommenden“, einem Aspekt der Göttin Tyche (römisch „Fortuna“), Tempel und Kultstätten.[1]

Angelehnt an diese Gottheit meint der Begriff heute die Übertragung von menschlicher Arbeit auf Maschinen. Das Konzept selbst ist dabei so alt wie die Menschheit. Schon immer hat der Mensch versucht, sich selbst die Arbeit zu erleichtern, indem er Werkzeuge erfand, die ihm die Erledigung von Aufgaben mit weniger Aufwand von Zeit oder Kraft ermöglichten. Die Automation ist eine Fortsetzung dieses Strebens.

Von der Windmühle bis zur Industriellen Revolution

Ein frühes und relativ simples Beispiel für Automation sind Windmühlen. Seit wann die Menschheit das Konzept der Windmühle kennt, ist nicht genau gesichert, das Prinzip ist aber seit Jahrhunderten, vielleicht Jahrtausenden, unverändert.[2]

Mittels vom Wind in Drehung versetzter Flügel wird im Inneren der Mühle ein Mühlstein betrieben, der ohne das Zutun menschlichen Kraftaufwands Korn mahlt und so Mehl herstellt.

Im Mittelalter entwickelte man Windmühlen, die man um eine senkrechte Achse durch Muskelkraft drehen konnte. Wenn der Wind drehte, so drehte man die Mühle in Windrichtung, damit sie konstant weiter betrieben werden konnte.

Dieser Schritt fiel 1745 schließlich ebenfalls der Automatisierung zum Opfer, als der englische Schmied Edmund Lee ein Getriebe erfand und patentierte, das das Hauptwindrad der Mühle mit einem kleineren Windrad verband, welches die Mühle automatisch mit dem sich drehenden Wind drehte.[3]

Flächendeckend relevant wurde die Automatisierung menschlicher Arbeit aber erst mit der Einführung der Dampfmaschine und dem Beginn der Industriellen Revolution. Nun konnte menschliche und tierische Kraft in immer größerem Maße durch die Kraft von Motoren ersetzt werden.

Cotton Gin und Sklaverei

Bei dieser ersten industriellen Revolution wurden auch zum ersten Mal die sozioökonomischen Folgen flächendeckender Automatisierung ersichtlich. Ein Beispiel:

Werbung von 1896 der Firma F.H. Lummus Sons und Co. für eine Cotton Gin. (Foto: Gemeinfrei)
Werbung von 1896 der Firma F.H. Lummus Sons und Co. für eine Cotton Gin. (Foto: Gemeinfrei)

1793 erfand der US-Amerikaner Eli Whitney die Cotton Gin, eine automatisierte Form einer Maschine, die Baumwolle durch Auskämmen von ihren Samen trennt.

Vor der Erfindung dieser Maschine war die Zahl der Sklaven in den USA rückläufig, denn ein einzelner Sklave musste einen ganzen Arbeitstag von ungefähr 10 Stunden Dauer mit dem Auskämmen von Baumwolle verbringen, um ein einziges Pfund Baumwolle zu erzeugen, weshalb weder die Sklaverei, noch der Handel mit Baumwolle sonderlich lukrativ waren.[4] Die Cotton Gin jedoch erhöhte die Produktivität um das bis zu Fünfundzwanzigfache.

Statt damit aber ein beschleunigtes Zurückgehen der Sklavenpopulation in den USA zu bewirken, hatte die Einführung der Maschine den gegenteiligen Effekt: Die Kombination aus Cotton Gin und unbezahlter Zwangsarbeit machte die zuvor mühselige und unprofitable Arbeit der Baumwollherstellung plötzlich überaus lukrativ. Auch der Einsatz von Sklaven – statt bezahlter und motivierter Arbeiter – rentierte sich wieder und explodierte binnen kürzester Zeit.

Die zusätzliche Einführung von Maschinen, die auch weitere Schritte der Baumwollproduktion automatisierten, verstärkten den Effekt noch. So wurde beispielsweise im Jahr 1770 die Spinning Jenny entwickelt, die den Prozess des Webens übernahm.

Historisch betrachtet kann man daher annehmen, dass die Einführung der Cotton Gin nicht nur den Sklavenhandel in den USA sprunghaft in die Höhe steigen ließ, sondern damit praktisch auch den Grundstein für den Amerikanischen Bürgerkrieg legte.[5]

All dies sind die beispielhaften Auswirkungen einer einzigen Maschine. Sie zeigen, dass Automatisierung sehr viel mehr ist als das einfache Ersetzen menschlicher durch maschinelle Arbeitskraft, was in vielen Fällen dramatische Auswirkungen auf eine ganze Gesellschaft haben kann.

Vergangenheit, Bestandsaufnahme und Zukunft

Für die heutige Zeit relevant wird die Automatisierung aber erst, wenn wir bedenken, dass sich Automatisierung im Zeitalter des Computerchips nicht mehr nur auf das Ersetzen von Muskelkraft beschränkt, sondern Automatisierung auch zunehmend das Ersetzen menschlicher Denkleistungen bedeutet.

Die Spinning Jenny aus dem Buch Cotton Spinning von Richard Marsden von 1884. (Foto: Gemeinfrei)
Die Spinning Jenny aus dem Buch “Cotton Spinning” von Richard Marsden von 1884. (Foto: Gemeinfrei)

Was diese Entwicklung für das Gefüge unserer Gesellschaft bedeutet und wohin dieser Weg uns führt, soll in dieser Beitragsserie erforscht werden. Dazu wird zuerst aufgezeigt werden, wie weit die Automatisierung bereits heute fortgeschritten ist und wohin sie sich gerade entwickelt.

Wie bereits in dieser Einleitung kurz am Beispiel der Cotton Gin vorgenommen, soll dazu auch ein rückblickender Vergleich mit vergangenen industriellen Revolutionen und deren gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen vorgenommen werden, um zu verdeutlichen, dass die kommenden Entwicklungen bei weitem kein Novum unserer Geschichte sind.

Der Rückblick in die Vergangenheit soll dabei einige Erkenntnisse über die Auswirkungen von Automatisierung liefern, die für den Blick in die Zukunft von großer Bedeutung sind, weshalb der Blick in die Vergangenheit auf die Bestandsaufnahme der Gegenwart folgt.

Anschließend werden zwei mögliche Zukunftsszenarien dargestellt: ein dystopisches und ein utopisches.

Das dystopische Szenario wird dabei eine Zukunft beschreiben, in der die Automatisierung in der Gegenwart nicht als ernstzunehmendes Problem wahrgenommen wird und auf eine nicht vorbereitete Gesellschaft trifft.

Das utopische Szenario hingegen soll eine mögliche Zukunft beschreiben, in der die Automatisierung zwar massenhaft Arbeitskräfte freisetzt, aber nicht zu steigender Armut und Gewalt führt.


Weitere Beiträge der Serie

Link zu Teil 2: Die Automatisierung und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft – Eine Bestandsaufnahme in der Landwirtschaft

Link zu Teil 3: Die Automatisierung und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft – Eine Bestandsaufnahme in der Automobilindustrie

Link zu Teil 4: Die Automatisierung und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft – Eine Bestandstandaufnahme im Management

Link zu Teil 5: Die Automatisierung und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft – Wo die Automatisierung Fuß fasst

Link zu Teil 6: Die Automatisierung und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft – Autonome Fahrzeuge und Roboter in der Medizin und beim Militär

Link zu Teil 7: Die Automatisierung und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft – Der Blick in die Vergangenheit

Link zu Teil 8: Die Automatisierung und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft – Glänzende Zukunft oder Mad Max Land

Link zu Teil 9: Die Automatisierung und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft – Der Weg ins Paradies

Link zu Teil 10: Die Automatisierung und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft – Die Utopie


Redaktioneller Hinweis: Das Werk, das Neue Debatte mit Zustimmung des Autors veröffentlicht, wurde journalistisch angepasst und erscheint als Beitragsserie.


Quellen und Anmerkungen

[1] Nilsson, Martin P.: Geschichte der griechischen Religion. Band 2, München 1961, S. 301.

[2] Heymann, Matthias: Die Geschichte der Windenergienutzung 1890-1990, Frankfurt am Main/New York 1995, S. 19 f.

[3] Irrgang, Bernhard: Von der technischen Konstruktion zum technologischen Design. Philosophische Versuche zur Theorie der Ingenieurspraxis, Münster 2010, S. 60.

[4] Kurz, Constanze/Rieger, Frank: Arbeitsfrei. Eine Entdeckungsreise zu den Maschinen, die uns ersetzen, München 2015, S. 10f.

[5] Kurz/Rieger: Arbeitsfrei, S.10f.


Fotos: Janko Ferlič (Unsplash.com) und Wikipedia (Werbeplakat für eine Cotton Gin und technische Skizze einer Spinning Jenny).

Student

Thilo Rösch verfasste unter dem Titel „Die Automatisierung und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft“ an der Universität Erfurt im Fachbereich Staats- und Sozialwissenschaften seine Bachelorarbeit. Gegenwärtig studiert er im Master Politikwissenschaft an der Universität Osnabrück.

Von Thilo Rösch

Thilo Rösch verfasste unter dem Titel „Die Automatisierung und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft“ an der Universität Erfurt im Fachbereich Staats- und Sozialwissenschaften seine Bachelorarbeit. Gegenwärtig studiert er im Master Politikwissenschaft an der Universität Osnabrück.

4 Antworten auf „Die Automatisierung und ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft (Teil 1)“

Nicht schlecht Herr Rösch,

ich wohne in Sachsen und kenne noch aus dem Geschichtsunterricht die Zeiten der Weberaufstände und der Maschinenstürmer, sozusagen hier gleich um die Ecke. Der Ansatz, daß das intelligente ” Tier ” Mensch sich in der Evolutionsgeschichte schon so manches hat einfallen lassen, damit die anfallende notwendige Arbeit effektiver erledigt werden könne, führte leider nicht unbedingt zu dem Ergebnis, das die genannte Spezies es heutzutage einfacher hätte, daß man entspannter leben könnte, ja sogar mehr freie Zeit für die schönen Dinge im Leben übrig hätte. Wenn jetzt auch noch das über alles gelobte Gehirn, die angebliche Schaltzentrale unseres Körpers, überflüssig werden sollte, so können wir den wesentlichen Dingen des Lebens ( ” heute habe ich etwas geleistet” ) nichts mehr abgewinnen. Es wird ja auch nicht von jetzt auf gleich geschehen – es ist ein schleichender und gemeiner Prozess, der schon begonnen hat und den wir als Gesellschaft wie die dummen Lämmer einfach hinnehmen sollen. Werden wir aber nicht, gelle?! Wir werden uns jetzt immer schneller auf uns zu bewegen! Wir werden den Matchwinnern einen Strich durch die perfiden zerstörerischen Ziele ihres Egos machen. Wir werden immer mehr ( sind es eigentlich schon- nur noch nicht bewußt ) und wir müssen dringend an uns glauben!
Herr Rösch, bitte treiben Sie unbeirrt ihr Projekt voran und lassen Sie uns gerne daran teilhaben. Wir alle haben das Potential für eine neue bessere Welt – wir müssen nur unbedingt wollen. Die Machtfrage wird irgendwann gestellt werden. Die Geschwister Scholl und deren Freundeskreis hatten viel schlechtere Bedingungen und sie mußten mit ihrem Leben bezahlen. Das kann Einzelnen von uns auch passieren – aber nicht der übergroßen Mehrheit. Langsam dämmert es den Lobbyisten, den Kriegstreibern und Pseudopolikern, was hier im Netz geschieht. Die übergroße Masse wird uns beschützen. Irgendwann werden sie einsehen müssen, daß das natürliche Recht auf Leben den Friedfertigen Recht geben wird.
Und falls nicht, ist eh alles im Eimer.

Der Eimer bleibt uns auf jeden Fall.

Euch allen eine gute und friedliche Nacht
Uwe

Sehr geehrter Uwe,

die Maschinenstürmer kommen in meiner BA ebenfalls vor.

Ich möchte Ihnen folgendes mit auf den Weg geben: Die Automatisierung ist an und für sich nichts negatives, meiner Meinung nach eher im Gegenteil. Zwar stimmt es, dass der Mensch sich momentan hauptsächlich über seine Arbeit definiert, aber das muss nicht immer so sein. Die Marxisten träumen schon lange von einer Welt, in der der Zwang zur Arbeit keine Rolle mehr spielt, in der jeder seine Talente frei entfalten kann, ohne dabei zu verhungern oder von der Gesellschaft ausgestoßen zu werden. Mit der Digitalisierung rücken die Träume von Arbeiterkämpfern von einst näher denn je. Träume, in denen der Mensch wenig bis gar nicht mehr Arbeiten muss (Betonung liegt auf MUSS), und doch für sein Überleben gesorgt ist. Aber, wer Marx gelesen hat, der weiß auch, dass die entscheidende Frage darin liegt, in wessen Besitz die Produktionsmittel sind und da hat sich bisher leider nichts geändert. Gegenwärtig scheint im oberflächlichen öffentlichen Diskurs über die Automatisierung der Glaube zu bestehen, man könne die DInge einfach weiter laufen lassen wie bisher, von einem Arbeitslohn auf ein bedingungsloses Grundeinkommen umsteigen und die Utopie würde Wirklichkeit werden. Damit kann und darf man sich aber nicht begnügen, sonst fährt die gesellschaft kollektiv an die Wand. Auch auf das Internet sollte man sich nicht verlassen, denn wie alles in der modernen Marktwirtschaft ist auch dieses ein produktionsmittel und es liegt nicht in unseren Händen, so frei wir uns hier auch wähnen.

Für echten, positiven und dauerhaften Wandel braucht es einen revolutionären Geist, der seit dem Ende des Kalten Krieges (auch aus verständlichen Gründen) leider bei der Mehrheit der Bevölkerung nicht existiert.

Noch ein kleiner Kommentar am Rande: “Die da oben” folgen auch nur den Gesetzen, denen sie im Kontext dieses Systems unterworfen sind. Beide Klassen sind im Kapitalismus einem Regelwerk unterworfe: Die einen müssen ihre Arbeitskraft an die Besitzer der Produktionsmittel verkaufen und für deren profit arbeiten, um essen zu können; die anderen müssen, im ewigen Streben nach mehr Wachstum, ohne das ihre Existenz zusammenbricht, mehr und mehr Kapital akkumulieren und dabei Planet und Mitmenschen verfeuern, aber nicht, weil sie per se “böse” sind, sondern weil es ihnen von den Mechanismen des Kapitalismus so vorgeschrieben wird). Um daran etwas ändern zu können muss der Anfang gesetzt werden, indem die Massen über die Gründe ihres Schicksals aufgeklärt werden. Dazu möchte ich meinen demütigen Beitrag leisten.

Ich hoffe, Sie haben eine schöne Woche!
Thilo

Hallo Herr Rösch,
vielen Dank für Ihre Antwort. Wir hatten Marxismus / Leninismus auf dem Lehrplan. Die Geschichte zeigt uns ungefiltert und ungeniert, was von dieser Idee übriggeblieben ist. Der unvollkommene, rechthaberische und meistens auch egoistische Mensch. Den wird es auch weiterhin geben – egal wie das System sich auch nennen wird. Die Christen haben das viel einfacher gelöst. Alle Schuld, die diese auf sich laden, wird automatisch von der Trinität vergeben, wenn jene denn freundlicher Weise auch an den einen Gott glauben…… . Man müßte wirklich mal eine reale Umfrage starten, wer denn wirklich und mit allen denkbaren Konsequenzen dazu bereit wäre, einen neuen ( von mir aus kommunistischen ) Anfang in der deutschen Gesellschaft zu wagen. Selbst, wenn Sie kostenlos das Kapital + Manifest zur Verfügung stellen würden, hätten, so glaube ich, die allermeisten Bürger riesige Angst davor, ihren Standard zu verlieren. In Deutschland geht es der übergroßen Mehrheit noch viel zu gut ( rein wirtschaftlich gemeint ). Wer am Fressnapf sitzt, der frißt….. Die 3 großen Maxime der 1. französischen Revolution sind in deutschen Köpfen Mangelware.
Auch Kultur, Bildung und Ethik sind Stiefkinder. Die öffentlich rechtlichen Anstalten verbraten ca. 8.000.000.000 € pro Jahr.
Dazu kommt noch die GEZ.
Trotzdem wissen die meisten Jugendlichen nicht recht Bescheid in der Geschichte. Selbst diejenigen, die es wissen müßten, laufen wie die Lemminge allen möglichen Scharlatanen hinterher und verkaufen ihre Seele an den schnöden Mammon.
Wir haben in der ehemaligen DDR die einzige reale Chance auf ein besseres Deutschland leichtfertig aus der Hand gegeben.
Jetzt wird es sehr viel schwerer werden noch mal so viele Massen zielführend zu organisieren.
Was ist die richtige Strategie in der wenigen Zeit, die uns vielleicht noch bleiben wird?
An die Wand fahren – ja das kennen wir Ossis schon.
Kann es also nicht sein.
Meine strategischen Gedankenspiele gehen in eine andere Richtung.
Dazu später vielleicht. Erst brauchen wir sichere Server.

Ihnen ein schönes und friedliches Wochenende
Uwe Leonhardt

„Bin ich hungrig, häng‘ ich’s Maul, bin ich satt, so bin ich faul“, sagt der Volksmund und meint damit das eingebunden sein der Menschen an den lebensnotwendig in Gang zu haltenden Stoff- und Energiewechsel als Grundlage für Wachstum und Entwicklung.

Neugier wird auch als die „Fresslust der Sinne“ bezeichnet. Die menschliche Psyche will sich informieren und ihr informiert sein mit anderen Menschen austauschen, denn nur gemeinsam und füreinander kann die Freude an der Kreativität empfunden werden. Arbeitend, dabei denkend und sich darüber mittels der Sprache austauschend, erschafft sich der Mensch seine Lebensbedingungen, er kultiviert seinen natürlichen Lebensraum. Er häuft im alltäglichen Tun, im arbeiten Füreinander, im Miteinander und Gegeneinander, in seinem Wirtschaften, seinem politischen Handeln und seiner Kultur, also durch seine Lebenstätigkeit immer mehr Quantitäten an, die schließlich zu neuen Qualitäten des menschlichen Daseins führen. Doch die Wahrheit hat in Wirklichkeit viele Aspekte, so wird selten nur eine von Menschen aufgestellte Theorie ausreichen, um die vollständige Wahrheit eines wirklichen Phänomens zu erklären.
Der Wahrheit einer immanenten Widersprüchlichkeit jeglichen Seins kann sich zunächst nur theoretisch genähert werden. Sowohl jeder einzelne Mensch als auch die menschliche Gesellschaft muss, um existieren zu können vernehmen, verbrauchen und verändern, erklären, erschließen und erheben, zerteilen, zerstreuen und zerstören, beraten, bemängeln und beenden, begreifen befriedigen und bewahren. Aufgrund der spezifisch menschlichen Wesensmerkmale, also biotischer, psychischer und sozialer Kennzeichen und Gegebenheiten ist sowohl jeder Mensch, als auch jede menschliche Gemeinschaft existenznotwendig zum tätig sein gezwungen. Die Natur bringt in ihrer Evolution den Mensch als biotisches Wesen hervor und sie bietet ihm Rohstoffe, Energiequellen und Informationsträger für seine Weiterentwicklung zum auch psycho-sozialen Wesen. So ausgestattet ist die Menschheit in der Lage arbeitend, denkend und zusammenwirkend die sich zufallsnotwendig entwickelnde Natur zielorientiert zu beeinflussen.
Die weitaus längste Zeit der Menschheitsgeschichte umfasst die Entwicklungsstufe der Jäger und Sammler. Sollte es seit etwa 5 Millionen Jahren Menschen auf der Erde geben, so wären sie etwa 99% dieser Zeit ohne durch die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen angetrieben zu sein, sondern einfach, um existieren zu können, an ihr Tagwerk gegangen. Schon damals haben die Menschen nicht nur produziert, sondern aufgrund notwendiger Arbeitsteilung auch ausgetauscht, verteilt und als ebenfalls notwendigen Endzweck all dessen selbstverständlich auch konsumiert.
Urgesellschaftlich gab es nur Gruppeneigentum. Benutzung von Gerätschaften, die andere hergestellt hatten, galt nicht als Diebstahl. Das gesellschaftliche Leben des Menschen wird seit eh und je durch eigentümliches Bearbeiten natürlicher Gegebenheiten zu nützlichen Zwecken bestimmt. Um leben zu können gingen unsere Vorfahren auf die Jagt und sammelten Früchte, Wurzeln und weitere Schätze der Natur. Um unsere Bedürfnisse zu befriedigen. Neugierig und bewusst handelnd haben sich unsere Vorfahren aus dem Tierreich erhoben und verrichten wir auch heute noch tagtäglich unsere Arbeit. Auch gegenwärtig erleben wir Menschen freudige Empfindungen am kreativen Schaffen durch befriedigte Neugier und nach befriedigter Bedürftigkeit. Das gilt sowohl für Kinder beim Spielen und Lernen als auch für Handwerker und Techniker beim Vollenden eines Projektes oder für Wissenschaftler bei der Lösung von Problemen.

Die im Sinne des Menschseins und die zu aller Nutzen erbrachte Arbeit, ist seit der Sklavenhalter-Gesellschaften nicht mehr in erster Linie im Sinne der Nützlichkeit für alle zu leisten, sondern wurde zum Mittel für die Erwirtschaftung mehr und mehr ungerecht verteilter und verfügbarer Mehrprodukte.

Eigenwillig, eigenverantwortlich und gemeineigennützig sind wir alle grundlegend zum Handeln motiviert. Warum hat sich aber dennoch ursprünglich gesellschaftliches Eigentum an Produktionsmitteln und das damit verbundene gemeinsame Erzeugen, Verteilen, Verwenden und Verbrauchen von Gebrauchswerten und gegenseitigen Hilfeleistungen in überwiegend privates Eigentum und schließlich in juristisch bestätigten und mit administrativer Gewalt garantierten Besitz umgewandelt, der die Klassengesellschaften mit den diesen innewohnenden Ungerechtigkeiten und Unmenschlichkeiten bedingt?
Um überleben zu können, muss sich der Mensch zuerst von den ihn beherrschenden Naturgesetzen emanzipieren, er muss sie begreifen, um sie zur Befriedigung seiner Bedürfnisse nutzen zu können. Der auch schon zur Kommunikation, zur Kreativität und zum Gestalten begabte Urmensch brauchte, wie wir heute Lebenden immer noch, die Arbeitsteilung, um durch gesellschaftliches Zusammenwirken weiterhin Kenntnisse erwerben, Fähigkeiten entwickeln und die natürlichen Gegebenheiten bearbeiten, also mit steigender Produktivität das Leben besser gestalten zu können. So entstanden notwendigerweise zunächst Verfügungsverpflichtungen zum eigentümlichen Bearbeiten von Teilen und Bereichen bisher allgemeinen Eigentums und Gemeinguts, um für alle Mitglieder der Sozietät immer höher wertvollere Gebrauchsgüter zu schaffen.
Aus wachsender Befähigung zum Bearbeiten des früheren Gemeineigentums wurde aus der Verfügungspflicht auch ein Verfügungsrecht darüber erworben. Das Zusammenwirken in immer größer werdenden Gemeinschaften musste von Befähigten organisiert und koordiniert werden.
Infolge ungleicher Produktivitätsschübe innerhalb bisher einheitlicher Sozietäten und noch größerer Unterschiede zwischen entfernter voneinander lebenden Gemeinschaften, war das Eigentum durch Raub und Zerstörung gefährdet und musste wie auch vor Naturgewalten geschützt werden. Herrscher, Krieger und Magier oder auch Erben von Eigentumsrechten, die durch die Lösung ihrer Aufgaben nicht unmittelbar produktiv Eigentum bearbeiten konnten, mussten von den produktiv Tätigen mit Gebrauchswerten versorgt werden. Sie erhielten dafür Anteilsrechte vom bisherigen Gemeineigentum. So entstand neben Privateigentum auch Privatbesitz.
Durch administrative Gewalt gesicherter Privatbesitz teilt seither die Gesellschaft in Besitzende und weniger oder auch nichts Besitzende ein und ermöglicht den Besitzern, je nach Umfang und Art ihres Besitzes, das bisher nur von ihnen bearbeitete Privateigentum auch von anderen bearbeiten zu lassen und sich das von diesen Bearbeitern erwirtschaftete, nicht zur Regeneration deren eingesetzter Arbeitskraft notwendige, austauschbare Mehrprodukt unentgeltlich anzueignen.
Es entstanden nun die antiken Sklavenhalter-Gesellschaften, die im Vergleich zu den urgeschichtlichen Gentil-Gesellschaften eine wesentliche Steigerung menschlicher Gestaltungsmöglichkeiten erbrachten; man spricht heute noch mit Bewunderung von der Leistungsfähigkeit dieser Hochkulturen. So entstand aber auch die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen, auf deren Grundlage die immer höher werdende Produktivität dieser und aller weiteren Kulturen der bisherigen Menschheitsgeschichte erbracht wurde.

Gerecht sind unsere Lebensverhältnisse, wenn gesellschaftlich durch kompetent demokratische Entscheidungen organisiert, entsprechend der Bedürfnisse der Einzelnen gehandelt wird.

Privatinteresse stimuliert und bestimmt seitdem die gesellschaftlich notwendigen Kreisläufe zwischen Produktion und Konsumtion. Den eigentlichen Produzenten wird die Möglichkeit, eigenverantwortlich Nützliches zu leisten mehr und mehr genommen. Und die Möglichkeit der Teilhabe an dem Verbrauch des produktiv Geleisteten, muss ständig neu erstritten werden. Um den Menschen aus seiner Naturgebundenheit zu befreien und zum bewusst schöpferischen Gestalter seiner Kultur zu erheben, ist ein sehr hohes und ständig zu steigerndes Produktivitätsniveau erforderlich. Sowohl die Emanzipation der menschlichen Gesellschaft von den unbewusst wirkenden Naturgegebenheiten, als auch die Integration der Einzelnen in kameradschaftlicher Geselligkeit sind notwendig, um Gerechtigkeit in den zwischenmenschlichen Beziehungen zu ermöglichen. Erst Gesellschaftsverhältnisse, die gewährleisten, dass vor allem Schaffensfreude die Menschen zum tätig sein motiviert, kann gerecht sein. Entscheidend dabei ist, wie allen in einer Sozietät lebenden Menschen ermöglicht wird, eigenverantwortlich und eigentümlich ihre Bedürfnisse befriedigen, sich selbst in ihrer Wirklichkeit begreifen und über sich selbst bestimmend und eigenwillig ihre Lebensverhältnisse und ihre Lebenswelt zu gestalten.
Im harten Ringen und aus oft bitteren Erfahrungen heraus geschaffenen demokratischen Einrichtungen, Bedingungen und Möglichkeiten ist von uns Menschen das Potential zu erschließen, dass uns die Wahrheit über unsere Wirklichkeit erkennen lässt, damit wir, mit solchem Wissen und Können ausgestattet, Produktionsverhältnisse zur Befriedigung unserer Bedürfnisse eigenverantwortlich gestalten und dass wir das uns bestimmende Sein im Streben nach schöner Vervollkommnung für uns selbst bewahren können.
Um die sozialen Ungerechtigkeiten in unserer heutigen globalisierten Welt und die Gefährdungen des Ökosystems Erde zu überwinden, gilt es, die allgewaltigen Kapitalkonglomerate gerecht zu verteilen, um so fiktiven Besitz in reales Eigentum zu wandeln, das von uns allen eigenwillig und nutzbringend verwendet werden kann. Grundlegend für ein gerechtes und ausgewogenes Miteinander der Menschen müssen unmittelbar zwischenmenschlich geschehende Reproduktionskreisläufe ermöglicht werden, in denen eigenwillig, eigenverantwortlich und eigennützig arbeitende Eigentümer nützliche Mehrprodukte und Mehrwerte schaffen, um diese mit anderen Erzeugern in gerechter Art und Weise austauschen zu können. Energie, Rohstoffe und vorgefertigte Bauelemente könnte dann, allen Erfordernissen und Ansprüchen genügend und jedem bedarfsgerecht zugänglich, gesellschaftlich erzeugt und bereitgestellt werden.

( 1) Helmut Wolle – Götter, Mumien und Hetären – Volk und Wissen Verlag Berlin 1983

Thilo Rösch herzlichen Gruß Frank Nöthlich

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