Deutsche Kreditinstitute finanzieren mit Milliardenbeträgen die Herstellung von Atomwaffen und beteiligen sich somit am weltweiten nuklearen Wettrüsten. Das geht aus der Studie „Don’t Bank on the Bomb“ hervor, die am Mittwoch von der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) und der niederländischen Friedensorganisation PAX veröffentlicht wurde.
Demnach haben zehn deutsche Finanzdienstleister seit Januar 2014 insgesamt rund 10,37 Milliarden US-Dollar (8,41 Milliarden Euro) den Atomwaffen-Produzenten zur Verfügung gestellt. Die Volks- und Raiffeisenbanken verkaufen das tödliche Investment sogar über den Fonds „UniGlobal“ an Privatanleger. Die im Bericht untersuchten Rüstungsunternehmen produzieren Atombomben, Atomsprengköpfe sowie Atomraketen oder sind mit der Wartung dieser Systeme beauftragt.
Der hierzulande mit Abstand größte Finanzier bleibt die Deutsche Bank. Im Vergleich zur vorangegangenen Studie sind die Investitionen der Deutschen Bank von 5,15 Mrd. auf 6,62 Mrd. US-Dollar gestiegen. Ins Auge fällt aber auch die Finanzspritze der DZ Bank, die ihr Investment in Atomwaffenhersteller von 66 Mio. auf 470 Mio. US-Dollar massiv erhöht hat. Die DZ Bank ist das Zentralinstitut von rund 1.000 Genossenschaftsbanken in Deutschland, dazu gehören etwa Volks- und Raiffeisenbanken.
Die DZ Bank unterstützt die US-amerikanische Rüstungsfirma Northrop Grumman mit mehr als 400 Mio. US-Dollar. Dieses Unternehmen produziert Atomraketen für das US-Arsenal und ist auch am britischen Atomwaffenprogramm beteiligt. Die DZ Bank hat diese Firma in den Fonds „UniGlobal“ aufgenommen. Es handelt sich um den „Vorzeige-Fonds der Volksbanken“ (FAZ) und er richtet sich vor allem an Privatpersonen, zum Beispiel für die Riester-Rente.
Dieses Investment der DZ Bank widerspricht dem Geist des eigenen Verhaltenskodexes. Dort heißt es:
„Der Nachhaltigkeit unseres unternehmerischen Handelns und dessen Wertschöpfung messen wir eine hohe Bedeutung bei. Demgemäß berücksichtigen wir bei der Kreditvergabe neben wirtschaftlichen auch ökologische und ethische Faktoren.“
Aino-Ritva Weyers, Vorstandsmitglied von ICAN Deutschland, kommentiert: „Wenn Banken ethische Werte ernst nehmen, müssen sie Investitionen in Atomwaffen komplett ausschließen. Ansonsten nutzen sie das Geld ihrer Kunden, um deren potentiellen Tod zu finanzieren. Jede Unterstützung des atomaren Wettrüstens ist unverantwortlich.“
Im Juli vergangenen Jahres haben 122 Staaten bei den Vereinten Nationen ein Atomwaffenverbot beschlossen. Damit wurde verdeutlicht, dass der Einsatz und die Existenz dieser Waffen ethisch unter keinen Umständen vertretbar ist. Weyers: „Immer mehr Staaten erteilen Atomwaffen eine klare Absage. Wenn Banken weiter investieren, stehen sie auf der falschen Seite der Geschichte.“
Die internationale Studie „Don’t Bank on the Bomb“ bezieht sich auf die Zeit seit Januar 2014 und untersucht die Investitionen in 20 Atomwaffenhersteller. Dazu wurden verschiedene öffentlich zugängliche Quellen ausgewertet, etwa Berichte von Finanzinstituten, Medienmeldungen oder NGO-Informationen. Insgesamt haben die Nuklearfirmen der Studie zufolge mindestens 525 Milliarden US-Dollar erhalten. Das ist ein Anstieg um 81 Milliarden US-Dollar gegenüber der Vorgängerstudie. Diese ist im Dezember 2016 erschienen und bezieht sich auf die Zeit seit Januar 2013. Es gibt aber auch gute Nachrichten: Seit der Annahme des UN-Vertrags zum Verbot von Atomwaffen haben bereits 30 Unternehmen ihre Investitionen in diese Waffen beendet.
Übersicht über die Investitionen seit Januar 2014:
Deutsche Bank: 6,620 Mrd. Dollar
Commerzbank: 1,264 Mrd. Dollar
Allianz: 1,036 Mrd. Dollar
DZ Bank: 470 Mio. Dollar
BayernLB: 454 Mio. Dollar
Munich Re: 148 Mio. Dollar
Siemens: 134 Mio. Dollar
Helaba: 111 Mio. Dollar
Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW): 66 Mio. Dollar
Landesbank Baden-Württemberg (LBBW): 66 Mio. Dollar
Weiterführende Informationen:
Der deutsche Teil der Studie ist hier einsehbar. Die internationale Studie ist auf www.dontbankonthebomb.com veröffentlicht. Auf www.atombombengeschäft.de gibt es Informationen zu den 20 Firmen (u.a. Aecom, BAE Systems, BWX Technologies, Larsen & Toubro) die an der Herstellung von Atomwaffen beteiligt sind.
Reaktion Deutsche Bank:
Bereits am 7. März veröffentlichte die Deutsche Bank eine Stellungnahme zum ICAN-Report „Don’t bank on the bomb“. Darin heißt es:
In ihrer aktuellen Studie ‘Don’t bank on the bomb’ bringt die Nichtregierungsorganisation ICAN (International Campaign to Abolish Nuclear weapons) (http://www.icanw.org) die Deutsche Bank mit der Finanzierung von Atomwaffen in Verbindung.
Dazu erklären wir: Die Deutsche Bank hat Mindeststandards mit Blick auf die Verteidigungsindustrie. Kurz gefasst wird die Deutsche Bank keine Beteiligung an Geschäften mit bestimmten Arten von Waffen in Betracht ziehen. Hierzu zählen insbesondere Antipersonenminen, Streumunition […] sowie chemische, biologische, radiologische oder nukleare Waffen (‘CBRN-Waffen’). […]
Und weiter heißt es:
[…] Die Deutsche Bank steht in Geschäftsbeziehungen zu großen, multi-nationalen Misch-Konzernen. Wenn mit diesen Geschäftsbeziehungen eingegangen werden, achten wir streng darauf, dass diese ausschließlich mit Geschäftsbereichen des Konzerns erfolgen, die nichts mit ABC-Waffen sowie Streumunition, Landminen etc. zu tun haben. […]
Auf der Webseite von ICAN Deutschland wird die Stellungnahme als Ausrede bezeichnet. Dort wird als Update zum Beitrag angemerkt:
“Mit der Finanzierung von Atomwaffenfirmen fördert die deutsche Bank immer auch die Herstellung von Atomwaffen. Im Fall von Streumunition hat die Deutsche Bank alle Geschäftsbeziehungen zu Firmen, die Streubomben herstellen, beendet. ICAN fordert für Atomwaffen mindestens so strenge Maßstäbe wie für Streumunition.”
Redaktionelle Anmerkung: Der Beitrag erschien unter dem Titel “Banken finanzieren atomares Wettrüsten” bei unserem Kooperationspartner Pressenza und bei ICAN Germany. Er wurde um den Hinweis auf die Stellungnahme der Deutschen Bank und die Reaktion von ICAN ergänzt.
Foto: ICAN Deutschland
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Eine Antwort auf „Bombengeschäfte: Banken finanzieren atomares Wettrüsten“
Aus einem Artikel der taz(http://www.taz.de/!5442043/), September 2017:
“Die Allianz und ihre Tochterfirmen investierten allein seit Juni 2013 72 Millionen US-Dollar in zwei Hersteller von Streubomben: Südkoreas Konzern Poongsan sowie den US-Konzern Orbital ATK. Die Deutsche Bank hält noch diverse kleinere Investments sowie eine Beteiligung von 20 Millionen Euro beim US-Konzern Textron.”
Textron hat weltweit Niederlassungen, mehrere davon auch in Deutschland.
Angeblich will Textron keine Streumunition mehr herstellen, aus Profitmangel.
Krieg ist ein lukratives Geschäftsmodel. Wer nun glaubt, Banken hätten ein Gewissen und würden auf die Profite, während und insbesondere nach den Kriegen, verzichten, der glaubt auch, Politik wird unabhängig von Banken betrieben und bald wird es keine Kriege mehr geben.
Eine klare Absage an Atomwaffen wäre, wenn man Atomwaffenstaaten sanktionieren würden. Aber wer sollte das tun? Denn die “120 Atomwaffenfreienstaaten” besitzen dafür andere mörderische Kriegswaffen. Was für eine Heuchelei!