Kategorien
Gesellschaft

Ökonomie oder ein wenig abstraktes Denken

Spätestens jetzt, wo es auf der Welt keinen objektiven Mangel mehr gibt, kann nicht mehr Arbeit im Vordergrund des Seins stehen.

Ökonomie (aus altgriechisch οἶκος oĩkos „Haus“ und νόμος nómos „Gesetz“) steht laut Wikipedia für: Wirtschaft, Aufwendungen und Erträge, um den Unterhalt des Menschen zu sichern; Wirtschaftswissenschaft; das Wirtschaftsgeschehen in einem geografischen Raum, siehe Volkswirtschaft; das Wirtschaftsgeschehen in Industriebetrieben, siehe Betriebswirtschaftslehre; veraltet für Hauswirtschaft; veraltet für einen Betrieb der Landwirtschaft.

Was wird aber unter Ökonomie verstanden? Im Grunde wohl alle Abläufe im Miteinander.

Und diese Vorgänge werden stets mit Zahlen bewertet, die einem Geldwert entsprechen. Wenn man dann noch fragt, womit den Vorgängen Grenzen auferlegt werden, so muss man feststellen, dass heute immer das Geld oder die Zahlen diese Beschränkung erzwingen.

Für alle wirtschaftlichen Abläufe, das ist so eine Angewohnheit geworden, ist Geld erforderlich. Und meistens zeichnet der falsche Umgang mit diesem Geld für fast alle Schwierigkeiten auf der Erde verantwortlich. Und im Grunde ist es allein die ungleiche Verteilung in diesem Geldsystem, die erforderliche Arbeiten der Gemeinschaft blockiert.

Warum hat man es auch zugelassen, dass private Einrichtungen von Regierungen damit beauftragt wurden, dieses Geld herzustellen und zu verleihen, denn gerade die Banken sind doch nur am eigenen Profit interessiert. Dabei ist das Geld als Kredit nur geliehen und fordert daher stets Zinsen. Zulässig sind sogar Spekulationen mit großen Geldmengen, wodurch Banken insolvent werden können und von den Staaten gerettet werden müssen, was deren Spielraum einengt.

Weiterhin erzwingt dieses Zinsgeldsystem eine stetige Anreicherung des Geldes bei wenigen Reichen. Da alles Geld innerhalb des Geldsystems Zinsen fordert, erhalten natürlich die Reichen, die das meiste Geld verleihen (können), die meisten dieser Zinsen. Daher ersticken ganze Länder an diesen Zinsforderungen.

Dieses Geldsystem erzwingt so oft Einschränkungen, das ist schon immer von den Anwendern akzeptiert worden, ohne dass darüber nachgedacht wird. Sollte Geld nicht ein Hilfsmittel sein? Aktuell können gesellschaftlich notwendige Investitionen und relevante Aufgaben wegen Geldmangel nicht ausgeführt werden.

Das Geldsystem hat durch diese ungleiche Geldverteilung eine Macht, die bewirkt, dass in (vielen) Völkern die Menschen nicht einmal genügend zu essen haben. Dabei sind im Grunde doch alle Gelder nichts anderes als nur Zahlen und können an sich nicht die geringste Arbeitsleistung erbringen. Wieso ist das bisher nicht aufgefallen?!

Es wird nicht nachgefragt, ob wohl Arbeitskräfte für Arbeiten zur Verfügung stehen. Es wird auch nicht gefragt, ob das Zusammenleben unter einer nicht durchgeführten Arbeit leidet. Zunächst ist immer nur wichtig, ob für diese Arbeiten Geld zur Verfügung steht. Was wäre, wenn die Realisierung von Projekten sich in erster Linie an den Interessen derer orientiert, die sie ausführen und betreffen?

Ganz zu schweigen davon, dass sich heute das erforderliche Geld meistens auch noch in wenigen Händen befindet. Und diese Oligarchen entscheiden, ob die Verwendung dieses Geldes auch Früchte für sie selbst trägt. Denn der Eigentümer selbst erleidet keinen Mangel, wenn er dieses Geld zurückhält. So werden ganze Staaten gezwungen, zur Sicherung der wichtigsten Arbeiten Schulden zu machen. Die Folgen dieses Geldsystems sind dann, dass notwendige Aufgaben ungefragt unseren Nachkommen übergeben werden. Aber nicht allein die Arbeit, sondern auch die gemachten Schulden werden an sie weitergereicht.

Keiner fragt, ob so viel Egoismus berechtigt ist. Ist das nicht verantwortungslos gegenüber den kommenden Generationen? Ist das nicht ein rücksichtsloses Verhalten? Kann es sinnvoll sein, dass dem Geld so viel Einfluss auf das Zusammenleben zugestanden wird?

Das sind also die gravierenden Nachteile des heutigen Geldsystems.

Unabhängige Kontrolle und das Ende des Egoismus

Die Generierung und die Kontrolle und Regulierung von Geld muss demnach von einer Organisation erfolgen, die vom Volk gewählt wird, aber von der Regierung unabhängig sein muss. Sie könnte sogar von einem Ethikrat überwacht werden. Wie der heutige Zustand zeigt, ist viel Geld in wenigen Händen gefährlich, es kann ganze Volkswirtschaften lähmen. Das sogenannte andere Vollgeldsystem gehört schnellstens eingeführt. Dadurch wird die Ansammlung von riesigen Geldmengen in einer Hand ausgeschlossen, da es sich dort immer um Verwendung im Eigeninteresse handelt.

Auch Konzerne würden dann der Vergangenheit angehören und durch Genossenschaften ersetzt werden. Sehr große Geldmengen dürfen einfach nicht nur von einigen wenigen, sondern immer nur von einer großen Anzahl Mitbürger gemeinsam erbracht werden. Das stärkt das Miteinander, weil viele Mitbürger nur gemeinsam große Entscheidungen treffen können und müssen.

Die Ausbeutung von Menschen darf nicht möglich sein.

Die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens würde das aktuell vorhandene Ungleichgewicht innerhalb des Geldsystems verändern hin zu einer Reduzierung der Unterschiede im Besitz von Geldmitteln. Der Vorwurf, dass das bedingungslose Grundeinkommen das Schmarotzertum fördert, wird immer nur von denen propagiert, die nie in eine prekäre Lebenslage geraten sind, sondern sich in „ökonomisch“ abgesicherten Verhältnissen befinden.

Dabei zeigt es sich doch bei vielen Mitbürgern, die in Besitz von etwas mehr Geld gelangen, dass diese nicht dazu neigen, die Hände in den Schoß zu legen. Eine überschaubare Anzahl der Menschen hat heute ein höheres Einkommen als zu einem auskömmlichen Leben erforderlich wäre. Diese können insofern mit Geld umgehen, dass sie das restliche Geld nicht verprassen. Ein bedingungsloses Grundeinkommen wird an diesem Verhalten nichts ändern. Das bedeutet, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen allen Menschen sicher zu mehr Freiheit und Unabhängigkeit zum Beispiel bei der Suche nach einem Arbeitsplatz verhelfen wird. Konkurrenz um Geld brauchen sie nicht zu fürchten.

Ein Abwenden von egoistischem und Konkurrenzdenken hin zur Kooperation würde die Gier nach Geld und Besitz in vernünftigere Bahnen lenken. Oder sollen allein DAX und das BIP, wo es hauptsächlich um die Vermehrung von Kapital geht, Maßstäbe für die Qualität allen Lebens sein?

Natur, Mensch und der Sinn des Lebens

Auch unter dieser Voraussetzung bleibt es weiterhin wichtig für die Zukunft, dass wir einen achtsamen Umgang mit Energien und Grundstoffen erreichen. Vielleicht ist es hier erforderlich, durch eine echte, zweckgebundene Besteuerung eine Beschränkung zu schaffen. Die übermäßige Anzahl von Flügen und Events  zum Beispiel tragen auch nicht zu einer Verbesserung der Klimaverhältnisse bei.

Die zunehmende Digitalisierung wird ihren Schrecken verlieren und den Menschen hilfreich sein, wenn Geld keine große Rolle mehr spielt. Denn krampfhaftes Suchen nach neuen Arbeitsplätzen und erzwungenes Mehrarbeiten wirken der Zufriedenheit entgegen – sie können nicht der Sinn des Lebens sein.

Dagegen ist es wichtig, den Umgang im Miteinander und die Pflege im Alter wieder mehr in den Mittelpunkt zu rücken. Dabei dürfen nötige Gemeinschaftseinrichtungen nicht fehlen.

Wie wäre es also mit einem Versuch, ein besseres Miteinander in unserem Leben zu schaffen?

Es kann nicht so schwierig sein, öffentliche Einrichtungen unter Zuhilfenahme von Computern und verantwortungsvoller Ökonomie zu betreiben – das muss also nicht an Geldmangel scheitern. Das skizzierte veränderte Denkmodell des Miteinanders relativiert die hohe Wertigkeit von Geld – es steht nun nicht mehr an erster Stelle. Das Kapital hat es verstanden, jahrzehntelang die Vorteile dieses kapitalistischen Systems fast allen Menschen einzuprägen. Spätestens jetzt, wo es auf der Welt keinen objektiven Mangel mehr gibt, sondern es lediglich um die Verteilung des Wohlstands geht, kann nicht mehr Arbeit im Vordergrund des Seins stehen, sondern Zufriedenheit, ein auskömmliches Leben und ein gutes Miteinander unter geringster Schädigung der Erde.

Leider werden heute nur wenige Ökonomen danach gefragt – zu ermitteln und zu organisieren –, wie ein auskömmliches Leben für die Menschen möglich sein könnte, ohne dabei die Erde zu stark zu schädigen. Dazu gehört die Optimierung des Miteinanders mit geringsten Mitteln und die Verkürzung der Wege – die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zum Beispiel. Auch die Wege zwischen Produzent und Verbraucher lassen sich sicher verkürzen.

Statt immer mehr zu arbeiten, sollte die Ausbildung und damit das Verständnis von Miteinander, Umwelt und realer Ökonomie gesteigert werden. Das Denken in Koexistenz muss das Konkurrenzdenken ersetzen. Jede Art von Krieg zeigt nur die Rücksichtslosigkeit gegenüber Mitmenschen. Wir haben nur die eine Erde und die muss für uns 10 Milliarden sorgen können.

Der Mensch muss gegenüber wirtschaftlichen Interessen wieder im Vordergrund stehen!


Fotos: Arūnas Naujokas (Unsplash.com) und Claus Meyer (Privat).

Claus Meyer (Jahrgang 1930) befasst sich vor allem mit den Themen Gemeinwohl, Geldsystem, bedingungsloses Grundeinkommen und direkte Demokratie. 2017 verfasste er das Buch "Mensch bleiben: Warum machen Menschen sich ihr Leben so schwer".

Von Claus Meyer

Claus Meyer (Jahrgang 1930) befasst sich vor allem mit den Themen Gemeinwohl, Geldsystem, bedingungsloses Grundeinkommen und direkte Demokratie. 2017 verfasste er das Buch "Mensch bleiben: Warum machen Menschen sich ihr Leben so schwer".

Wie ist Deine Meinung zum Thema?

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.