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Gesellschaft

Die soziale Frage

Die wahren Probleme im Land werden verschleiert oder ignoriert.

Die zunehmende Spaltung der Gesellschaft in arm und reich hat die soziale Frage auf die politische Tagesordnung geworfen. Sie manifestiert sich in der Flüchtlingskrise, spaltet die Linke und bringt der Rechten Zulauf. Die Linkspartei ist daran nicht unschuldig, denn sie ignoriert die Klassenfrage.

Die Linkspartei scheint dieser Tage zerstrittener denn je. Es geht um Flüchtlinge und staatliche Grenzen. Der Streit polarisiert sich zwischen zwei Flügeln: Die einen sammeln sich um Parteichefin Katja Kipping. Sie fordern offene Grenzen. Zugleich scheinen sie die realen Probleme zu ignorieren, die die Aufnahme von Hunderttausenden Menschen für die unteren Schichten in Deutschland mit sich bringt: Der Konkurrenzkampf um bezahlbaren Wohnraum und Jobs verschärft sich, die Konflikte in sozialen Brennpunkten nehmen zu.

Andere Parteimitglieder scharen sich um das „Team Sahra“ von Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht. Sie und ihr Mann Oskar Lafontaine betonen zwar, das Asylrecht nicht weiter aufweichen zu wollen. Deutschland dürfe aber nur tatsächlich asylberechtigte Flüchtlinge aufnehmen. Das sind einzig politisch Verfolgte. In der Konsequenz hieße das: Grenzen dicht und abschieben, wer das Kriterium nicht erfüllt.

Reformistische Flügelkämpfe

Beide Flügel führen die soziale Frage an. Erstere betonen, man müsse jedem die Grundbedürfnisse sicherstellen, dürfe niemanden ausgrenzen. Es sei unmenschlich, Männer, Frauen und Kinder in von Krisen und Kriegen zerrüttete Gebiete oder anderweitig ins Elend zurückzuschicken.

So recht sie damit haben, so real ist es dennoch, dass die deutsche Politik diese Ausgrenzung seit langem praktiziert. Betroffen sind Einheimische und Flüchtlinge. Erinnert sei an das repressive Hartz-IV-System aber auch an abgeschottete Erstaufnahmeeinrichtungen und Massenunterkünfte für Asylbewerber.

Zur Erinnerung: Das repressive Hartz-IV-System führte die Bundesrepublik im Jahr 2005 ein – lange vor der Flüchtlingskrise –, um die Industrienation mittels eines riesigen Niedriglohnsektors wettbewerbsfähig zu halten. Das räumte die damalige Bundesregierung unter Altkanzler Gerhard Schröder unumwunden ein.

Offene Grenzen seien utopisch, meint der Flügel um Wagenknecht und Lafontaine. Die massenhafte Aufnahme von Geflüchteten verschärfe die sozialen Bedingungen für die einheimischen unteren Schichten. Man betont: Den Betroffenen müsse vor Ort geholfen werden.

So recht auch sie haben, so real ist es, dass in den Krisengebieten kaum Hilfe ankommt. Die Bewohner der meisten Herkunftsländer leiden seit Jahrhunderten unter kolonialer und neokolonialer Ausplünderung durch die Industriestaaten. Die Folgen: Extreme Ausbeutung, Kriege, Dürren, staatliche Auflösungserscheinungen und von Warlords und Oligarchen bezahlte marodierende Banden, die um Einfluss und Macht ringen. Und die Bundesregierung lässt Rüstungsproduzenten und Waffenlieferanten weiter gewähren.

Kurz: Die Hilfe existiert nicht. Wer Macht im Staat nicht innehat, kann sie nicht gewährleisten. Dass die Betroffenen sich eines Tages auf den Weg machen, um den Warenströmen zu folgen, war abzusehen.

Wagenknecht und die Neue Rechte

Die Zerwürfnisse in der Linken freuen die Neue Rechte. Deren wortführendes Organ „Sezession“, herausgegeben von deren intellektueller Denkfabrik „Institut für Staatspolitik“ (IfS) und dem darin integrierten Antaios-Verlag, dockt daran an.

„Wagenknecht, die soziale Frage und wir“, titelte am 18. Juni 2018 der Autor Benedikt Kaiser. Er spricht die Klientel um Björn Höcke (AfD), die Identitäre Bewegung (IB) und diverse rechtsradikale Kleinparteien und Kameradschaften an, die im IfS ein- und ausgehen. Diese Neue Rechte, so heißt es, müsse noch stärker eine stramm „sozialpatriotische Programmatik“ verfolgen.

Der Autor freut sich über Zersplitterung und Konzeptlosigkeit in der Linken. Deren Richtungskämpfe seien eine „direkte Bestätigung für den eigenen Erfolg im Bereich einer sozialen Neujustierung innerhalb der Rechten“, blickt er voraus und lobt Wagenknecht. So habe die Linksfraktionschefin „in den letzten Jahren eine Entwicklung genommen, im Zuge derer sich Positionen aus ihrem Umfeld und dem unsrigen annähern“.

Es geht nicht darum, Linken rechte Gesinnungen zu unterstellen. Doch das Lob vom Feind sollte hellhörig machen.

Fixiert auf den Staat

Tatsächlich ist den Akteuren um Wagenknecht und der Neuen Rechten eins gemein: Sie haben das bedrängte deutschstämmige Proletariat entdeckt. Sie predigen nationale Lösungen durch einen starken Staat, das vor dem seinerseits bedrängten einwandernden Proletariat – mehr oder weniger – geschützt werden müsse.

Laut Sezession-Artikel solle die Neue Rechte noch stärker „rückgebunden an Tradition und Herkunft die aktuelle Lage des Finanzmarktkapitalismus analysieren“. Insbesondere die AfD müsse sich „sozial-programmatisch selbst optimieren“. In anderen Artikeln des Blattes wird immer wieder nach Aufrüstung der Polizei „zum Schutz der angestammten Bevölkerung“ und „guten Arbeitsplätzen für Deutsche“ gerufen.

In einem im Mai bekannt gewordenen Papier zur von Wagenknecht geplanten Sammlungs-Bewegung klingt das so: Der Staat solle „gute Löhne und sichere Arbeitsplätze“ im Sinne einer „innovativen Wirtschaft und des deutschen Binnenmarktes“ schaffen. Er müsse den Sozialstaat ausbauen, gerechte Steuerpolitik betreiben, Polizei und Justiz besser ausstatten. Es gelte, „die Übermacht von Konzernen und Banken“ zu „überwinden“.

System-Management

Fixiert auf den kapitalistischen Staat ist aber auch der andere Flügel der Linkspartei, der derzeit gegen Wagenknecht zu Felde zieht. Bei den sozialen Verbesserungswünschen ist man sich zwar einig. Auch das Wie – nämlich mittels sozialdemokratischer Reformen – ist nicht der Knackpunkt. Es ist die Moral: Darf man die einen Armen gegenüber den anderen Armen benachteiligen?

Die moralistische Ausrichtung hat allerdings zur Folge, dass die ökonomischen Gesamtbedingungen noch weniger berücksichtigt werden. Die Auswirkungen bleiben den unteren Schichten aufgebürdet, die kapitalistische Wirklichkeit weitgehend ausgeblendet. Moralische Appelle zerschellen an der Realität. In dieser sind eine Million Menschen obdachlos, konkurrieren neun Millionen im Niedriglohnsektor, sind acht Millionen auf Grundsicherungsleistungen angewiesen und sind Massen künftiger Rentner von Armut bedroht.

Bei allem Reformismus scheint der Wagenknecht-Flügel zumindest begriffen zu haben, dass gut gemeinte, aber meist im leeren Raum verpuffende Oppositionsarbeit in Parlamenten nicht allein Schlüssel zu Veränderungen sein kann. Dennoch kommen beide Seiten nicht über einen Punkt hinaus:

Sie stellen die Systemfrage nicht. Im Gegenteil: Jeder bietet sich auf seine Weise an, dem Staat beim Management desselben behilflich zu ein. Kommen nationalstaatlich ausgerichtete Lösungsvorschläge hinzu, verschwimmen für den Laien die Unterschiede zwischen rechts und links.

Analyse von links fehlt

Die Linke beschäftigt eigentlich seit jeher eine Frage: Wer oder was ist der kapitalistische Staat? Der Armuts- und Reichtums-Bericht der Bundesregierung aus dem vergangenen Jahr bringt es gut auf den Punkt. Aus dessen unzensierter Ausführung geht hervor: Das reichste eine Prozent der deutschen Bevölkerung bestimmt im Gros, was in Gesetzesblättern steht. Anliegen der Unter- und Mittelschicht bleiben ungehört. Einst hätte das nicht einmal die SPD verwundert. Man wusste: Der Staat ist ein Instrument der herrschenden Klasse.

Die Rolle kapitalistischer Staaten gehörte zum linken Grundwissen:

Sie managen das Wirtschaftssystem zugunsten der profitierenden Unternehmer und Kapitaleigner. Sozialleistungen zahlen sie nur, um keine Aufstände zu provozieren.

Gesetze im demokratischen Konstrukt gelten vorgeblich für alle. Doch klar war:

Vor dem Gesetz sind alle gleich, aber Reiche sind gleicher. Kurz: Der Staat betreibt Klassenpolitik im Interesse derer, die er vertritt.

Kaum ein Sozialist oder Kommunist wäre auf die Idee gekommen, den Parlamentarismus als einziges Spielfeld zu begreifen. Doch spätestens nach dem zweiten Weltkrieg versank die SPD im Reformismus. Seither setzt sie auf das, was lange undenkbar war: Sozialpartnerschaft mit den Herrschenden. Die linke Klassenanalyse verschwand im Nirvana. Der kapitalistische Staat wurde zum Verhandlungspartner.

In Zeiten des Wiederaufbaus und daraus folgenden Wirtschaftsbooms, in denen den Kapitaleignern und ihren politischen Protagonisten Zugeständnisse abzuringen waren, mochte das sinnvoll erschienen sein. In Zeiten der Zuspitzung der globalen spätkapitalistischen Krise lässt die fehlende Klassenanalyse linke Politik zur reinen Symbolpolitik verkommen. Auch der einfache Arbeiter ahnt: Sie ist zum Scheitern verurteilt.

Linke muss Systemfrage stellen

Im Hinblick auf Ursache und Wirkung muss eine Linke in diesen Tagen weiter denken als an offene oder geschlossene Grenzen, die ohnehin nie im Interesse der einfachen Menschen existierten, und als an die eine oder andere sozialpolitische Reform. Wenn die Ressourcen im Süden zur Neige gehen, Anbauflächen veröden, werden nicht nur die Flüchtlingsströme wachsen. Auch die Supermärkte in den imperialistischen Zentren werden eines Tages leerer.

Doch eine nachhaltige Ökologie, ein schonender Umgang mit den Ressourcen und ein friedliches Zusammenleben der Völker bedürfen einer anderen Wirtschaftsform, einer zentral geplanten Wirtschaft, die das nötige Investitionsvolumen für derartige Projekte bereitstellen kann. Dies kann nur gelingen, wenn nicht nach Profit, sondern nach Vernunft investiert wird.

Dazu müsste das Wertgesetz, der Markt, in weiten Teilen des globalen Wirtschaftskreislaufs außer Kraft gesetzt werden. Wer das will, braucht die Macht. Innerhalb des weltweiten Systems des Großkapitals, das die Staaten als seine Machtinstrumente besitzt, wird kein noch so williger Politiker handlungsfähig sein.

Griechenland ist nur ein Beispiel und der Beweis dafür: Eine andere Wirtschaftsweise per Parlamentsbeschluss wird es nicht geben. Ein Umsturz der bestehenden Ordnung, das Brechen der Macht der Monopole, ist dafür unumgänglich.

Ausweg: Klassenpolitik

Die heutige globale Ist-Situation bedroht das Überleben der gesamten Menschheit. Elend in der Peripherie hat zwangsläufig Auswirkungen auf die Zentren. Den Erfordernissen für eine Umkehr vom Marsch in den Abgrund wird niemand gerecht, der am Ende das bestehende Wirtschaftssystem verteidigt.

Wer aber die ökonomische Ursache der globalen Ist-Situation ignoriert, sollte auch deutlich machen, dass bei einem „Weiter so“ ein immer größerer Teil der Erde nicht mehr bewohnbar sein wird. Er sollte zugeben, dass die Herrschenden eben nicht vorhaben, den Opfern vor Ort ausreichend zu helfen. Und dass nicht helfen kann, wer nicht die politische Macht hat. Was also wird mit den dort lebenden Menschen geschehen?

Das langfristige Ziel einer progressiven Linken kann daher nur eine globale wirtschaftliche und soziale Revolution sein. Dieses dürfte sie auch im Rahmen partieller Kämpfe nicht aus den Augen verlieren. Dafür muss sie die Klassen- und Machtfrage stellen, und dies international. Das schließt auch ein, jegliche Gewalt innerhalb der unterdrückten Schichten aller Nationen zu ächten und kein Stück weit zu tolerieren.

Diese überlebenswichtigen Fragen beantwortet die Linke aktuell nicht. Ihr Streit über offene oder geschlossene Grenzen im Zusammenhang mit der sozialen Frage birgt daher nicht nur menschenfeindliche Antworten, wie sie auch die Neue Rechte bringt.

Er spaltet und entsolidarisiert die unterdrückten Schichten immer stärker und verkommt angesichts der Realität letztendlich zur bloßen Farce.


Anmerkung: Das Werk von Susan Bonath erschien auf Rubikon – Magazin für die kritische Masse und ist unter einer Creative Commons-Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen darf es verbreitet und vervielfältigt werden.


Foto: Matias Rengel (Unsplash.com) und Rubikon.

Journalistin

Susan Bonath, geboren in der DDR, arbeitet seit 12 Jahren als freie Journalistin und berichtet seit 2010 für die junge Welt. Arbeitsschwerpunkte unter anderem „Arbeit und Soziales“. Seit 2015 schreibt sie auch für KenFM. Sie lebt in Sachsen-Anhalt.

Von Susan Bonath

Susan Bonath, geboren in der DDR, arbeitet seit 12 Jahren als freie Journalistin und berichtet seit 2010 für die junge Welt. Arbeitsschwerpunkte unter anderem „Arbeit und Soziales“. Seit 2015 schreibt sie auch für KenFM. Sie lebt in Sachsen-Anhalt.

9 Antworten auf „Die soziale Frage“

Ich kann der Argumentation folgen, bis es heißt: die Klassen- und Machtfrage stellen, auch international. Was heißt das denn? Platt eine Frage stellen, kann es ja wohl nicht sein. Doch wenn man eine Revolution will, wer soll das denn wie anstellen? Analysen sind gut, aber sie reichen absolut nicht.
Wenn wir von der Staats-Fixierung weg wollen, können wir nicht den Globus in die Hände nehmen und anders färben. Ich schlage immer wieder einen Ansatz von unten vor, der nicht auf die Übernahme der Staats-Macht schielt, sondern Gesellschaft wieder anders aufzubauen versucht. Ich warte bisher vergeblich auf Kritik daran und auf einen alternativen Ansatz.
G.K.

Hallo Herr Kugler, (entschuldigen Sie meine englische Tastatur ohne Umlaute)

Es waere interessant und angebracht, dass die Autorin selbst sich Ihrer Frage stellt.
Sie haben recht. Die Linke hatte schon immer wenig vernuenftige, praktische Loesungsansaetze, ausser ihren Parolen: “zerschlagen”, “umverteilen”, “entmachten”, “zentralisieren”, “Revolution”. Das muendet wieder in Gewalt (oder Zwang) und nicht nur Besitz wird umverteilt, sondern wiederum die Macht. Ferner erfordern solche Konzepte eine Wertefestlegung, die keinem Menschen ueber einen anderen zusteht.

Das Problem der Linken ist, dass kommunistische Konzepte oder Systemaenderungen nur aus Gewalt & Diskriminierung (gegen Andersdenkende) geboren werden, also das, was man dem “rechten Gegner” zuschreibt. Rhetorisch der Rechten und den Konservativen weit ueberlegen, erlangte die Linke nie die erforderliche Macht und das Kapital, um die bestehende Macht und das bestehende Kapital zu bezwingen – weil ihre Basis sich in der Gesellschaft aufloeste und ihre weltweiten Idole und Sponsoren versagten.

Eine Masse kann nur in einer Identitaet bewegt werden – deswegen gibt es Parteien und Klubs. Was ist an Nationalismus so schlimm? Linke, SPDler, Gruene wirden nicht befeindet, warum also jemand der sich zu einer groesseren, nationalen Gemeinschaft bekennt? Wie soll eine Gesellschaft zum umdenken und gemeinsamen Altruismus mobilisiert werden, wenn man ihr Gefuege staendig zerstoert und aufmischt, durch Genderismus, Spaltung in Interessengruppen, Entzug der Souveraenitaet und massiver Einbwanderung von Menschen mit diametral entgegengesetzten Kulturen und Werten.

Fuer eine faire und gleichberechtigte politische Grundlage sollte uMn der bestehende Parlamentarismus abgeschafft werden und da alle reale Gewalt vom Gesetzgeber ausgeht, muesste man diejenigen foerdern, die eine verfassungsgebende Versammlung fordern, ahh, das sind aber die Konservativen und Rechten!. Da koennten sie ja dann alle mitmischen. Wir benoetigen ein Direktwahlsystem mit einfacher Mehrheit.
Die EU ist ein anderes riesiges Problem, das von der Autorin gaenzlich uebergangen wurde. Die unverschaemte und ungesetzliche Abgabe der nationalen Souveraenitaet wird von der links-gruen-bunten Koalition als Gegenzug zum Nationalismus gefeiert, liefert aber die Naegel fuer den Sarg rationaler Reformen.

“Eine Masse kann nur in einer Identitaet bewegt werden …” Ja, wer seine Persönlichkeit an die Identität einer “Masse” knüpfen will, für den ist das natürlich super. “Was ist an Nationalismus so schlimm?” Kolonialismus und industrieller Völkermord zum Beispiel. “…nationalen Gemeinschaft…” Was? Der Nationalstaat ist ein Kunstprodukt. Deutsch als Amtssprache z.B., um davon abzulenken, dass es über 50 Mundarten gibt. Woann mär ebbes Unangenehmes vor sisch hot, oafach umdrehe, doann hot mär’s hinner sisch. Ohne Nation, keinen irrwitzigen Nationalismus oder Klassensysteme, die sich unter der Tarnkappe sozialistischer Ideen verstecken. “… Menschen mit diametral entgegengesetzten Kulturen und Werten.” Ganz ihrer Meinung: Am besten zuerst einmal die rückständigen Bayern rauswerfen, die in die aufgeklärten Gesellschaftssysteme eingesickert sind.

VonSeiten, wir bedauernSchade, dass Sie mit Polemik reagieren.
1. Ueber die Identitaet der Massen: deshalb schreiben wir „Massen“ und nicht „Individuen“. (Lesen Sie bei Le Bon) Die meisten der Autoren und Kommentatoren hier blasen doch auch ins gleiche Horn einer gemeinsamen Identitaet. Ok, wie wuerden Sie die Massen bewegen; oder fragen wir die Autorin aus der ehem. DDR, wo ja alle – nach eigener intellektuellen Erkenntnis – mit der Partei synchron liefen.
2. ALLES menschengemachte ist „kuenstlich“, aber eines stimmt: die nationalen Grenzen verlaufen nicht immer nach dem Willen der Anrainer.
3. Kriege und Eroberungen waren mitnichten immer Resultate nationalen Stolzes, sondern Ruhmsucht der Feldherren und materielle Gier (z.B. bekriegten sich Reiche gleicher Kulturen und Abstammung).
4. Dialekte und sprachliche Identitaet gibt es ueberall – oh, haben wir hier nicht wieder den Begriff Identitaet? Die fruehste Staatenbildung war in China vor ca. 5000 Jahren und ohne diesen (ja, blutigen) Wettbewerb und unterschiedliche kulturelle Entwicklungen wuerden wir hier Rauchsignale senden, an Stelle von Bits.
5. Ihre Anmerkung ueber Bayern lichtet den heuchlerischen Schleier der Linken: Diskriminierung nur da wo es UNS passt.
VonSeiten, wenn Sie sich nicht mit der Geschichte befassen, degeneriert unser Dialog zum einhaendigen Klatschen.
HG

Heuchlerisch ist die Vorstellung, eine Nation wäre die Lösung für ein Problem. Sie kann es gesellschaftlich nicht sein, weil nicht die Nation den Unterschied zwischen den Menschen macht, sondern die Verteilung der Wertschöpfung. Daraus resultiert die Aufteilung in soziale Schichten. Bei globalen Problemen, z.B. die Verseuchung der Meere durch Plastik, kann “Nation” überhaupt nichts lösen, sondern nur eine weltweite Kooperation. Der stehen “nationale Interessen” im Weg. Sollten Sie dies jetzt auch abstreiten, darf Ihrer “Dialogbereitschaft” einhändiges Klatschen Richtung Kapital bescheinigt werden.

Sie meinen, dass nur Zustimmung zu weiterem Dialog fuehrt? Wir nennen dies “predigen zum Kirchenchor”. Versuchen wir’s trotzdem: –
1. Staatenbildung ist ein “zwangslaeufiger” Schritt (default mechanism) fuer eine Gemeinschaft gleicher kultureller Institutionen und ist nicht notwendigerweise gleichzusetzen mit kriegerischer Haltung oder Isolation.
2. Sie vermischen stets unterschiedliche Themen (z.B. Oekologie, Wirtschaft, Soziologie) und verbinden sie kausal zum Beweis Ihrer Schluesse. So etwas machen eigentlich nur die Theologie :-)
3. Sind eben nicht alle Probleme global, nur dadurch, dass Sie diese als global erklaeren. Wir sind uns sicher, dass eine Person in Sudan wesentlich andere Interessen hat als ein Tibeter oder Ukrainer. Das klingt alles sehr anmassend.
4. Wenn Sie nicht mal die Gesellschaft einer Nation vereinen koennen, wie wollen Sie globale Aenderungen erzielen?
Etwa wie in “Apocalypse Now” im Tiefflug ueber die Daecher der Welt und – anstelle Wagners Walkuere – John Lennons “Ebony & Ivory” runterdroehnen?
Wir suchen zu Ihrer globalen Idylle a la H.G. Wells hier vergeblich nach nur einer praktischen Massnahme.

Sie wollen den Menschen also einreden, dass die “Staaten” ein Produkt der Freiwilligkeit sind?! Gewalt spielte keine Rolle? Keine Unterdrückung, kein Raub, kein Mord, kein Krieg? Alles “zwangsläufige Schritte”? Sie wollen den Menschen einreden, dass Staaten aus kulturellen Gründen entstanden? Sie wollen den Menschen einreden, dass Umweltzerstörung, Kriege, Hunger, Ausbeutung nicht jeden betrifft über alle Grenzen hinweg? Sie wollen den Menschen erzählen, dass die Nationen gut sind, weil kulturell geordnet? Ihr Weltverständnis endet am Grenzzaun?

Hallo VonSeiten,
nun, den Menschen EINREDEN wollen SIE! Wir versuchen zu verstehen was aus dem Menschen geworden ist, nach einer Reihe von “Propheten” – von Jesus ueber Buddha zur AH – die weltumspannende Plaene hatten fuer das Glueck aller.

Sie wollen uns einreden, dass sich die Menschheit verschmelzen laesst zu einer karamelfarbenen, selbstbestaeubenden Friede-Freude-Eierkuchen Spezies – ohne Gewalt und Unterdrueckung, wenn man den 7 Milliarden nur alles einleuchtend erklaert? Solch Groessenwahn einer “Weltregierung” (der H.G. Wells und die Fabian Society befluegelte) taugt hoechstens fuer eigene Fuehl-Gut-Momente ihrer Erdenker.
Und wieder nur Unterstellungen und keine Vorschlaege in Ihrer Replik…

[NB: Mein “Weltverstaendnis” kommt vom Leben in unterschiedlichen Kulturen (mit Kenntnissen der Sprachen), Praktische Volunteer-Arbeit und Studium von Geschichte und Anthropologie. Grausamkeiten und Leid habe ich in Krisengebieten genug absorbiert und benoetige keine Moralpredigten.

Hallo,

selten haben wir einen Artikel gelesen, mit weniger thematischem Zusammenhang und fehlenden Syllogismus. (Beispiel Absatz „Fixiert auf den Staat“: „Sie predigen nationale Lösungen durch einen starken Staat, das vor dem seinerseits bedrängten einwandernden Proletariat – “) Das Ganze wirkt wie eine „copy & paste“ Collage älterer Einstellungen, mit der üblichen Rhetorik und lächerlich-antiquiertem linken Jargon.

Die Autorin beginnt mit der „zunehmenden Spaltung der Gesellschaft in arm und reich“. Wann bitte, war das einmal nicht der Fall? Die Autorin fährt freihändig zig-zag durch das linke Polit-Universum, mit bewusstem Sophismus oder historischer Ignoranz. Ihr Hauptthema scheint die Linkspartei zu sein, argumentiert aber mit kühnen Kausalitäten zwischen Einwanderung, Hartz IV, Kolonialismus, globalen Ressourcen, SPD-Zerfall und AfD. Na ja, „irgend wie hängt eben alles zusammen“!

Nicht einmal zur korrekten Symptom-Erkennung ist die Autorin fähig, wie auch, wenn die einzigen Leitplanken ausgeleierte marxistische Phrasen sind: Klassenkampf, Proletariat, die herrschende Klasse, unterdrückte Schichten, Wertgesetz, Monopole, die geliebte Planwirtschaft (die ja nach 1917 zwei-drittel der Menschheit vor der Armut bewahrte!) und am Ende die Revolution – die ja in der kommunistischen Welt ihren Menschen Frieden und Wohlstand brachte?!

Zur Widerlegung ist die Kommentar-Box zu eng, aber wer sich mit den Vorgaben der Vernunft an Stelle von Ideologie mit der Materie beschaeftigt, der erkennt, dass hier der klassische Arbeiter seit langem ausgestorben ist (siehe die Schwäche der Gewerkschaften) und der ––Proletarier ist ersetzt durch den Proleten. Alle Ihre Artikel ignorieren, dass über 70 % der Arbeitsplätze von kleinen und mittleren Betrieben gestellt werden; ca. 20% arbeiten direkt oder indirekt für den Staat. Ihr klassischer Arbeiter von heute sind Hausfrauen, Rentner, Aufstocker, Jugendliche [HINWEIS ADMIN: Ausführungen gelöscht. Lesen Sie die Netiquette und halten Sie sich daran.]. Was bleibt ungesagt: z.B. woher das Kapital (pfui Teufel) kommen soll um die feuchten Träume Ihrer Autoren zu finanzieren, wie man nach einer Kultur-Vermischung noch unterschiedliche Talente nutzt, wer einen „nicht-Staat“ leiten soll und wer die Ressourcen verteilen soll, usw., usw.

Eine „Neue Debatte“ findet hier leider nicht statt. Aber hoffentlich in Zukunft eine auf höherem Niveau.
HG

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