Es geht hoch her in diesen Tagen. Endlich auch im Fußball, mehr dazu später, aber auch und besonders in der Politik.
Während Donald Trump nun das macht, was seitens zum Beipsiel Deutschlands schon eine gute Tradition ist, nämlich die Steuersätze auf Importautos merklich zu erhöhen, was, wie bemerkt umgekehrt auf amerikanische Mobile schon lange so praktiziert wird, und dem armen Konsumenten auf dem deutschen Markt suggeriert wird, es sei eine amerikanische Attacke auf den freien Markt, werden in Europas Hinterhöfen die Messer gewetzt. Das wiederum hängt mit den Manövern zusammen, die aus der Zentrale der CSU in Sachen Migrationspolitik gefahren werden.
In Deutschland selbst geht es zahlenmäßig um eine Marginalie. Allerdings, das sollte ehrlicherweise nicht unter den Tisch fallen, kommen wieder neue, inszenierte Kriege im Nahen Osten, dann kann sich das Jahr 2015 mit seinen großen Fluchtbewegungen nach Zentraleuropa wiederholen. Aber, und das schränkt die Legitimität der Aktionen Seehofers wiederum drastisch ein, wenn es keine europäische Position zu dieser Herausforderung geben wird, dann wird sich der Druck auf die einzelnen, attraktiven europäischen Staaten erheblich erhöhen.
Da rückt die Vermutung nahe, dass sich die die selbsternannten Sicherheitsexperten mit einem Traum beschäftigen, den schon Franz Josef Strauß immer wieder bewegte: Wie wäre es mit einer bundesweiten Präsenz der CSU?
Seehofer, der übrigens 2015, an jenem Tag, als Bundeskanzlerin Merkel die Grenzen für passierbar erklärte, einfach nicht ans Handphone ging, scheint nun den Augenblick für gekommen zu halten, um die kühne Vision zur Realität werden zu lassen. Dazu muss er nun einfach gegen den Willen der Kanzlerin die Grenzen für diejenigen, die bereits in einem anderen EU-Land einen Antrag gestellt haben, dicht machen.
Dann würde die Kanzlerin, bevor sie komplett demontiert würde, von ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch machen und den Heimatminister nach Hause schicken. Das wiederum wäre der Casus Belli für die CSU, die ihrerseits aus der Regierungskoalition austritt und sich bundesweit orientiert, um einerseits das AfD-Streugut, andererseits aber auch den rechten Flügel der CDU abzusaugen.
Die Kanzlerin würde, mit Zustimmung des willigen Rests, die Grünen in die Koalition holen. Damit wäre, was die Blöcke anbetrifft, die Vorarbeit für eine neue politische Konstellation geleistet. Hier einen konservative-nationalen Block um die CSU herum und dort ein bürgerlich-liberal-europäisches Gebilde um den Kern CDU/SPD. Das wäre die Analogie zu dem Muster, das in den USA seit ihrer Gründung dominiert.
Es kann natürlich auch alles noch einmal anders kommen. Nämlich dann, wenn in und vor allem vor den Toren Europas ein deutliches Zeichen gegen die Renaissance von Nationalismus und Autoritarismus gesetzt wird.
Sollte Erdogan bei den Wahlen trotz aller undemokratischen Präludien und aller Versuche der Einschüchterung der Opposition wie der Wähler durch den Souverän seine Demission erhalten, dann besännen sich die Demonteure des europäischen Gedankens vielleicht und handelten etwas vorsichtiger.
Europa selbst, zumindest die Idee davon und ihre zunehmende Blamage geht auf das Konto derer, die jetzt vorgeben, das alles zu verteidigen. Das ist Täuschung. Europa erhält nur dann noch eine Chance, wenn es neu gedacht wird. Aber das wissen alle, außer denen, die sich um es reißen.
Viele, denen ich begegne, reden von spannenden Zeiten. Es sollte kein Kriterium sein, denn das erinnert an eine Kategorie des Zuschauens. Wir leben in extrem wichtigen Zeiten, in denen wir uns zu Wort melden müssen, egal wo!
Foto: Marc Kleen (Unsplash.com).
Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.
2 Antworten auf „Deutschland: Zustreben auf das amerikanische Muster?“
Ist es nicht schade und eigentlich auch unverständlich, dass ein Großteil der Menschen statt einem Streben nach mehr Menschlichkeit und Miteinander eine Sucht nach mehr Geld, mehr Technik und neuerdings auch noch für mehr Digitalisierung entwickeln und das auch noch seitens der meisten Regierungen.
Ich kann nur zustimmen: Eurpa muss neu gedacht werden, aber letztlich eben auch nicht nur Europa, aber damit könnte man zumindest beginnen!
Es kann nicht schaden groß zu denken und zu handeln, aber wir sehen Hasenfüße und immer mehr Stracheldrahtverhaue.
herzliche Grüße, Ulli