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Zeitgeschehen

Kriegsgebiet Weltwirtschaft

Gegenwärtig werden fünf Länder mit Verhältnissen konfrontiert, die in der Vergangenheit nur im Hinterhof der USA angetroffen wurden.

Seit der Amtsübernahme von Präsident Donald Trump herrscht in der Weltwirtschaft große Unruhe. Nach dem Gipfeltreffen der G7 in Kanada nahm der Unmut in Europa, aber auch in anderen Weltregionen bedenkliche Formen an.

Gegenwärtig werden 5 große Länder erneut mit Verhältnissen konfrontiert, die in früheren Jahren nur im Hinterhof der USA, in Lateinamerika, anzutreffen waren.

Ganz im Sinne der Aufklärung untersucht die Berliner Zeitung vom 13.8.2018 [1] unter der obigen Titelzeile die Wirkungsbreite der Kredite in der internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Die Analyse kommentiert Zollveränderungen und die jüngsten Sanktionen gegen den Iran, Russland, Türkei und Venezuela. Sie macht darauf aufmerksam, dass das Geld, sprich das Kapital, gegenwärtig zum wichtigsten Wirtschaftsgut in der Weltwirtschaft geworden ist.

Mit welchen Hauptrisiken ist das Kapital verbunden?

Es existiert überwiegend als fiktives Kapital ohne ausreichende Waren- oder andere Wertdeckung. In seiner Form als Derivate u.ä. stecken Unsicherheiten, wie auch in den hochspekulativen Handlungsvarianten der Hedgefonds. Banken halten zur Abdeckung der Risiken zu wenig Eigenkapital in den Bilanzen, stellten externe Crash Tests fest. Zudem sind Banken untereinander eng vernetzt. Risiken stecken in der Börsenkursbeobachtung per Computer. Das führte in der Vergangenheit zu Flächenabstürzen (Flash Crash).

Sparguthaben des Mittelstandes werden von den Abstürzen vernichtet. Fiktives Kapital ist in den staatlichen Schuldsummen enthalten. Das Chaospotential wurde in der Finanzkrise von 2007, die von den USA ausging, deutlich sichtbar. [2] Die Deutsche Bank und andere waren mit von der Partie. Sie holte sich vor acht Jahren blaue Flecken, die noch heute feststellbar sind. Die Problemfelder des Kapitals verleihen den Sanktionen und den Kreditverweigerungen von Trump neue Dimensionen im Ringen um die wirtschaftliche und politische Hegemonie. Die Strafandrohungen gegenüber Drittländern, die die Sanktionen der USA missachten, potenzieren Gefahrensituationen.

Der italienische Theoretiker A. Gramsci definierte Hegemonie als Bestrebungen zur Weltherrschaft.

Kurze Genesis des Kapitalismus

In den Anfangszeiten von 18. bis zum 20. Jahrhundert lag der Schwerpunkt des wirtschaftlichen Wachstums in materiellen Bereichen, wie dem Ausbau von Fabriken, im Städtebau, Produktion von Stahl, Eisenbahnen, Autos, Produkten für den privaten und staatlichen Verbrauch et cetera.

Die Landwirtschaft spielte noch eine große Rolle in den Volkswirtschaften. Den Vorrang hatte die materielle Bedarfsdeckung für die Gesellschaft. Der Industrialisierungsprozess dieser Epoche wurde von der gewaltsamen Kolonialisierung der Länder Afrikas, Asiens und Lateinamerikas begleitet. Kolonien wurden zur Akkumulationsquelle für das europäische Kapital. Wohlstand und Gerechtigkeit für alle lagen dennoch weltweit in weiter Ferne für die Allgemeinheit. Die Ideen der Aufklärung hielten Einzug.

Ende des 20. und im 21. Jahrhundert verschob sich der Schwerpunkt des wirtschaftlichen Geschehens zunehmend auf die Ansammlung und Konzentration des Kapitals, unabhängig davon, ob nützliche Produkte oder Unsinniges erzeugt wurden. Mit den Börsen erhielten Spekulation und Manipulation Aufwind. Auch unbenommen, ob die Natur unter dem enormen Ressource- und Energieverbrauch leidet, besteht das Hauptziel nunmehr in der Vergrößerung des Kapitals in den Händen weniger. Es geht um Geld.

Aufwind erhielten Spekulation und die Manipulation der Preise mit der Entwicklung der Börsen und der Aktien. Es entstand mit den Investoren eine neue Managerkategorie. Sanktionen und die Kreditverweigerungen, sowie Schuldenfallen wurden wirksame Instrumente, um Abhängigkeiten ganzer Staaten herzustellen.

In dieser Zeitepoche tobten zwei Weltkriege. Sie vernichteten geschaffene Werte in einer nicht bezifferbaren Größe. Die Einkommensschere blieb in Deutschland weiter geöffnet. Die internationalen Differenzen veränderten sich nur punktuell. Der Zerfall der Kolonialreiche waren Siege der Vernunft und des Willens.

Das Zerstörungspotential atomarer, chemischer und biologischer Waffen aber vergrößerte sich in dieser Epoche und erreichte den Vernichtungsgrad der kompletten Menschheitsvernichtung. Aktuell bezieht Präsident Trump das Weltall in seine militärischen Überlegungen ein.

Was tun?

Die Welt befindet sich gegenwärtig in einem Zustand des Absolutismus des Kapitals. Ohne moralische Rücksichten bestimmt es alle Bereiche der staatlichen Verwaltungen via Austerität und in der Folge das private Leben. In der Vergangenheit zwangen Banken und der IWF wirtschaftlich schwache Länder im Gegenzug für Kredite Einschnitte in das soziale Netz vorzunehmen (Griechenland, Länder der Dritten Welt). Es besteht ein hohes Chaospotential für Wirtschaftskrisen, für neue Flüchtlingswellen, für Naturkatastrophen. Der Unterhalt des Militärbereiches entzieht der Steuerkasse notwendige finanzielle Mittel für zivile Zwecke.

Es bleibt zur Lösung von Spannungen im begonnenen Wirtschaftskrieg nur die Vernunft und der feste Wille, Probleme auf dem Verhandlungsweg zu lösen.

Die Vernunft hat es vermocht, nach dem Zweiten Weltkrieg einen Konsens zur Gründung der UNO zu finden und eine Charta der universellen Menschenrechte zu verabschieden, auch Dank des energischen Einsatzes von Eleanor Roosevelt. [3]

Die Imperien haben sich von ihren Kolonien verabschiedet, wozu Vernunft, Geduld und in manchen Fällen auch Druck der Weltgemeinschaft erforderlich war. Die UNO steht für universelle Grundwerte, die auch von Politikern der USA getragen werden. So wie Frieden, Gerechtigkeit, Freiheit und vieles mehr.

Das Prinzip der friedlichen Koexistenz zwischen den Völkern ist Teil des Weltkulturerbes geworden. Auswege aus Spannungslagen in der Welt sind sichtbar und schon gegangen. Die Arbeitsweise der UNO-Organe, wie WTO, die UNESCO, der Menschenrechtsrat, die UNCED (Umwelt) kann Kritik unterzogen werden, aber die aufgebauten Strukturen dürfen nicht zerstört werden.


Redaktioneller Hinweis: Der Beitrag von Günter Buhlke erschien erstmals bei unserem Kooperationspartner Pressenza.


Quellen und Anmerkungen

[1] Berliner Zeitung: Kriegsgebiet Weltwirtschaft: Wie die USA mit Sanktionen Krieg führt. Auf https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft/tatort-weltwirtschaft-wie-mit-krediten-krieg-gefuehrt-wird-31098820 (abgerufen am 18.08.2018). 

[2] Die Finanzkrise war eine globale Banken- und Finanzkrise und Teil der Weltwirtschaftskrise. Sie begann im Sommer 2007 unter anderem als Folge eines spekulativ aufgeblähten Immobilienmarkts in den USA. Am 9. August 2007 stiegen die Zinsen für Interbankfinanzkredite sprunghaft an. Die Krise erreichte Europa und führte 2009 zur sogenannten Euro-Krise, eine Art zusammenfassende Verkürzung für Staatsschuldenkrise, Bankenkrise und Finanzkrise. In einzelnen Ländern der Europäischen Union führte eine vermehrte Kreditaufnahme zu hoher Inflation. Diese konnte über eine nationale Fiskalpolitik nicht mehr reguliert werden. Überdauernde Leistungsbilanzdefizite führten außerdem zu hohen Staatsschulden. 2010 erreichte die Krise ihren vorläufigen Höhepunkt. Griechenland konnte seine Schulden nicht mehr bezahlen und musste Finanzhilfen beantragen, um eine Staatsinsolvenz abzuwenden. Der Schuldenberg hat sich nicht verringert. 2017 lag die Staatsverschuldung in Relation zum Bruttoinlandsprodukt bei rund 182 Prozent. 2018 bewegt sie sich nach Schätzungen bei über 191 Prozent der Wirtschaftsleistung. Die EU dringt auf einen Schuldenerlass. 

[3] Anna Eleanor Roosevelt (1884-1962) war eine US-amerikanische Menschenrechtsaktivistin und Diplomatin. Sie war verheiratet mit dem US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt und von 1933 bis April 1945 First Lady der Vereinigten Staaten. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Eleanor Roosevelt Politikerin in der UNO und gilt heute als eine der einflussreichsten Frauen in der US-amerikanischen Politik des 20. Jahrhunderts. 


Illustration: Conmongt (Pixabay.com; Creative Commons CC0).

Volkswirtschaftler und Publizist bei Pressenza | Webseite

Günter Buhlke ist Jahrgang 1934 und Dipl. Volkswirtschaftler. Er studierte an der Humboldt Universität und der Hochschule für Ökonomie Berlin. In den 1960er und 70er-Jahren war Buhlke international als Handelsrat in Mexiko und Venezuela tätig und Koordinator für die Wirtschaftsbeziehungen der DDR zu Lateinamerika. Später Vorstand einer Wohnungsgenossenschaft, Referent im Haushaltsausschuss der Volkskammer und des Bundestages und von 1990 bis 1999 Leiter der Berliner Niederlassung des Schweizerischen Instituts für Betriebsökonomie. Günter Buhlke ist verheiratet, lebt in Berlin und engagiert sich ehrenamtlich.

Von Günter Buhlke

Günter Buhlke ist Jahrgang 1934 und Dipl. Volkswirtschaftler. Er studierte an der Humboldt Universität und der Hochschule für Ökonomie Berlin. In den 1960er und 70er-Jahren war Buhlke international als Handelsrat in Mexiko und Venezuela tätig und Koordinator für die Wirtschaftsbeziehungen der DDR zu Lateinamerika. Später Vorstand einer Wohnungsgenossenschaft, Referent im Haushaltsausschuss der Volkskammer und des Bundestages und von 1990 bis 1999 Leiter der Berliner Niederlassung des Schweizerischen Instituts für Betriebsökonomie. Günter Buhlke ist verheiratet, lebt in Berlin und engagiert sich ehrenamtlich.

Eine Antwort auf „Kriegsgebiet Weltwirtschaft“

Wie soll ein Finanzsysteme stabil bleiben, wenn jegliche Kontrollfunktionen außer Betrieb gesetzt sind. Da hat man profitorientierten Banken erlaubt, Geld aus dem Nichts zu schöpfen. Da erklären sich Regierungen bereit, marode Banken zu retten, indem sie dafür bei anderen Banken einen zinsbehafteten Kredit auf Staatskosten aufnehmen. Alles das, was nicht unter einer Kontrolle abläuft, wird mit der Zeit entarten. Warum bloß hat man das zugelassen, nicht einmal heute wird über eine Änderung nachgedacht, obwohl Vorschläge zum Vollgeldsystem auf dem Tisch liegen.

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