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Meinung

Ein Putsch jagt den anderen!

Der größere Teil der Regierung lässt sich treiben von 15 Prozent Straßenmob. Das geht zu weit. Sie dürfen nicht durchkommen! No pasarán!

Jetzt kann alles sehr schnell gehen. So glauben zumindest diejenigen, die es gerne hätten, dass die Republik ganz direkt und ohne Schnörkel in heiße Kriege verwickelt werden kann. An einem Konstrukt wird bereits heftig gearbeitet.

Die USA und die üblichen Verbündeten bei jedem Regime-Change-Projekt des letzten Jahrzehnts, Großbritannien und Frankreich, bereiten sich auf militärische Schläge vor, sollte “Assad” noch einmal Giftgas gegen die eigene Bevölkerung einsetzen.

Die in hiesigen Medien genannten Rebellen, bei denen es sich um Extremisten und Terroristen handelt, scheinen bereits daran zu arbeiten, wie ein solches Verbrechen nachgewiesen beziehungsweise suggeriert werden kann. Die USA wollen endlich rein in Syrien, und der Konflikt wird ein globaler werden.

In diesem Zusammenhang wurde bereits die Bundesverteidigungsministerin aus dem Pentagon angefragt, ob Deutschland im Fall des Falles mit von der lustigen Kriegspartie ist. Diese, etwas nassforsch, etwas hörig, lässt, so ihr Ministerium, prüfen, inwieweit das machbar ist. Allein dieser Satz reichte in normalen Zeiten aus, um sie dahin zu schicken, wohin sie so gerne andere schicken möchte: in die Wüste.

Noch, so sollte niemand vergessen, noch entscheidet das Parlament, ob sich das Land in einem Kriegszustand befindet oder nicht.

In der Verfassung steht etwas von Landesverteidigung, nicht von Angriffskriegen mit moralischer Begründung. Das Völkerrecht wurde bereits bei den Luftschlägen der USA und ihren beiden Adjutanten vor einigen Monaten ignoriert. Aber wer schlechte Gesellschaft sucht, der wird sie finden.

Noch dreister als die Ministerin allerdings gebärdet sich der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages. Der brachte es fertig, die Option einer aktiven militärischen Beteiligung als quasi präventiv zu charakterisieren. Es wäre, so der beschwipste Rheinländer, an der Zeit, sich in Syrien präventiv an militärischen Aktionen zu beteiligen, um die Zivilgesellschaft so besser gegen geplante Giftgaseinsätze seitens der Regierung schützen zu können.

Da kann man nur hoffen, dass eine andere, größere Macht hier einmarschiert und uns kollektiv vor der eigenen Dummheit schützt. Lieber ins fremdbestimmte Boot Camp als im selbst gesteuerten Narrenhaus.

Machen wir uns nichts vor: Das, was wir aus offiziellem Munde in diesen Tagen hören, ist der laute Dammbruch eines bis dahin zumindest noch recht stabilen gesellschaftlichen Konsenses über das Verhältnis des Landes zu Gewalt und Krieg.

Begonnen hat das alles mit der Verteidigung der Demokratie am Hindukusch. Da war aber immer schon militärische Präsenz seitens anderer gewährleistet und es ging zumeist um Logistik und Ausbildung. Jetzt geht es um Attacke und Einmarsch. Ohne völkerrechtliches Mandat. Einfach so, auch ohne Mandat des Bundestages. Das ist eine neue Qualität.

Streng genommen handelt es sich um einen Putsch. Wie so etwas geht, hat der Heimatminister bereits in diesem Sommer demonstriert und gerade ist er mit dem Präsidenten des Verfassungsschutzes erneut dabei. Nun kommt das Auswärtige und das Verteidigungsgeröll dazu. Der zweite Putsch innerhalb weniger Wochen. Die Sozialdemokraten, ihrerseits Koalitionspartner der gemein gefährlich gewordenen Regierung, haben Stellung bezogen. Gegen den Putsch der Heimatfront und gegen die Kriegsphantasien der aus den Bereichen Verteidigung und Auswärtiges vorgebrachten Tabubrüche.

Das sind klare Standpunkte, die wichtig sind, es beseitigt jedoch nicht mehr die Gefahr. Der größere Part der Regierung lässt sich treiben von fünfzehn Prozent Straßenmob. Das geht zu weit. Entschieden! No pasarán! Sie dürfen nicht durchkommen!


Illustration: Clker-Free-Vector-Images (Pixabay.com, Creative Commons CC0).

Politologe, Literaturwissenschaftler und Trainer | Webseite

Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

Von Gerhard Mersmann

Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

4 Antworten auf „Ein Putsch jagt den anderen!“

Wann reitet endlich wieder der Regent hoch zu Ross dem Feind entgegen. Es ist doch so einfach vom Sessel aus, andere in den Tod zu schicken. Nicht nur dass man Unbekannte in den Tod schickt, man denkt nicht einmal an die eigenen Mitmenschen. Wann hat ein Krieg irgendetwas Gutes geschaffen. Es würde gar keine Flüchtlinge geben, wenn diesen Unverantwortlichen das Sagen entzogen würde.

Geschätzter Herr Mersmann, darf ich fragen: Was hat Ihr Artikel, der sich mit der unverantwortlichen Kriegspolitik der Regierung befasst, mit dem Titel und vorallem mit “15% Straßenmob” zu tun?
Und wer ist denn oder wen meinen Sie überhaupt mit diesem Straßenmob, den Sie anprangern?

Ist die Grenze des guten Geschmacks tatsächlich schon überschritten? Dabei wollte ich nur offen legen, dass unsere Bundesregierung eine Kriegspolitik betreibt, die ein gewisses Geschmäckle hinterlässt.
Nun, was die deutsche Vergangenheit angeht, so erschrillen reflexartig die Sirenen, wenn einige dunkle Punkte allzu hell erleuchtet und dann auch noch mit der heutigen Politik in Verbindung gebracht werden. Deshalb eine Erklärung, die vielleicht versöhnlicher stimmt.
Falls der gelöschte Reim zum Abgleich noch mal benötigt wird, kein Problem.

1.) Meist ist das Parlament nicht vollzählig und/oder unterbesetzt und dennoch werden Gesetze verabschiedet.
2.) Angela Merkel ist bekannt für ihre politischen Alleingänge, auch ohne parlamentarische Zustimmung. Ein Relikt aus DDR-Zeiten?
3.) U.v.D. Leyens Bundeswehr befindet sich in mehreren Einsätzen, aber nicht zur Landesverteidigung, ähnlich wie die damalige Wehrmacht
4.) Norbert Röttgen ist bekannt für seine unqualifizierten Äusserungen in Bezug auf den Nahostkonflikt, dabei hat Deutschland noch viele unaufgearbeitete Leichen im Keller liegen. Übrigens, Staf ist leider auch heute noch eine rühmliche Ehrung. Auch Ziegenf…er wurde in Karlsruhe abgesegnet. Das fand ich aber beleidigend.
5.) Deutschland hat nicht nur Juden vergast, sondern hat sich nach dem 2.WK weiterhin an Giftgasproduktionen beteiligt, obwohl seit 1954 ein Verzicht von ABC-Waffen erklärt wurde.
6.) Der präventive Krieg ist eine Wortschöpfung von Herrn Röttgen
7.) Das nicht nur der Krieg in Syrien einem Völkermord gleichkommt und Deutschland daran beteiligt ist, ist kein Geheimnis mehr
8.) Ist es möglich die Konflikte demokratisch aus dem Weg zu räumen, oder wird es zum Eklat kommen?
9.) Nicht nur Chemnitz hat gezeigt, dass die Massen aufgewühlt sind
10.) Ein Putsch scheint nach 1989 nicht so abwegig und wenn, dann wird er sowieso wieder aus dem Osten kommen, dem Westen kann es gar nicht so schlecht gehen als das…

Zugegeben, der gelöschte Reim ist zynisch zugespitzt, aber ich denke, bei der deutschen Vergangenheit und der kriegslüsternen Gegenwart muss man den Finger erst recht tief in die Wunde legen und auch deutlich zeigen!
Die Kriege von heute unterscheiden sich nicht von den Weltkriegen von gestern.
Und Merkels Flüchtlingspolitik ist nur das schamlose Feigenblatt, um die Ressourcenkriege und die damit einhergehende Stigmatisierung der arabischen Bevölkerung zu verschleiern. Weshalb sonst, werden die Ursachen forciert und totgeschwiegen? Aber das hatten wir ja alles schon mal.

Nun gut, vielleicht braucht es eine/zwei weitere Generation um an Ressentiments rütteln zu können, oder aber der politische Maulkorb wird zur Grundschulpflicht.

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