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Basisdemokratie: Was hindert Menschen an der Umsetzung des 7er-Konzepts?

Die Wirkungen von Protest sind begrenzt und kurzfristig. Einen Systemwandel der Gesellschaft, wie ihn bereits Erich Fromm wollte, wird es damit nie geben.

Ich habe auf Neue Debatte das Konzept einer Basisbewegung zur Umgestaltung der gesellschaftlichen, politischen und ansatzweise auch ökonomischen Verhältnisse in mehren Artikeln umrissen und teilweise auch in Form von Videopräsentationen vorgestellt:

Politik und Leben verbinden
Graswurzelräte – Machen wir Politik doch selbst
Gegen die Ratlosigkeit in der Demokratie
Aufstehen oder zusammenwirken

Die Kommentierung und das Echo sind spärlich, offensichtlich ebenfalls die Ansteckung, diese Ansätze praktisch vor Ort oder in anderen Zusammenhängen umzusetzen. Ich spekuliere im Folgenden über die Gründe:

1. Mangelnde Überzeugung

Ein paar Argumente und Ideen mögen noch keine Überzeugung zur Folge haben. Es wurde schon manches angedacht, was dann wieder in der Versenkung verschwand. Wie soll abgeschätzt werden, dass der 7er-Ansatz all die Probleme lösen kann, die man für dringlich hält?

Erst einmal gibt es natürlich keine Garantie fürs Gelingen. Doch das gibt es hinsichtlich der Zukunft nirgendwo. Man kann nur Gesichtspunkte sammeln und in ihrer Bedeutung abschätzen. Dann müsste aber in diesem Sinne diskutiert werden. Etwa in der Kommentar-Möglichkeit auf Neue Debatte oder in Form von erwidernden neuen Artikeln oder sie schreiben mir auf www.grouncil.de. Alles könnte hilfreich zur Findung praktikabler Konzepte sein. Bis jetzt habe ich keine inhaltlichen Argumente gefunden.

Aus meinem Nahbereich wurde ich wieder auf Erich Fromms „Haben oder Sein“ aufmerksam gemacht. Wie auch andere Bücher von Fromm hatte ich dieses Buch in den 70er Jahren gierig verschlungen und es ist wohl in den Hintergrund meines Suchens und Findens geraten, aus dem heraus sich die Idee zum 7er-Konzept entwickelt hat. Fromm schlägt am Ende unter anderem vor:

  • Ausrichtung der Produktion auf einen gesunden und vernünftigen Konsum
  • Verwirklichung einer industriellen und politischen Mitbestimmungsdemokratie
  • Bildung von Hunderttausenden von Nachbarschaftsgruppen (mit je ca. 500 Mitgliedern)
  • maximale Dezentralisierung von Wirtschaft und Politik

Zu letzterem ein Zitat:

„Die Regierungsaufgaben sollten nicht den Staaten (…) sondern relativ kleinen Verwaltungsbezirken übertragen werden, wo die Menschen einander kennen und entsprechend beurteilen können (…)“ (Fromm 1979, S.77)

Soweit mir bekannt, wurden Fromms Vorschläge nicht konkretisiert. Der von mir vertretene 7er-Ansatz versucht es, sodass heute damit begonnen werden kann.

Offen bleiben Fragen, wie sich das sinnvollerweise bis zu einem von mir so genannten Weltsicherheitsrat entwickeln könnte. Besonders wichtig ist mir jedenfalls das Einander-Kennen. Und Gruppen mit 7 bis 13 Mitgliedern garantieren das. Auf der 3. Ebene wären beim 7er-Ansatz Gruppen mit 500 Menschen erreicht, so wie es von Fromm vorgeschlagen wird. Eine solche Ebene hätte sicher kommunale Aufgaben, die eine Basisgruppe (noch) nicht bewältigen kann, aber die Durchlässigkeit bis zum 3. Kreis sollte kein Problem darstellen.

Fromm betonte übrigens schon damals die Dringlichkeit der Umsetzung seiner Vorschläge, nachdem er die Prognosen des Club of Rome[1] nachvollzogen hatte.

2. Fehlende Lichtgestalt

Manche Menschen brauchen Lichtgestalten, die ihnen zeigen, wo es lang geht. Sie wollen sich nicht einer Initiative anschließen, die versanden könnte. Überzeugt eine Leuchtgestalt wie Fromm mehr? Die meisten Menschen sind zu Nachläufern geworden. Vielleicht war das schon immer so, andere wollen das aber lieber nicht. Sie verhalten sich reaktant (leisten Widerstand gegen äußere oder innere Einschränkungen und Einfluss), laufen dann gar nicht mehr nach, also laufen – politisch gesehen – gar nicht mehr. Denn alleine zu laufen, bringt wohl nichts. So sind sie zu für das System zu idealen Einzelgängern geworden.

3. Verbaler Ersatz

Viele Menschen reden, lesen, schauen fern oder verfolgen übers Internet das Geschehen. Das ist heute ihr Verständnis von Politik. Jeder denkt sich etwas, viele sind empört oder begeistert und der Leser gibt dies an andere Menschen weiter oder teilt es anderen mit.
. Es wird an Wahlen teilgenommen (oder auch nicht), vielleicht werden Petitionen unterschrieben oder es geht auf eine Demonstration. Denn in der Masse erscheint keiner wirkungslos. Aber die Wirkungen von Protest sind begrenzt und kurzfristig. Einen Systemwandel der Gesellschaft, wie ihn bereits Fromm wollte, wird es damit nie geben.

Das Wachstum, die Umverteilung nach oben, die Globalisierung und Entdemokratisierung kann damit allenfalls winzig verzögert, nicht aber aufgehalten werden. Gestalten lässt sich damit nichts.

Die Mehrheit trottet dadurch einfach weiter, hat den Blick fürs Ganze und die Zukunft nie erworben oder nie gelernt, in die Zukunft zu schauen. Sie ist im globalen Kapitalismus zur idealen Verbrauchermasse geworden, die nur noch durch Auswahl das Gefühl von Mitbestimmung hat, nicht aber selbst gestaltet.

4. Politik als Einreihung

Politik besteht traditionell aus Sortierungen; eine Folge der Wortlastigkeit, mit der sie betrieben wird. Sortierungen bringen Zusammenhalt unter sich und Trennungen von den anderen. Die politischen Akteure können bei traditionellen Sortierungen (links/rechts) bleiben oder nehmen immer neue Sortierungen vor: Die Linke ist nicht wählbar, weil sie mehrheitlich die Migranten reinlassen will. Konservative sind abzulehnen, weil sie Kapital und Wirtschaft unterstützen, die AfD ist unwählbar, weil sie faschistisch angehaucht ist. So zieht es sich hin und am Ende bleibt konsequenterweise nichts weiter übrig, als sich herauszuhalten aus Debatten, der Politik und damit aus der Gestaltung.

5. Die Chance einer 7er-Bewegung

Im 7er-Ansatz gibt es keine Lichtgestalt und keiner muss auf Massen warten. Jeder kann von heute auf morgen, von jetzt auf gleich beginnen. Man kann bescheiden anfangen und dann mit den Anliegen wachsen und trotzdem könnte daraus etwas entstehen, was die ganze Erde erfasst. Langsam, aber kontinuierlich.

Manchmal muss echte Kooperation erst wieder gelernt werden. Das kann am besten gelingen durch gemeinsame Anliegen vor Ort – also in der unmittelbaren Lebenswelt. Aber auch durch Zusammenhalt, wenn gegenseitige Hilfe und Unterstützung angeboten beziehungsweise gebraucht wird.

Die landesweite, weltweite und zukunftsgerichtete Perspektive wird durch die gegenseitige Förderung einer „solidarischen Lebensweise“ verfolgt, einem zentralen Programmpunkt des Ansatzes.

In ihn geht die persönliche Lebensführung ein. Aber nicht im Sinne gegenseitiger Kontrolle, sondern zur Unterstützung. Durch ihn bleiben die Menschen nicht beim Fordern traditioneller Politik, sondern erobern gemeinsam ein befriedigendes Leben mit Maß („Suffizienz“) – unverzichtbar in einer lebbaren Zukunft auf dieser Erde (und wenn die Erde in absehbarer Zukunft nicht mehr bewohnbar sein wird, werden 7er-Gruppen mehr als Familien eine Stütze sein). Eine realistischere Umsetzung eines alternativen gesellschaftlich-politischen Systems kann es kaum geben.

6. Und wie soll das praktisch aussehen?

Im letzten Abschnitt möchte ich eine Art „Protokoll“ einer Sitzung der 7er-Gruppe vorstellen, der ich angehöre. Vielleicht veranschaulicht es den Ansatz konkreter als die bisherigen Darstellungen und vielleicht ermutigt es mehr Menschen zum Mitmachen, als es theoretische Darlegungen können:

Ein paar Teilnehmer kommen – teils angekündigt – zu spät. Ich überbrücke die Zeit, indem ich Passagen aus einem Artikel zur Suffizienz vorlese, den ich über den Verteiler (Mailingliste) kurz vorher schon empfohlen hatte.

Zwei neue Teilnehmer sind dabei. Vielleicht sind es nur Gäste, vielleicht künftige Mitglieder der Gruppe. Aber eigentlich gibt es bei uns keine Mitglieder. Wir sind weder Verein noch Partei. Wir haben kein Statut, wir sind nirgendwo eingetragen. Aber es gibt uns. Seit fast zwei Jahren treffen wir uns mindestens einmal im Monat. Entstanden aus einer Initiative zur Unterstützung eines parteilosen Direktkandidaten für die letzte Bundestagswahl. Es gibt einen harten Kern, manche, die gelegentlich kommen, und weitere, die zum “Dunstkreis” gehören und nur im Verteiler stehen.

Die Passagen des Artikels werden nicht diskutiert. Wir sind jetzt mit dem harten Kern da. Die angerissenen Gedanken sind wohl trotzdem Hintergrund des Abends, zumal die nächste mitgetragene Veranstaltung aus einem Papst-Film und einer öffentlichen Diskussion danach besteht. Also wohl eine inhaltliche Überschneidung.

Zunächst stellen wir uns wieder mal vor. Es kommen auch für die alten Hasen immer wieder mal Dinge zur Sprache, die noch nicht alle wussten. Da es wie immer keine Versammlungsleitung gibt, bietet sich die Sitz-Reihenfolge an.

Dann geht es teilweise etwas durcheinander, aber nicht unzumutbar. Organisatorisches und Inhaltliches vermischen sich. Manchmal muss man zu etwas zurückkehren, was unterbrochen worden war. Nicht alle sind da gleich aufmerksam, aber das ergänzt sich.

Die Umsetzung solidarischer Lebensweise wird wieder mal zu einem Schwerpunkt. Es werden Beispiele ausgetauscht. Zwischendurch erinnere ich dran, dass wir uns da nicht in Frage stellen, nur anregen wollen. Es gibt keinen Anlass, aber die Bekräftigung wird wieder dankbar aufgenommen.

Ich frage, ob es Unterstützung zu einer Idee gibt, aus meinem Filmchen eine Veranstaltung vor Ort zu machen. Kein Widerspruch, sondern nur Vorschläge, wie das organisiert und gestaltet werden könnte. Aus der Art kann man gut erschließen, dass es sich nicht um Gefälligkeiten handelt, sondern echte Unterstützung zu erwarten ist.

Die anstehende Veranstaltung der AfD im Ort und die vorgesehene Gegendemonstration kommen zur Sprache. Die meisten wollen an letzterer teilnehmen. Aber es gibt auch zwei klare Gegenstimmen, auch meine. Wir brauchen keine Einigung. Denn es steht ohnehin jedem frei, ob er teilnehmen möchte.

Und schließlich verabschiedet sich unser (vom Lebensalter her) jüngstes Mitglied, weil er wegzieht. Er umreißt nochmal sein beruflich-politisches Werk, die Democracy-App und bekommt viel Aufmerksamkeit, besonders natürlich von den Neuen, die sie nicht kannten.

Am Ende noch einmal Organisatorisches: Das nächste Treffen.

Es fehlt in unserem Kreis jegliche Selbstdarstellerei. Niemand hat den Ehrgeiz, die Gruppe für etwas Persönliches zu nutzen. Wir sind Freunde geworden. Es gibt keinen Beschluss, dass wir eine 7er-Gruppe sind, aber alle verhalten sich so. Wir brauchen keine ausdrücklichen Regeln, weil sie natürlich entstanden sind. Wir haben noch nie über Anträge abgestimmt. Wir kommen, wo es nötig ist, zum Konsens. Sonst gäbe es halt keinen Konsens, keinen „Beschluss“, wie heute wieder bezüglich der AfD-Veranstaltung. Alle kommen immer wieder zu Wort. Aus jedem Treffen gehen die TeilnehmerInnen offensichtlich zuversichtlicher, als sie reingingen. Auch diesmal wieder. Man kann es spüren und sehen.


Weiterführende Informationen

Das Video „Graswurzelräte“ ist eine Präsentation für eine demokratische Bewegung von der Basis. Es zeigt (ohne Anspruch auf die letzte und beste Lösung) eine Möglichkeit auf, im Kleinen anzufangen und wieder Leben und Politik zu verbinden. Es knüpft damit an den Artikel Graswurzelräte: Machen wir Politik doch selbst! an.


Quellen und Anmerkungen

[1] Die Grenzen des Wachstums (Originaltitel: The Limits to Growth) ist eine 1972 am St. Gallen Symposium vorgestellte Studie zur Zukunft der Weltwirtschaft. Ausgangspunkt der Studie war es, zu zeigen, dass das aktuelle individuelle lokale Handeln aller globale Auswirkungen hat, die jedoch nicht dem Zeithorizont und Handlungsraum der Einzelnen entsprechen. Die Studie wurde im Auftrag des Club of Rome erstellt und von der Volkswagenstiftung finanziert. 2012 erschien von Jørgen Randers eine Beschreibung von Tendenzen der globalen Entwicklung unter dem Titel 2052. Der neue Bericht an den Club of Rome. Eine globale Prognose für die nächsten 40 Jahre (Originaltitel: 2052: A Global Forecast for the Next Forty Years). Er knüpft an den ersten weltweit bekannt gewordenen Bericht Die Grenzen des Wachstums an.


Foto/Video: Apichati (Pixabay.com, Creative Commons CC0) und Gerhard Kugler.

Psychologischer Psychotherapeut

Gerhard Kugler (Jahrgang 1946) war Psychologischer Psychotherapeut im Ruhestand. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DGVT) und der Gesellschaft für kontextuelle Verhaltenswissenschaften (DGKV), deren Therapieansatz die Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) ist.

Von Gerhard Kugler

Gerhard Kugler (Jahrgang 1946) war Psychologischer Psychotherapeut im Ruhestand. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Deutschen Gesellschaft für Verhaltenstherapie (DGVT) und der Gesellschaft für kontextuelle Verhaltenswissenschaften (DGKV), deren Therapieansatz die Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) ist.

18 Antworten auf „Basisdemokratie: Was hindert Menschen an der Umsetzung des 7er-Konzepts?“

Lieber Gerhard,

kennst Du das hier?

Göttner-Abendroth:
Der Weg zu einer egalitären Gesellschaft

Dein 7er Konzept hat mich sofort darauf gestoßen.

Herzliche Grüße,
Jochen Reinhardt

Da gibt es tatsächlich viel Gemeinsamkeit (s.z.B.: https://oya-online.de/article/read/1059.html )
Die Autorin schreibt aber selbst, dass wir nicht kopieren können. In der Zeit des Internet sind die Vernetzungsmöglichkeiten gewachsen. Die Verbindung mit Matriarchat könnte wieder dazu führen, dass der Ansatz in eine Ecke gedrückt wird. Auch andere vielleicht Vergangenheit idealisierende Elemente. Ich bin für eine offene Entwicklung.
Das “Gedächtnis-Protokoll” sollte zeigen, dass wir es mit Verwirklichbarkeit jetzt zu tun haben.
G.K.

Das Konzept scheint mir noch etwas sehr undurchdacht: Wie soll eine 7er-Gruppe aus beliebig zusammengewürfelten Personen etwas Produktives gestalten? Da wird schnell eine Labergruppe draus, wo alles mögliche besprochen wird aber nichts bei rumkommt. Konsensfindung ist eine Kunst, die in diesem Konzept noch völlig unberücksichtigt ist. Insofern lautet die Antwort warum die Menschen diesen Ansatz nicht umsetzen: er ist so nicht geeignet das gegenwärtige System zu ersetzen. Encounter-Gruppen hat es früher schon gegeben, aber auch das hat sich nicht durchgesetzt, weil es nichts verändert.

Eine Balance zu halten zwischen Klarheit und Offenheit ist nicht einfach. Klar sollten sein: Gestaltung in Richtung Dezentralisierung bei gleichzeitiger Berücksichtigung weltweiter Zusammenhänge. Das schlägt sich im Programm mit den konzentrischen Kreisen nieder. Unsere Gruppe hier vor Ort mischt sich immer wieder ein, entstand ja durch eine Beteiligung an Wahlen. Aber es sollte nicht festgelegt werden, wie sich die Gruppen einmischen. Wenn wir eine Labergruppe wären, gäbe es uns längst nicht mehr oder wir wären zu einem Stammtisch verkommen.
Als einzelne Gruppe kann man halt noch nicht viel verändern. So bescheiden müssen wir bleiben. Andere Gruppen könnten an anderen Punkten anpacken. Daraus könnten sich durchaus auch gegenseitige Differenzen ergeben. Doch wenn die Regeln des Streitens eingehalten würden und die Vernetzung mit Zusammenwirkens im Auge behalten bliebe, könnten Strukturen entstehen, die mehr sind als Encounter-Gruppen. Da wir Dezentralisierung wollen, könnten Regionen, die einigermaßen autonom sind, auch verschiedene Wege gehen.
Vereinbar mit dem 7er-Ansatz scheinen mir Nachbarschaftswirtschaft: http://www.oekonomenstimme.org/artikel/2018/03/der-markt-gehoert-auf-den-pruefstand-der-evolution/
und Überlegungen zum Generationenvertrag:
https://www.rubikon.news/artikel/der-generationenvertrag
Entwicklungsmöglichkeiten kann man nicht genau vorausbestimmen. Der Ansatz sollte aber Möglichkeiten schaffen, die im Gegensatz zum jetzigen System zukunftsträchtig sind. Wer einen anderen Ansatz für aussichtsreicher hält, soll das einbringen und versuchen. Doch Abwarten ist am schlimmsten.
G.K.

Die Überlegungen sind gut. Es scheint aber nicht an Ideen zu mangeln, sondern überall fehlt das Geld. Wie kann das Problem der ungleichen Besitzverteilung durch das 7er Konzept gelöst werden?

Es geht zunächst nicht um Geld. Unsere Gruppe vor Ort braucht praktisch kein Geld. Unser Zusammenhalt ist das Wichtigste. Materialschlachten sind nicht unsere Sache.
Wenn wir uns ausbreiten würden, könnten wir mehr in Frage stellen, auch das derzeitige Geldsystem. Doch vielleicht kollabiert das monetäre Weltsystem ja bald noch einschneidend. Dem Unvorhersehbaren, das dann passiert, sind wir mehr gewachsen, wenn die Regionalisierung dann vorangeschritten ist.
Die derzeitige Kluft zwischen Arm und Reich kann man vielleicht in ihrer Dynamik mit traditionellen politischen Einwirkungen bremsen. Dem verschließen wir uns ja nicht: siehe den programmatischen Kreis (zweiter Kreis von außen).
G.K.

Jede Veränderung ist nur dann möglich, wenn das heutige Geldsystem durch das Vollgeldsystem abgelöst worden ist. Dieses Geldsystem, bei dem man die Kontrolle und Erschaffung einer profitorientierten Einrichtung überlassen hat, wird das System es immer wieder schaffen, die Kontrolle über die Regierung zu übernehmen. So lange wir dem Geld solche Macht zugestehen, wird des Volkes Stimme immer wieder in seine Schranken gewiesen werden. Meines Erachtens muss das Streben nach Abschaffung des Kreditgeldsystems und die Einführung des Vollgeldsystems vorrangig gefordert werden. Hier beisst sich die Lösung des Problems in den Schwanz.

Wenn die 7er-Idee eine nennenswerte Basis hätte, könnten sich Commons und Regionalgeld ergänzen. Beim Vollgeld global anzusetzen, heißt wohl, noch ewig in der Warteposition zu bleiben.
G.K.

Die Kenntnis, dass das Kapital alles daran setzen wird, dass solche Diskusionen nicht geführt werden, kann man wohl nicht bestreiten. Sie Wege, wie man die 7er-idee verbreiten kann sind somit beschränkt. Leider geht es den Ansprechpartnern im Mittel so gut, dass Interesselosigkeit an solchen Themen bei gleichzeitiger Introvertiertheit vorherrschen. Dass die Probleme des Kreditgeldsystems nicht global gelöst werden können, bedingt aber trotzdem, dass die Kenntnis von der Schädlichkeit Verbreitung findet.

Habe diesen Beitrag an die *aufstehen* – Initiatorin gesendet, in der Hoffnung, dass sie und Mitengagierte sich davon inspirieren lassen.

Nein. Ich hatte mich auch schon an sie gewandt. Dort scheint noch nicht viel zu funktionieren. War und ist halt bisher eine Bewegung von oben. Nicht von unten gewachsen. Letzteres kann man nicht von heute auf morgen aus dem Boden stampfen. “Aufstehen” wurde in kurzer Zeit von oben mobilisiert. Das mögen aber anscheinend die Leute. Sie wollen schnell Zahlen sehen.
G.K.

Bisher nicht. Erwarte auch nicht unbedingt eine Rückmeldung.
Wichtig(er) ist mir, dass neue Ideen in überholte (Denk)Strukturen
einsickern im Sinne von ‘stetem Tropfen….’
Daher werde ich diesen Beitrag auch an den SPD-Vorsitzenden
Yannick Haan senden, der in folgendem Deutschlandfunk-Interview
https://www.deutschlandfunkkultur.de/liken-reicht-nicht-gruendet-ortsvereine.1005.de.html?dram:article_id=430649 ,
die Ortsvereine als notwendigen Ort für Demokratiestärkung ansieht.
Werde mich auf Willy Brandt und sein “mehr Demokratie wagen” beziehen.
Das eine tun (in Ortsvereinen) und das andere nicht lassen (Basisdemokratie anstreben).

Ich fürchte, die Menschen, die in Ortsvereine gehen, werden verheitzt. Dort geht es vor allem darum, Wahlen zu gewinnen. Inhaltliches am Rande, damit man nicht ganz frustriert wird. Der sinnvolle Ansatz dabei ist, wieder persönliche Kontakte aufzubauen, die Menschen nicht nur als Schlagworte-Benutzer kennenzulernen.
Aber warum in traditionellen Richtungen? Das verschleißt und erzeugt unnötige Abgrenzungen. Wer sich in 7er-Gruppen organisiert, hat natürlich zunächst nicht die Illusion, das die “Seinen” oben etwas zu sagen haben und mitmischen. Doch ohne diese Illusion sind die persönlichen Kontakte echter. Sie stehen nicht im Dienst von Machtinteressen im Hintergrund. Das ist m.E. einer der Hintergründe der Vertrauenswürdigkeit der Beziehungen innerhalb dieser Basisgruppen.
G.K.

Selber wollte ich mich nicht in Partei- Ortsvereinen engagieren (u.a. aus den bereits hier genannten Gründen).
Über eine neue Beziehung im Umgang zur Macht nachzudenken und in konkretes Handeln zu gehen ist mehr als angesagt, was ja die ‘neue Debatte’ für mich so anziehend macht. :-)
Derzeit ziehe ich meine Denk- und Handlungskeise in einer Grundeinkommens-Initiative, aber auch nahen Lebensumfeld, was bei
einem dutzend Enkelkinder bedeutet, nicht in der Empörungsschleife
hängen zu bleiben.

Soeben einen anregenden Beitrag bezüglich BürgerInnenbeteiligung im Elsass gehört:
https://www.deutschlandfunk.de/buergerbeteiligung-im-elsass-man-muss-ueber-eine-neue.1184.de.html?dram:article_id=429274

Interessanter Hinweise. Jeder von solchen Ansätzen ist m.E. willkommen, vor allem, wenn es nicht gleich für den zentralen Staat vorgeschlagen wird (wie bei Timo Rieg: Demokratie für Deutschland), weil man experimentieren kann. Auch die verschiedenen Ansätze an der Basis sollten vernetzt werden. Wichtig bleibt: Ideen müssen umgesetzt oder versucht werden. Auch Fehlschläge können dann weiterbringen.
G.K.

Es scheint, als ob wirklich durch die zersplitterte Parteienlandschaft diese Art von scheinbarer Demokratie ein Auslaufmodell ist. Bei der direkten oder auch Basis-Demokratie werden alle Menschen gefordert, sich für das Gemeinwohl zu kümmern und einzubringen. Solches Denken muss aber erst einmal in die Köpfe vieler Bürger eingehämmert werden. Der Wohlstand ist sicher ein Grund und die Medien der zweite Grund, dass die Mitmenschen, davon abhält, sich darüber Gedanken zu machen. Womit läßt sich das ändern. Hoffentlich nicht durch den Zusammenbruch des Geldsystems und auch nicht durch eine Klimakatastrophe. Beides hätte verheerende Auswirkungen.

Ich sehe Denken und Handeln in einer kreisartigen Beziehung: Schon Ansätze des einen können Ansätze des anderen in Gang bringen. Wer ein wenig anders denkt, als es ihm die Mainstreammedien und der Zeitgeist suggerieren, kann anders handeln, indem er sich mit anderen zusammentut. Und das Sich-zusammen-Tun verändert das Denken. Usw.
Unser System bekommt immer mehr Risse. Das könnte wenigstens manche zum Nachdenken und dann zum Handeln bringen. Tut es auch. Doch die Nachdenklichen werden oft wieder in eine Richtung gelenkt, die das System nicht gefährdet.
Wer beim reinen Nachdenken bleibt, nistet sich wieder ein: in Empörung oder Resignation. Nur das Handeln beflügelt in Richtung Aufbruch.
G.K.

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