Jahrelang ging ich wie selbstverständlich davon aus, dass die Sprache in jedem von uns Farbassoziationen hervorruft. Ich war überrascht, als ich herausfand, dass die wenigsten Menschen in Farbe hören. Eine farblose Sprache, entsetzlich …! Was nützt einem ein Gedicht, wenn es sich nicht in seine Farben kleiden darf? Was ist ein Gespräch unter Liebenden, wenn nur einer dabei ein Farbbad nimmt?
A = schwarz, E = weiß, I = gold, O = grau, U = weinrot, Y = silber.
Wenn ich als Kind zu müde war, um auf Inhalte zu achten, dann habe ich mich an die Lautmalereien gehalten. Sie verrieten mir, worum es im Wesentlichen ging und wer mit welcher Zunge zu mir sprach.
Namen sind Farbkleckse. Adolf: schwarzgrau. In welcher Weise die Konsonanten zur Färbung der Worte beitragen, steht auf einem anderen Blatt.
Rimbaud. Rim-ba-ud. Würde man den Namen des Dichters deutsch ablesen, klänge er gold-schwarz-rot, auf französisch ist er grünblau. Arthur Rimbaud. Es freut mich, dass ich die Bestätigung ausgerechnet von ihm erhalten habe. Ich fand ein Gedicht von ihm aus dem Jahre 1871:
Vokale sind das Licht der Sprache, in der Dichtung ist dieses Licht der Schleier des Gedankens.
Redaktioneller Hinweis: Der Beitrag von Dirk C. Fleck ist einer von 258 Gedanken aus seinem Buch “La Triviata – Der Duft der Achtziger”. Er schrieb sie vor 33 Jahren auf und veröffentlichte sie erst 2018 im Verlag p.machinery. Mehr Informationen zum Buch und über den Autor gibt es auf der Webseite von Dirk C. Fleck.
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Dirk C. Fleck (Jahrgang 1943) ist freier Journalist und Autor aus Hamburg. Er machte eine Lehre als Buchhändler, besuchte danach in München die Deutsche Journalistenschule und absolvierte Mitte der 1960er ein Volontariat beim „Spandauer Volksblatt Berlin“. 1976 siedelte er wieder nach Norddeutschland über und arbeitete bei der „Hamburger Morgenpost“, wo er Lokalchef wurde. Später war er Chefredakteur des „Hanse-Journal“, Reporter bei „Tempo“ und Redakteur bei „Merian“. Er arbeitete im Auslandsressort der Wochenzeitung „Die Woche“ und schrieb ab Mitte der 90er Jahre als freier Autor und Kolumnist für Tageszeitungen (u.a. Die Welt) und Magazine wie zum Beispiel Stern, GEO und Spiegel. Seit den 1980ern setzt er sich journalistisch mit den ökologischen Folgen der zügellosen kapitalistischen Wirtschaftsweise auseinander und verarbeitet seine Erfahrungen, Überlegungen und Recherchen in Romanen. Das Buch „Palmers Krieg“ erschien 1992 und beschäftigt sich mit der Geschichte eines Ökoterroristen. „GO! Die Ökodiktatur“ (1993) ist eine Auseinandersetzung mit den Folgen des Ökozid. Außerdem erschienen von Dirk C. Fleck die Bücher „Das Tahiti-Projekt“ (2008), „MAEVA!“ (2011), „Die vierte Macht – Spitzenjournalisten zu ihrer Verantwortung in Krisenzeiten“ (2012) und „Feuer am Fuss“ (2015).
8 Antworten auf „Farben der Sprache“
Dirk C. Fleck ist, finde ich, ein echter Alternativer zum bestehenden spiessigen Gewaltsystem. Gedanken und Gefühle, unsere ureigensten individuellen Wahrnehmungen, sind in diesem System verloren gegangen. Oder auch bewusst aufgegeben worden wie im 17. Jahrhundert in Europa, wo Galileo Galilei den Gelehrten den Vorschlag machte, von nun an alle solchen aus der Wissenschaftsforschung zu verbannen und nur noch mit neutralen Werten und Größen zu arbeiten. Nur noch mit dem, was berechenbar und quantifizierbar ist. Das hat zwar eine bestimmte Art von Wissenschaft, nämlich die Technik und die Technologien, sprunghaft vorangebracht, aber was ist daraus entstanden? Atomtechnologie, Gentechnologie, Nanotechnologie etc. Eine Wissenschaft über das Töten und Zerstören.
für mich macht eher der TON die musik … die stimmlage ist für mich entscheidender als die “neutralen” worte, die es gesprochen für mich gar nicht gibt … ja, auch die farben kann ich entdecken – doch die melodie ist für mich in der wahrnehmung dominanter (wie wohl auch für blinde) … aber mir geht es eh um die sinnliche wahrnehmung – das kann über formen, geruch … also mit allen sinnen geschehen.
andererseits verstehe ich auch galileii – als naturwissenschaftler der persönliche vorlieben und präferenzen aus der forschung heraushalten will – er hatte ja auch allen grund dazu, zu dieser aussage zu kommen … aber das ist ein ganz anderes (höchstaktuelles) thema: die ethische verantwortung von schöpfern jeder art … doch forschung/entwicklung und schöpfertum wird nicht aufhören und die verantwortung der ethik sollte universell diskutiert werden, damit sie nicht für moralische instrumentalisierung verwendet werden kann …
Sie sehen das Ganze viel zu eng. Es ist Ihnen (noch)nicht bewusst, dass sie der patriarchalen Denkweise erlegen sind, wie die vermutlich immer noch meisten.Es geht mir doch nicht um persönliche Schuldzuweisung, wenn ich an die wissenschaftliche Empfehlung von Galilei erinnere. Er hat innerhalb der geistigen Strömung seiner Zeit gehandelt. Wenn ich persönlich moralisch werden wollte, hätte ich noch ganz andere Persönlichkeiten dieser Zeit genannt, wie z.B. Francis Bacon oder Renee Descartes. Sie müssen viel mehr Wissen über die tatsächlichen Werke und Worte dieser Menschen haben, um hier zu urteilen. Mit Oberfächlichkeiten sollten wir uns nicht mehr abgeben. Es geht (mir) darum, aufzuzeigen, dass diese ganze Entwicklung innerhalb dieser Zivilisation vor allem eine Entwicklung von Gewalt war und ist und dass diese Welt zugrunde geht, wenn das nicht endlich erkannt wird und dem Einhalt geboten wird. Haben die großen Technologien unserer Zeit, die ich genannt habe, etwa etwas Positives gebracht? Sie haben doch nur Tod und Zerstörung gebracht!
Und Sie sorgen sich darum, dass die Ethik nicht für “moralische Instrumentalisierung” missbraucht wird! Was für ein Irrsinn!
@ jele
IHRE gewählten worte = IHRE sprache spricht für sich selbst
scharfrichter als wunschberuf verfehlt? da haben sie recht: der braucht keine ethik und anderen – wie sie meinen “irrsinn” dieser art
für sie eine welt nur mit reinsten monopolaren stoffen … zurück zur keule … die ja auch nicht gur “gutes” schafft >>> vielleicht kommt es ja auf die dosis und die ethisch-verantwortungsvolle verwendung an?
Wie wäre es mit ein wenig mehr Geschichts bzw. Kulturgeschichtsbewusstsein? Dann wüssten Sie auch, wie sich die Gewalt sein Beginn dieser Zivilisation bis heute entwickelt hat. Bei den Griechen galt unsere Erde noch als verehrungswürdiges kosmisches Lebewesen, das uns allen das Leben schenkt. Mutter Erde, die uns alle bewirtet.
Das änderte sich abrupt im 17. Jahrhundert mit der erfolgreichen Erfindung der Uhrmechanik. Von da an begann die Faszination für alles mechanische und technisch-technologische. Der Technik- Wahnsinn begann und tobt bis heute. Unsere Erde wurde zu einer Mega-Maschine, die angeblich von uns Menschen irgendwann vollständig unter Kontrolle gebracht werden könne. Das ganze Weltall wurde zu einer Maschine, die nur einmal technisch begriffen werden müsse. Das Innerste von allem, das Atom, war das unzerteilbare “Gottesteilchen”. “Gott” hatte angeblich alles, was ist, aus diesen Teilchen zusammen gebaut. Aber heute ist anstelle des mittelalterlichen Machtfaktors “Gott” von der westlichen Welt aus die industrialisierte Wissenschaft getreten. Und trotzdem unsere bekanntesten Physiker im Anfang des 20. Jahrhunderts bei ihrer Forschung entdeckten, dass das “kleinste Teilchen” gar nicht feste Materie ist, sondern auch in ihm so etwas wie Leben ist, nämlich eine ständig kreiselnde Bewegung, eine “Welle”, dass es Materie im bisherigen Sinne gar nicht gibt, hat sich der tödliche Technik-und Technologie-Wahn erhalten, weil sich damit am meisten Macht ausüben lässt. Selbst, wenn auch diese Macht nur tödlicher Natur ist.
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Ich empfehle ihnen die beiden Bücher des Physikers Fritjof Capra: “Wendezeit” und “das Tao der Physik”.
@jele
danke für die leseempfehlung und ihre offenheit in der antwort.
auch ich möchte ihnen einen text zum lesen empfehlen:
https://www.zeit.de/zeit-wissen/2017/03/frido-mann-christine-mann-quantentheorie-philosophen-familie-werner-heisenberg
im gegensatz zu ihnen sehe ich nicht nur EINE entscheidende wende (durch die mechanik) – sondern schon allein die integration von religionen, ideologien und esoterischen richtungen – und besonders der kampf um deren dogmatische deutungshohheiten bei gleichzeitiger genauso unlogisch-unwissenschaftlicher-unethischer von andersdenkenden hat schon zu beginn der zeitrechnung – nach der philosophisch-geistigen freiheit der antike, die jeden “schwindel” analysierte und strikt ablehnte – begonnen.
aus dieser zeit stammen völlig zeitlose erkenntnisse und schriften, die bis heute ihre gültigkeit haben und dichter und denker bis in die gegenwart – als aktuelles “drama” beschäftigen …
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doch bitte, WIE??? kommen sie vom blogthema (farben der sprache), welches ich persönlich mit “melodie der sprache” erweitern wollte … zu allen grenzgebieten von wissenschaft und esoterik – für die ich mich nicht interesserie sondern eindeutig im sinne der quantenphysik (siehe link) an unendlich viele weiße flecken in unseren wissen und der aufklärung erinnere, die natürlich ihre (uns nicht bewußte) wirkung tun und zum mißbrauch anstiften und verführen … jedoch OHNE interesse an deren erforschung, sondern mit haltlosen behauptungen und verantwortungslosen leichtsinn … ja der aktiven verbreitung davon
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????
Noch einmal deutlicher und explizit: Meine Intension, gerade hier bei Fleck so zu kommentieren, ist das Bedauern über die Abwertung der gesamten menschlichen individuellen Sinneswahrnehmungen durch die Entscheidung der Gelehrten im 17.Jahrhundert zu einem neuen, rein materialistisch-mechanistischen Weltbild, das andererseits die Entwicklung der Technik und der Technologien sprunghaft voranbrachte. Aber zu welchem Preis? Hier dazu ein Text-Teil aus dem leider heute fast vergessenen Werk “Wendezeit” von Fritjof Capra. (In den 1980-er Jahren war es noch unter der nachdenklichen Jugend so populär, dass es sogar als Raubdruck herausgebracht wurde.)
“Um es Wissenschaftlern zu ermöglichen, die Natur mathematisch zu beschreiben,forderte Galilei sie auf, sich auf das Studium der wesentlichen Eigenschaften materieller Körper zu beschränken- Formen, Zahlen und Bewegung-die gemessen und quantifiziert werden konnten. Andere Eigenschaften wie etwa Farbe, Klang, Geschmack oder Geruch, waren für ihn nur subjektive Projektionen des Geistes, die aus dem Forschungsbereich der Wissenschaft ausgeschlossen werden mussten. Galileis Strategie, die Aufmerksamkeit der Wissenschaftler auf quantifizierbare Eigenschaften der Materie zu lenken, hat sich in der modernen Wissenschaft als äußerst nützlich erwiesen, aber auch einen hohen Tribut verlangt, woran uns R.D. Lang emphatisch erinnert: Dahin schwinden Sicht, Klang, Geschmack, Berührung und Geruch, und mit ihnen seither dahin Ästhetik und moralische Empfindsamkeit, Werte, Qualität, Form: dahin sind auch alle Gefühle, Motive, Absichten, Seele, Bewusstsein, Geist. Die Erfahrung an sich ist aus dem Reich wissenschaftlicher Forschung ausgeschlossen worden. Nach Sicht des Psychiaters Laing hat kaum etwas in den vergangenen 400 Jahren unsere Welt so verändert wie die Besessenheit der Wissenschaftler von Messungen und Quantifizierungen.”
@jele
ich bin ganz auf ihrer seite – und habe auch meist kein problem, wenn sich ein blogthema verwandelt … jedoch bin ich auch ein sprachen-liebhaber und hätte gern zum thema “sprache” mehr diskutiert … und hatte dies auch in diesem blog erhofft
das hat jedoch nichts mit ihrer eingebrachten haltung zu tun – doch für mich wäre dies ein ganz anderes – genauso wichtiges thema … naturwissenschaftliche ethik und geisteswissenschaftliche erforschung stehen in einem ewigen kampf mit einander und werden von der herrschenden politik auch gegeneinander ausgespielt … m.m.n. sollten sie in einen freien dialog MITEINANDER treten können … denn ich z.b. bin einerseits froh, über die technischen entwicklungen in der diagnostik z.b. und möchte nicht hilflos einer neuen pestwelle ausgeliefet sein … zugespitzt könnte man jedoch fragen ist die pest das kleine übel als die atomforschung? doch sorry, SO würde ich die frage nicht stellen – deshalb mein widerspruch …