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Mensch & Natur

Gülle oder Mist: Die Zeit ist reif, um aufzuwachen!

Die Böden gehen kaputt, die Insekten verschwinden und das Klima ändert sich. Die Natur rebelliert gegen den Menschen. Ein Umdenken ist unvermeidlich. Auch beim Umgang mit den Tieren.

Robert Prosiegel kommt aus dem mittelfränkischen Markt Berolzheim. Der Umgang mit Fleisch ist sein Beruf. Er ist Metzger. Die Folgen der Massentierhaltung bleiben ihm nicht verborgen: Die Tiere leiden, Mensch und Natur auch. Gülle belastet die Felder, Antibiotika gelangt ist Grundwasser. Prosiegel skizziert in einem Leserbrief, warum die Zeit reif ist, die Massentierhaltung aufzugeben.

Brauchen wir noch mehr Gülle und Antibiotika im Grundwasser?

Jeder Unternehmer ist bestrebt, mit seiner geschäftlichen Aktivität den Unterhalt seiner Familie zu sichern.

Das ist völlig legitim und auch erstrebenswert. Wenn dies auch noch im Einklang mit den Bedürfnissen der Umwelt geschieht, ist es beispielhaft. Zurzeit haben wir noch die Konstellation, dass der letztgenannte Punkt nur teilweise die entsprechende Aufmerksamkeit bekommt.

Das hat dazu geführt, dass die Natur rebelliert. Beispiele dafür geschehen zurzeit mehr als genug. Das haben jetzt auch Schüler zum Anlass genommen, um auf die Straße zu gehen. Ob zurecht während der Schulzeit oder nicht, dazu ist die Meinung gespalten.

Braucht es die Provokation des Establishments oder ist den Verantwortlichen an den Hebeln der Macht bewusst, welche Umwelt sie ihren Kindern und Enkeln hinterlassen? Oder steht das Geld dominant im Vordergrund?

These und Antithese sollten in eine Synthese münden. Konventionell und alles, was als Bio bezeichnet wird, können zusammen eine wirksame Veränderung erreichen.

Wenn zum Beispiel in der Tierhaltung auf Beton und mit extrem wenig Raum für die Tiere eine Veränderung herbeigeführt wird, ist das zum Nutzen aller. Und das ist relativ einfach und mit dem Willen zur Veränderung machbar.

Mehr Raum für die Tiere und ausreichend Stroh auf dem Untergrund bringen eine spürbare Verbesserung in allen Bereichen. Dafür gibt es ausreichend gelungene Beispiele, auch in unserem Landkreis Weißenburg (übrigens ist Schweden ein Musterbeispiel dafür). Dabei dürfen die Schweinchen sogar ihre Schwänzchen behalten [1] und die Verwendung von Antibiotika wird bis auf ein Zehntel des üblichen Wertes reduziert. Und noch etwas sehr wertvolles entsteht dabei: der Mist.

Darin wachsen extrem wichtige Bakterien, die für den Boden sehr wichtig sind. Im Boden, der die entsprechende Düngung erfährt, sind pro Quadratmeter bis zu 150 Regenwürmer gefunden worden. Im Boden mit Gülle nur 15. Ganz abgesehen von der Belastung des Trinkwassers mit Hormonen und ähnlichen Komponenten.

Die Zeit ist reif, um aufzuwachen. Wie lange spielt unsere Natur noch mit? Wie lange können wir uns noch unserer wunderbaren Natur erfreuen?

Tun ist jetzt angesagt, wie nie zuvor!


Quellen und Anmerkungen

[1] Das deutsche Tierschutzgesetz verbietet das Amputieren von Körperteilen bei Wirbeltieren (siehe Paragraf 6: https://www.gesetze-im-internet.de/tierschg/__6.html), dennoch ist das sogenannte Kupieren in der Schweinehaltung üblich. Den Ferkeln wird ohne Betäubung der Ringelschwanz abgeschnitten. Begründet wird die Amputation mit dem Verhalten der Tiere, die sich gegenseitig anfressen, was zu Infektionen führt. Der Grund für den Kannibalismus ist unklar. Tierschützer machen unter anderem die Enge im Stall und die dortige Langeweile verantwortlich, die zu einem abweichenden Verhalten führt. Die Tiere stehen in Massentierhaltung dicht zusammen, fressen und haben sonst keinerlei Abwechslung.


Zum Hintergrund

In Deutschland ist der Einsatz von Antibiotika als Wachstumsbeschleuniger seit 2006 verboten. Antibiotika dürfen dennoch gesunden Tieren in einem Bestand verabreicht werden, wenn Artgenossen Symptome einer Krankheit aufweisen, die mit Antibiotika behandelbar sind. In der industriellen Tierhaltung, wo eine viel zu hohe Zahl von Nutztieren auf zu wenig Raum gehalten wird, können sich Keime im Bestand rasant verbreiten. Nur durch den Einsatz von Antibiotika ist dies zu verhindern. Dadurch erhöht sich das Risiko, dass Bakterien Resistenzen entwickeln und Antibiotika ihre Wirkung verlieren.

Gülle, die auch als Düngemittel eingesetzt wird, fällt in gewaltigen Mengen an. 2011 produzierten in Deutschland rund 27 Millionen Schweine und fast 13 Millionen Rinder etwa 200 Millionen Tonnen (siehe: Die ZeitWenn die Gülle sauer wird). Über die Gülle, die vor allem aus Urin und Kot besteht, gelangen Bakterien auf die Felder und ins Oberflächen­wasser. Resistente Keime können über diesen Weg ebenfalls in die Nahrungskette gelangen. Mehr Informationen auf https://www.bund.net/massentierhaltung/antibiotika/.


Symbolfoto: Bruno van der Kraan (Unsplash.com)

Neue Debatte ist das Magazin für Menschen, Kultur und Gesellschaft. Es steht für 100% Journalismus und Wissenschaft von unten - unabhängig und nicht werbefinanziert. Journalisten, Blogger, Arbeiter, Akademiker, Soziologen, Handwerker, Philosophen, Micro-Blogger, Erwerbslose, Wortkünstler, Experten und kritische Menschen aus allen Milieus und Ländern skizzieren das Zeitgeschehen aus ihrem Blickwinkel: offen, ehrlich und ohne doppelten Boden. Unterstütze uns!

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3 Antworten auf „Gülle oder Mist: Die Zeit ist reif, um aufzuwachen!“

Ich akzeptiere nicht mehr nur eine Reduzierung der entsetzlichen Tiervesklavung auf der Erde. Nutztierhaltung zum Nachteil und vorzeitigen Tod und mit der ständigen künstlichen Vergewaltigung für die Nachkommenschaft muss komplett abgeschafft werden. Die das jetzt immer noch in “verbesserter” Form erhalten wollen, haben noch zu wenig Wissen über die Anatomie und die gesamte natürliche Physiologie unserer Art. Das Wissen darüber wird weiterhin unterdrückt, damit sich die Menschheit weiterhin als “omnovore Art” und “Ende der Nahrungskette” fühlen soll und möglichst auf ewig Kunde und Unterstützer der Tiervernutzung bleibt.

wir sind alle teil der natur

kein lebewesen auf der welt ist so größenwahnsinnig und pervers wie der mensch … was macht er nur mit seinem verstand? hat er den kontakt zu seiner natur verloren und schafft sich nun langsam selbst ab?

taugt sein verstand nur dazu, sich der technik und künstlichen intelligenz … den maschinen und robotern zu unterwerfen???

Der Mensch ist was er isst. Dass gequältes, verwestes, Chemie belastetes, mit Stress-und Angsthormonen durchsetztes Fleisch auch beim Menschen Spuren hinterlässt, dürfte nicht mehr verwundern.
Aber, dass ein paar Qcm mehr in Folterkammern für das Tier besser und gesünder sein sollen, verwundert schon und zeigt, dass der Autor sich noch im Tiefschlaf befindet und ihm sein täglich, blutiges Gemetzel wohl keine Alpträume beschert.
Denn sonst könnte er vielleicht einen Zusammenhang erkennen, zwischen der exorbitanten Zunahme von “Fleischproduktion”(das Wort sagt schon alles!) und Verzehr und der damit einhergehenden Verrohung/Verblödung unserer Spezies. Fastfood lässt grüssen.

Und wer immer noch für Biofleisch plädiert, welches durchaus bedenkenlos an Menschen verfüttert werden sollte, ist an empathieloser Gedankenlosigkeit nicht mehr zu übertreffen.

Warum nicht mal zur Abwechslung Katzen-Hunde- und/oder Menschenfleisch an der Wursttheke? Zum Beispiel Weißwurst vom Seehofer. Oder narkosefreies, kastriertes Allerlei vom Bauernverband, oder Hühnersuppe a la Künast.
Aber bitte nur bio…

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