„Man lebt nur einmal“ und „Ich bin ein Mensch, nichts Menschliches ist mir fremd“, sagte einmal der ehemalige Sklave und später frei gelassene Römer Terenz [1]. Dem Komödiendichter war demnach das Menschliche wesentlich und nicht das Nichtmenschliche.
1. Was das Menschliche ist, muss immer wieder neu erkundet werden.
Schaue in dich, um festzustellen, was du kannst und was du willst.
Hermann Hesse [2] hat über den Zauber des Anfangs und der Frage, wohin die Menschheit wohl gehen wird, in seinem Buch „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“ nachgedacht:
„Jeder Mensch ist nicht nur er selber, er ist auch der einmalige, ganz besondere, in jedem Fall wichtige und merkwürdige Punkt, wo die Erscheinungen der Welt sich kreuzen, nur einmal so und nie wieder. Darum ist jedes Menschen Geschichte wichtig, ewig, göttlich, darum ist jeder Mensch, solange er irgend lebt und den Willen der Natur erfüllt, wunderbar und jeder Aufmerksamkeit würdig. In jedem ist der Geist Gestalt geworden, in jedem leidet die Kreatur, in jedem wird ein Erlöser gekreuzigt …“ stellt Hermann Hesse in den ersten drei Sätzen seines Buchs über die Bedeutung und Bestimmung eines jeden von uns allen fest.
Gutes und Schlechtes erkennen oder übersehen, nutzen oder vermeiden und wollen oder nicht wollen kann nur der Mensch, da er sich in der Wirklichkeit wahrnehmen und an immer mehr Wahrheiten herandenken kann.
Etwas über das uns Menschen Mögliche
Uns Menschen ist vieles möglich, wir besitzen Hände zum Arbeiten und zum Streicheln, in unseren Hirnen können wir uns unserer Gefühle gewahr werden, wir können Erkanntes durchdenken und verstehen, unsere Gedanken austauschen und gemeinsam etwas unternehmen.
Wir können verändernd wirken. Gleichgültig, ob als Mädchen oder Junge zur Welt gekommen und ebenfalls gleichgültig, ob sich die zunächst im Mutterleib besonders geschützten und dann später abgenabelten Menschenkinder zu Wesen mit auch unterschiedlichen biotischen, psychischen oder sozialen Merkmalen entwickeln. Sie können in jedem Fall mittels Sinnesorganen Kontakt zur Umwelt aufnehmen und alle haben sie die ererbten und von ihrer Umwelt modifizierten Fähigkeiten, sich im aufrechten Gang fortbewegen, mit ihren Mitmenschen ins Gespräch kommen und im Zusammenwirken von Händen und Hirnen, schöpferisch schaffend für sich sorgen zu können.
Das Menschenmögliche geschieht im gesellschaftlichen Zusammenwirken konkret einmaliger Persönlichkeiten, die, um überleben zu können, sowohl in sich selbst als auch mit ihren Mitmenschen gemeinsam nach ihrer Individualität suchen, sich dieser entsprechend aus gesellschaftlichen Zwängen emanzipieren und sich aus den gleichen Gründen in das gesellschaftliche Leben integrieren müssen.
Schlimmerweise stehen wir alle gegenwärtig vor der Herausforderung, das Leben in unserem Ökosystem Erde und unser Dasein solidarisch vor dem Verfall zu bewahren. Doch wir Menschen können uns entscheiden ob wir bewahrend oder beendend wirken und entsprechend dieser grundlegenden moralischen Orientierung unser Leben sinnvoll oder sinnlos gestalten wollen.
Jede und jeder von uns muss sich immer wieder neu den Fragen stellen, was eigentlich das Mensch-Sein ausmacht. Auf der Suche nach Antworten und Lösungswegen müssen wir uns immer wieder neuen Fragen und Problemen stellen, die wir nur gemeinsam beantworten und lösen können, im Dialog und im Zusammenwirken.
Lasst uns also über unsere Befindlichkeiten reden!
Lasst uns vorbehaltlos und unvoreingenommen unser gegenwärtiges Dasein bedenken und nach Orientierungen für die Gestaltung unseres Mensch-Seins in wohlwollendem Füreinander und respektvollem Miteinander suchen!
Schaue um dich, um zu erkennen, wo du gebraucht wirst
Es ist heute, zu Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts, überall in der Welt möglich, menschenwürdige Verhältnisse gestalten zu können, die allen und jedem die Möglichkeit geben, am Vervollkommnen und Verschönern mitzuwirken.
Die wissenschaftlich–technische Revolution, gekennzeichnet durch rasche Entwicklung von Hochtechnologien und deren massenhaften Einsatz mit der Folge eines tief greifenden Wandels in den Wirtschaftsstrukturen, konstituiert in unserer Gegenwart eine Umbruchsituation. In den Kernprozessen der Wirtschaft bildet sich ein neuer Produktivkrafttypus heraus, gekennzeichnet vor allem durch die komplexe industrielle Nutzung von Naturgesetzen in Gestalt der Mikroelektronik, der Informatik, der Biotechnologien, durch den Einsatz der Lasertechnik und neuer Werkstoffe und vielem mehr.
Schrittweise löst sich der Mensch aus der Einbindung in den Rhythmus der Maschinerie heraus. Sehr häufig sind es besondere Ereignisse, in denen es zu grandiosen Entdeckungen kommt, die technologisch für die Steigerung der Produktivität nutzbar gemacht werden können. Immer müssen dann die sich eröffnenden Möglichkeiten durch die alltäglich zu leistende Arbeit aller verwirklicht werden.
Solche wesentlichen Veränderungen im Produktionsprozess und die Steigerung der Produktivität des gesamten, globalen Wirtschaftsgeschehens eröffnen nahezu unbegrenzte Möglichkeiten für die Persönlichkeitsentfaltung, für die Überwindung von Unterentwicklung, für wahrhaftig humanistischem Verhalten entsprechende, zwischenmenschliche Verhältnisse.
Es hängt aber vom Charakter der gesellschaftlichen Verhältnisse ab, ob Veränderungen zu sozial und ökologisch notwendigen Verbesserungen führen oder ob sie zerstörerisch sind. Wie auch in der Frage Krieg oder Frieden ist der Umbruch offen für positiven oder negativen Wandel.
Niemals zuvor war die Marx’sche Einschätzung des profitorientierten Wirtschaftens so zutreffend für die ganze Wirklichkeit wie heute:
„In unseren Tagen scheint jedes Ding mit seinem Gegenteil schwanger zu gehen … Die neuen Quellen des Reichtums verwandeln sich durch einen seltsamen Zauberbann in Quellen der Not.“
Die durch profitorientiertes Wirtschaften zu Destruktivkräften pervertierten Produktivkräfte eskalieren zur erdumspannenden Kriegsmaschinerie, werden als Rationalisierungstechnologien par excellence genutzt, führen zu humanitären und ökologischen Katastrophen, zu Wirtschafts- und Finanzkrisen, zu chronischer Massenarbeitslosigkeit, zu deren Druck auf die Beschäftigten, zur Ausgrenzung ganzer Teile der Bevölkerung aus der Arbeitssphäre auf Lebenszeit, zum Verlust der Möglichkeiten der Selbstverwirklichung in der Arbeit, zu perfektionierten Kontrollapparaten, zur gegenseitigen Indoktrinierung mittels neuer elektronischer Medien und zu Krieg und Zerstörung.
Seit den letzten Jahren des 20. Jahrhunderts vollziehen sich in der Weltgesellschaft sprungartig gewaltige Umstrukturierungen. Man kann diese durchaus auch als sogenannte „Sternstunden“ der Menschheit bezeichnen, muss aber unbedingt auch bedenken, dass sich „die neuen Quellen des Reichtums durch einen seltsamen Zauberbann in Quellen der Not“ verwandeln können.
Besonders eine Frage steht vor allen Völkern, Staaten und Wirtschaftskonglomeraten, nämlich: Wie können die gesellschaftlichen Verhältnisse so gestaltet werden, dass der Progress der Produktivkräfte sozial und ökologisch notwendigen Fortschritt für die Menschen bringt, statt belastende Bedrohungen?
Schau über dich, um zu erkennen, dass du nur einmal auf unserem Heimatplanet lebst
Als biotisches Wesen können wir die Wirklichkeit wahrnehmen. Ermöglicht wird das Menschsein auf Grundlage materieller Strukturen, der Anatomie der Menschen und deren Funktionalität, also physiologischer Vorgänge im Menschen. Grundlegend bestimmen die objektiven Gesetzmäßigkeiten der Wirklichkeit das Tun und Begehren der Menschen.
Unsere Psyche und unsere Geselligkeit geben uns aber die Möglichkeit, das von uns Wahrgenommene mit Willen zu beeinflussen. Nach Bestimmung und Sinn unseres Existierens zwischen Last und Lust müssen wir suchen. Das Leben wird uns zugemutet, aber es bietet uns die einmalige Möglichkeit, da zu sein. Kult und Kunst lassen uns Menschen unsere immanent materielle Wirklichkeit erfahren und unsere transzendente Herkunft erahnen, mit wissenschaftlichen Methoden können wir das Erfahrene und Erahnte untersuchen, beeinflussen und verwenden.
Mittels unserer Psyche kommen wir vom Nachahmen zum kreativen Wirken. Leonardo da Vinci [3] war der Inbegriff der Renaissance – nicht nur, dass er einer der größten Maler überhaupt war, ebenso war er ein Mann mit ungeheurem Vorstellungsvermögen und Entdeckungsdrang. Sein wissbegieriger Geist und seine überragende Intelligenz trieben ihn nicht nur dazu, den menschlichen Körper zu untersuchen, er konstruierte zum Beispiel auch Flugmaschinen.
Worin liegt wohl das Geheimnis seiner Mona Lisa? Johann Wolfgang von Goethe würde das entsprechend dem Gesang des „Chorus Mysticus“ am Ende seiner Faust–Tragödie vielleicht so erklären: Das ewig in urwüchsig vergänglicher und gleichnishafter Schönheit erscheinende Weibliche und eine unbeschreibliche Kenntnis von in Wahrheit vorhandenen, ewig unfertig-unzulänglichen Möglichkeiten des Seins werden hier aus dimensionsloser Unendlichkeit her lächelnd sichtbar.
Unser soziales Miteinander muss immer aufs Neue bedacht werden. „Ich bin nicht verpflichtet zu glauben, dass derselbe Gott, der uns mit Sinnen, Vernunft und Verstand begabt hat, von uns verlangt, dass wir auf ihren Gebrauch verzichten“, soll Galileo Galilei [4] in einer Vernehmung durch Beauftragte der Inquisition gesagt haben. Und von Albert Einstein stammt die Feststellung: „Das ewig Unbegreifliche an der Welt ist ihre Begreiflichkeit.“
Wissenschaftliche Forschung wird in zwei Richtungen betrieben. Der Fragestellung, wie unsere Welt als Ganzes und im Einzelnen beschaffen ist, wird in der Grundlagenforschung nachgegangen. In der angewandten Forschung wird nach Möglichkeiten gesucht, wozu und wie Erkanntes verwendet werden kann. In beiden Fällen werden Erkenntnisse gewonnen, deren Verwendung zum Beenden oder Bewahren führen können. In der Wissenschaft ist also das Fragen nach dem Guten und dem Gerechten von besonderer Bedeutung.
2. Bildung, Wirtschaft und Kultur sind die Dimensionen menschlichen Handelns.
Es gilt für ein schönes Heute und Morgen, intensiv am Bau der Humanität und besonders an dessen Fundament zu arbeiten.
Unsere Welt befindet sich in einem unser gesamtes Mensch-Sein umfassenden Umwälzungsprozess. Mit Weisheit können wir das Sinnvolle und das Nützliche einleiten. Bildung und Wissenschaft hat seit je her mehrere Funktionen erfüllt. Sie wird zur Produktivkraft, wenn sie die Effektivität menschlicher Tätigkeit erhöht.
Wissenschaftsfortschritt als Kulturfortschritt bedeutet Erweiterung des Erklärungs-, Vorhersage- und Gestaltungspotenzials der Wissenschaft, das durch Bildung weiter gegeben werden kann und muss.
Zur Humankraft wird Wissenschaft dann, wenn sie die Grundlagen für die Gestaltung und Erhaltung solcher Daseinsbedingungen liefert, die der Fortexistenz und Weiterentwicklung der Menschheit dienen.
Überaus viele Inhalte im Sinne gesellschafts- und naturwirklicher Notwendigkeiten gilt es zu durchdenken, zu diskutieren und zu bearbeiten, um das produktive Potenzial der Gesellschaft zu erschließen. Dabei ist unbedingt zu beachten, dass das produktive Potenzial sowohl zum Bewahren als auch zum Beenden eingesetzt werden kann.
Mathematisch kann zum Beispiel berechnet und bemessen werden, wie lange ein Herzschrittmacher funktioniert, aber auch dass eine Mittelstreckenrakete pünktlich ihr Ziel erreicht.
Die Astronomie lässt uns erkennen, dass das Universum sowohl unendlich groß als auch unendlich klein ist. Und das bedeutet, dass die Menschen zwar immer tiefer in das jeweils bisherige Sein vordringen, aber niemals alles erkennen und benutzen können.
Physikerinnen und Physiker weisen nach, dass sich alles Materielle ununterbrochen durch Stoff- und Energiewechsel bewegt und dabei ständig Information überträgt. Darum müssen wir Menschen beachten, dass das was gestern war und was heute ist, sich morgen verändert. Chemisch lassen sich Stoffe analysieren und neu synthetisieren, die sowohl nützlich aber auch gefährlich sein können.
In der Biologie wird nachgewiesen, dass die Menschen aus materiellen Strukturen bestehen und nur mittels deren Funktionalität leben können. In der Psychologie wird dem nachgegangen, dass Wahrnehmung und Erfahrung sowohl die Empfindung als auch den Verstand eines Menschen bestimmen. Wahrnehmungen und Erfahrungen können sowohl Freude machen als auch Leid bringen.
Soziologie untersucht, warum das Zusammenleben der Menschen einerseits füreinander und andererseits gegeneinander verläuft. Und die Soziologinnen und Soziologen versuchen, zwischen dem jeweiligen Minimum beziehungsweise Maximum das Optimum aufzuzeigen.
Dies alles zeigt auf, dass alles zwei Seiten hat und es zeigt auch auf, dass man sein Leben mit Schaffensfreude und Wahrheitsliebe pflichtbewusst, umsichtig und auf der Suche nach Gerechtigkeit gestalten sollte.
Im konstruktiven Miteinander finden wir die Stärke, um das Sinnvolle und das Nützliche erarbeiten zu können. Unser menschliches Mit- und Füreinander fordert wahrhaftig demokratische Verhältnisse, die es allen ermöglicht ihr Leben selbst zu gestalten und ihre eigenen Lebensentwürfe verwirklichen zu können. Nur so werden die schöpferischen Potenzen aller auch allen Nutzen bringen.
Humane Daseinsbedingungen sind in zunehmendem Maße nur durch das aktive Wirken, durch die organisierte und koordinierte Teilhabe vieler, wenn nicht aller Menschen zu realisieren. Darum müssen sich die demokratischen Verhältnisse auf den Ebenen der Grundwerte, der kulturvollen Lebensweise, der politischen Lenkung und Leitung und der Erwirtschaftung der materiellen Grundlagen weiterentwickeln.
Staatliche Institutionen müssen dienstleistende Verwaltungsorgane werden. Steuern und Abgaben müssen dort, wo man sie erarbeitet, für das Nützliche investiert, für soziale Gerechtigkeit eingesetzt und für kulturelle Bedürfnisse der Einzahlenden ausgegeben werden.
Bildung sollte in ihren Zielstellungen darauf gerichtet sein, dass jeder Mensch seine Begabungen und Talente erkennen und den auf deren Grundlage entstehenden Neigungen im Lernprozess nachgehen kann.
Sowohl in der Natur als auch in unserem kreativen Wirken entdecken wir die Schönheit des Sinnvollen und des Nützlichen.
Unbedingt muss in unserem Tun und Handeln beachtet werden, dass die menschliche Gesellschaft ein Teil des Ökosystems Erde ist. Leben kann ein Mensch nur, wenn er die Vielzahl der von ihm lebensnotwendigerweise zu erbringenden Leistungen unter Verwendung seines Bewusstseins in menschlicher Gemeinschaft erarbeitet, austauscht, verteilt und nutzt.
In Ökosystemen geschieht Gleichwertiges durch Interaktionen zwischen Erzeugern, Verbrauchern und Rückgewinnern, wobei jedes in die ökologischen Kreisläufe integrierte Lebewesen sowohl den Produzenten, als auch den Konsumenten und den Reduzenten zugeordnet werden kann.
In diesen Systemen und selbstverständlich auch im gesamten Ökosystem Erde, in dem auch wir Menschen leben, werden Stoffe, Energie und Informationen produziert, verteilt, ausgetauscht und verbraucht, wodurch die momentane Existenz und die künftige Entwicklung sowohl der einzelnen Menschen als auch aller Beteiligten in ihrer Gesamtheit ermöglicht wird.
Von Menschen nicht genutzte Ökosysteme passen sich spontan an die sie bestimmenden äußeren Bedingungen im Rahmen der sie bewirkenden und durch sie selbst mitverursachten Auf- und Abbauprozesse an und bewegen sich erhebend, verkomplizierend und ihre Existenz bewahrend, solange es eben die vorhandenen äußeren und inneren Bedingungen zulassen.
Erst das zu Bewusstsein befähigte und zu Kreativität begabte Wesen Mensch kann die Spontaneität natürlicher Entwicklungslinien in der Kultur seines Willens aufheben und sich mit harmonisch verlaufenden Wirtschaftskreisläufen in das Ökosystem Erde bewusst und zielorientiert eingliedern.
3. Gestalte dein Leben so, dass du sagen kannst:
Ich bin zufrieden mit allem, was ich getan und auch mit dem, was ich nicht getan habe.
Gesundheit, vor allem Gesundheit! So lautet fast immer das Schlusswort auf Weihnachts-, Neujahrs- oder Geburtstagsglückwunschkarten sowie in vielen beredten Reden, Trinksprüchen und Erklärungen. Gesund will jeder Mensch sein einmaliges, stets gleichzeitig erlebend und absterbend verlaufendes Dasein verbringen. Gesundheit ist sowohl persönliches als auch gesellschaftliches Verdienst. Um sie muss gerungen werden, und oft ist der Mensch dabei selbst sein härtester Gegner.
Zum Wesentlichen gehört natürlich noch viel mehr, man kann es vielleicht so zusammenfassen: Menschen können sich entscheiden, ob sie bewahrend oder beendend wirken und entsprechend dieser grundlegenden moralischen Orientierung ihr Leben sinnvoll oder sinnlos gestalten wollen.
Um sein Leben selbst gestalten zu können, sollte jeder drei grundlegende Dinge im Blick behalten:
Jeder konkret einmalige Mensch sollte für sich danach suchen und fragen, was man zum Leben braucht, wie man es bekommen kann und warum man es will.
Jeder wird im Laufe seines Lebens erfahren und kann dadurch erkennen, dass man alles, was man braucht, nur in Gemeinschaft erarbeiten kann. Jedes Kind, jede Frau und jeder Mann, also diejenigen, die ihr Leben lieben, werden auch die anderen achten und mit ihnen in respektvollem Miteinander, nützlichem Füreinander und konstruktivem Gegeneinander zusammenleben. Und sie werden der Not und dem Elend anderer nicht den Rücken kehren.
4. Zum Schluss noch die Frage:
Welchen Sinn hat das einmalige Dasein des Menschen an sich?
Ein wirkliches Utopia ist eine Welt, in der die Zufriedenheit des Einzelnen die Voraussetzung für die Zufriedenheit aller ist.
Aber woher weiß ich, womit ich eigentlich zufrieden bin und ob diese Zufriedenheit zumindest mit den meisten meiner Mitmenschen übereinstimmt?
Die Antwort darauf ist wohl das schwer zu Machende, denn dazu muss man in sich schauen, um sein Innerstes zu erkennen. Man muss auch um sich schauen, um zu erkennen, was die Gemeinschaft zufriedenstellt. Und letztendlich ist es notwendig über sich zu schauen, denn wir Menschen können nur im harmonisch funktionierenden Ökosystem unseres Heimatplaneten leben und zufrieden sein.
5. Aufruf zu wahrhaftigem Mensch-Sein!
Wir sind die Menschen.
Wir, die gemeinsam rund um den Globus leben. Wir, die dem Lebenswillen menschlicher Vorfahren unser Dasein zu danken haben. Wir, die künftigen Generationen das Menschenleben ermöglichen wollen – wir alle sind die Menschen.
Wir erleben es täglich: Die Welt ist oft schlecht und ungerecht. Zeitlebens sind unsere Körper von Gebrechlichkeit, unser Zusammenleben von Ungewissheit und unser Geist von Angst bedroht. In den Möglichkeiten, das eigene Geschick beeinflussen zu können sind wir ebenso eingeschränkt wie im Verstehen der uns bestimmenden Wirklichkeit.
Und doch, wer möchte nicht im Leben bleiben, sich seiner selbst bewusst werden, sich im Kreise seiner Mitmenschen beliebt machen und die Früchte seiner Lebensarbeit genießen. Wer hat nicht Lust zu leben?
Wir Menschen können uns mittels unseres Verstandes und all unserer Fähigkeiten von Zwängen und Gebundenheit, von der Sklaverei unserer Vorurteile und von geistiger Blindheit befreien. Wäre da nicht die Gefahr einfältig egozentrischer Selbstzerstörung, könnte man den Werdegang der Menschheit als die unendliche Geschichte bezeichnen.
Die Möglichkeit jedenfalls, uns selbst zu bewahren, ist uns Menschen gegeben, denn wir können uns unserer Fähigkeiten, wir können uns unserer selbst bewusst werden und daraus schlussfolgernd mit Willen dementsprechend handeln.
Es ist an der Zeit zur Bestandsaufnahme vom Mensch-Sein und zu fragen, was ist das Menschliche. Und es ist an der Zeit den Blick auf das Überleben zu richten.
Die Welt ist oft schlecht und ungerecht, nicht grundsätzlich aber oft, zu oft. Zwischen gut und schlecht, rechtens und ungerecht unterscheiden kann aber nur der zum bewussten Werten befähigte Mensch.
Die Welt pauschal als gerecht, gut, schlecht oder böse zu bezeichnen hieße die Verantwortung für das uns Menschen Geschehende, das uns Widerfahrende und auch das von uns selbst Bewirkte auf etwas Allgemeines, den Willen eines Gottes oder die Macht des Schicksals oder Ähnliches zu übertragen, also auf etwas, das unmöglich zur Rechenschaft zu ziehen ist. Für unser Denken und Handeln sind nur wir, die Menschen selbst, verantwortlich.
Jeder von uns muss sich immer wieder neu den Fragen stellen, was eigentlich das Mensch-Sein ausmacht und ob unser menschliches Dasein einen Sinn hat.
Wir Menschen sind in der Lage die uns bestimmenden Naturgesetze und die Gesetzmäßigkeiten unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens zu erkennen und sie zu nutzen, sodass also letztlich alles Gute oder Schlechte das uns widerfährt, von uns mehr und mehr bewusst beeinflusst, also von uns Menschen und in unserem Sinn verändert werden kann oder von uns selbst geschaffen wurde und somit erst recht veränderbar ist.
Auf der Suche nach Antworten und Lösungswegen müssen wir uns immer wieder neuen Fragen und Problemen stellen, die wir nur gemeinsam beantworten und lösen können, im Dialog und im Zusammenwirken.
Lasst uns also über unsere Befindlichkeiten reden!
Lasst uns vorbehaltlos und unvoreingenommen unser gegenwärtiges Dasein bedenken und nach Orientierungen für die Gestaltung unseres Lebens auf dem Weg zu wahrhaftig menschlichem Mensch-Sein suchen!
Wagen wir gemeinsam die Menschlichkeit!
Quellen und Anmerkungen
[1] Publius Terentius Afer (etwa zwischen 195 und 184 v. Chr. bis 159 oder 158 v. Chr.), bekannt als Terenz, war ein Komödiendichter der römischen Antike. Terenz kam als Sklave nach Rom. Sein Sklavenhalter soll Terentius Lucanus gewesen sein, ein römischer Senator. Der erkannte die Talente des versklavten Terenz, sorgte für dessen Ausbildung und ließ ihn frei. Sechs Komödien von Terenz sind erhalten. Sie wurden zwischen 166 und 160 v. Chr. aufgeführt. ↩
[2] Hermann Hesse (1877-1962) war ein deutsch-schweizerischer Schriftsteller, Dichter und Maler. Er wurde bekannt durch Werke wie Siddhartha oder Der Steppenwolf und mit seinen Gedichten. Der Nobelpreis für Literatur wurde im 1946 verliehen und der Orden Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste 1954. ↩
[3] Leonardo da Vinci (1452-1519) war ein italienischer Maler, Architekt, Anatom, Mechaniker, Ingenieur, Bildhauer und Naturphilosoph. Zwischen 1503 und 1506 arbeitete er am Porträt der Mona Lisa. Leonardo da Vinci gilt als einer der berühmtesten Universalgelehrten aller Zeiten. ↩
[4] Galileo Galilei (1564-1641) war ein italienischer Universalgelehrter. Galilei war Philosoph, Mathematiker, Ingenieur, Physiker, Astronom und Kosmologe. ↩
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Frank Nöthlich (Jahrgang 1951) wurde in Neustadt/Orla (Thüringen) geboren. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und sechs Enkelkinder. Er studierte Biologie, Chemie, Pädagogik, Psychologie und Philosophie von 1970 bis 1974 in Mühlhausen. Nach dem Studium war er an verschiedenen Bildungseinrichtungen als Lehrer tätig. Von 1985 bis 1990 war er Sekretär der URANIA-Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse. Später arbeitete er als Pharmaberater und ist heute Rentner und Buchautor (www.briefe-zum-mensch-sein.de). Er sagt von sich selbst, dass er als Suchender 1991 in der Weltbruderkette der Freimaurer einen Hort gemeinsamen Suchens nach Menschenliebe und brüderlicher Harmonie gefunden hat.