Die Instrumentalisierung des Notre-Dame-Brandes ist fehlgeschlagen. Die Verkündung der Ergebnisse der Großen Debatte durch Marcon ist ein einziges Herumgeeiere! Die Spendenaktion der Superreichen hat diese letztlich demaskiert.
“Aufwärts” geht es einzig und allein mit der Eskalation der Gewalt des Staates gegen protestierende Bürger und deren Diffamierung. Allerorts kommt es zu Übergriffen, Rechtsverletzungen, Demonstrierende werden auseinander getrieben oder Journalist*innen in immer massiverer Form aufs Korn genommen.
Denn die Wahrheit ist diesem Staat peinlich. Doch dieser Staat wird immer mehr selbst zum Objekt des Protestes. Der Sturz der aktuellen präsidialen 5. Republik (die Abwahl) ist inzwischen mehrheitsfähig. Regierungsseitige Darstellungen und Verlautbarungen ernten immer öfter Gespött. Demonstrierende fordern vehement die Freilassung Verhafteter.
Fazit: Das Gespenst des Protestes dieser gelben Westen ist nicht „totzukriegen“. Nach der ersten vorläufigen Schätzung von “Le Nombre Jaunes” sind wieder deutlich über 100.000 auf den Straßen gewesen. Eine Steigerung um mindestens 40 % gegenüber vor zwei Wochen. Vor der Tür stehen der 1. Mai und die Europawahlen. Es bleibt spannend.
Unabhängige Journalisten leben in Macrons Frankreich immer gefährlicher. Das folgende Video ist ein Beispiel, das für das Vorgehen der Behörden beim Akt 23, am 20. April 2019, typisch ist:
Aber nicht nur unabhängige Journalisten leben riskant. In den vergangenen Wochen wurde gezielt Jagd auf Sanitäter, Ärzte und andere Hilfeleistende gemacht. So wurden unter anderem in Bordeaux in Akt 20 alle, die medizinische und humanitäre Hilfe leisten wollten, schon im Vorfeld der Demonstrationen systematisch ihrer Ausrüstung beraubt und zum Teil verhaftet. Zwei Sanitäter mussten nach ihrer polizeilichen “Inobhutnahme” sogar selbst im Krankenhaus behandelt werden.
Ein Polizeiführer – Match Paris, 30.3.2019 – verriet das perverse Kalkül von Regierung und Polizeiverantwortlichen. Die medizinische Versorgung gäbe der Gilets Jaunes Bewegung einen nicht zu unterschätzenden Halt und sei ein Hauptgrund, dass trotz der massiven staatlichen Repressionen so viele Menschen ihr Demonstrationsrecht wahrnehmen.
Logische Konsequenz war, die Mediziner selbst mit massiven Repressalien aus dem Verkehr zu ziehen. Auch diese Strategie ist, wie wir heute sehen, nicht aufgegangen. Nicht allein wegen der breiten Empörung darüber, sondern auch weil durch eine breite Solidaritätswelle für jeden Sanitäter, der aus dem Verkehr gezogen wurde, zwei neue Freiwillige sich gemeldet haben sollen, um dessen Platz einzunehmen!
Für freie Journalisten, die sich nicht von den Macron-Behörden vereinnahmen lassen, gilt ähnliches. Sie bilden ebenfalls ein besonderes Rückgrat für den Protest und müssen aus polizeilicher Logik möglichst “unschädlich” gemacht werden.
Insbesondere Fotojournalisten, die die staatlichen Übergriffe und Menschenrechtsverletzungen durch authentische Bilder bezeugen, können der staatlichen Propaganda gefährlich werden. Sie werden immer massiver behindert beziehungsweise ganz außer “Gefecht” gesetzt.
Gegen diese inzwischen systematische Jagd auf unabhängige Reporter muss ebenso ein Aufschrei erfolgen, wie es ihn gegen die Repressionen gegen die Streets Medics gab. Allerdings dürfte die Solidarität aus den eigenen Reihen angesichts des politischen Drucks und des Karrierismus innerhalb der Mainstream-Medien auf Grenzen stoßen.
Redaktioneller Hinweis: Der Beitrag von Peter Vlatten erschien erstmals bei unserem Kooperationspartner Pressenza. Einzelne Abschnitte wurden zur besseren Lesbarkeit im Netz hervorgehoben.
Foto: Nil Castellví (Unsplash.com)
Peter Vlatten ist Autor der humanistischen Presseagentur Pressenza.