Seit dem 28. Mai 2019 streiken in Paris die U-Bahn-Reinigungskräfte der Firma Samsic. Die Streikenden kämpfen für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne. Sie fordern von dem Subunternehmer des Metro-Betreibers RATP (Régie Autonome des Transports Parisiens) Neueinstellungen, eine Erhöhung des Grundlohns um drei Prozent, einen zweiten wöchentlichen Ruhetag (Fünf-Tage-Woche) und eine Angleichung der Nachtschichtzulage.
Die Ausbeutung
Das Pariser Verkehrssystem wird von der RATP organisiert. Sie koordiniert das Netzwerk von Metro, Bussen und Zügen in Paris. Die Reinigung der Pariser Metro lagert die RATP seit mehr als zwanzig Jahren an verschiedene Subunternehmer aus.
Diese sind offenkundig spezialisiert auf die Ausbeutung prekärer, mehrheitlich migrantischer Arbeiterinnen und Arbeiter.
Es gibt viel Arbeit in der Metro, sagt eine Streikende im Video. Aber es gebe trotzdem keine Neueinstellungen. Der Lohn sei seit 2013 nicht erhöht worden. Eine Lohnerhöhung von 1 % hätte man angeboten bekommen. Viel zu wenig. 3 % wollen die Arbeiter. Der Nachtzuschlag soll um 0,80 Euro erhöht werden. Was wurde ihnen angeboten? 5 Cent …
Diskreditierung durch RATP
Obwohl der Metrobetreiber RATP auf das Subunternehmen einwirken könnte, wird jede Verantwortung für die Situation abgelehnt, als wisse man von den Problemen nichts.
Als die Streikenden am Sitz der RATP protestieren, stoßen sie auf Sicherheitsleute und werden als “Randalierer” bezeichnet. Die Diskreditierung des lautstarken aber friedlichen Protestes wirkt. Alle sind da, sagt ein Streikender. Er meint die Vorarbeiter, Gerichtsvollzieher und die Polizei.
“Wenn die Metro sauber ist, beschwert sich niemand. Aber wenn sie dreckig ist, dann sind wir “Randalierer” (…) Ich arbeite seit 17 Jahren. Wir sind sozusagen Arbeiter im Schatten, aber heute sind wir sichtbar!”
Der Widerstand
Die Arbeiter sind weiter im Streik. Sie schreien heraus, was sie fühlen und was sie denken: “Samsic, Betrüger! Samsic, Betrüger!” Ein Arbeiter sagt: “Wir bleiben standhaft, wir geben nicht auf.”
Bereits 1998 war es in der Pariser Metro zu einem harten Arbeitskampf der Reinigungskräfte gekommen. Jérémy Reichenbach hat in dem Dokumentarfilm “Die Welt ein bisschen sauberer” eine der damaligen Streikversammlungen festgehalten.
Der Film, der sich fast ausschließlich um das Gespräch zwischen den Streikenden dreht, gibt einen Einblick in die Arbeitsbedingungen und den Alltag der Arbeiter. Dieser ist geprägt von Rassismus, Ausbeutung und dem noch immer vorhandenen Geist des Kolonialismus in der französischen Gesellschaft.
Was ist zu tun? Die migrantischen Reinigungsarbeiter besprechen unter anderem, ob sie Gewalt gegen die Streikbrecher anwenden sollen oder nicht. Außerdem erklären sie, wie sie zur Gesellschaft stehen, was ihnen ihre wiederholten Arbeitskämpfe bedeuten und was sie gebracht haben. Aber sie sprechen auch über ihre Resignation.
Der Dokumentarfilm “Die Welt ein bisschen sauberer” (französisch mit dt. ut. | 31 min | 2001) ist im Archiv von labournet.tv verfügbar.
Informationen zum Video
PARISER METRO RATP: ARBEITER_INNEN IM SCHATTEN
Frankreich: 2019 (Französisch mit dt. Untertitel)
Länge: 4 Minuten
Realisierung: Revolution Permanente
Das Video ist Teil des Filmarchivs von labournet.tv, einem Projekt von Content – Verein zur Förderung alternativer Medien e.V.
Foto: Lee Blanchflower (Unsplash.com)
Neue Debatte ist das Magazin für Menschen, Kultur und Gesellschaft. Es steht für 100% Journalismus und Wissenschaft von unten - unabhängig und nicht werbefinanziert. Journalisten, Blogger, Arbeiter, Akademiker, Soziologen, Handwerker, Philosophen, Micro-Blogger, Erwerbslose, Wortkünstler, Experten und kritische Menschen aus allen Milieus und Ländern skizzieren das Zeitgeschehen aus ihrem Blickwinkel: offen, ehrlich und ohne doppelten Boden. Unterstütze uns!