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Gute Satire klärt auf und die Getroffenen belagern die Gerichte. Beides ist ein guter Indikator. Also ran an die eigenen Verhältnisse!
Nicht, dass wir auf die Schnapsidee kämen, die politische Satire sei hierzulande nicht mehr erlaubt! Nein, sie blüht wie lange nicht mehr.
Kongruenz von Mainstream und alternativen Medien
Bei der Beobachtung von dem, was sich zumindest als politische Satire versteht oder selbst so nennt, fällt zunächst auf, dass sowohl in den so genannten Mainstream- und Qualitätsmedien die gleichen Politikerinnen und Politiker aufs Korn genommen werden wie zum Beispiel in den sozialen Netzwerken. Und es fällt auf, dass es nahezu exklusiv Männer sind, die ihr Fett abbekommen.
Vor allem die Kongruenz1Kongruenz bezeichnet in der Politik ein Prinzip der Deckung bestimmter Personenkreise. zwischen den staatsloyalen und den alternativen Plattformen sollte verstören. Irgendetwas scheint nicht zu stimmen.
Es ist zu beobachten, dass es bestimmte Objekte gibt, an denen es sich exzellent abarbeiten lässt. Die wohl tatsächlich schillerndste Figur in der internationalen Politik ist Donald Trump. Das Schöne bei ihm ist, dass er verantwortlich zeichnet für eine neue Politik der USA gegenüber der Bundesrepublik.
Prototypen des Polit-Show-Geschäfts
Das Patronat2Patronat ist im antiken römischen Recht die Bezeichnung für die Stellung eines Herrn als Patron (Schutzherr, Beschützer) gegenüber seinen Freigelassenen. Gegenüber diesen Schutzbefohlenen steht er in einem gegenseitigen Treueverhältnis. hat sich in einen knallharten Konkurrenten verwandelt und der Unmut darüber ist in der hiesigen Nomenklatura riesengroß. Und schon ledert alles was karikieren, überzeichnen, diffamieren und kolportieren kann gegen die Person los. Und – Gott ist den christlichen Demokraten gewogen – jetzt gesellt sich zu dem letzten Exemplar eines satirischen Punchingballs noch ein gewisser Boris Johnson.
Nicht das diese und andere die immer einmal wieder mit mäandern3Mäandern bedeutet, ein verschlungenes Muster aufzuweisen. Bei Texte wird das jeweilige Thema zum Beispiel mit vielen Umwegen und Abschweifungen behandelt. die Ehre einer kräftigen Überzeichnung nicht verdient hätten. Das steht außer Frage: Trump wie Johnson sind Prototypen eines skrupellosen Polit-Show-Geschäfts, das an destruktiven Wirkungen kaum zu überbieten ist. Und dennoch sollte die Einseitigkeit, mit der der letzte Spott vor allem auch in den sozialen Netzwerken mobilisiert wird, zu denken geben.
Die Konditionierung des Widerstands
Die auf der Hand liegende Frage lautet: Was geschieht eigentlich mit den ganzen Politclowns im eigenen Land? Die daher schwätzen wie junge Papageien, die sinnentleerte Sätze in die Massen streuen, die keine Position bis zum nächsten Tweet halten können, die über strategische Kompetenzen verfügen wie die Amöben und die Sympathiewerte haben wie der Restmüll?
Dass sich die herrschenden Medien ihnen gegenüber nicht der Satire bedienen, liegt an der durch sie existenzsichernden Politik. Aber warum lässt sich der in Ansätzen vorhandene Widerstand derartig konditionieren, dass er von ihnen lässt?
Es scheint eine psychische Entlastung zu sein, sich bei den immer obszöner werdenden Zügen der herrschenden Politik an bestimmten Figuren abarbeiten zu können. Doch müssen die in Washington, Pjöngjang, Moskau oder London leben? Wenn es dabei bleibt, dann ist das Hündchen wohl gut konditioniert!
Echte Satire oder Propaganda
Wie wäre es, das Besteck der Satire mal so richtig auszupacken gegen die Merkels, die von der Leyens, die Kramp-Karrenbauers, die Maasens und, auch das wäre ein dankbares Feld, die Lagardes und Macrons? Immer nur die, die den Genannten nicht in den kram passen, das ist allzu durchsichtig. Da verwandelt sich ein Medium der Opposition ganz schnell zu einer lahmen, aber herrschaftssichernden Methode. Indem nur die Trumps, nicht aber die Merkels im Fokus des Spottes stehen, wird selbst dieses Genre zum Mittel der Propaganda.
Übrigens: Es existieren Ausnahmen, wie zum Beispiel “Die Anstalt“, die nicht nur Respekt verdienen, sondern anhand derer auch demonstriert werden kann, was gute Satire bewirken kann. Sie klärt auf, und die Getroffenen belagern die Gerichte. Beides ist ein guter Indikator. Also ran an die eigenen Verhältnisse!
Foto: Katrina Berban (Unsplash.com)
Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.