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Krieg & Frieden

Ein weiteres Dokument politischer Frivolität

Das ZDF lieferte einen Beleg für den Zustand des eigenen Hauses. Es war ein Dokument politischer Frivolität, eine Art Show für Bellizisten.

Am 1. August lieferte das ZDF einen wunderbaren Beleg über den Zustand des eigenen Hauses. Zunächst im heute journal unter Leitung von US-Think-Tank Mitglied Claus Kleber1Claus-Detlev Walter Kleber (Jahrgang 1955) ist Jurist, Journalist, Buchautor und Fernsehmoderator. Er ist seit Anfang 2003 Moderator des ZDF-heute-journals und war bis Februar 2009 auch dessen Leiter. Kleber ist als Kuratoriumsmitglied der Stiftung Atlantik-Brücke mit der Atlantik-Brücke verbunden. und danach in einer als Dokumentation ausgewiesenen Sendung über die NATO und die mit ihr korrelierende Weltlage.

Die Propaganda-Show

Es wurde demonstriert, wie Geschichte umzuschreiben ist und welch wunderliche Konstellationen dabei herauskommen können. In der Quintessenz war das Resultat allerdings recht bescheiden, wenn man die ansonsten doch generell transportierte Formel, dass alles viel komplexer und komplizierter geworden sei, tatsächlich ernst nimmt.

Denn am Ende der insgesamt 75 Minuten ausgestrahlten Propaganda-Show im Auftrag amerikanischer Bellizisten2Der Begriff Bellizismus bezeichnet eine ideologische Befürwortung des Krieges und die Neigung, internationale Konflikte grundsätzlich durch militärische Gewalt zu lösen. stand nur ein Satz: Der Russe ist an allem Schuld.

Es begann mit dem Warschauer Aufstand3Der Warschauer Aufstand war die militärische Erhebung der Armia Krajowa (Polnische Heimatarmee) gegen die deutsche Besatzungsmacht. Der Aufstand, angeordnet von der polnischen Exilregierung in London,  begann in Warschau 1. August 1944. Er dauerte bis zum 1. Oktober 1944., seinerseits sicher ein – wenn auch tragischer – heroischer Akt der polnischen Nation im Widerstand gegen den deutschen Faschismus. Der Warschauer Aufstand scheiterte nämlich nicht so richtig an der deutschen Rigorosität und Übermacht, sondern weil die Rote Armee der Sowjetunion aus sicherer Entfernung einfach zugeschaut und nicht interveniert hatte.

Wer sich die militärische Konstellation zu diesem Zeitpunkt vor Augen führt, weiß, dass die Rote Armee zu diesem Zeitpunkt in Ostpreußen in heftige Kämpfe verwickelt war. Aber Fakten spielen bei den Narrativen der Bellizisten keine Rolle.

Das Handwerk der Desinformation

In der Dokumentation zur NATO überwog der immer wiederholte Vorwurf gegenüber Russland, das Land sei aggressiv, weite sein Territorium aus und annektiere fremde Territorien völkerrechtswidrig wie das Beispiel der Halbinsel Krim illustriere.

Nicht, dass die Geschichten neu wären, aber sie bleiben falsch. Warum deutsche Soldaten als NATO-Verbände direkt an der russischen Grenze stationiert sind, wäre eine nahe liegende Frage. Warum die NATO über nunmehr nahezu 1000 Kilometer von Nord nach Süd direkt an der russischen Grenze steht und dort mit pompösen Manövern den Krieg übt, wurde mit der unerhörten Frechheit Russlands begründet, im eigenen Terrain tatsächlich bis zur Grenze vorgedrungen zu sein. Das verursache große Ängste bei den Anrainern, vor allem den Balten und den Polen.

Es wäre ein kurzer Exkurs in die Küchenpsychologie wert gewesen, um herauszufinden, wie sich wohl die Bevölkerung einer ehemaligen Supermacht gefühlt hatte, als das Land zusammenbrach und innerhalb von zwanzig Jahren die ehemals feindlichen Verbände bis an die eigene Grenze vorgedrungen waren. Und wie sich jemand fühlt, der gerade in einem Moment der inneren Schwäche von allen Seiten mit dem Messer bedroht wird. Die Fähigkeit, sich in die Situation des Gegenübers zu begeben, spielt im Handwerk der Desinformation jedoch keine Rolle.

Die politische Frivolität

Ebenso interessant wäre die Frage gewesen, was ein Land wie die Bundesrepublik Deutschland bräuchte, um seine territoriale Integrität zu verteidigen. Die Fragestellung spielt seltsamerweise nie eine Rolle. Sie ist jedoch die einzige, die durch das Grundgesetz gedeckt wäre. Stattdessen turnen deutsche Streitkräfte von Afghanistan bis Mali in der ganzen Weltgeschichte herum und die beauftragenden Politiker faseln vor allem immer da, wo es um strategische Rohstoffe geht, von den Werten, die dort verteidigt würden.

Womit wir schon bei der Schlussfolgerung angekommen sind, die aus diesem weiteren Dokument politischer Frivolität zu ziehen ist. Es geht nicht um Werte, es geht immer um den Zugriff auf Wertgegenstände wie Ressourcen und Arbeitskräfte. Dies für die Kapitalverwertung zu sichern, dazu ist auch der hoch gefährliche Schützenverein namens NATO gedacht.

In der amerikanischen Philosophie zur eigenen Weltherrschaft nach der Blaupause des legendären Zbigniew Brzeziński (The Grand Chessboard) muss der Zugriff auf die eurasische Landmasse, und dazu gehört in erster Linie Russland, gesichert sein. Und die konditionierten Äffchen im ZDF suchen uns zu suggerieren, hier ginge es um die Unantastbarkeit der Menschenrechte?


Symbolfoto: Alexander Krivitskiy (Unsplash.com)

Politologe, Literaturwissenschaftler und Trainer | Webseite

Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

Von Gerhard Mersmann

Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

4 Antworten auf „Ein weiteres Dokument politischer Frivolität“

Sehr geehrter Herr Mersmann,
ständig wird gegen Russland gewettert, um es mal salop auszudrücken! Es scheint ein plumpes Ablenkungsmanöver zu sein, damit die eigenen Schwächen und Fehlentscheidungen nicht konstatiert werden können! Natürlich ist es für den politleien sehr schwer die komplizierten Zusammenhänge richtig einzuordnen! Die meisten verlassen sich auf die öffentlich Rechtlichen Informationen und werden damit sehr einseitig beeinflusst!

Ich lese immer wieder Ihre Beiträge und halte sie für sehr gut, da Sie eine differenzierte Sichtweise darlegen!

Mit freundlichen Grüßen
Antje Schnabel

Hinzu kommt noch seine arrogante Art des Vortrags, echt Oberlehrerhaft trägt er seine Kenntnisse vor, als ob sein Wissen das einzig richtige ist. Diese Art der Volksverdummung zieht sich durch alle Programme des ZDF, aber auch der ARD. Sind wirklich so viele Zuseher mit dieser Art Programmgestaltung zufrieden, oder haben es die Medien allgemein geschafft, die Menschen so zu manipulieren, dass wichtige Themen kein Interesse finden.

Ich denke, daß ganz viele Menschen gar kein richtiges Interesse mehr an der Politik haben, weil sie die Glaubwürdigkeit der Politiker und Medienmacher stark anzweifeln und keine Möglichkeit der Einflussnahme, wie bsplw. Volksentscheide und Wahlen, mehr haben! Und weil man seine wahre Meinung über die Entwicklung Deutschlands lieber für sich behält.
Und genau dies ist eine gefährliche Tendenz, die unsere ganzen Errungenschaften der Meinungsfreiheit sowie Demokratie in Frage stellt! Meinungsbildung wird so schon im Keim erstickt, wenn sie nicht mit der Politikelite konform geht! Darum auch die lückenhafte Berichterstattung, anders kann ich mir vieles nicht erklären!

Auf den Punkt gebracht. Es wird alles versucht, um ein Feinbild aufzubauen. Ohne “gemeinsamen” Feind, der jeden (angeblich) bedroht, gibt es keine Begründung für ein Staatsgebilde mit Armee etc. und kann abgewickelt werden. Der Vergleich mit Schutzgelderpressern bietet sich an. Ohne Aggressor keine Bedrohung, ohne Bedrohung kein Grund für Zahlungen. Das künstlich Bedrohungen als “Realitäten” medial verkauft werden, ist wenig überraschend.

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