Zwar existieren Detailstudien, die gewichtig wie komplex sind, aber eine Betrachtung über zumindest die letzten 2000 Jahre gibt es noch nicht. Der Gegenstand dieser Untersuchung sollte sein, genau zu untersuchen, inwiefern sich historisch entweder diejenigen durchsetzen, die eine Idee, einen Glauben, eine Religion verfolgen oder die, die exklusiv auf das Machtkalkül setzen.
Herfried Münkler und der Dreißigjährige Krieg
Das Ansinnen klingt zunächst naiv, weil wahrscheinlich weder die eine noch die andere Variante eine generelle Erfolgsgarantie aufweisen kann, mit einer leichten Tendenz zum Machtkalkül vielleicht, aber auf keinen Fall kann einer Variante die Überlegenheit in Reinform zugesprochen werden. Das einmal als These.
Ein gutes Beispiel für eine derartige Untersuchung ist der Dreißigjährige Krieg. Der mit einem politologischen Ansatz operierende Herfried Münkler hat dies jüngst getan [1]. Seine Auswertung bringt es relativ leicht auf den Punkt: Diejenigen, die das Motiv des Krieges auf das religiöse Ziel reduzierten, waren denjenigen, die die gesamtpolitischen und geostrategischen Konstellationen in ihr Kalkül mit einbezogen, strategisch und real unterlegen.
Man könnte die großen Epochen der Neuzeit, in denen Ideen eine gewaltige Rolle spielten, weiter untersuchen und käme zu erstaunlichen Ergebnissen.
So war die Sowjetunion, obwohl alles andere als ein vom Idealismus durchtränkter Staat, vielleicht doch Opfer einer blendenden Ideologie. Und die USA haben, seit ihrem Sieg über die UdSSR die positiven Ideen für überflüssig gehalten und ließen im euphorischen Triumphalismus dem reinen Machtkalkül freien Lauf, was ihren Niedergang beschleunigen wird.
Ob China aus all diesen Fehlern des ideen- oder machtbezogenen Purismus gelernt hat, wird sich noch herausstellen, wobei einiges dafür spricht [2].
Schöne Idee, nur wie soll sie umgesetzt werden?
Jedenfalls zieht sich die Frage wie ein roter Faden durch die Weltgeschichte. Zumeist ist, wenn große Ideen im Spiel sind, der Machtfaktor in den Hintergrund gedrängt und das führt in der Regel zu einem bösen Erwachen. Von den schönen Ideen bleibt dann noch die Erinnerung, während sich ein neuer Moloch in der Sonne räkelt.
Das Resümee dieser Betrachtung ist recht simpel und führt zu der in der Politik bekannten Standardfrage: Schöne Idee, nur wie soll sie umgesetzt werden?
Wie breit ist die Basis derer, die als Unterstützer gelten können? Existieren Bündnispartner? Mit wem sind Koalitionen möglich? Wie gestaltet sich die Interessenlage? Wer muss mobilisiert werden, um welche Bündnisse zu erreichen?
Die alte Erkenntnis
Die Fragen sind existenziell und sie gelten im Kleinen wie im Großen. Wer im Großen, das heißt international, etwas erreichen will, muss sich diese Fragen genauso stellen und er braucht dabei Zeit, Geduld und Verhandlungsgeschick. Wer nur durch die Gegend läuft und seine Position als die einzig Wahre deklamiert, wird sich um keinen Millimeter fortbewegen.
Um das Vertrauen möglicher Bündnispartner zu gewinnen, wird eine Offenheit benötigt, die sich auf die eigene Interessenlage bezieht. Wer nur von Ideen und Überzeugungen spricht, wird dieses nicht bewerkstelligen. Es geht darum, zu sagen, was man braucht und will und was man im Gegenzug dazu bereit ist zu geben und zu zahlen.
Das ist eine alte, sehr alte und immer noch geltende Erkenntnis, die in der gegenwärtigen Politik dieses Landes nicht mehr zu hören ist.
Die existenzielle Frage
Letzteres hat mehrere Gründe. Die Gewissheit hinsichtlich des Charakters dieses Landes ist nicht mehr gegeben, eine große Orientierungslosigkeit hat sich breitgemacht, die durch die schleichende Abkehr vom Industrialismus noch Dimensionen hervorrufen wird, die schlimme Szenarien wahrscheinlich machen. Das Marktgeschrei um Bekenntnisse und Überzeugungen ist nur ein Indiz für die allgemeine Verwirrung.
Das Erfordernis, Klarheit zu schaffen über Charakter, Zielsetzung und Bedürfnisse des Landes, ist zu einer existenziellen Frage geworden.
Quellen und Anmerkungen
[1] Herfried Münkler: Der Dreißigjährige Krieg. Europäische Katastrophe, deutsches Trauma 1618-1648 (ISBN: 9783871348136), Hamburg 2017. ↩
[2] Jörg Kronauer: Der Rivale. Chinas Aufstieg zur Weltmacht und die Gegenwehr des Westens (ISBN-10: 3930786885, ISBN-13: 9783930786886), Hamburg 2019. ↩
Symbolfoto: Claudio Schwarz | @purzlbaum (Unsplash.com)
Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.
3 Antworten auf „Die existenzielle Frage: In welchem Land wollen wir leben?“
Die heutige Gesellschaft und zwar gerade die, die im Mittel finanziell ganz gut versorgt ist, einer psychischen Störung im Umgang unterliegen sind. Das zeigt sich darin, dass bei auftretenden Problemen bei der Lösung nie vom eingeschlagenen Denken abgewichen wird. Einige Verhaltensweisen sollen hier angeführt werden, bei dem nicht vom eingeschlagenen Pfad abgewichen wurde. Es finden immer nur Reaktionen auf Krisen statt, Aktionen sind selten anzutreffen. Es scheint, als ob viele schon in der Kindheit mit einer Denksperre versehen worden sind, hier einmal einige aufgeführt.
Beginnen wir mit dem größten Vergehen, es ist die Anwendung des Geldsystems. Mehr Unheil als dieses Geldsystem ist wohl nie angerichtet worden. Da werden Kriege nur wegen der Ausbeutung von Rohstoffen geführt. Da liegen riesige Klimaprobleme vor der Tür und die Menschheit überlegt, ob man wohl mit diesen oder anderen Steuern den Menschen diese Änderung schmackhaft machen kann. Hier haben die Regierenden Angst, Wählerstimmen zu verlieren. Sinnvoll wäre es, die erforderlichen Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen. Das dabei fehlende Geld herzustellen, sollte bei sinnvollem Umgang damit keine Schwierigkeiten bedeuten. Es kann doch wohl nicht sein, dass von den Abgeordneten alle nicht vom Vollgeld gehört hätten. Und fast alle Bürger sehen diesem Unheil auch ohne Interesse zu, sie haben nur Zeit für die eigenen Probleme. Das kann wohl nur auf eine psychische Störung zurückzuführen sein.
Da hat man bei dem großen Bankencrash die südeuropäischen Länder die Bürger so stark mit den Bankschulden belastet, obwohl diese nicht die Verursacher waren. Und immer noch leiden diese Länder darunter. Der Grund ist wieder dem Geldsystem anzulasten. Man soll durch Sparen Schulden tilgen. Sparen heißt aber weniger Umsatz und damit weniger Geld. Diesem Verbrechen sehen sogar 500 Millionen Menschen einfach zu, auch sie müssen wohl an einer psychischen Störung leiden, wenn so etwas nur zur Kenntnis genommen wird.
Da ist die Regierung stolz, den größten Freihandelsvertrag abgeschlossen zu haben. Da wir aber doch gezwungen sind, Energie einzusparen, ist dieser Vorgang unverständlich, gerade jetzt sind doch Einschränkungen gefordert. Aber nein, wir wollen doch Exportweltmeister bleiben. Dabei hat die BRD heute schon Forderungen an das Ausland von einer Billion Euro. Wir bauen anscheinend lieber Autos statt im eigenen Land genügend Ärzte, Pfleger und Lehrer zu haben. Handelt es sich dabei nicht auch um eine psychische Störung.
Da sind im eigenen Land alle Straßen übervoll mit Fahrzeugen, die oft im Stau stehen. Nun wird überlegt, wo man noch mehr Straßen bauen kann. Dagegen sollte es sinnvoll sein, zu überlegen, ob es nicht notwendig ist, uns einzuschränken. Es gab Zeiten, da gab es auf Autobahnen große Abstände zwischen Fahrzeugen, haben wir uns zu viel Luxus zugelegt. Wenn hier nicht eine Denksperre vorliegt, könnte hier Abhilfe geschaffen werden.
Das Sonderbare ist, dass fast alle davon betroffen sind. Es muss wohl schon in der Schule diese Denksperre eingeprägt worden sein, die für das ganze Leben reicht. In der Öffentlichkeit wird von Regierung und Medien alles versucht, diese Denksperre mit aller Macht aufrecht zu halten.
Lieber Herr Claus Meyer,
ich bewundere Ihre Vehemenz, mit der Sie immer wieder auf die Brisanz des bestehenden Geldsystems hinweisen. Ich kann Ihnen da nur beipflichten, dennoch ist jedes Geldsystem, oder besser gesagt, der Kapitalismus, nur eine Ausdrucksform der Gier des Menschen.
Insofern wird auch das Vollgeldsystem scheitern und eine 2000 Jährige Detailstudie, wie von Herrn Mersmann Eingangs erwähnt, nicht nötig sein. Denn die gesamte menschliche Geschichte basiert auf Glauben, Religionen und Macht, die sich immer wieder bekämpfen.
Das wird wohl auch noch so sein, wenn wir voll überwacht, mit Hirnimplantaten, bargeldlos unseren nächsten Cyberurlaub bezahlen, auf Kosten derjenigen, die keine Macht ausüben (wollen).
Ein Satz ist falsch: Da ist die Regierung stolz, das größte Freihandelsabkommen abgeschlossen zu haben. Abgeschlossen hat es bisher nur der Rat der EU als EU-Only..Dagegen wurde bereits Verfassungsbeschwedre eingereicht von Frau Grimmenstein und ca. 9.000 Mitstreitern. Vor allem wurde darauf gewiesen, dass das Freihandelsabkommen gegen deutsche Gesetze verstößt und damit nicht “EU-Only” sein kann. Diei 93seitige Beschwerde kann über http://www.change.org nachgelesen werden. De Schwierigkeiten mit den nen Freihandelsabkommemziegt ishcuach darin, dass seit der vorläufigen Anerkennung eines Teils des CETA-Abkommens im Oktober 2016 bis heute das Abkommen im deutschen Bundestag nicht behandelt wurde. Auch hier ist die Verfassungsbeschwerde noch offen. Von den meisten Medien wurde bei der Entscheidung des BVerfG im Okt. 2016 zum abgelehn Antrag auf einstweilige Anordnung der Schlußsatz nicht genannt Zitat: Sofern sichdie Anträge gegen den Beschluß des Rates zum Abschluass von CETA richten, muss ihnen der Erfolg versagt bleiben, weil dieser Beschluss (…) erst nach der Ratifizerung durch die einzelnen Mitgliedsstaaten gefasst werden wird und aher zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine unmittelbare Rechtswirkung zeitigen kann..-Zitat Ende
Nun mine Frage: Dass die einstweilige Anordnung abgelehnt wurde, darüber wurde berichtet. Vom Schlußsatz weiss ich nur über Frau Grimmenstein. mit der ich persönlichen Mail-Kontakt habe.