“Man will uns den Krieg wieder aufschwatzen, notfalls aufzwingen. Der Grund ist seit hundert Jahren derselbe: die Vollendung einer Entwicklung hin zur totalen „Global leadership“ der USA – zur Weltherrschaft”, schreibt Roland Rottenfußer, Chefredakteur von Hinter den Schlagzeilen und Autor bei Rubikon, dem Magazin für die kritische Masse, in seiner Buchvorstellung von “Der nächste große Krieg”.
Stimmen gegen den Krieg
Ist das Buch gut oder ist es schlecht? Die Frage erübrigt sich: Es ist notwendig! Dies ist das erste überragende Argument, um es zu erwerben, weil durch den Kauf das unterstützt wird, was man kritischen Journalismus nennt. Und der, da beißt die Maus keinen Faden ab, ist in Zeiten der gedanklichen Gleichschaltung Mangelware.
Der Rubikon hat in “Der nächste große Krieg” Beiträge von Autoren wie zum Beispiel Chris Hedges, Karin Leukefeld, Friedhelm Klinkhammer, Ulrich Teusch, Hannes Hofbauer, Ivan Rodionov, Hermann Ploppa, Nicolas Riedl, Stefan Korinth, Florian Kirner, Bernhard Trautvetter und Werner Ruf zusammengetragen. Jens Wernicke fungiert als Herausgeber.
Entstanden ist eine kritische Analyse der gegenwärtigen Weltlage, die aus Sicht des globalen Nordens geprägt ist durch politische und mediale Kriegstreiberei und den Aufbau Russlands als neues Feindbild. Die Zeichen stehen auf Konfrontation.
Roland Rottenfußer schreibt:
“[…] Man will uns den Krieg wieder aufschwatzen, notfalls aufzwingen. Der Grund ist seit hundert Jahren derselbe: die Vollendung einer Entwicklung hin zur totalen „Global leadership“ der USA – zur Weltherrschaft.”
Im Grundsatz kann der Aussage zugestimmt werden, nur der Verallgemeinerung nicht. Nicht die USA streben nach der Weltherrschaft: Kein unterbezahlter Amazone-Fahrer in New York City, kein ausgebeuteter McDonald-Verkäufer in Chicago, kein Obdachloser in Montana und sicher keiner der weit über 40 Millionen US-Amerikaner, die von Essensmarken leben müssen, die man ihnen auch noch wegnehmen will, strebt nach der absoluten Macht. Es sind jene, die das künstlich am Leben erhaltene Finanzsystem und das globalisierte Kapital kontrollieren. Dies steckt in einer massiven und anhaltenden Verwertungskrise.
Aus der Krise in den Krieg
Wenn nichts mehr zu holen ist, die Bevölkerung ausgeplündert ist, das Gemeineigentum privatisiert und Grund und Boden angeeignet, bleiben Krieg und Raub die Option, vielfach erprobt, ob nun auf den historischen Schlachtfeldern des Zweiten Weltkriegs oder in der Gegenwart in Libyen, dem Irak oder sonst wo auf dem Planeten.
Der Weg der Krise führt in Krieg und Gewalt. Dies gilt auch für die Staaten der Europäische Union, in der die Handschrift des Marktfundamentalismus erkennbar wird. Diesen hatte die Regierung von Margaret Thatcher bereits Ende der 1970er Jahre den Briten verordnet.
Mit dem Polizeiknüppel und Streikbrechern wurde der letzte große Widerstand der Bergarbeiter zerschlagen. Die Ereignisse der Jahre 1984 und 1985 taugen als Indiz für die Ausgangslage: Kapitaldiktatur ist als Bezeichnung gut genug.
Die Mitte der britischen Gesellschaft, von den einseitigen Berichten der Massenmedien Brainwashed, schaute erstaunt zu und machte sich Sorgen, ob Autos abbrennen oder Fensterglas zu Bruch geht. Den sozialen Sprengstoff erkannte man nicht, noch nicht einmal die Labour Party, die zur Solidarität mit den Streikenden getragen werden musste.
Zurück blieb eine soziale und wirtschaftliche Trümmerwüste deren Protagonisten von der Erinnerung an alte Zeiten der Kolonialherrschaft und dem Glanz einer verstorbenen Prinzessin zerren. Internationale Aufmerksamkeit wird nur noch erhascht durch Leichenfunde in Lastwagen, die Verhaftung von politisch Verfolgten oder sinnfreie Brexit-Debatten, als warte außerhalb der EU die Hölle. Fragen Sie in Griechenland nach. Dort wissen die Menschen, was es bedeutet, im Würgegriff des Kapitals zu sein. Das steht Deutschland noch bevor.
Information, Aufklärung und Aktionen
Und nun reden wir von der EU der Gegenwart, in der die Völker schon vom bitteren Gift des Marktfundamentalismus kosten dürfen. Die normalen Menschen wollen keine Kriege, die herrschenden Eliten sind es, die ohne Gewalt und Krieg ihre Machtposition nicht halten können. Sie müssen die aufgestaute Wut, die aus zunehmender Armut und sozialer Ungleichheit resultiert und sich in Protest, Streiks und Revolten gegen sie selbst richtet, und das Kapital auf der Jagd nach Profit behindert, kanalisieren.
Dies geschieht nach innen durch die Herabwürdigung und Hetze gegen die Schwächsten der Gesellschaft, die Hartz-IV-Empfänger, die Arbeitslosen, die Armen, die Flüchtlinge oder andere Randgruppen, die zum Sündenbock taugen. Die Massenmedien, die Besitz des Großkapitals darstellen und dessen Interessen vertreten, machen ebenso mit wie Politiker etablierter Parteien, die die Bindung zu den unteren Schichten schon lange verloren haben oder Rechtspopulisten, die der bürgerlichen Mitte entsprungen sind.
Diese innere Entladung wird begleitet von der äußeren, die an Bedeutung gewinnt, je deutlicher sich wirtschaftlicher Niedergang und staatlicher Zerfall abzeichnen. Das sind die Auslandseinsätze, das Relativieren von Kriegshandlungen als humanitäre Aktionen, die angebliche Verteidigung der Demokratie am Hindukusch, das Mitmachen beim Ressourcendiebstahl in Afrika, die Kollaboration mit War Lords oder die jüngste irrationale Äußerung einer Christdemokratin, die sich um Verteidigungsfragen kümmern soll, Deutschland solle mit Einheiten der Bundeswehr in Nordsyrien vorstellig werden – natürlich mit UN-Mandat und Hinweis auf “die Werte” und so. Das ist Sensibilisierung für Krieg.
Gegen die Kriegspropaganda
Wo bleibt die journalistische Mobilmachung für den bedingungslosen Frieden in der Welt, wo ist der vehemente Einspruch gegen die Aburteilung Russlands als Feind? Der ist auf der Seite der freien und alternativen Medien zu finden, während im Mainstream die Kriegsverherrlichung dem Brei aus Banalitäten und Tittytainment untergerührt wird.
Diese Nebelwand versucht das eBook “Der nächste große Krieg” zu durchbrechen. Dazu bemerkt Roland Rottenfußer:
“[…] Gegen die prall gefüllten Kriegskassen der großen „Kulturnationen“ haben wir nur eine Chance: Alle, die verstanden haben, müssen sich den Kriegsplänen widersetzen: mit allen Mitteln der Information und Aufklärung, durch Aktionen, Demonstrationen, Appelle und Wahlentscheidungen beziehungsweise Wahlenthaltung.”
Spontane Zustimmung braust auf, zwei Komponenten erweisen sich aber als Sackgassen, deren man sich bewusst sein sollte. Es sind die typischen Irrtümer, die durch eine hoffnungsvolle Bewertung der Rahmenbedingungen entstehen: Wahlen und Appelle ändern nichts, solange in der Demokratie alle Macht vom Kapital ausgeht.
Kleinteilige Anpassungen erscheinen möglich, aber nur deshalb, weil diese vom System als nützlich zur Erhaltung der eigenen Existenz erkannt und deshalb realisiert werden. Am großen Ganzen wird nicht gerüttelt.
Das Gefühl, man könne mit einem Stimmzettel die Politik beeinflussen, wirkt fraglos beruhigend auf das erhitzte Gemüt. Aber wo ist im politischen Raum Platz für eine ergebnisoffene Diskussion über einen gesellschaftlichen und außenpolitischen Gegenentwurf zu finden? Nirgendwo. Die Mitgliedschaft in der NATO ist in Stein gemeißelt, was für die Wirtschaft und das Kapital gut ist, hat Vorfahrt vor ausnahmslos jeder sozialen und ökologischen Verantwortung und Waffenhandel ist ohnehin heilig.
Der nächste große Krieg
Wer etwas ändern wollte an Mord und Totschlag in der Welt, der würde den Handel mit Kriegsgerät ein für alle Mal verbieten; keine einzige Patrone verließe dieses Land. Gab es schon eine Bundesregierung, die dieser Logik gefolgt wäre? Nein. Denn in der Parteienherrschaft schwingt abweichendes Verhalten – und Krieg ist nichts anderes – den Taktstock!
Ob nun eine CDU geführte Regierung Kriegstreiberei betreibt, Rot-Grün zum Kampf gegen die Schwachen bläst oder zum Angriff auf den Balkan oder es sich eine andere Koalition in den Plüschsesseln der Parlamente bequem macht, um Kriegshandlungen als humanistischen Akt zu verharmlosen und Waffenhandel abzunicken, ist völlig gleichgültig – der Kurs wird beibehalten.
Da China zu weit weg ist und der internationale Terrorismus, für den es bis heute keine Definition gibt, was das eigentlich sein soll, außer das Feigenblatt für Massenüberwachung, die Verfolgung von Whistleblowern wie Julian Assange, die Kriminalisierung von Oppositionellen, zur Unterdrückung von Meinungs- und Pressefreiheit, für System-Change-Politik und Ressourcenraub, als Angstmacher nicht mehr zieht, wird am alten Feindbild gefeilt: Russland.
Dieser Flächen- und Rohstoffgigant, den die Masse aus dem Atlas kennen mag, aber kaum einer durch die Beschäftigung mit der Geschichte, Kultur oder gar durch das Bereisen des Landes, ist den meisten Menschen völlig fremd.
Und da das Unbekannte dem Menschen Angst macht, taugt Russland den Kriegstreibern und Propagandisten als Feindbild. Der Klappentext des Rubikon-Buchs passt daher wie die Faust auf das Auge:
Nach zwei Weltkriegen, in denen sich Deutschland jedes Mal angeblich gegen Russland „verteidigte“, darf von deutschem Boden nur noch Frieden ausgehen. Dies hatten sich viele angesichts der Trümmerlandschaften nach 1945 geschworen. Nun wird erneut für einen großen, verheerenden Krieg mobil gemacht. In den Waffenfabriken sowie in den Medien der „Heimatfront“, die ihre vornehmste Aufgabe darin zu sehen scheinen, die Köpfe der kriegsskeptischen Bürger mit Propagandaphrasen sturmreif zu schreiben. Das betrifft unser ureigenstes Metier: den engagierten Journalismus. Der Rubikon hat für dieses Buch daher die hellsten Köpfe der Friedensbewegung versammelt, um ein machtvolles Gegengewicht zu schaffen. Denn ist höchste Zeit, aufzustehen. Zeit, die eigene Stimme zu erheben. Zeit, Position zu beziehen. Für jeden und jede von uns.
Damit ist alles gesagt: Lesen Sie das Buch, erkennen Sie die Zusammenhänge und leisten Sie Widerstand. Besetzen Sie die Friedensbarrikaden!
Informationen zum eBook
Der nächste große Krieg
Hintergründe und Analysen zur medial-politischen Hetze gegen Russland
Herausgeber: Jens Wernicke
Seiten: 490
Erschienen: Oktober 2019
Verlag: fifty-fifty Verlag
Bezug: Westend Verlag
Mit Beiträgen von Daniele Ganser, Chris Hedges, Karin Leukefeld, Volker Bräutigam, Friedhelm Klinkhammer, Ulrich Teusch, Hannes Hofbauer, Ivan Rodionov, Jens Wernicke, Hermann Ploppa, Roland Rottenfußer, Nicolas Riedl, Stefan Korinth, Florian Kirner, Kilez More, Bernhard Trautvetter, Werner Ruf, Armin Wertz, Jens Lehrich, Peter Frey, Jens Bernert, Ullrich Mies, Andrea Drescher, Ulrich Heyden, Andreas von Westphalen, Nina Forberger, Madita Hampe und Christiane Borowy.
Stimmen zum Buch
Symbolfoto und Cover: Black Cross (Street Art in Exarcheia) und fifty-fifty Verlag
Gunther Sosna studierte Psychologie, Soziologie und Sportwissenschaften in Kiel und Hamburg. Er war als Handballtrainer tätig, arbeitete dann als Journalist für Tageszeitungen und Magazine und später im Bereich Kommunikation und Werbung. Er lebte hauptsächlich im europäischen Ausland und war international in der Pressearbeit und im Marketing tätig. Sosna ist Initiator von Neue Debatte und weiterer Projekte aus den Bereichen Medien, Bildung, Diplomatie und Zukunftsfragen. Regelmäßig schreibt er über soziologische Themen, Militarisierung und gesellschaftlichen Wandel. Außerdem führt er Interviews mit Aktivisten, Politikern, Querdenkern und kreativen Köpfen aus allen Milieus und sozialen Schichten zu aktuellen Fragestellungen. Gunther Sosna ist Befürworter des bedingungslosen Grundeinkommens und tritt für die freie Potenzialentfaltung ein, die die Talente, Fähigkeiten und die Persönlichkeit des Menschen in den Mittelpunkt stellt, ohne sie den Zwängen der Verwertungsgesellschaft unterzuordnen. Im Umbau der Unternehmen zu gemeinnützigen und ausschließlich dem Gemeinwohl verpflichteten sowie genossenschaftlich und basisdemokratisch organisierten Betrieben sieht er einen Ausweg aus dem gesellschaftlichen Niedergang, der vorangetrieben wird durch eine auf privaten Profit ausgerichtete Wirtschaft, Überproduktion, Kapitalanhäufung und Bullshit Jobs, die keinerlei Sinn mehr haben.