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Nordamerika

Die letzte Schlacht alter, weißer Milliardäre

Die demokratische US-Präsidentschaftskandidatur ist um einen Farbtupfer reicher. Michael Bloomberg will ins Weiße Haus. Sein bestes Argument: Geld. Der Milliardär ist eine höllische Perspektive.

Wenn von Zukunft gesprochen wird, ist zumeist die Initiative der Jugend gemeint. Es wirkt immer etwas schrill, wenn die Perspektiven für die Zeit, die da kommen wird entwickelt werden und die Alten das Wort führen.

Sie sind diejenigen, die, wenn es eine gute Zeit war, ihr Leben lang gestaltet haben, und wenn es schlecht war, dann haben sie nur verwaltet. Trifft Letzteres zu, dann ist es umso erforderlicher, dass die Jugend die Initiative ergreift.

Sie weiß, dass sie die Alten überleben wird und sie muss wissen, was sie will. Bleibt ihre Stimme stumm, dann dümpelt die Gesellschaft dahin, ohne Hoffnung und ohne Initiative. Bleiben wird nichts, wie es war, aber ein Subjekt mit einer gesicherten Perspektive sollte schon vorhanden sein, wenn ein Ende in der Katastrophe vermieden werden sollte.

Zwei Milliardäre

Dass sich mit der großen Unordnung, die in der Welt herrscht, die Frage nach der Zukunft umso drängender stellt, ist folgerichtig. In diesem Kontext ist es ein einzigartiges Dokument, dass sich in den USA nun nach Donald Trump ein weiterer alter Milliardär auf die Rampe stellt und seinen Anspruch formuliert, in seinem Land die Initiative ergreifen zu wollen: Es ist ein Schlag für eine erneuernde, innovative Perspektive.

Trump, der bis dato immer noch als Ausrutscher der Geschichte interpretiert wird, hat mit Michael Bloomberg von den Demokraten nun einen Konkurrenten bekommen, der außer seinem Reichtum, mit dem er den Wahlkampf finanzieren will, nichts in Sachen Zukunft zu bieten. Er steht wie kaum ein anderer für den Niedergang der Demokraten, die sich vereint haben mit der weißen Ostküstenplutokratie.

Sie haben das Land, das in der Welt seinen Hegemonialanspruch behalten will, zu einem bloßen Spekulationsobjekt gewandelt, was große Teile der Bevölkerung sozial abgewickelt und politisch perspektivlos gemacht hat. Alle, die sich im Korpus der demokratischen Partei momentan den Kopf zerbrechen, wie sie aus der Geschichte wieder herauskommen und der Gesellschaft eine politische Perspektive anbieten können, sind mit Bloombergs Kampfansage böse überrascht worden. Die vielen Jungen, die dort in der Diskussion mit den Verlierern der Spekulation auf den lokalen Ebenen unterwegs sind, erleben die Kandidatur des Milliardärs als einen Putsch.

Höllische Perspektive

Nach der desaströsen Zerstörung der Hoffnung, die der ehemalige Präsident Barack Obama bei seiner Wahl noch vermittelte, sind die Demokraten in eine noch größere Depression geraten, als sie es bereits waren und für deren Dekadenz wie Rückwärtsgewandtheit vor allem der Name Clinton steht. Nun also nicht der alte Linke Bernie Sanders, nicht die junge, dynamische Tulsi Gabbard, nein, Michael Bloomberg, der ehemalige New Yorker Bürgermeister, 77 Jahre alt und mit seinem Privatvermögen auf 50 Milliarden US-Dollar geschätzt.

Mit Trump und Bloomberg stünden sich zwei alte Lokalrivalen gegenüber, die tief im Morast des Hudson stehen und beide die alte, weiße, finanzgewaltige, maskuline, protestantische Ostküstenelite verkörpern.

In einem Land, das die Arbeiterklasse geschreddert und die Mittelschichten geknebelt hat, das aber mehr denn je jung ist und eine große ethnische wie kulturelle Vielfalt aufs Tableau bringt, kann die Perspektive, die sich am Horizont mit diesem Szenario abzeichnet, nur noch als höllisch bezeichnet werden.

Letzte Hoffnung Rebellion

Da ist keine Jugend, da ist keine Vielfalt, da ist kein kultureller Reichtum. Das ist das Festhalten am dicken, prall gefüllten Geldsack, koste es, was es wolle. Das Einzige, was in dieser Situation Anlass zur Hoffnung gibt, ist die Erwartung, dass die Rebellion auf dem Vormarsch ist. Denn ein „Weiter so!“ wird es nicht geben, auch wenn die alten, reichen Männer es noch einmal wissen wollen.


Illustration: Neue Debatte

Politologe, Literaturwissenschaftler und Trainer | Webseite

Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

Von Gerhard Mersmann

Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

2 Antworten auf „Die letzte Schlacht alter, weißer Milliardäre“

Na, dann brauchen sie in den USA ja keinen Wahlzirkus mehr, wenn allein das zusammengeraffte Geldvermögen als eine Befähigung zum Präsidenten ausreicht. Da reicht ein Blick ins Bankkonto. .

Jetzt bist du ja selbst, sorry, ein nicht mehr junger Mann, ich bin eine nicht mehr junge Frsu – weil wir uns Richtung 70 bewegen.
Ob der neue Kandidat, die neue Kandidatin, jünger oder älter ist, ist mir nicht so wichtig. Du hast ja selbst die Inhalt angesprochen, um dieses geht. Das Problem ist da doch wohl eher, dass AkteurInnen eines Zwei-Parteienstaat sich schwerlich mit dem Schopfe aus dem Sumpf ziehen können wenn neben der Personalie die Inhalte in diesem Land der mächtigen und reichen Führenden ebenfalls zerfleddert sind. Es ist doch schräg: Du musst entweder selbst Millionen und mehr haben und einsetzen können oder MillionärInnen kennen, die das für dich tun. Das ist ja wohl eine bekannte strukturelle Voraussetzung, um in den USA gewählt zu werden. Das ist für mich das Übel, das Alter macht Mensch nicht antriebsarm, dumm oder weltfremd. Eine Art “Greta” würde in den USA nicht entstehen – mangeln Geld.

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