Der Zustand taucht in einem Leben immer wieder einmal auf: das Gesetzte erscheint plötzlich zweifelhaft, der Rahmen, in dem sich alles abspielt, beginnt Risse zu zeigen, die Akteure im Tableau der eigenen Existenz beginnen ihr Verhalten zu ändern und alles gerät ins Wanken.
Angst und Sicherheit
Von der Faktenlage her ist damit ein normaler Vorgang, der Wandel, beschrieben, der der Daseinsform der Bewegung zugeschrieben werden kann. Für das Individuum selbst wird dieser Umstand zumeist als Krise erlebt. Das, was die Predigerinnen und Prediger des ewigen Change nicht müde werden zu verkünden, so die Sicht der zumeist verängstigten Individuen, nämlich dass Wandel immer auch Chancen beinhaltet, perlt ab und die Angst um die Sicherheit der eigenen Existenz überwiegt.
Die Angst vor der Veränderung ist nichts Neues und sie ist älter als die Anthropologie, die zu erklären versucht, warum sich Menschen in ihrem Ethno- und Sozialmilieu so verhalten, wie sie es tun.
Während die Vertreterinnen und Vertreter der konservativen Anthropologie es dabei belassen, die Angst vor Veränderung quasi aus dem Sozialisationsprogramm des Homo sapiens zu erklären, und sein Streben nach Sicherheit zu einer Konstante seiner Existenz zu machen, stellen sich andere, kritischere Ansätze der Frage, ob es nicht eine Qualität im menschlichen Bewusstsein gibt, die in der Lage ist zwischen einer, nennen wir es momentane Sicherheit und einer strategischen zu unterscheiden.
Das hieße, dass Menschen in der Lage sind, die scheinbare Sicherheit, in der sie leben, als eine trügerische zu entlarven, weil sie es vermögen, die Entwicklung aller bestimmenden Faktoren in die Zukunft zu projizieren und erkennen, dass es fatal sein könnte, wenn die momentane, trügerische Sicherheit nicht durch einen willentlichen, gewaltsamen Eingriff aufgelöst und durch etwas Neues ersetzt werden sollte. So etwas nennt man strategische Weitsicht.
Das Geschäft der Demagogen
Dass die Globalisierung unter dem Vorzeichen frei agierender Waren- und Finanzmärkte nicht nur Ressourcen erkannt und verbraucht, Produktionsweisen radikalisiert und Verhaltensweisen geändert hat, ist unbestritten. Dass zudem die Sicherheiten, die auf überschau- und kalkulierbaren Zeiträumen basieren, durch die Halbwertzeiten der ökonomischen wie technologischen Entwicklung nicht mehr lange Geltung haben, sollte bewusst sein.
An dieser Stelle ist jedoch eine eigenartige Widersprüchlichkeit zu erleben. Obwohl es offensichtlich ist, dass die erlebte Sicherheit in Gefahr ist, wird daran auf Hochtouren gearbeitet, eine Trance herzustellen, die trotz aller sichtbaren Indizien den Trugschluss vorherrschen lässt, alles könne so bleiben, wie es ist und nichts von den bekannten Faktoren der Existenz sei in Gefahr.
Es ist das Geschäft der Beschwörer und Demagogen, die das Momentane zu einem Zeitpunkt betonen, wo das Strategische immer bedeutsamer ist.
Neben denen, die das Jetzt beschwören, um der politischen Krise – vergeblich – zu entkommen suchen, tauchen vermehrt auch wieder diejenigen auf, die es schon immer gewusst haben und vor allem mit der Botschaft brillieren, alles ende in einem einzigen Desaster – und das sei unvermeidlich. Das scheint ihre Rolle zu sein.
Damit vergrößern sie die Ängste vor der notwendigen Veränderung, ohne dazu beizutragen, die Verunsicherten der Notwendigkeit einer strategischen Sicht näher zu bringen. Und jene, die mit der Botschaft hausieren gehen, alles sei doch in Ordnung, legen, ohne dass sie sich dessen immer bewusst sind, die Lunte für das große Feuer, das entsteht, wenn diejenigen, die ihnen vertraut haben, in einer aus ihrer Sicht letzten Eruption ihre Angst in unbändige, destruktive Kraft verwandeln.
Illustration: Neue Debatte mit Material von Clker Free Vector Images (Pixabay.com)
Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.
Eine Antwort auf „Der Wandel: Momentane und strategische Sicherheit“
Scheinkultur
Was ist aus unserer Kultur geworden. Alles dreht sich um Geld, fast alles wird nach seinem Geldwert beurteilt. Diese unnatürliche Wertschätzung hat hat das Miteinander stark beeinträchtigt. Und wie viel anormale Verhaltensformen und Schwierigkeiten hat man sich beim Umgang mit Geld ausgedacht. Ganze Scharen von Spezialisten diskutieren über Anlagemöglichkeiten, Verzinsung, Abhängigkeiten, Gewinne, Aktien und was man sonst noch alles damit machen könnte. Was aber ist Geld, da gibt es an sich nur drei Sorten, Münzen, Geldscheine oder nur Zahlen auf Bankkonten. Mit der Vorstellung, dass einmal alles Geld verschwunden wäre, hätten trotzdem alle Gegenstände ihren Wert behalten. Das ist doch Beweis genug, dass Geld an sich ein wertloses Zahlengebilde ist. Es sollte doch nur ein Hilfsmittel beim Warentausch sein.
Mit zunehmendem Alter wird einem immer klarer, was wir wegen diesem Geldsystem aus unserem Leben machen. Wir arbeiten wie verrückt, aber nicht zur Wohlstandsverbesserung. Wir wissen eigentlich nur, dass wir für Geld arbeiten. So bauen wir Fahrzeuge für die ganze Welt und vernachlässigen Pflege und Bildung. Es werden Ressourcen und Energien,aber auch menschliche Arbeitskraft vergeudet. So vernichten wir die Grundlagen unseres Überlebens, und das nur um Geld zu machen. Mit der heutigen Kenntnis von Zusammenhängen ließe sich die Arbeit auf wenige Stunden pro Tag reduzieren. Weiterhin hat der Zusammenschluß von Firmen hat ein Ausmaß angenommen, sodass eigentlich keiner mehr weiß, für welchen Geldgeber er arbeitet. Und diese wenigen Geldoligarchen bestimmen, wie wir leben und wie viel Anteil man der Masse Mensch zugesteht.
Und an diesen Umgang mit Zahlen oder Geld hat sich nun die Menschheit gedankenlos gewöhnt, es wird nicht einmal bemerkt. Es gibt jedoch Wenige, die mit dieser Art Geld die Ausbeutung der Masse Mensch betreiben. Trotz Bildung oder Ausbildung bemerkt das die Masse Mensch nicht oder will es nicht merken. Hier zeigt sich die fehlende Ausbildung. Der geistige Zerfall hat Ausmaße angenommen, die auch wohl bei der Klimakrise nicht Halt macht. Der Egoismus und das Konkurrenzdenken sind auch eine die Folge unseres Geldsystems. Allein ein anderer Umgang mit Geld und ein damit verbundenes anderes Verständnis vom Miteinander kann die Menschheit wohl noch retten. Geben wir die Hoffnung nicht auf.