Wir wissen seit langem, dass die Bezugnahme auf das Völkerrecht nur dann genehm ist, wenn andere es verletzen. Bei den eignen Verstößen wird geschwiegen oder mit Euphemismen gearbeitet. Der sich zumeist anschließende Verweis auf die Wertegemeinschaft ist an Zynismus nicht zu überbieten, aber bereits derartig geläufig, dass die spontane Rebellion ausbleibt.
Sicher ist, dass das Personal, das sich weder an das Völkerrecht noch an den zivilen Umgang miteinander hält, zur größten Belastung für den Weltfrieden geworden ist. Es ist höchste Zeit, sich gegen die zu richten, die mit ihrem Handeln den Kriminellen in dieser Welt argumentative Schützenhilfe leisten.
Die Hinrichtung des iranischen Generals Qasem Soleimani ist so eine Übung, an der sehr gut durchgespielt werden kann, wie Recht und Wahrheit verdreht werden und die Propaganda als Täuschungsinstrument eingesetzt wird.
Ermordet? Liquidiert? Finalisiert!
Da befindet sich der ranghöchste General eines souveränen Staates in dem Nachbarland, deren offizielle Vertreter ihn eingeladen haben, um ihn bei einer Friedensinitiative in der Region dabei zu haben. Die vor allem zuletzt zu beobachtende regionale Wertschätzung des Mannes lag vor allem an seinen Erfolgen bei der Bekämpfung des IS. Und eben bei einer friedlichen Mission wird er von einem gezielten amerikanischen Luftschlag hingerichtet? … ermordet? … liquidiert?
Die drei angebotenen Formulierungsmöglichkeiten beziehen sich semantisch auf eine solche Tat. Sie war völkerrechtswidrig, weil sie ohne Wissen und Bitte der irakischen Regierung geschah, sondern einzig und allein der Fieberfantasie amerikanischer Kriegstreiber als Notwendigkeit entsprang. Im Jargon des solche Operationen durchführenden Militärs wurde General Souleimani finalisiert.
Dass gezielt Kriegerische, das hinter der Tat steckt, bleibt auf der Strecke, bei allen Konzessionen an die Darstellung der tatsächlichen Tat und ihrer Motive.
Woran allerdings pausenlos gearbeitet wird, das ist die schlechte Beleumundung des Opfers. Das ist nicht so schwer, denn der ranghöchste Militär eines autoritären Regimes hat in der Regel Blut an seinen Händen. Was sich in eine solche Argumentation einschleicht, ist genau das, was Recht und Moral, auf die sich so vehement bezogen wird, ausschließen: die staatlich ausgeübte Rache.
Rache als Motiv
Wer Rache zu seinem politischen Leitmotiv macht, hat sich zum Gegenteil des Rechtszustandes entwickelt, der Rache und persönliche Ranküne1Der Begriff Ranküne steht für Hass oder heimliche Feindschaft. ausschließt und von einer gesellschaftlich akzeptierten Basis ausgeht, die definiert, was vernünftig und notwendig ist.
Die Hinrichtung oder der Mord an dem iranischen General geht uns, unabhängig von der konkreten historischen Figur, alle an. Die Operation des amerikanischen Militärs im Auftrag des Präsidenten ist ein krimineller Akt, der mit Rachegelüsten begründet wurde und von vielen im eigenen Land aufgrund dessen akzeptiert wurde.
Die allzu leichte Aufgabe internationaler Rechtsprinzipien beschreiben einen Zustand, der nicht anders als mit dem Terminus Krieg beschrieben werden kann. Die in diesen Tagen immer wieder hervorgebrachte Befürchtung, wir stünden vor einem neuen Krieg, ist eine – bewusste – Verkennung der Tatsachen: Wir sind mitten drin! Das Recht ist außer Kraft gesetzt und die Rache regiert.
Illustration: Neue Debatte
Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.
4 Antworten auf „Rache als politisches Leitmotiv“
Bleibt nur noch zu bemerken, wir zynisch sich der Oberkriegstreiber anschließend verhalten hat: “er sei sehr glücklich, was für ein wunderbarer Tag”. So würde bestenfalls ein Massenmörder reagieren, der auf seine grausamen taten stolz ist.
Trump ist nicht der einzige Präsident der USA mit Rachegelüsten. Obama inszenierte den Mord an Bin Laden wie eine Theatervorstellung, und der Präsident mit dem Friedensnobelpreis saß in der ersten Reihe. Übrigens hörte ich das erstemal von einer “gezielten Tötung” durch Israel.
Das war vor Jahren. Seitdem hat sich das “gezielte Töten” in der “Wertegemeinschaft” zum normalen Übergang vom Leben zum Tod entwickelt. Trump jedenfalls scheint das so zu sehen. Er hat es schon schwer in seinem Amt, der arme Milliardär.
Ich frage mich jeden Tag, in was für eine Welt ich geraten bin.
Die amerikanischen Großkonzerne wollen an die iranischen und irakischen Bodenschätze, also das Öl, darum geht es und das ganze Gequatsche der amerikanischen und europäischen Politiker ist doch nur künstlich erzeugter Nebel, damit die Bevölkerung nicht aufsteht gegen diese Politik der Grosskonzerne!! Das sind die eigentlichen Verbrecher! Und die amerikanischen als auch die europäischen Rückratlosen Politiker setzen sich mal wieder als inkompetente und korrupte ” Helferlein” der Grosskonzerne in Pose!!! Ich denke, da hilft nur eins: Boykott aller Produkte dieser Verbrecher Syndikate, wenn es ihre Geldbeutel trifft, geben sie nach, da bin ich mir sicher!!!
Zitat:
„Sie war völkerrechtswidrig, weil sie ohne Wissen und Bitte der irakischen Regierung geschah, sondern einzig und allein der Fieberfantasie amerikanischer Kriegstreiber als Notwendigkeit entsprang.“
Wäre denn der Mord legitim gewesen, mit Zustimmung und/oder auf Bitten des Iraks? War es legitim Saddam Hussein, Muammar al Gaddafi, oder Osama bin Laden zu liquidieren?
Ja, wir stecken mittendrin im Krieg und das seit über 20 Jahren, nur will das kaum jemand wahr haben. Vielleicht deshalb, weil wir uns nicht verteidigen müssen, sondern uns einfach nehmen was wir wollen und dabei über Leichen gehen? Oder auf den Punkt gebracht: Wir plündern und morden und selbst das UN-Tribunal in Den Haag schaut dabei einfach nur zu!