“Der Kapitalismus kann nicht bekämpft werden, indem man ihn in Ruhe lässt, er muss ersetzt werden. Es schien, dass der Kapitalismus das Imperium des 21. Jahrhunderts sein würde, aber er steckt in der Krise”, sagt der Politikhistoriker Julio Anguita.
Julio Anguita, ehemaliger Koordinator der IU und ehemaliger Generalsekretär der PCE, ist auch heute noch eine der konsequentesten und am meisten gehörten Stimmen in der Politik Spaniens. Seine Analysen, obwohl sie zeitlich immer weiter auseinander liegen, zeigen eine analytische und genaue Sichtweise der politischen Situation des Landes.
Anguita gab er ElDiario.es ein Interview, in dem er den Aufstieg von Unidas Podemos an die Macht analysiert, wo der derzeitige Generalkoordinator von Izquierda Unida, Alberto Garzón, als Minister für Verbraucherschutz eingesetzt wurde.
Anguita stellt eine scharfe Frage, um das Interview zu beginnen: Wie ist es möglich, dass drei Monate lang kein Wille in Pedro Sánchez vorhanden war, einen Pakt mit Unidas Podemos zu schließen, während er zu PP und Ciudadanos schaute, und plötzlich, in 24 Stunden, entschied er sich, das Gegenteil zu tun? Er beantwortet sie selbst: “Wir konnten nicht weiterhin die Militanz der PSOE, die in Ferraz ‘nein zu Rivera’ schrie, ignorieren; und wir dürfen nicht vergessen, dass auf dem Weg der PP zu bleiben, vielleicht die PSOE gezwungen hätte, nach einem anderen Kandidaten zu suchen, der mehr zum Verständnis neigt. Es gab keine andere Wahl, als vorwärts zu gehen.
Anguita weist auch darauf hin, dass die Minister von Unidas Podemos auf noch mehr Probleme stoßen werden: “Angesichts ihres Wunsches, das Programm anzuwenden, werden wir uns mit der kalten ökonomischen Rationalität konfrontiert sehen, mit der wir die Marktwirtschaft verteidigen müssen, so wie sie im Programm der Regierung steht. Es wird einen stillen Kampf geben, und die Minister von Unidas Podemos werden inhärente Schwierigkeiten haben, wegen der Vorstellungen von Wirtschaftspolitik, die in früheren Zeiten zusammengestoßen sind. Trotzdem lohnt es sich, wenn man weiß, wo die Schwierigkeiten liegen.”
Während er die Fragen auf den Tisch legt, stellt der Politikhistoriker auch Lösungen vor. Er weist darauf hin, dass wir, um gegen diese Widrigkeiten zu kämpfen, “betonen müssen, und ich habe mit ihnen gesprochen, dass wir uns organisieren müssen. Wir müssen den Menschen sagen, dass es auch ihr Kampf ist, wenn wir die Minister allein lassen, haben wir das Loch selbst gegraben”.
“Es schien, dass der Kapitalismus das Imperium des 21. Jahrhunderts sein würde, aber er steckt in der Krise. Man kann es nicht bekämpfen, indem man es in Ruhe lässt, man muss es ersetzen. Mit einem zusätzlichen neuen Problem, dem des Klimawandels: die Bedeutung der Geschwindigkeit, mit der er auftritt, und dass die Therapie Opfer in Bezug auf Lebensstil, Verhalten, Konsum kosten wird… Der Planet wird weiter existieren, aber die Menschheit?”
Hinsichtlich des von der PSOE und Unidas Podemos vereinbarten Programms weist Anguita darauf hin, dass “es von sehr lauwarmer Sozialdemokratie ist”. Allerdings fügt er hinzu, dass “die Einhaltung der Verfassung heute revolutionär ist, weil die Wirtschaftsmächte sich nicht an die Verfassung halten. Sie leben und gedeihen, wenn sie sich nicht daran halten”.
“Die Verfassung ist nicht meine, meine ideale Verfassung ist republikanisch und föderal. Aber da ich ein Kämpfer bin, ist es in dieser Spannungssituation eine Frage der Legalität, auf unserer Seite zu stehen und so den Betrug der Rechten zu beseitigen, dass sie die verfassungsmäßigen sind, schlussfolgert er.
Redaktioneller Hinweis: Der Beitrag erschien unter dem Titel “Julio Anguita, al nuevo Gobierno: El capitalismo no se combate dejándolo solo, hay que ir sustituyéndolo” bei unseren spanischen Kollegen von Contrainformacion. Er wurde von Neue Debatte übernommen und von Jairo Gomez übersetzt. Wir danken Contrainformacion für die Zustimmung zur Veröffentlichung.
Illustration: Neue Debatte
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