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russland.DIRECT: Radikalisieren russische Spione Katalonien?

Der russische Auslandsgeheimdienst Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenije soll nach einem Bericht des ARD-Faktenfinder in Katalonien aktiv sein, um die Unabhängigkeitsbewegung zu radikalisieren. Ist das realistisch? Julia Dudnik ist der Frage nachgegangen.

Radikalisieren Russlands Spione Katalonien? (Quelle: YouTube/russland.RU)

Wenn es darum geht, unvorhersehbare Ereignisse und politische und gesellschaftliche Veränderungsprozesse in der Europäischen Union im Nachklang zu erklären, bemüht die Presse erstaunlich häufig Russland.

Das Narrativ

Flugzeugabsturz, Giftanschlag oder Kopfschuss im Tiergarten: Der Russe war es. Und wenn er es nicht war, könnte er es ja gewesen sein, oder? So einfach scheint die Welt der Medien mittlerweile gestrickt. Das Tor der Spekulation wird weit geöffnet, das Narrativ gesetzt und die Wahrheit kann warten, wenn sie später überhaupt noch jemanden interessiert.

Das gilt auch für die Ereignisse in der autonomen Region Katalonien, wo ein erheblicher Teil der Bevölkerung die Unabhängigkeit vom spanischen Staat anstrebt. Am 1. Oktober 2017 wurde ein Unabhängigkeitsreferendum abgehalten. Es wurde überschattet von massiver Polizeigewalt, politischer Verfolgung und Inhaftierung von Unabhängigkeitsbefürwortern und einer Verhärtung der Positionen der Zentralregierung in Madrid und der Regionalregierung in Barcelona.

Mit der neuen spanischen Regierung um den sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez sind die Chancen für einen friedlichen Dialog gestiegen.

Russische Spione in Katalonien

Der sogenannte „Faktenfinder“ der ARD titelte am 17. Januar 2020: “Katalonien-Konflikt: Spielten russische Spione eine Rolle?” (Link zum Beitrag: https://www.tagesschau.de/faktenfinder/kataolonien-russischer-einfluss-101.html)

Zitiert wird Spaniens damaliger Ministerpräsident Mariano Rajoy, der, so steht es im Beitrag, im Oktober 2017 eine gezielt organisierte Stimmungsmache vermutete:

“Ich kann nicht definitiv sagen, dass die russische Regierung dahintersteckt. Was wir aber wissen: 55 Prozent dieser Fake-Profile kommen aus Russland, 30 Prozent aus Venezuela.”

Dann wird aus der Frage im Titel langsam eine Wahrheit geknetet:

“[…] Nach Informationen der Zeitung “El País” waren in der Zeit des Unabhängigkeitsreferendums russische Agenten in Katalonien unterwegs, die Verbindungen zum Militärgeheimdienst GRU haben sollen.”

Trolle, Hacker und Spione

Der russische Auslandsgeheimdienst Glawnoje Raswedywatelnoje Uprawlenije (GRU) ist also angeblich in Katalonien aktiv, davor russische Trolle und Hacker. Dies zumindest nach Meinung deutscher und spanischer Journalisten, aber auch Politikern der früheren Regierungspartei Partido Popular, die, der Faktenfinder lässt das Detail unerwähnt, zum Zeitpunkt des Referendums bereits bis zum Hals im Korruptionsumpf steckten. Die Causa Katalonien sorgte en passant für mediale Ablenkung.

Welche Ziele verfolgt nun angeblich der russische Auslandsgeheimdienst: die Unterstützung und Radikalisierung der katalonischen Unabhängigkeitsbewegung. Ist das realistisch?

Was beim Bericht des “Faktenfinder” neben den Spekulationen noch auffällt, ist, dass die eigentlichen Betroffenen, die Katalanen, bei diesem Thema nicht zu Wort kommen.

Julia Dudnik ändert das. Sie hat für russland.DIRECT mit Krystyna Schreiber, der offiziellen Delegierten Katalonines für Mitteleuropa gesprochen. Ihr Gespräch dreht sich um die Eskalation des Katalonien-Konflikts und dem nun beginnenden Dialog zwischen Spaniern und Katalanen. Die frühere Journalistin übt außerdem Medienkritik und spricht über die Beziehungen zwischen Russland und Katalonien – beziehungsweise, warum diese sehr spärlich ausfallen.

Hinweis: Die Sendung russland.DIRECT mit Julia Dudnik erscheint jeden Sonntag bei russland.TV


Informationen zur Sendung

Radikalisieren Russlands Spione Katalonien?

Format: russland.TV
Moderation: Julia Dudnik (Moskau)
Gast: Krystyna Schreiber (Delegierte Kataloniens für Mitteleuropa)
Länge: 00:16:46
Sprache: Deutsch


Julia Dudnik (Foto: russland.NEWS)Über die Moderatorin: Julia Dudnik studierte internationale Beziehungen in Moskau und Berlin mit Schwerpunkt deutsche Außenpolitik. Seit vier Jahren konzipiert und moderiert sie bei russland.NEWS das Politmagazin russland.DIRECT. Sie führt Interviews mit Politikern und Experten und präsentiert Hintergrundberichte zur aktuellen Politik zwischen Russland und Deutschland. Auf www.russland.direct gibt es weitere Informationen zur Sendung und zu Julia Dudnik.


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Illustration, Foto und Videos: Neue Debatte, Kat-Info.org und russland.NEWS

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