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Rezension

Futur II: Eine Anleitung zum visionären Leben

Das Morgen aus der Zukunft heraus zu denken klingt einfach, ist aber schwer. Aber es ist der einzige Weg. „15 1/2 Regeln für die Zukunft. Anleitung zum visionären Leben“ von Matthias Horx ist ein Fingerzeig.

Es ist ein großes Paradoxon unserer Zeit: Wie kommt es, dass es einen Konsens über die Auflösung der gegenwärtigen Ordnungssysteme und der Rahmenbedingungen des Zusammenlebens gibt, aber die Diskussion über die Frage, wie die Zukunft gestaltet werden kann, kaum eine Rolle spielt?

Futur im Zentrum der Betrachtung

Vielleicht, so könnte der Schluss lauten, ist es einfach noch zu früh. Zu groß scheint der Schmerz über den sichtbaren Verlust des Gesetzten zu sein, als dass noch Wille und Konzentration zur Verfügung stünden, das kommende Neue ins Zentrum der Betrachtung zu stellen. Umso wichtiger ist es, die Stimmen zu hören, die das Lamento hinter sich lassen und es wagen, mit der Zeichnung der Futur zu beginnen.

Dass es ein Autor wie Matthias Horx, seinerseits bekannt als ein Experte für das Erforschen der Zukunft, nun mit einem neuen Buch mit dem Titel „15 1/2 Regeln für die Zukunft. Anleitung zum visionären Leben“ unternommen hat, überrascht wiederum nicht.

Unabhängig von dem etwas reißerischen Titel, der vielleicht auch ironisch die Diktion vieler Ratgeber aufgreift, die suggerieren, alles sei ganz einfach zu machen und gleich der Befolgung eines Rezeptes umzusetzen, sollte man sich nicht davon abhalten, das Buch zu lesen, denn es lohnt sich.

Horx über Bullshit-Terminologie

Horx beschreibt die überhitzten, teilweise irren Debatten, die über den Zusammenbruch alter Ordnungen und Weltbilder geführt werden. Er macht das als jemand, der immer ganz vorne am Ring sitzt, wenn die Gladiatoren einer neuen Orientierung zu ausgesuchten Anlässen ihren Schaukampf aufführen, bei dem außer großer – der Autor sei zitiert – “Bullshit-Terminologie” nicht viel zum Vorschein kommt.

Das Wohltuende an Horx’ Ausführungen ist zunächst einmal die Bewusstmachung einer Falle, in die der Homo sapiens allzu gerne tritt. Es ist der Rekurs auf die eigenen Erfahrungen, vor allem die, die zu Erfolgen geführt haben, die bei der Konzeption einer gedachten Zukunft eine Rolle spielen.

Aber, so sein kluger Rat, was ist, wenn genau diese Erfahrungen ihre Grundlage verlieren oder bereits verloren haben?

Ausgehend von dieser Prämisse führt er etwas ein, das nicht neu ist, aber von der ausgeprägten Auffassung eines schwarz-weißen Weltbildes vehement abweicht. Horx verweist auf das Dialektische von Prozessen, der Bewegungsform, die geschichtliche Abläufe nun einmal ausmacht.

Jeder Trend, so sein Diktum, erzeugt einen Gegentrend. Und jeder Trend nimmt Bestandteile der Gegentrends in sich auf.

Richtige Fragen wichtiger als die Antworten

Es folgen Ratschläge, die als ein wertvoller Affront gegen das Dogma der Technokratie gewertet werden müssen. So fordert er, auf die eigene, natürliche Intelligenz zu vertrauen und sich nicht vor der künstlichen Intelligenz zu fürchten. Dem folgt der Verweis auf die Co-Evolution von Technik und Mensch, wobei Letzterer immer das Heft der Regie in der Hand haben muss.

Wer Subjekt bleibt, muss sich nicht fürchten, wer zum Objekt verkümmert, hat Grund zur Angst.

Des Weiteren regt er in seinem angekündigten Regelwerk an, aus der Zukunft heraus zu denken. Das klingt einfach, ist aber schwer. Dennoch ist es der einzige Weg. Wenn es gelingt, die Qualität der zukünftigen Verhältnisse positiv zu beschreiben, wird auch – jenseits instrumenteller Eigendynamik – deutlich, welche Schritte wirklich erforderlich sind. Und, ebenfalls didaktisch von großer Bedeutung, insistiert Horx darauf, dass die richtigen Fragen wichtiger sind als die Suche nach den vermeintlich logischen Antworten.

Beziehungen, Interaktion und Gestaltung

Es folgt noch der Appell, sich mit der existierenden Unordnung zu arrangieren, anstatt sich darüber zu beklagen. Existenziell entscheidend sind die allem zugrunde liegenden menschlichen Beziehungen, aus deren Interaktion die Entscheidungen zustande kommen, die erforderlich sind, um Zukunft konstruktiv zu gestalten.

Da bleibt nicht viel hinzuzufügen. Das sind kluge Hinweise, die die destruktive Atmosphäre des kollektiven Wehklagens weit hinter sich lassen!


Informationen zum Buch

„15 1/2 Regeln für die Zukunft. Anleitung zum visionären Leben“

Autor: Matthias Horx
Sprache: Deutsch
Seiten: 348
Verlag: Econ
Erscheinung: September 2019
ISBN-13: 9783430210133
ISBN-10: 3430210135


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Illustration und Foto: Neue Debatte

Politologe, Literaturwissenschaftler und Trainer | Webseite

Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

Von Gerhard Mersmann

Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

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