Nun sitzen sie am Pokertisch und sie sind hin- und hergerissen. Denn das Spiel findet nicht nur hinter geschlossenen Türen statt. Nein, da sind immer einmal wieder Zwischenberichte zu fertigen, die werden denen präsentiert, die darüber entscheiden, ob und welchen Spielern die Bank weiter Kredit gewähren kann. Das ist das Verzwickte.
Der Machtpoker
Und dann sind manche Sachen auch altbekannt. Es ist der Kitzel, der bei jedem Spiel zur Entfaltung kommt, bei dem es um etwas geht und an dem so manch schillernde Person teilnimmt.
Zwei sich diametral entgegenstehende Ratschläge sind bei diesem Spiel abzuwägen: Never hesitate too long, so der eine, der dem Akteur nahelegt, den richtigen Zeitpunkt nicht zu verpassen, da sonst alles verloren ist. Und Never make your move too soon, der genau das Gegenteil rät. Bloß nicht zu schnell zu handeln, da man nie weiß, was die Kontrahenten noch in der Hand haben.
Was aus der unübersichtlichen Lage erwächst, ist das Erfordernis eines kühlen Kopfes, frei von Angst zu sein und den Willen zu besitzen, auch einmal ohne Sicherung zu springen. Sprich, etwas zu riskieren, das alle anderen mit einer Aktion ins Abseits stellt.
Am Pokertisch in Thüringen
Wo dieses Spiel zur Zeit läuft? In Thüringen zum Beispiel. Da geht es vordergründig um die Installierung einer Regierung, die die Geschäfte weiterführt. Oder in Berlin, da geht es vordergründig um die Kontinuität im Parteivorsitz. In beiden, wie in vielen anderen Fällen, geht es jedoch schlicht um Sieg und die damit verbundene Macht.
Das Furiose dabei ist, dass niemand, im Gegensatz zum richtigen Pokerspiel, darüber spricht. Denn beim Poker ist klar, da geht es um den Pott. Und da das alle wissen, ist alles erlaubt innerhalb des Reglements und auch alles, was nicht dazu gehört, es darf nur nicht auffallen!
In der Politik, bleiben wir konkret bei den genannten Beispielen, ist das Problem eine Doppelagenda in der Darstellung. Etwas, womit sich richtige Pokerspieler nicht abmühen müssen. So etwas ist da nicht vorgesehen, das würde das Spiel sehr schnell außer Mode bringen. Aber hier, ob bei der Partie in Thüringen oder der in Berlin, da wird schön über das Vordergründige geredet, aber natürlich geht es um Sieg und Macht.
Es ist heikel, denn alle, auch die Zuschauer, wissen, worum es geht. Und dennoch wird das Vordergründige in einem langen, ermüdenden Diskurs gedreht und gewendet, bis das Spiel allen zum Halse heraushängt. Aber das lästige Regelwerk sieht vor, dass es um Gemeinwohl, Logik und Strategie geht. Das korrespondiert nur nicht immer mit den Regeln der Macht. Darin besteht die Aporie.
Und das macht es für die Spieler so unerquicklich. Denn das Publikum entscheidet über den zukünftigen Kredit. Dabei bleibt es. Vorerst! Insofern ist es kein Spiel mit Karten, sondern ein Spiel mit dem Feuer, wenn beim Bericht über den Stand des Spiels die falschen Worte gewählt werden.
Shut your mouth!
Die große Herausforderung nämlich lautet: alles muss logisch und moralisch klingen und darf dennoch den Kampf um die Macht nicht ausschließen. Da geht es nicht mehr darum, ob jemand zu lange zögert oder sich zu früh zu einem Zug entscheidet, sondern, ob er in der Lage ist, sein Vorgehen zu erklären, sodass alle zu der Auffassung kommen, dass bei dem Spiel um die Macht auch noch Vernunft und Sitte im Spiel ist.
Wer dem nicht gerecht wird, der wird relativ schnell durch die Hintertür ins Freie geschickt. Seinesgleichen sei geraten, sofern er sich zwischenzeitlich besinnt, einer weiteren Regel zu folgen. Sie lautet schlicht und einfach: Shut your mouth!
Illustration und Foto: Neue Debatte
Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.
Eine Antwort auf „Machtpoker: Shut your mouth!“
Demokratie
Je mehr das Parteiengezänk der Parteien zunimmt, desto mehr muss man feststellen, dass hier ein Demokratieverständnis völlig verloren gegangen ist oder vielleicht noch nie vorhanden war. Dieses Verhalten zeigen fast alle Parteien. Es ist doch keine Demokratie, wenn Parteien nicht mehr miteinander reden wollen, manchmal tritt direkter Hass zutage. Ein Fehlen des demokratischen Verständnisses hat jetzt die Bundeskanzlerin gezeigt, es sind schon Ansätze von Diktatur. Sie hat entschieden, dass die Wahl in Thüringen, die nach demokratischen Regeln stattgefunden, annulliert werden muss. Und siehe da, ein ganzes Volk ist folgsam, es gibt nicht einmal Proteste. So wird die Demokratie mit Füßen getreten. Wie viel Zeit wird durch Machtkämpfe allein schon innerhalb der Parteien vergeudet.
Diese Art Umgang miteinander finden wir bei allen Parteien, wobei es gerade die CDU es sich leistet, mit einigen Parteien überhaupt nicht zu sprechen. Und das will eine demokratische Partei sein. Alle wichtigen Entscheidungen werden nicht mehr getroffen, die gerade in Bezug auf die Klimakrise so wichtig sind.
Es zeigt, dass diese Art Demokratie wohl ausgedient hat, wobei man sagen muss, dass eine echte Demokratie nie vorhanden war, da ein Mitspracherecht des Volkes von Anfang an nicht vorgesehen war. Auch können nur Parteien statt Personen gewählt werden.
Da ist die direkte Demokratie doch die bessere Lösung. Wenn alle Parteien abgeschafft und die Volksvertreter direkt gewählt sind, endet sofort jedes Parteiengeplänkel. Jeder Abgeordnete ist dann nur seinem Gewissen verantwortlich. Jede Abstimmung bringt eine Entscheidung zustande. Das Ergebnis kann doch nur die Mehrheitsmeinung des Volkes widerspiegeln. Die ist sicher gerechter als in der Parlamentarischen Demokratie, da Parteien durch die Macht des Kapitals beeinflusst werden können. Die direkte Demokratie wäre auch in der Lage, auch jede große Ansammlung von Kapital zu unterbinden, deren Auswirkung auf die heutige Demokratie doch beträchtlich sind. Der große Vorteil der direkten Demokratie besteht darin, dass jedes Volk immer für das eigene Miteinander selbstverantwortlich zeichnet. Auch ganz wichtig, dass die Medien dann die Macht der Beeinflussung verlieren werden.
Als Folge ist sicher auch ein anderes Geldsystem und das bedingungslose Grundeinkommen verbunden, nur so ist ein gutes Miteinander zu schaffen. Nur die Trinität macht es möglich, dass dass eine wirkliche Demokratie die Geschicke des Volkes bestimmt. Was können wir dazu beitragen.