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Rezension

Bombshell – Ein Nexus von Macht und sexueller Unterwerfung

Auf Enthüllungen dieser Art warten wir noch in unseren Breitengraden.

Mit Bombshell – Das Ende des Schweigens hat Regisseur Jay Roach einen Film ins Kino gebracht, der die Sprengkraft, die das Thema der sexuellen Belästigung und Erniedrigung in der amerikanischen Gesellschaft entfaltet hat, noch einmal zurück zu ihrer Initialzündung verfolgt.

Bombshell

Es geht um die Skandale, die während des amerikanischen Präsidentenwahlkampfs 2016 im rechtskonservativen Nachrichtensender Fox News ans Licht kamen.

Roger Ailes, der Tycoon, der den Sender aufgebaut und zu dem rechten Sprachrohr gemacht hat, als das es heute bekannt ist, hatte der Redakteurin, die den Präsidentschaftskandidaten Donald Trump in einem Interview sehr hartnäckig nach seinem Verhältnis zu Frauen befragt hatte, die Unterstützung verweigert, als sie von Trump-Anhängern zur Zielscheibe zahlreicher, verletzender Angriffe wurde. Ailes war mit Trump befreundet und wollte ihn mit ins Amt hieven.

In diesem Kontext kommen die Frauen zu Wort. Diejenigen, die trotz riskanter Konsequenzen damit beginnen, das System Ailes zu enthüllen und ihn dastehen zu lassen, als das, was er ist: Als ein Mann mit Macht, der Loyalität von den Frauen einfordert, die er protegiert. Unter Loyalität versteht er sexuelle Gefälligkeiten. Bei Einstellung lässt er sie vor sich posen und begründet dies damit, Fox News sei ein visuelles Medium.

Angst, Würde, Selbstbestimmung

Dramatisch ist die Aufteilung der Frauen in verschiedene Lager zu beobachten. Diejenigen, die aus Angst lieber schweigen, diejenigen, die die an die Öffentlichkeit tretenden Frauen ihrerseits als Verräterinnen anklagen und diejenigen, die einfach das Weite suchen, ohne sich an der Auseinandersetzung zu beteiligen.

In den unterschiedlichen Lagern kommen nicht nur die Zweifel zum Vorschein, sondern auch die harten Wahrheiten. Es gibt auch Frauen, die sich weigern und die Grenzen ziehen. Sie opfern die schnelle Karriere für ihre Würde und Selbstbestimmung. Auch diese Option findet in dem Film Gehör und macht ihn deshalb so wertvoll.

Der Film verdeutlicht – ohne plakativ zu sein – die Brisanz des Themas für die tatsächlich betroffenen Frauen. Und er zeigt, wie die Marionettenspieler im Hintergrund, in diesem Fall der Medienmogul Rupert Murdoch, dem Fox News gehört, mit den Figuren umgehen, die da im News-Geschäft unterwegs sind.

Opfer und Täter

Übrigens ist der Film eine Nacherzählung dokumentierter Ereignisse. Obwohl die Versuchung groß ist, hat Regisseur Jay Roach nicht mit Klischees gearbeitet. Selbst die Opfer haben Fehler und die Täter menschliche Züge. Das macht alles sehr glaubhaft.

Auf Enthüllungen dieser Art warten wir noch in unseren Breitengraden. Wer glaubt, es gäbe den Nexus von Macht und sexueller Unterwerfung hierzulande nicht, der möge weiter träumen. Allen anderen sei der Film dringend empfohlen.


Informationen zum Film

Bombshell – Das Ende des Schweigens

Originaltitel: Bombshell (Kanada/USA)
Genre: Filmdrama
Länge: 110 Minuten
Kinostart: Februar 2020
Regie: Jay Roach
Drehbuch: Charles Randolph
Mitwirkende: u.a. Nicole Kidman, Charlize Theron, John Lithgow, Margot Robbie, Allison Janney, Kate McKinnon
Sonstiges: Der Film beruht auf wahren Begebenheiten. Er wurde 2020 für drei Oscars nominiert.


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Illustration: Neue Debatte

Politologe, Literaturwissenschaftler und Trainer | Webseite

Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

Von Gerhard Mersmann

Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

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