Kategorien
Podcast Reiner Wein

Mega-Manipulation: Ideologische Konditionierung in der Fassadendemokratie

Bei Reiner Wein, dem politischen Podcast aus Wien, spricht Ullrich Mies über das Ende der Demokratie und sein Buch “Mega-Manipulation”.

Mit “Mega-Manipulation: Ideologische Konditionierung in der Fassadendemokratie” hat Ullrich Mies ein neues Buch vorgelegt. Der Inhalt wird nicht jedem gefallen, zumindest nicht denjenigen, die glauben, sie würden in einer Demokratie leben. Bei Reiner Wein, dem politischen Podcast aus Wien, spricht Mies über die gezielte Zerstörung von Staat und Demokratie und die Manipulation der Bevölkerung, um eine neue Herrschaft zu installieren.

Mega-Manipulation: Ideologische Konditionierung in der Fassadendemokratie
Ein Gespräch mit dem Politikwissenschaftler und Publizisten Ullrich Mies über Machteliten, die die Demokratien zerstören.


Das Ende der Demokratie

Seit 20 Jahren beschäftigt sich der Politikwissenschaftler und Publizist Ullrich Mies intensiv mit Fragen zu Demokratie, Kapitalismus, Militarisierung, Staat und den Strukturen des Tiefen Staates.

Fast ein Jahrzehnt war er bei Attac engagiert, eine der vielen hoffnungsvollen Bewegungen, die aber in eine “Abmoderation” übergegangen sei, wie Mies beim politischen Podcast Reiner Wein sagt.

In Vorbereitung auf seinen Sammelband “Fassadendemokratie und Tiefer Staat”, 2017 im Wiener Promedia Verlag veröffentlicht, stieß Mies auf einen Aufsatz des Soziologen Bernd Hamm: “Das Ende der Demokratie – wie wir sie kennen” [1].

Hamm schreibt in dem Essay:

“Der amerikanische Exzeptionalismus ist per definitionem die feste Überzeugung von der eigenen Überlegenheit über andere. […] Daraus folgt das selbst-attribuierte Recht, andere zu belehren, anderen die eigenen Modelle von Moral und sozialer Organisation aufzwingen zu wollen, Macht über andere ausüben, die Rolle des Weltpolizisten spielen zu wollen.

Die Vorstellung, Recht sei was wir tun, ist gleichbedeutend mit der Verachtung des internationalen Rechts. So ist es kein Wunder, wenn andere im Verlauf ihrer politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Emanzipation dieses Herr-Knecht-Modell der Machtverteilung nicht mehr hinnehmen. Es gibt einen Aufstand in anderen Teilen der Welt, und er wendet sich manchmal schon ungestüm kritisch gegen „den Westen“.

Die Welt wird sich Ent-amerikanisieren, wie ein chinesischer Diplomat das einmal ausgedrückt hat – sie ist bereits auf diesem Weg.”


Die herrschenden ökonomischen und politischen Eliten, so erklärt es Ullrich Mies, hätten die westlichen Demokratien von oben gekapert. Über die Europäische Union wurde eine autoritäre Oligarchie installiert, die die Nationalstaaten entkernte und die Demokratien zerstörte.

Nach der Systemkonkurrenz

Dieser Zerstörungsprozess hätte schleichend Ende der 1970er Jahre eingesetzt. Die Entwicklung sei beschleunigt worden durch den Wegfall der Systemkonkurrenz 1989/90.

Die globale Banken- und Finanzkrise 2007, ausgelöst durch organisierte und genau genommen kriminelle Finanzmachenschaften, hätten den Marktfundamentalismus entfesselt. Statt dies zu verhindern, sei unter dem Slogan “Too Big To Fail” die Bevölkerung in Geiselhaft genommen worden, um für Spekulationsorgien geradezustehen.

Irgendwann würden die Finanzblasen platzen und dann “fliegt uns der ganze Mist um die Ohren”. Aber wer sind die Leidtragenden? Es sind nicht die Reichen und nicht die Super-Reichen. Denen gehört quasi die Welt. Wer zu leiden hat, das ist die breite Bevölkerung. “Sie wird abkassiert.” Und zwar zu Gunsten einer Kapitalelite, die sich schon lange von sozialer Verantwortung, Gesellschaft und Staat gelöst hat.

Die Übernahme des Staates

Die Macht liegt heute bei Vermögensverwaltern wie BlackRock und Kapitalsammelstellen. Die sogenannten politischen Eliten hätten sich zu deren “Exekutivausschüssen” gewandelt. Entsprechend seien Regierungen die Interessenverwalter der gigantischen Vermögen und machen für sie Politik und Gesetze gegen die Interessen der Bevölkerung. Es ist eine Übernahme des Staates durch die internationale Finanz- und Konzernindustrie.

Mega-Manipulation und Konditionierung

Was hat die Coronakrise mit all diesen Dingen zu tun? Sie ist der Start eines ökonomischen Vernichtungsprogramms, das sich gegen den Klein- und Mittelstand richtet, sagt Mies. Eine völlig neue Weltwirtschaft soll entstehen, kontrolliert durch eine Herrschaft, die keine Legitimation mehr benötigt. Der Weg dorthin führt über die Produktion von Angst und Propaganda.


Zur Person

Ullrich Mies, Publizist und Herausgeber von "Mega-Manipulation: Ideologische Konditionierung in der Fassadendemokratie", ist Gast bei Reiner Wein. (Foto: www.reiner-wein.org)

Ullrich Mies (Jahrgang 1951) ist Sozial- und Politikwissenschaftler. Er studierte in Duisburg und Kingston (Jamaica). Seit 2000 setzt er sich mit Fragen zu Demokratie, Kapitalismus, Militarisierung und Staat auseinander. Seine Schwerpunkte sind internationale politische Konflikte, organisierte Friedlosigkeit, Staatsterrorismus [2], Neoliberalismus, Demokratieerosion, Kapitalismus- und Militarismuskritik sowie die Erhaltung der Biodiversität.

Mies ist seit 1994 selbständig, war fast ein Jahrzehnt bei der globalisierungskritischen Nichtregierungsorganisation Attac engagiert und lebt seit 30 Jahren in den Niederlanden. Ullrich Mies schreibt für Rubikon, die Neue Rheinische Zeitung, Neue Debatte und viele andere Medien.

2017 erschien von ihm und Jens Wernicke als Herausgeber der Sammelband “Fassadendemokratie und Tiefer Staat: Auf dem Weg in ein autoritäres Zeitalter” im Promedia Verlag. “Der Tiefe Staat schlägt zu. Wie die westliche Welt Krisen erzeugt und Kriege vorbereitet” (u.a. mit Beiträgen von Nicolas J.S. Davies, Eugen Drewermann, Tilo Gräser, Annette Groth, Chris Hedges, Hannes Hofbauer, Wolfgang Jung, Vladimir P. Kozin und Mohssen Massarrat) erschien 2019.

Im Westend Verlag erschien 2020 “Mega-Manipulation: Ideologische Konditionierung in der Fassadendemokratie”.


Mega-Manipulation - Ideologische Konditionierung in der Fassadendemokratie. Ullrich Mies (Herausgeber). Buchcover: Westend Verlag

Quellen und Anmerkungen

[1] Bernd Hamm (2014): Das Ende der Demokratie – wie wir sie kennen. Verfügbar als PDF auf https://www.weltwirtschaft-und-entwicklung.org/downloads/hammlang.pdf (abgerufen am 14.8.2020).

[2] Staatsterrorismus bezeichnet Gewaltakte, die laut internationaler Definition als terroristisch eingestuft werden, die aber durch das Militär (oder eine andere Organisation) eines offiziellen Staates vollzogen oder durch eine souveräne Regierung gefördert werden. Mehr Informationen auf http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/Staatsterrorismus.html (abgerufen am 28.7.2020).


Fotos und Audio: Joshua Coleman (Unsplash.com), Westend Verlag und Reiner Wein

Neue Debatte ist das Magazin für Menschen, Kultur und Gesellschaft. Es steht für 100% Journalismus und Wissenschaft von unten - unabhängig und nicht werbefinanziert. Journalisten, Blogger, Arbeiter, Akademiker, Soziologen, Handwerker, Philosophen, Micro-Blogger, Erwerbslose, Wortkünstler, Experten und kritische Menschen aus allen Milieus und Ländern skizzieren das Zeitgeschehen aus ihrem Blickwinkel: offen, ehrlich und ohne doppelten Boden. Unterstütze uns!

Von Neue Debatte | Journalismus und Wissenschaft von unten

Neue Debatte ist das Magazin für Menschen, Kultur und Gesellschaft. Es steht für 100% Journalismus und Wissenschaft von unten - unabhängig und nicht werbefinanziert. Journalisten, Blogger, Arbeiter, Akademiker, Soziologen, Handwerker, Philosophen, Micro-Blogger, Erwerbslose, Wortkünstler, Experten und kritische Menschen aus allen Milieus und Ländern skizzieren das Zeitgeschehen aus ihrem Blickwinkel: offen, ehrlich und ohne doppelten Boden. Unterstütze uns!

Wie ist Deine Meinung zum Thema?

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.