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Rezension

Dirk Rossmann: Der neunte Arm des Oktopus

Im Angesicht der drohenden ökologischen Katastrophe sollte man Dirk Rossmann danken, für seinen Mut, auf der Hand liegende Optionen in “Der neunte Arm des Oktopus” anzusprechen.

Der Drogeriegroßmarktkettenbesitzer Dirk Rossmann, seinerseits nicht nur erfolgreicher Unternehmer, sondern auch Mitbegründer einer Stiftung für eine zukunftsfähige Entwicklung der Weltbevölkerung und in das Hannoveraner Politnetzwerk bestens integriert, hat alle seine Beziehungen spielen lassen, um einen mit großem Marketing-Tusch angekündigten und nun erschienenen Thriller zu inszenieren (1).

“Der neunte Arm des Oktopus” heißt das Werk. Inhalt: Die mögliche Rettung der Welt vor dem finalen Eintreten der prognostizierten Klimakatastrophe.

Geschickt und tatsächlich nach Machart eines handwerklich gut gemachten Thrillers werden Fäden gesponnen, geografisch wie zeitlich. Die Orte von Relevanz sind Miami, Mexico City, New York City, Boston, Peking, Moskau, Dschidda, Ita Egbe, Ugo, Mumbai, Pune, Rio de Janeiro, Brasilia, Sao Paulo et cetera. Die Handlung beginnt 2018, schreitet von dort bis zum Jahr 2026 fort und wird immer wieder einer Retrospektive aus dem Jahr 2100 gegenübergestellt.


Dirk Rossmann: Der Neunte Arm des Oktopus. Thriller (Quelle: Gerhard Mersmann/YouTube)

Die neue Allianz: USA, Russland und China

Es geht um die Klimakatastrophe und die notwendige Bewegung der großen Weltmächte USA, China und Russland, die sich dazu durchringen, mit ihrer gemeinsamen Kraft ein Umdenken in Sachen Umweltvernichtung und Klimawandel Wirklichkeit werden zu lassen. Und es beginnt mit der Erhaltung des tropischen Regenwaldes und der Durchsetzung einer restriktiven Bevölkerungsentwicklung.

Selbstverständlich regen sich auch die Kräfte, die eine derartige Vision gefährden würde: Die Branchen, die direkt an der Zerstörung verdienen oder sie benötigen, um ihre Produkte zu erzeugen, diejenigen, die in einem auf Konfrontation basierenden Militärsystem Machtpositionen innehaben und die unzähligen Apparatschiks, die ebenfalls um ihren Einfluss fürchten. Sie organisieren, heimlich wie gefährlich, den Widerstand gegen die neue Allianz, die sich G 3 nennt.

Wie das alles vonstattengeht, wo die Plots liegen und wer letztendlich obsiegt, soll der direkten Lektüre vorbehalten bleiben. Was gewährleistet werden kann, ist der Thrill, der nicht ausbleibt, so wie die Erzählung konzipiert ist.

Botschaft von Dirk Rossmann: Weltweite Kooperation oder totaler Ruin

Politisch brisant ist die konzeptionelle Basis dieses Unternehmens. Indem die Bedrohung des gesamten Planeten durch die Zerstörungspotenziale sowohl der derzeitigen Produktionsweisen, der Marktmechanismen wie der internationalen Konkurrenzsysteme – richtigerweise – unterstellt wird, entblättert sich die Absurdität des Ganzen wie von selbst. Der große Wurf wäre die Erkenntnis, dass die weltweite Kooperation die einzige Chance birgt, den totalen Ruin der Spezies Mensch noch abzuwenden (2).

Angesichts aller, ob in Ost oder West, Nord oder Süd, die sich noch im Konfrontationsparadigma baden, ist das im Gewande eines Thrillers konzipierte politische Programm des Drogeriegroßmarktkettenbesitzers Dirk Rossmann ein Affront gegen die Platzhalter des Status quo. Und, das sollte nicht vergessen werden, auch der Klimaaktivisten, die stubenrein im Hause der Zerstörung die heiklen Punkte aussparen, um die es geht; Produktionsweise, Marktmechanismen und Kriege, und stattdessen immer noch vom privaten Konsumverhalten einzelner Individuen sprechen.

Man sollte dem Autor danken, dass er den Mut hatte, auf der Hand liegende Optionen anzusprechen. Damit hat er viele, die im politischen Geschäft unterwegs sind, mächtig desavouiert.

Gehen Sie einmal die politischen Akteurinnen und Akteure durch, im eigenen Land wie in den großen Machtzentren der Welt, und fragen Sie sich, wer von ihnen für das Kooperationsmodell zu gewinnen wäre. Eine spannende Frage direkt nach der Lektüre des Thrillers!


Informationen zum Buch

Der neunte Arm des Oktopus

Autor: Rudolph Bauer
Genre: Sachbuch
Sprache: Deutsch
Seiten: ca. 80
Veröffentlichung: 2020 (2. Auflage)
Verlag: pad-Verlag (Am Schlehdorn 6, 59192 Bergkamen)


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Aufruf: Das Land, in dem ich leben möchte

Wie schon Max Herrmann-Neiße Anfang der 1930er-Jahre stellen sich die Initiatoren der Plattform Futur II in diesen Zeiten der Unklarheiten und Ungewissheiten die Frage, wie die Zukunft gestaltet werden kann – und Sie alle sind eingeladen, sich einzubringen, um Antworten zu finden.

Quellen und Anmerkungen

(1) Dirk Roßmann (Jahrgang 1946) ist Gründer und Geschäftsführer der inhabergeführten Drogeriemarktkette Rossmann (Dirk Rossmann GmbH). Das Unternehmen hat seinen Sitz in Burgwedel (Niedersachen). 1972 gründete Roßmann in Deutschland das erste Selbstbedienungsgeschäft für Drogeriewaren. 2020 ist die Drogeriemarktkette Rossmann die zweitgrößte deutsche Drogeriemarktkette mit rund 2200 Filialen und über 33.000 Mitarbeitern hinter der dm-drogerie markt GmbH + Co. KG. (bekannt als dm).

(2) BioScience (5.11.2019): World Scientists’ Warning of a Climate Emergency. Auf https://academic.oup.com/bioscience/article/70/1/8/5610806# (abgerufen am 23.11.2020).


Foto und Video: Zo Razafindramamba (Unsplash.com) und Gerhard Mersmann

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Politologe, Literaturwissenschaftler und Trainer | Webseite

Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

Von Gerhard Mersmann

Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

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