Existieren wir tatsächlich oder ist alles Illusion? Dieses philosophische Essay, das nach Antworten auf Fragen sucht, die uns durch unser menschliches Dasein gestellt werden, soll anregen, es soll beim Leser sowohl Zustimmung erzeugen als auch kritische Distanz – wenn es notwendig ist. Die Einleitung gehört der Wortkunst …
Nur heißer Stein ist glühendes Gestirn Unendlich schöner Eltern höchstes Kind erobert sich, von Dunkelheit gequält. Wird gierig Stück um Stückchen aufgezählt, dass fragend alles stirbt und neu beginnt? So bleiben wir, nur meine Zeit verrinnt. Umarmung wärmt mich, Kinderspiel erhält. Doch unser Platz ist schonungslos bestellt, wo Sumpf und Hoffnung beieinander sind. Verhasste Ruhe birgt zuletzt die Stirn. Sind alle Mühen, alles Glück vertan? Wozu gebrauch ich täglich Hand und Hirn? Nur heißer Stein ist glühendes Gestirn. Die Absicht ordnet. Sehnsüchtig voran getrieben bleiben Suchen, Sieg und Irr’n. (NF)
Ist es wirklich wahr, dass es uns Menschen gibt? Woher sind wir gekommen und wohin gehen wir? Gibt es uns zufällig oder entspringt unser Dasein einer zwingenden Notwendigkeit? Was ist das Wesentliche des Menschseins und was ist uns Menschen möglich? Gibt es das Gute und das Schlechte an sich oder sind dies Extremwerte, zwischen denen sich unser Menschsein bewegt? Könnte der urwüchsige Willensakt zum kreativen Handeln als Schöpfungswonne bezeichnet werden?
Kreativität als Antrieb
Um existieren zu können, muss sich alles Seiende bewegen, auch unser “Lebend-Sein”. Leben, so wie es verstanden wird, ist ein Vorgang, der nur gegenwärtig geschieht. Das gestern Gelebte kann heute noch sein, aber nicht so, wie es war. Das Morgen lässt sich erahnen, wir durchdenken die Zukunft, wissen aber nicht, was die nächste Stunde bringen wird.
Merkmale wie der aufrechte Gang, frei verwendbare Hände, merk- und assoziationsfähiges Großhirn, Sensibilität und Motorik des Nervensystems, Selbst- und Arterhaltungstrieb, zur Lautbildung befähigter Kehlkopf und viele andere gestatten es uns Menschen, zu denken, zu sprechen, erkennend zu reflektieren, Zusammenhänge zu sehen, Aktivitäten zu koordinieren, kameradschaftlich zusammenzuwirken, uns mit allem und jedem auseinanderzusetzen, also menschlich lebendig sein zu können: zu leben.
Alles, was unser “Mensch-Sein” ausmacht, wird uns im Verlauf unserer Stammesgeschichte durch Informationsübertragung über das Wirken der Naturgesetze gegeben und jedem konkret einzelnen Menschen am Beginn seiner Individualentwicklung zunächst durch die Übertragung der Erbanlagen und danach zeitlebens durch Erfahrung und mittels Kommunikation. Dies gilt besonders für die Motivation, kreativ sein zu wollen.
Geschichte und Illusion
Das menschliche Leben bewegt sich eingebunden in das universelle Weltgeschehen. Aber es ist das Suchen nach Antworten auf die Fragen des Alltags, die uns zum Handeln motivieren. Die Bewältigung der Mühen und das Genießen der Freuden unseres alltäglichen Lebens sind es letztlich, die den Verlauf unserer Geschichte bestimmen.
Geschichte ist die in der Vergangenheit passierte, gegenwärtig wirkende und die Zukunft bedingende Tätigkeit der Menschen. Ob im Alltäglichen oder anlässlich hervorragender Ereignisse, immer bestimmen in der menschlichen Gesellschaft objektiv wirkende und subjektiv getroffene Entscheidungen und deren Umsetzung den Fortgang der Geschehnisse. Die Fähigkeit, bewusst handeln zu können, berechtigt uns Menschen, einen Willen zu haben und ihn durchzusetzen. Doch ist unser Wille wirklich frei? Jeder Handlung und jedem Gedanken geht die Bereitstellung von Energie voraus. Wer bestimmt über sie? Wer erlaubt es uns, sie zu nutzen? Ist der freie Wille also nur eine Illusion? Selbst wenn dem so sei, sind wir nicht entbunden von der Verpflichtung, jegliches Tun moralisch sowohl vor uns selbst, als auch vor allen unseren Mitmenschen zu rechtfertigen.
Unsere natürlichen, psychischen und sozialen Wesenseigenschaften befähigen uns zur Kreativität. Die Möglichkeit, kreativ sein zu können, unterscheidet uns Menschen von allen anderen Seins der Wirklichkeit: zumindest bis zu dem Moment, wo uns eine andere Kreativität begegnet. Vielleicht wird sie aus der künstlichen Intelligenz entspringen. So oder so sind wir in der Pflicht, kreativ zu sein. Die Bestimmung des Menschen, auferlegt durch den Lebenswillen, ist es, die sich zufallsnotwendig ereignende, natürliche Wirklichkeit in unserer bewusst und vernünftig gestalteten, Vervollkommnung und Schönheit erstrebenden, kulturellen Wirklichkeit aufzuheben; das Sein in seiner Ganzheit zu bewahren. Und sich selbst zu bewahren als Teil des Ganzen, wenn das Ganze existiert; fern einer Illusion, die sich Nichts nennt, die nichts hervorbringt und im Nichts nicht endet.
Foto: Annie Spratt (Unsplash.com)
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Frank Nöthlich (Jahrgang 1951) wurde in Neustadt/Orla (Thüringen) geboren. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder und sechs Enkelkinder. Er studierte Biologie, Chemie, Pädagogik, Psychologie und Philosophie von 1970 bis 1974 in Mühlhausen. Nach dem Studium war er an verschiedenen Bildungseinrichtungen als Lehrer tätig. Von 1985 bis 1990 war er Sekretär der URANIA-Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse. Später arbeitete er als Pharmaberater und ist heute Rentner und Buchautor (www.briefe-zum-mensch-sein.de). Er sagt von sich selbst, dass er als Suchender 1991 in der Weltbruderkette der Freimaurer einen Hort gemeinsamen Suchens nach Menschenliebe und brüderlicher Harmonie gefunden hat.
Eine Antwort auf „Von der Kreativität bis zur Illusion“
“Nichts besteht aus sich selbst heraus, außer, das
Nichts, das Gewahrsein (die Möglichkeit von allem),
sich seiner selbst nicht gewahr, nur als Möglichkeit
immanent, wobei die in Erscheinung tretenden
Möglichkeiten (Illusionen) vergänglich sind.”
Eine Illusion kann man nur als solche erkennen, sie lässt sich nicht realisieren/verändern/bekämpfen. Deshalb wiederholen wir auch immer nur die Geschichte, weil wir nicht wissen wer wir sind, was wir tun und was es letztendlich für Konsequenzen hat. Wir sind nur Kinder einer unfruchtbaren Frau.
Und “ganz schlimm” wird es dann, wenn wir innerhalb dieser Illusion, nach dem Sinn suchen, nach Gott, nach der Wirklichkeit, dem wahren selbst. Das ist dann ungefähr so, als wenn die Welle das Meer sucht. Die Welle ist das Meer und das Meer ist die einzige Wirklichkeit. Alles andere ist nur Meeresrauschen, ein Potential was das Meer zum Ausdruck bringen kann. Mehr nicht. Anders ausgedrückt, ALLES IST MEER, alles ist eins.
Was musst Du tun, um das zu sein was Du bist? Jetzt in diesem Moment, in dieser Sekunde, was tust Du gerade für Deine Existenz? Nichts! Du bist einfach da, nichts ist nötig dafür.
So einfach ist das, aber wir haben das Leben schwer gemacht, weil „nur da sein“ zu wenig ist.
Lieber sind wir Manager, Politiker, Künstler, Heiliger oder sonst was, und genau das ist das Problem.
Ich empfehle, besonders in diesen Tagen, die Trilogie von Sri Nisargadatta Maharaj: Ich Bin Band 1-3