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Viel Lärm um nichts: Biden, Putin und die Presse

Dass sich beide Seiten ersparten, an dem auch verbal konfrontativen Duktus festzuhalten und die Konfliktzonen zu benennen, ohne übereinander herzufallen, war der eigentliche Erfolg des Gesprächs zwischen den Staatsoberhäuptern der USA und Russlands.

Bei der Betrachtung internationaler Politik ist man gut beraten, sich von Illusionen zu befreien. Nicht, dass es immer willentlich geschieht, aber sehr oft doch. Die Repräsentanten von Staaten haben immer die Verantwortung, was in ihrem Namen und bei der Verfechtung ihrer Interessen geschieht. Dass dabei auch Menschenleben geopfert werden, gehört zum Geschäft.

Manchmal sind es reine Risikoabschätzungen, manchmal sind es bewusste Aktionen wie kriegerische Handlungen. Aber zu glauben, Staatsoberhäupter hätten mit dem gewaltsamen Tod von Menschen nichts zu tun, ist eine Wunschvorstellung. Das war immer so, unabhängig von dem politischen System, das sie repräsentieren. Man kann es bedauern, aber es ändert nichts an der Sachlage.

Dass ausgerechnet ein Vertreter eines mit dem Anspruch auf Weltherrschaft verquickten Landes wie der amerikanische Staatspräsident, dessen Land in unzählige militärische Operationen verstrickt ist, einem anderen Präsidenten – in diesem Falle dem von Russland – vorwirft, er sei ein Killer, ist eine dramaturgische Überspitzung (1).

Wenn man so will, hat er etwas, das man ihm auch vorwerfen könnte, seinem Pendant vorgeworfen. Da die Tatsache insgesamt nicht sonderlich populär ist, war der Effekt groß und die Reaktion darauf zu erwarten. Das Resultat war der Abzug respektive die Ausweisung der jeweiligen Botschafter und eine weitere Verschlechterung der ohnehin schlechten Beziehungen. Dem russischen Präsidenten ist zugutezuhalten, dass er sich nicht zu der öffentlichen Replik verleiten ließ, Biden sei auch ein Killer.

Offerte an Wladimir Putin

Die Offerte aus Washington, sich aufgrund des dramatisch schlechten Verhältnisses beider Länder, das nicht auf dem Killer-Vorwurf, sondern aufgrund unterschiedlicher Interessenlagen geopolitischer Natur beruht, in Genf zu treffen und auszutarieren, wie man wieder ins Gespräch kommen könnte, wurde als ein gutes Zeichen und als eine feine Initiative des US-amerikanischen Präsidenten in den Presseorganen des Westens gewürdigt.

Man traf sich und beide Seiten ersparten es sich, an dem auch verbal konfrontativen Duktus festzuhalten. In einem dreistündigen Gespräch gelang es den beiden Staatsoberhäuptern, die Konfliktzonen zu benennen, ohne übereinander herzufallen. Das, so dürftig es klingen mag, war der eigentliche Erfolg: Es existiert nun eine Agenda, an der abgearbeitet werden muss, inwieweit Verständigungen erreicht werden können und wo die Konfliktlinien, derer es viele gibt, weiter existieren und eventuell auch, wie damit umgegangen werden soll.

Die unterschiedlichen Interessen werden bleiben. Die große Aufgabe wird darin bestehen, zwischen den Interessen und der sie transportierenden Weltanschauungen unterscheiden zu können und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Diese Vereinbarung ist sicherlich ein Fortschritt. Erstaunlich ist, dass in der medialen Kommunikation davon relativ wenig die Rede ist, sondern die sich auf dem Feld der Ideologie befindliche moralische Zuweisung von Schuld nach wie vor die Schwingungen bestimmt.

Was zudem bei der Interpretation des Geschehenen Schrecken verbreiten kann, ist die Fokussierung der Bewertung seitens der Berichterstattung auf die Wiederherstellung der durch den Killer-Vorwurf verursachten Unterbrechung der diplomatischen Beziehungen. Dabei hatte es sich um ein taktisches Geplänkel gehandelt, das weder konstruktiv noch wahrhaftig war, sondern eher als propagandistische Finte bezeichnet werden muss, deren Resultat eine weitere Verheerung der Beziehungen bewirkt hatte.

Viel Lärm um nichts

Wenn die Revision dieser Aktion als Erfolg bezeichnet wird, die Transparenz der Interessenunterschiede, die zu Protokoll gebracht wurden, jedoch keine Beachtung finden, dann muss man dem Chor der politischen Beobachter keinen Beifall zollen. Da ging das Wesentliche einmal wieder in der ganzen Aufregung verloren. Wie so oft: viel Lärm um nichts.


Quellen und Anmerkungen

(1) New York Time (18.3.2021): Russia Erupts in Fury Over Biden’s Calling Putin a Killer. Auf https://www.nytimes.com/2021/03/18/world/europe/russia-biden-putin-killer.html (abgerufen am 18.6.2021).


Foto: Us Wah (Unsplash.com)

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Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

Von Gerhard Mersmann

Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

Eine Antwort auf „Viel Lärm um nichts: Biden, Putin und die Presse“

Mein offener Brief an Herrn Biden, an Herrn Putin und an alle verantwortlichen Machtinhaber auf unserer Heimat Erde:

Unsere menschliche Bestimmung, auf die uns die Liebe zum Leben orientiert

Gleichgültig ob sich die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft evolutionär behäbig oder sprunghaft revolutionär vollzieht, sie ist immer dann fortschrittlich wenn sich jeder Einzelne im Rahmen der gegebenen Lebensverhältnisse als selbstbewusst konkrete Persönlichkeit emanzipieren kann und wenn sich eben diese Verhältnisse in Richtung einer Gesellschaft bewegen in der durch eigenwilliges Wirken der Einzelnen das dauerhafte Bewahren des Mensch-Seins ermöglicht wird. Wir Menschen können uns entscheiden ob wir bewahrend oder beendend wirken und entsprechend dieser grundlegenden moralischen Orientierung unser Leben sinnvoll oder sinnlos gestalten wollen. Durch unser menschliches Selbstbewusstsein sind wir in der Lage unser eigenes Ich einer umfassenderen Bestimmung zuzuordnen und daraus sinnvolles Handeln für uns selbst herzuleiten.

Aufruf zu wahrhaftigem Mensch-Sein!

Wir sind die Menschen,
wir – die gemeinsam rund um den Globus leben, wir, die dem Lebenswillen menschlicher Vorfahren unser Dasein zu danken haben, wir, die künftigen Generationen das Menschenleben ermöglichen wollen – wir alle sind die Menschen.
Wir erleben es täglich, die Welt ist oft schlecht und ungerecht. Zeitlebens sind unsere Körper von Gebrechlichkeit, unser Zusammenleben von Ungewissheit und unser Geist von Angst bedroht. In den Möglichkeiten, das eigene Geschick beeinflussen zu können sind wir ebenso eingeschränkt wie im Verstehen der uns bestimmenden Wirklichkeit.
Und doch wer möchte nicht im Leben bleiben, sich seiner selbst bewusst werden, sich im Kreise seiner Mitmenschen beliebt machen und die Früchte seiner Lebensarbeit genießen, wer hat nicht Lust zu leben?
Wir Menschen können uns mittels unseres Verstandes und all unserer Fähigkeiten von Zwängen und Gebundenheit, von der Sklaverei unserer Vorurteile und von geistiger Blindheit befreien. Wäre da nicht die Gefahr einfältig egozentrischer Selbstzerstörung könnte man den Werdegang der Menschheit als die unendliche Geschichte bezeichnen.
Die Möglichkeit jedenfalls uns selbst zu bewahren ist uns Menschen gegeben, denn wir können uns unserer Fähigkeiten, wir können uns unserer selbst bewusst werden und daraus schlussfolgernd, mit Willen und dem entsprechend handeln.
Es ist an der Zeit der Bestandsaufnahme vom Mensch-Sein und zu fragen was ist das Menschliche und es ist an der Zeit den Blick auf das Überleben zu richten.
Die Welt ist oft schlecht und ungerecht nicht grundsätzlich aber oft, zu oft. Zwischen gut und schlecht, rechtens und ungerecht unterscheiden kann aber nur der zum bewussten Werten befähigte Mensch. Die Welt pauschal als gerecht, gut, schlecht oder böse zu bezeichnen hieße die Verantwortung für das uns Menschen Geschehende, das uns Widerfahrende und auch das von uns selbst Bewirkte auf etwas Allgemeines, den Willen eines Gottes oder die Macht des Schicksals oder ähnliches zu übertragen das unmöglich zur Rechenschaft zu ziehen ist. Für unser Denken und Handeln sind nur wir, die Menschen, selbst verantwortlich.
Jeder von uns muss sich immer wieder neu den Fragen stellen, was eigentlich das Mensch-Sein ausmacht und ob unser menschliches Dasein einen Sinn hat.
Wir Menschen sind in der Lage die uns bestimmenden Naturgesetze und die Gesetzmäßigkeiten unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens zu erkennen und sie zu nutzen, sodass letztlich alles Gute oder Schlechte das uns widerfährt, von uns mehr und mehr bewusst beeinflusst, also von uns Menschen und in unserem Sinn verändert werden kann oder von uns selbst geschaffen wurde und somit erst recht veränderbar ist.
Auf der Suche nach Antworten und Lösungswegen müssen wir uns immer wieder neuen Fragen und Problemen stellen, die wir nur gemeinsam beantworten und lösen können, im Dialog und im Zusammenwirken.
Lasst uns also über unsere Befindlichkeiten reden! Lasst uns vorbehaltlos und unvoreingenommen unser gegenwärtiges Dasein bedenken und nach Orientierungen für die Gestaltung unseres Lebens auf dem Weg zu wahrhaftig menschlichem Mensch-Sein suchen!

Wagen wir gemeinsam die Menschlichkeit!

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