Von der Dystopie zur Utopie. Diesen Sprung wagt ein halbes Dutzend Initiativen in Wien und ruft für den 10. bis 12. September 2021 zur “Zukunftskonferenz 2021” auf. Wie eine Alternative zum sich aufbauenden autoritären Staat und zur herrschenden Diktatur des Profits aussehen könnte, darüber diskutieren namhafte Kritiker unseres gegenwärtigen, menschenverachtenden Gesellschaftssystems.
Auf dem Programm stehen Referate von Ernst Wolff über eine Neuausrichtung des Finanzsystems, Gunnar Kaiser über eine “schöne neue Welt” ohne Transhumanismus, Michael Meyen über die Notwendigkeit einer Medienrevolution, Andrea Komlosy über ein selbstbestimmtes Arbeiten, Christian Felber über die Gemeinwohl-Ökonomie und viele andere. Reden und Nachdenken werden durch ein fülliges Kulturprogramm ergänzt, zu dem musikalisch Bella Wagner, Fuzzy Riot und Emil Gross beitragen.
Politisch gefunden hat sich die Wiener Initiative in ihrer gemeinsamen Ablehnung der Corona-Maßnahmen, die sie von Anfang an als unangemessen und überschießend empfunden hat.
Nach eineinhalb Jahren, in denen die politisch (Un)Verantwortlichen zwischen Lockdown und Impfpflicht – und demnächst wieder zurück – pendeln, droht das gesundheitspolitisch argumentierte Aussetzen von Grundrechten in einen permanenten Repressionsapparat überzugehen.
Dem ist Einhalt zu gebieten, zumal längst ersichtlich ist, wohin uns die Corona-Politik führt: in eine mehr und mehr segmentierte Gesellschaftsordnung, in der Versprechungen auf demokratische Teilnahme wie ein Echo aus längst vergangenen Tagen klingen. Die Armen werden immer ärmer und die Reichen immer reicher. In bislang nie dagewesener Rasanz haben sich einzelne Profiteure der Krise ihre Taschen gefüllt.
Führte im Jahr 2017 der in vielen Branchen investierte Microsoft-Gründer Bill Gates noch mit 75 Milliarden US-Dollar die Liste der weltweit reichsten Männer an, so steht nur vier Jahre später, Ende Juli 2021, Amazon-Erfinder Jeff Bezos mit 212 Milliarden US-Dollar an der Spitze dieser obszönen Liste. Gates konnte in den vergangenen vier Jahren sein Vermögen von 75 Milliarden auf 129 Milliarden US-Dollar steigern, Bezos profitierte mit seiner um ein Versandhaus gruppierten Konzerngruppe von den staatlich verordneten Lockdowns am allermeisten. Er verfünffachte seine Werte auf 212 Milliarden US-Dollar. Damit verfügt er über mehr Mittel als die Jahreseinnahmen ganzer Staaten wie Norwegen, Österreich, der Türkei oder Saudi-Arabien.
Auch Figuren wie Bernard Arnault (Luxusgüter-Konzern Moet-Hennessy-Louis-Vuitton) und Elon Musk (Tesla und PayPal) oder Mark Zuckerberg (Facebook) können ihr Vermögen mit staatlichen Budgetrahmen messen, die die Jahreseinnahmen von Israel oder Taiwan übersteigen. Entsprechend groß ist ihr wirtschaftlicher und eben auch ihr politischer Aktionsradius.
Wir sind Zeitzeugen eines Epochenwechsels vom industriellen zum kybernetischen Zeitalter, in dem neue Leitsektoren wie Biotechnik, Pharma und Kontrollwesen in den Vordergrund rücken.
Künstliche Intelligenz, Nanotechnik und selbststeuernde Robotik ersetzen zunehmend menschliche Funktionen. Eine zukünftige Gesellschaftsordnung, in der ein solcher Wandel weiter von Kapitalinteressen getrieben wird, ist dystopisch und muss bekämpft werden. Ideen und Mittel, wie dies geschehen soll, sind gefragt. Die Wiener Zukunftskonferenz 2021 will Impulse dafür liefern und eine radikale gesellschaftliche Grunderneuerung andenken, und zwar in ethischer, sozialer, ökologischer, ökonomischer und letztlich auch in politischer Hinsicht.
Quellen und Anmerkungen
Zukunftskonferenz 2021 – Programm und Teilnahmemöglichkeit: zukunftskonferenz.live
Redaktioneller Hinweis: Der Beitrag von Hannes Hofbauer erschien auf Rubikon – Magazin für die kritische Masse und wurde von Neue Debatte übernommen. Das Werk ist unter einer Creative Commons Lizenz (Namensnennung – Nicht kommerziell – Keine Bearbeitungen – 4.0 International) lizenziert. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen dürfen Sie es verbreiten und vervielfältigen.
Foto: Brittani Burns (Unsplash.com)
Leseempfehlung
Zukunftskonferenz 2021
Die weltumspannende Diktatur des Profits ist die finale Zivilisationserkrankung. Sie verwandelt alles und jeden in Ware und vernichtet die Grundlage gesellschaftlicher Existenz, sei es ethisch, sozial, ökologisch, ökonomisch oder politisch. Was kann getan werden? Die Zivilgesellschaft muss das Heft des Handelns in die Hand nehmen und Zukunft selbst gestalten. Die Zukunftskonferenz in Wien (10. – 12.9.2021) ist ein Versuch.
Hannes Hofbauer (Jahrgang 1955) studierte Wirtschafts- und Sozialgeschichte an der Universität Wien. Er arbeitet als Publizist und Verleger. Im Promedia-Verlag sind von ihm unter anderem erschienen „EU-Osterweiterung. Historische Basis – ökonomische Triebkräfte – soziale Folgen“, „Diktatur des Kapitals. Souveränitätsverlust im postdemokratischen Zeitalter“ und „Feindbild Russland. Geschichte einer Dämonisierung“.
3 Antworten auf „Weil es anders geht!“
Die Welt hat genug für die Bedürfnisse Aller, aber nicht für die Gier Weniger.
Bis zu welchen Jahreseinnnahmen kann man noch von Kapitalismus sprechen? 30 Mio., 300 Mio, 3,0 Milliarden? Ab wann muss man es Monopolismus (faschistoider Kapitalismus, Kapitalismus im Endstadium) nennen?
Worum geht es in der „Wiener Zukunftskonferenz 2021“
Es sind die Fragen des Alltags, die uns Menschen auf der Suche nach Antworten und Lösungswegen zum Handeln motivieren, die uns zu konkreten Taten schreiten lassen. Im täglichen Bemühen wollen wir Hoffnungen entsprechen und Ängste überwinden.
Menschen sind biotische Wesen aus Fleisch und Blut. Sie können aufrecht gehen und mit frei verfügbaren Händen arbeiten.
Wir Menschen wollen in freudevollem Miteinander, erträglichem Gegeneinander und wohlwollendem Füreinander leben und können so nur überleben.
Jeder Mensch kann in seinem Hirn Informationen speichern, Erkenntnisse denkend und empfindend verarbeiten und Schlussfolgerungen für sein Handeln ziehen, das er eigenwillig und eigenverantwortlich auszuführen vermag. Wir Menschen haben eine Psyche und wir haben Bewusstsein.
In alles umfassender Wahrheit ruht die Information darüber, wie eine Wirklichkeit, also auch die menschliche, entstehen kann. Jeder Mensch muss sich als ein zum Weltganzen gehörendes, einmaliges Selbst erkennen, um sich für den Weg durchs Leben seine eigenen Entwürfe machen und diese am dafür geeigneten Platz in Gesellschaft mit Gleichgesinnten bearbeiten zu können. So gestalten wir alle die Geschichte der Menschheit, denn sie ist die Hinterlassenschaft des Alltagsgeschehens.
Nur wir Menschen können Vervollkommnung und Schönheit erstreben und das wahrnehmbare Sein bewahren. Eine Welt, in der das Glück des Einzelnen die Voraussetzung für das glücklich sein aller ist, müssen wir Menschen aber zuerst in uns selbst finden, um uns dementsprechend in der uns wahrhaftig gegebenen und ermöglichenden Wirklichkeit einen würdigen Wohnsitz errichten zu können.
Wenn es nur so wäre! Wenn wir nur das industrielle Zeitalter schon hinter uns hätten. Aber die stetig und immer schneller steigende CO2-Konzentration in der Atmosphäre lehrt uns etwas anderes. Das industrielle Zeitalter lässt sich nicht bremsen. Das kybernetische Zeitalter könnte bereits Wirklichkeit sein, wenn wir das gesamte Wachstum der letzten fünfzig Jahre in die Entwicklung der Robotertechnik gesteckt hätten. Ich bin mir sicher, kaum jemand müsste noch arbeiten. Warum kam es nicht so?
Es ist diese verfluchte Abfolge Arbeit – Geld – Ware, die es verhindert. Wir arbeiten, um Geld verdienen zu können, welches wir wieder ausgeben, um davon leben zu können. Hat sich schon einmal jemand Gedanken darüber gemacht, warum es diesen diabolischen Zusammenhang überhaupt gibt? Vor ein paar tausend Jahren begannen einige Menschen, Land einzuzäunen, welches bis dahin allen gehörte. Um dieses Land zu bearbeiten, brauchten sie Leute, die sie erst mit Naturalien und später mit Geld bezahlten. Bis heute glauben wir, dass wir zwangsläufig Geld bekommen müssen, wenn wir arbeiten. Aber das Ganze beruht auf einem Betrug! Auf Landraub!
In Wirklichkeit können wir selbstverständlich arbeiten, ohne Geld zu bekommen. 40% der geleisteten Arbeit (hauptsächlich Care-Arbeit) wird nicht bezahlt! Die gesamte Zivilgesellschaft funktioniert ohne Bezahlung. Dass Menschen zu Hause sitzen müssen, obwohl wichtige Dinge darauf warten, erledigt zu werden, beruht auf dieser Lüge. Genauso wie die himmelschreiende Verschuldung vieler Länder der Dritten Welt und der unvorstellbare Reichtum einiger Weniger.
Die zwanghafte Vorstellung, dass man Arbeit gegen Geld tauschen kann verhindert, dass das kybernetische Zeitalter Wirklichkeit wird. Dabei wäre es so einfach. Es werden Waren erzeugt und die Waren werden gemeinsam konsumiert. Jeder bekommt das, was er braucht.