Da ist wegen des ekelhaften chinesischen Virus jahrelang nichts los und dann kommt dieser Tag, an dem doch wieder viele Menschen zu den Urnen gelaufen sind, weil sie in ihrer DNA den Glauben haben, dass Demokratie sich dort entscheidet, wo man ein Kreuzchen macht, und alles gerät in Bewegung.
Das Erstaunliche ist die Erkenntnis, dass ganz plötzlich die Stimmen, die da abgegeben wurden, in den Augen derer, die daraus einen Auftrag ableiten, in großem Maß irrelevant sind.
Eigentlich wäre gestern Abend der Zeitpunkt gewesen, nicht nur zur Revolution aufzurufen, sondern sie einzuleiten. Ab in die Parteizentralen und Rundfunkanstalten mit dem Slogan auf den Lippen: Schluss mit dem Quatsch! Jetzt geht es ans Eingemachte! Aber, meine Damen und Herren, wir sind doch in Deutschland. Da darf der Republikanismus nicht wehtun. Wo kämen wir denn da hin?
Total zugedröhnt
Stattdessen schmissen sich Bobby H. und der verwegene Christian L. in dessen Porsche und machten eine Spritztour ins Reich der Träume. Im Handschuhfach die kleinen Pillen mit Neoliberalismus und Bio, die sie unvorsichtigerweise im Dutzend einwarfen, bevor sie die Avus erreichten. Wo sie abgeblieben sind, weiß bis heute niemand, aber wenn sie wieder auftauchen, werden sie immer noch stoned sein, soviel ist sicher.
Auch der zur schwäbischen Mediokrität gereifte Cem Ö. träumte vom Coup der zwei Kleinen, um auf den Thron zu klettern, wobei Kenner unter Eid versicherten, zu solchen Abschweifungen brauche der gute Mann keine Drogen, da reiche ein tiefschwarzer Tee und er sei auf Sondersendung.
Besonders stach da noch ein sich als Atlantiker begreifender Noppi aus dem schwarzen Loch hervor und ließ sich mit bebendem Kinn dazu hinreißen, den grünen Scharfschützen zu versichern, wenn es gegen den Russen ginge, dann sei seine Truppe die verlässlichste. Da raunten viele aus dem Hinterland, der habe seinen Verstand auf den Galas der amerikanischen Freunde beim Verzehr allzu vieler Sputniks gelassen und so ginge man doch nicht in Verhandlungen mit solchen Bio-Winzlingen. Die, so ein bajuwarischer Freund, müssten Männchen machen, wenn sie Minister werden wollten. Ob Mann oder Frau, ja, mei, da kenne man kein Pardon nicht!
Der Rausch links
Dem Einzigen, dem man ansah, dass in ihm noch die harte Arbeit der letzten Monate und Jahre in den Knochen steckte, war der Olaf S., bei dem nichts mehr von Teflon zu entdecken war. Er sah den Ernst der Lage und machte hanseatische Miene zu einem ganz und gar unverzeihlichen und bösen Spiel. Und die Linke schwieg im Déjà-vu, tausendmal erlebt und nichts dazu gelernt. Und, das sah man ihren Gesichtern an, der Magic Mushroom namens Spaltung führt zu keinem Rausch, der Freude spendet oder inspiriert.
Der Ball, mit dem das neue Spiel am gestrigen Abend eröffnet wurde, ruht noch lange nicht. Ganz im Gegenteil, es geht jetzt erst richtig los. Dem wie immer etwas blöde aus dem Fenster starrenden Michel, der auch das Spiel schon x-mal erlebt hat, ist jedes Mal von Neuem empört und folgert, dass die Politik ein schmutziges Geschäft sei. Nur, und das begreift er anscheinend nie, es liegt an ihm, wie schmutzig man es dort treiben kann. Wach auf alter Mann, bevor es ein für alle Mal zu spät ist!

Weitergehen …
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Foto: Ahmed Zayan (Unsplash.com)
Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.
Eine Antwort auf „Die Glosse – Ein Rausch ohne Freude“
Gewählt ist und damit ist der gemeine Wahlberechtigte wieder für eine Legislaturperiode aus dem Spiel. Das Geklüngel hinter den Kulissen ist weder originell noch neu und hat höchst wahrscheinlich schon vor dem Wahltag begonnen? Was m.E. aber die Situation auf den Kopf stellen und das Chaos vollkommen machen würde, ist eine (bisher nur!) von der SPD geforderte Mitgliederbefragung zu einer möglichen Ampel-Koalition. Diese würde die Bundestagswahl der Wahlberechtigten weiter abwerten und eine perfekte Totalblockade ermöglichen. Diese basisdemokratische Mitgliederbefragung könnten dann natürlich auch von Gelben und Grünen genutzt werden…