Am Anfang der menschlichen Gemeinschaften herrschte eine Vision über die Zukunft vor. Wenn wir von Kultur sprechen, neigen wir aus unserer engen Sichtweise der Dinge dazu, sie auf bestimmte Objekte und Erscheinungsformen zu beziehen, die zumeist mit Kunst und ihren verwandten Gebieten verknüpft sind.
Seit der Durchsetzung eines Wertesystems, dessen Hauptmerkmal die Bedeutung des Materiellen jenseits des Sozialen und des Menschlichen ist – an vorderster Front der Kapitalismus –, haben wir den Begriff des Reichtums verloren, der im sozialen Gefüge impliziert ist, unabhängig von seinem wirtschaftlichen Niveau oder auf seiner Stellung in der Wohlstandspyramide, insbesondere hinsichtlich der Beziehung zur Umwelt.
Die fortlaufenden Krisen, bei denen die Hoffnungen auf Fortschritt von Millionen von Menschen rund um den Globus begraben wurden, haben zu einer Art Wiedergeburt der ursprünglichen Kulturen geführt, die im Wesentlichen darin bestanden, die kleinen Bevölkerungskerne in wilden und schwer zu kontrollierenden Gebieten zu verpflegen, zu schützen, abzusichern und zu bereichern. Deshalb entstehen Initiativen – besonders unter den einkommensschwachen Gruppen –, die den Blick wieder auf das Land richten.
In diesen Zeiten der unterschiedlichen Lektüre wurde meine Aufmerksamkeit auf diejenigen gelenkt, die sich mit der grundlegenden Variante unserer Kulturen befassen, welche durch ihre Beziehung zur Mutter Erde – als Vorbild – und zur Menschenmutter geprägt ist.
Die Frau ist die Quelle des Lebens. Diese Aussage ist überflüssig in Anbetracht der Beweise für die Rolle als Hauptperson des Phänomens der menschlichen Fortpflanzung, Betreuung und Erziehung. Aber darüber hinaus wird sie durch ihr Wesen zu einem wesentlichen Bestandteil für den Schutz ihrer Umwelt und die Kontinuität der verschiedenen Erscheinungsformen ihrer Kultur, ihrer Gemeinschaft und, als Folge dieser ursprünglichen Handlung, ihrer Fähigkeit, in die Welt zurückzukommen und die Hacke zum Pinsel zu machen, um auf einem kargen Feld eine Obstplantage anzulegen. Das bedeutet Kultur für mich.
In Peru beschloss eine Gruppe von Frauen, die meisten von ihnen im Rentenalter, die Wüste zu bewirtschaften. Im verlassenen Park einer dieser Wohnsiedlungen, deren gemeinsamer Faktor unglaubliche Armut ist, haben sie einen riesigen Gemeinschaftsgarten angelegt.
Eine großartige Leistung, eine Gemeinschaft, die nichts hatte, mit Rohstoffen und Nahrungsmitteln zu versorgen. Eine Leistung von Frauen, die in der Lage sind, die Trägheit des Nichts-Habens zu überwinden, um ein Vorher und ein Nachher zu schaffen, das andersartig und voller Hoffnung ist.
Ebenso sind Frauen – aufgrund ihrer Wesensmerkmale – die Beschützerinnen der Natur: der Wälder, der Flüsse, der Unversehrtheit der Landschaft; und für dieses erhabene Ziel wurden sie verfolgt und unterdrückt, als ob der Schutz der Lebensgrundlagen ein terroristischer Akt wäre. Unzählige Leben von Anführerinnen wurden bei uns und auf der ganzen Welt durch diejenigen verkürzt, die versuchen, ihren Kampf zu beenden und der Gerechtigkeit aus dem Weg zu gehen. Diese Taten von höchster Grausamkeit zeigen das Ausmaß, wie sehr der Wille dieser Frauen den Weg der Enteignung ändern und dem Recht der Menschen auf ihre Umwelt zum Durchbruch verhelfen kann.
Die jüngste Initiative der Leiterinnen der Umwelt- und Menschenrechtsabteilung bei den Vereinten Nationen – Inger Andersen und Michelle Bachelet –, deren Einsatz zu der offiziellen Erklärung der UNO geführt hat, dass eine saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt ein Menschenrecht ist, zeigt einmal mehr das Engagement und die Verantwortung von Frauen in ihrem Kampf um das Überleben unserer eigenen und aller Arten, die uns auf unserer Reise begleiten.
Wenn Kultur die Gesamtheit des Wissens ist, das die Menschheit unterwegs angesammelt hat, dann ist der Schutz des Lebens in all seinen Erscheinungsformen ein Akt der Inanspruchnahme angesichts der Versuche des Wirtschaftssystems, das Wenige zu zerstören, das vom natürlichen Reichtum auf dem Planeten übrig geblieben ist.
Diese Triebkraft des wilden Kapitalismus hat ein einziges Ziel: die Anhäufung von Reichtum, der angesichts des Szenarios Dantes über die Zerstörung unserer Umwelt nutzlos sein wird.
Die Bestrebungen der Frauengemeinschaften verbinden dann also die Werte des Lebens und der Kultur. Unsere Pflicht ist es, sie zu erhalten und zu schützen. Frauen sind ein wesentlicher Faktor für den Schutz ihrer Umwelt.
Redaktionelle Anmerkung: Der Beitrag von Carolina Vásquez Araya erschien bei unserem Kooperationspartner Pressenza. Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Doris Fischer vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Das Essay wurde von Neue Debatte übernommen. Einzelne Absätze wurden zur besseren Lesbarkeit im Netz hervorgehoben. Pressenza sucht Freiwillige!

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Foto: Markus Spiske (Unsplash.com)
Carolina Vásquez Araya ist Journalistin und Redakteurin aus Chile. Ihr Lebensmittelpunkt ist in Guatemala. Ihre beruflichen Erfahrungen unter anderem in der Öffentlichkeitsarbeit hat sie in Projekte von Organisationen eingebracht, deren Interessen auf die soziale, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung des Landes ausgerichtet sind, dies mit einem besonderen Schwerpunkt auf die Bereiche Kultur und Bildung, Unternehmertum, Menschenrechte, Justiz, Umwelt, Frauen und Kinder. Sie veröffentlicht ihre Beiträge unter anderem bei Pressenza.
Eine Antwort auf „Die Entstehung der Kultur“
Reichtum im sozialen Gefüge braucht eine neue Kommunikations-Kultur, braucht den Wandel – https://kinesiologiewordpress.wordpress.com/2021/10/30/die-kraft-der-indianischen-gesprachskultur/