Gast bei Reiner Wein, dem politischen Podcast aus Wien, ist der Hamburger Journalist, Publizist und Science-Fiction-Autor Dirk C. Fleck. Er sagt, dass der stattfindende Ökozid die menschliche Gesellschaft bis zum Ende dieses Jahrhunderts massiv verändern wird.
Seine 1993 erschienene Dystopie “GO! Die Ökodiktatur” beschreibt eine Gesellschaft vor dem ökologischen Kollaps. Das Buch war damals als mahnendes Beispiel gedacht; heute, so Fleck, werden wir ohne Ökodiktatur die Wende zur Rettung der Welt, die von der Diktatur des Kapitals bis heute verhindert wird, wohl nicht mehr rechtzeitig schaffen.
Um die Aufmerksamkeit der Menschen stärker auf die Umweltthemen zu lenken, bedarf es einer übergeordneten Organisation, die sich radikaler Aussagen bedient, wobei radikal nicht etwa im Sinne terroristischer Handlungen zu verstehen sei, sondern im ureigentlichen Wortsinn: Radix, die Wurzel.
An die Wurzel des Übels zu gehen und die laue Diskussionskultur zu überwinden, sei eines der wichtigsten Anliegen. Die meisten Umweltschutzorganisationen seien heutzutage zu kompromissbereit – zum Beispiel kritisierte der militante Umweltaktivist Paul Watson, dass Greenpeace zu bürokratisch und zu harmlos sei. Er verließ die Organisation, gründete die Sea Shepherd Conservation Society und versenkte zahlreiche Walfangschiffe (1).
Umweltschutzorganisationen, sagt Fleck, gingen mit Regierungen nicht auf Konfrontation, sondern würden sich an das zerstörerische System anpassen und es bestenfalls nur etwas weniger zerstörerisch machen. Für diese langsamen Schritte fehle uns aber die Zeit.
GO! Die Show
Die Renaissance der Atomkraft im Zuge der Klimadebatte ist für den Journalisten ein Auswuchs der globalen Kapitalistendiktatur: Gewinnmaximierung als oberstes Prinzip wird ebenso wenig hinterfragt wie das eigene Handeln im Bezug auf die Verschwendung endlicher Ressourcen.
Die Freude an der Schöpfung wecken!
Reiner Wein, der politische Podcast aus Wien. Gast: Dirk C. Fleck
Über 50 Prozent der Weltbevölkerung leben bereits in Städten (2) und verlieren dementsprechend die Beziehung zur Natur. Wie kann die Freude an der Schöpfung geweckt werden? Durch Entertainment und eine Show mit Reichweite, sagt Dirk C. Fleck. Eine Show, die durch übertriebene Polemik die Leute zum Lachen, aber auch zum Nachdenken bringt. Und am Ende der Show ist der Boden für radikale Lösungen zur Rettung der Umwelt bereitet.
Die Analyse der ökologischen Entwicklung wurde tausendmal durchgeführt; jetzt ist es an der Zeit, der persönlichen Empörung von Millionen Menschen durch ein Showformat eine Bühne zu geben. In dieser Show führt die Kunstfigur eines desillusionierten Moderators allen Zuschauern vor Augen, was das Leben unerträglich macht – bis hin zur Depression.

“Wir sind Piraten des Mitgefühls, die die Piraten des Profits jagen und vernichten.”
— Paul F. Watson (World Fest 2006, Los Angeles
Letzten Endes dreht sich alles ums Geld, sagt Fleck und erinnert an Wilderer in Afrika, die heute gegen ein Gehalt als Tierhüter tätig sind. An diesem Beispiel zeigt sich ein zentrales Problem: Denn Menschen, auch in Europa, die täglich ums monetäre Überleben kämpfen müssen, haben keine Zeit, sich um die Waldbestände in Südamerika oder überhaupt die Umwelt zu kümmern.
Wir alle befinden uns in einer Welt, in der wir die Langzeitfolgen unseres Wirtschaftens erleben: sei es der Atommüll in den Ozeanen, seien es die erodierenden Böden in Asien aufgrund des Einsatzes von Pestiziden und genmanipulierten Saatguts, der Plastikmüll, die Überfischung der Meere et cetera. Doch Fleck ist sich sicher, dass sich die Schöpfung zu wehren weiß – und genau das werden die Menschen in den nächsten Jahrzehnten erleben. Entscheidend wird sein, ob die Freude an den Wundern der Schöpfung entfacht werden. Die GO! Show kann ein Anfang sein. Und wenn es gelingt, werden die Menschen automatisch achtsamer mit ihrer Umwelt umgehen.
GO! Die TV Show
Die Go! Show ist ein Fernsehformat, welches in jedem Land der Erde funktioniert. Insbesondere in den USA, Japan, Deutschland, England und allen anderen westeuropäischen Staaten hat GO! eine gute Chance. In jenen Ländern also, deren Wirtschaftskraft es in wenigen Jahrzehnten verstanden hat, die unterschiedlichsten Kulturen auf diesem Planeten dem Gesetz ihrer Marktwirtschaft zu unterwerfen, um sie im “Global Village” auf nie gekannte Weise zu “schleifen”.
– Dirk C. Fleck

Über den Gast: Dirk C. Fleck (Jahrgang 1943) ist freier Journalist und Autor aus Hamburg. Er machte eine Lehre als Buchhändler, besuchte danach in München die Deutsche Journalistenschule und absolvierte Mitte der 1960er ein Volontariat beim „Spandauer Volksblatt Berlin“. 1976 siedelte er wieder nach Norddeutschland über und arbeitete bei der „Hamburger Morgenpost“, wo er Lokalchef wurde. Später war er Chefredakteur des „Hanse-Journal“, Reporter bei „Tempo“ und Redakteur bei „Merian“. Er arbeitete im Auslandsressort der Wochenzeitung „Die Woche“ und schrieb ab Mitte der 90er Jahre als freier Autor und Kolumnist für Tageszeitungen (u.a. Die Welt) und Magazine wie zum Beispiel Stern, GEO und Spiegel. Seit den 1980ern setzt er sich journalistisch mit den ökologischen Folgen der zügellosen kapitalistischen Wirtschaftsweise auseinander und verarbeitet seine Erfahrungen, Überlegungen und Recherchen in Romanen. Das Buch „Palmers Krieg“ erschien 1992 und beschäftigt sich mit der Geschichte eines Ökoterroristen. „GO! Die Ökodiktatur“ (1993) ist eine Auseinandersetzung mit den Folgen des Ökozid. Außerdem erschienen von Dirk C. Fleck die Bücher „Das Tahiti-Projekt“ (2008), „MAEVA!“ (2011), „Die vierte Macht – Spitzenjournalisten zu ihrer Verantwortung in Krisenzeiten“ (2012) und „Feuer am Fuss“ (2015).
Quellen und Anmerkungen
(1) Paul Franklin Watson (Jahrgang 1950) ist ein kanadisch-amerikanischer Natur- und Umweltaktivist. Er gründete 1977 die Sea Shepherd Conservation Society. Watson kritisiert die weltweite Zersiedelung der Landschaft, die Versauerung der Meere, die Zerstörung der Ozonschicht, die globale Erwärmung und den Klimawandel und prangert das weltweite Artensterben an. Er vertritt radikale Positionen und fordert zum Beispiel für Menschen eine Populationskontrolle.
(2) Statista (24.2.2021): Anteil der Stadt- und Landbevölkerung weltweit in den Jahren 1950, 2015 und 2050. Auf https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1174428/umfrage/anteil-der-stadt-und-landbevoelkerung-weltweit/ (abgerufen am 28.11.2021). Nach einer Prognose der UNO, auf die sich das Portal Statista bezieht, wird die Stadtbevölkerung bis zum Jahr 2050 mehr als 65 Prozent der Weltbevölkerung stellen. Dabei wird der größte Anteil (54,7 Prozent der Weltbevölkerung) in Städten in Entwicklungsländern leben. 1950 lebten weltweit noch mehr als 70 Prozent der Menschen auf dem Land, aber bereits 2015 betrug der Anteil nur noch 46 Prozent.
Fotos, Illustration, Audio und Video: Dimitar Belchev (Unsplash.com), Witty lama (Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=6012983), Sender.fm, Idealism Prevails, Steve Ballard und Reiner Wein
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