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Nach der Massenpsychose: Ein Ende jenseits der Zivilisation

Hitze und Empörung sind zum Normalzustand geworden, ein rationales Abwägen findet nicht mehr statt oder besser gesagt, kaum noch, und wenn, dann nur noch in analogen Schutzräumen. Sollten sich die geschürten Ängste in Hass verwandeln, dann ist die Etablierung eines diktatorisches Systems den entscheidenden Schritt vorangekommen.

Ist die Massenpsychose erste einmal befeuert und in vollem Gange, dann gibt es kein Halten mehr. Sich darüber zu streiten, ob wir uns in einem solchen Zustand befinden, wäre vertane Zeit – Wir sind mitten drin.

Hitze und Empörung sind zum Normalzustand geworden, ein rationales Abwägen findet nicht mehr oder besser gesagt kaum noch statt und wenn, dann nur noch in analogen Schutzräumen.

Das, was die Öffentlichkeit genannt wird und zum Grundverständnis bürgerlicher Gesellschaften gehört, hat aufgehört zu existieren. Insofern ist der Befund eine klassische Katastrophe. Die Seele, die eine bürgerliche Gesellschaft zusammenhält, ist abhandengekommen.

Angst und Massenpsychose

Die gegenwärtig tobende Massenpsychose, auch eine furchtbare Diagnose, wurde durch eine Kommunikation ausgelöst, die nichts anderes im Fokus hatte, als Angst und Schrecken zu verbreiten. Denn nichts anderes war aus den Kanälen zu hören, die von den in der politischen Verantwortung Stehenden zur Kommunikation benutzt werden. Wer sich anders äußerte, das heißt, wer darauf bestand, die eine oder andere Maßnahme zu hinterfragen oder Erkenntnisse zu verbreiten, die dem Weg der handelnden Regierung widersprachen, wurde ausgegrenzt, gemobbt, vernichtet.

Die Inquisition wurde begründet mit der Aussage, jeder dürfe seine Meinung frei äußern, aber er müsse auch die Verantwortung dafür tragen. Angesichts der Vernichtungsdimension, die immer mit dem Stigma daherkam, wer nicht Regierung ist, ist auch ein Faschist, hat zu einer Enthemmung bei denen geführt, die von der gezielt eingesetzten Verängstigung aufgesaugt wurden:

Angst vor dem Virus, Angst vor der nächsten Welle, Angst vor den Mitmenschen, die nur noch als Virusträger betrachtet wurden, Angst vor gesellschaftlicher Ausgrenzung, Angst vor indirekter wie direkter Sanktion, Ausschluss aus dem gesellschaftlichen Leben.

Das hat gewirkt. Und, dass wussten schon Demagogen wie Mussolini (1), wenn es gelingt, die geschürten Ängste in Hass umzuwandeln, dann ist die Etablierung eines diktatorisches Systems den entscheidenden Schritt vorangekommen.

Gleich Zauberlehrlingen sind einige derer, die sich dieses demagogischen Handwerks bedient haben, nun bestürzt darüber, dass die in Hass umgeschlagene Angst sich nicht nur gegen die ausgemachten Sündenböcke richtet, sondern auch dazu führt, dass die Initiatoren des Schreckenstheaters, oder sollte man es das Terrortheater nennen (?), ins Fadenkreuz der destruktiven Kräfte gekommen sind.

Eine schlechte Prognose

Das war abzusehen, und nicht wenige haben davor gewarnt. Aber der große Pulk, die große Blase derer, die sich vom gesellschaftlichen Sein abgesondert haben, sehen das immer noch nicht. Ihre Reaktion spricht Bände. Denn sie lernen nicht aus gemachten Fehlern, sondern sie befeuern und beschleunigen ihr eigenes Fehlverhalten. Kein Kurswechsel in Sicht. Und wer den vor hat oder anmahnt, der gerät gleich ins Visier der schnaubenden Inquisitoren.

Bleibt die Frage, kalt gestellt, welche Perspektiven besitzt eine Gesellschaft, der die Gelassenheit abhandengekommen ist, die durchsetzt ist von Angst und Hass und die nicht mehr in der Lage ist, Ursache und Wirkung zu unterscheiden?

Angesichts der Fortsetzung des Kurses ist die Prognose nicht gut. Das letzte Mittel derer, die gezielt Angst und Schrecken verbreiten, ist zumeist ein noch größeres Szenario als das schon existierende zu beschwören. Am besten eine Gefahr von außen. Auch das ist zu erleben, ohne Wenn und Aber, ohne Scham und ohne innere Ordnung. Wenn etwas schlimm ist, war es der Russe. So einfach kann alles sein. Am Ende von Massenpsychosen stehen in der Regel Trümmerlandschaften jenseits der Zivilisation.


Quellen und Anmerkungen

(1) Benito Amilcare Andrea Mussolini (1883 bis 1945) war von 1922 bis 1943 Ministerpräsident des Königreiches Italien. Als “Führer des Faschismus” (Duce del Fascismo) und “Chf der Regierung (Capo del Governo) stand er ab 1925 als Diktator an der Spitze des faschistischen Regimes in Italien.

Außenpolitisch strebte das faschistische Italien unter Mussolini nach einer Vormachtstellung auf dem Balkan und im Mittelmeerraum. Bis Mitte der 1930er-Jahre wurde eine Verständigung mit Großbritannien gesucht. Nach dem von den Westmächten mit Wirtschaftssanktionen beantworteten italienischen Überfall auf Äthiopien sowie der Intervention Italiens im Spanischen Bürgerkrieg erfolgte bis 1937 eine Annäherung an Nazi-Deutschland.

Im Mai 1939 schloss Italien ein Militärbündnis mit dem Deutschen Reich und trat am 10. Juni 1940 auf deutscher Seite in den Zweiten Weltkrieg ein. Die italienischen Angriffe auf britische Positionen im östlichen Mittelmeer und in Ostafrika scheiterten, ebenso der Angriff auf Griechenland. Ab Herbst 1942 spitzte sich die politische, soziale und militärische Krise des Regimes zu. Mussolini wurde im Juli 1943 von oppositionellen Faschisten und Monarchisten gestürzt; sie wollten das Bündnis mit Deutschland lösen und einer antifaschistischen Massenbewegung zuvorkommen. Deutsche Fallschirmjäger befreiten Mussolini aus der Haft, sodass er bis 1945 an der Spitze der “Italienischen Sozialrepublik”, einem faschistischen Marionettenstaat der deutschen Besatzungsmacht, stand. In den letzten Kriegstagen wurde Mussolini von kommunistischen Partisanen gefasst und am 28. April 1945 hingerichtet.


Farbe auf Leinwand. (Foto: Dan Cristian Padure, Unsplash.com)

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Foto: Mae Mu (Unsplash.com)

Politologe, Literaturwissenschaftler und Trainer | Webseite

Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

Von Gerhard Mersmann

Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

7 Antworten auf „Nach der Massenpsychose: Ein Ende jenseits der Zivilisation“

Jetzt erst kommt Weihnachten. Das Fest der Liebe. Die Zeit der Besinnung.
Natürlich gibt es Kräfte, die an Hass und Zerstörung arbeiten. Bleiben wir entspannt. Bleiben wir in der Liebe.

Mersmann sagt, „ Die Seele, die eine bürgerliche Gesellschaft zusammenhält, ist abhandengekommen.“

Was soll die Seele denn sein. Hier wird in idealistischer Manier ein metaphysisches Subjekt angerufen, welches es nie gegeben hat.

Wir reden über eine Klassengesellschaft mit antagonistischen Widersprüchen.
In Sonntagspredigten wird die zwanghaft hergestellte Gemeinschaft dann als beseelt besungen.
Die hält aber gar nichts zusammen, sondern ist der idealistische Ausdruck der praktisch den Menschen aufgeherrschten Zwänge.

Und ausgerechnet das verschwinden eines solchen Konstruktes wird nun hier als Misere beklagt. Davon würde ich dringend abraten.
Zuraten würde ich dazu, sich mal damit zu befassen, dass der Kapitalismus auf klassengegensatz und Ausbeutung fußt und kein gemeinschaftsverein ist.

Klaus Hecker, 20.12. 2021

Als “Seele” habe ich bei Dr. Gerhard Mersmann das Gemeinsame, Ursache und Wirkung einer Gemeinschaft verstanden, wie die Seele eines Baudenzuges. Ob wir noch eine Klassengesellschaft haben, möchte (nicht nur) ich bezweifeln. Arbeiterklasse? Kapitalistenklasse? Unsere Gesellschft haben Jens Wernicke und Ullrich Mies in “Fassadendemokratie in Tiefer Staat” besser beschrieben, mit 4 konzentrischen Kreisen um “Mr.Global” oder die Geldkaste, die sich der Polititerkaste bedient, wie Hans-Christian Lange in “An ihren Taten sollt ihr sie erkennen – Ein Insider entlarvt die neue Geld- und Politikerkaste”. Eine Klassengesellschft hatte vielleicht sogar noch etwas Charmantes, jedenfalls war sie durchlässiger als die entstandene faschistoide Beton-Kastengesellschaft mit Raubtierantlitz, wo momentan alle Kapitalisten gemeinsam die Sozialstaaten kaputt machen und den Mehrwert, die Gewinne, rausziehen und privatisieren.

Hallo Norbert,
Ich habe in meinem Kommentar befragt , was Herr merschmann mit Seele meint.

Du anwortest
Dezember 2021 um 10:44 Uhr
Als „Seele“ habe ich bei Dr. Gerhard Mersmann das Gemeinsame, Ursache und Wirkung einer Gemeinschaft verstanden, wie die Seele eines Baudenzuges.

Mit erneuter Metaphorik. Setzt gewissermaßen noch elnen obendrauf. Ich verstehe das nicht. Ich bitte erneut um eine Erklärung, was gemeint ist.

Allerdings nur unter der Annahme, dass mein Verständnisproblem nicht nur bei mir auftritt. Wenn alle das Verstehen – und mir geht es noch nicht einmal darum, ob die geäußerte Ansicht geteilt wird, dann trete ich zurück. Ich bin nicht wichtig.

Was Herr Mersmann mit Seele meint, weiß ich natürlich auch nicht. Vielleicht etwas weniger Pragmatisches, Rationales, als meine (erste) Interpretation und Beschreibung, etwas Gemeinsames auf spiritueller Grundlage Beruhendes? Ist es nicht wunderbar, dass Diskussionen, „Meinungen zum Thema” so vielschichtig sind? Jeder und Jede sich Gedanken macht, die vorher nicht da und nicht möglich waren?
Warum zurücktreten, Klaus Hecker? Ob die geäußerte Ansicht geteilt wird, ist auch nicht wichtig. Sie wird wahrgenommen, vielleicht sogar, ohne bewertet zu werden. Sie ist in der Welt. Sicher wird sie unterschiedlich wahrgenommen, denn die Menschen haben unterschiedliche Vorprägungen, haben unterschiedliche Gene und sind unterschiedlich sozialisiert. Demokratie lebt von unterschiedlichen Sichten und vom Austausch… und vom “Klüjer-Werden”, wie Konrad Adenauer gesagt hat. Manchmal braucht das wohl Zeit. Wer behauptet, die Wahrheit zu kennen, ist schon tod. “Alternativlos” ist ohne Leben.
In neuster Zeit werden sogar Worte, Begriffe, unterschiedlich definiert. Nehmen Sie “Pandemie” (in der Bedeutung nach der Schweinegrippe von der WHO geändert) Nehmen Sie “Impfung”! Erst kürzlich durften weder mRNA-Injektionen noch Vektor”impfstoffe” am Menschen Impfstoff genannt werden. Bleiben wir in der Diskussion. Klaus Hecker, Sie sind wichtig!

Hallo Norbert ,

1784 verfasst Kant die Schrift „was ist Aufklärung? und leitet damit das Zeitalter der Aufklärung ein, in anderen europäischen Ländern mit der Lichtmetapher beschrieben, z.B. The siecle of enlightment – raus aus der Finsternis des Irrationalismus.
Das ist nun weit über 200 Jahre her. Du besonders, aber auch andere mit ihrem unendlichem metaphergewölk, fallen hinter Erkenntnisse der Aufklärung zurück. Leider.

Damit befindet ihr euch in guter Gesellschaft. Ich habe in einem Artikel meiner podcastserie „Roter Planet“ den Rückfall von Wissenschaftlern in Irrationalismus beschrieben. Bei Interesse bitte anschauen. ( Serie Neue Weltordnung, Ideologiekritik, dort 2. und 3.Teil)

Der so gründliche Kant hat den Weg in den Irrationalismus und die Fehler eines solchen Weges 15 Jahre 1766 zuvor in der Schrift „Träume eines Geistersehers“ unnachahmlich dargestellt. Es geht um den damals in Europa recht populären Esoteriker Swedenborg. Lesenswert!!

Schade, dass solche Erkenntnisse nun wieder zunehmend verschwinden. Es ist so, als wenn man heute wieder behaupten würde, die Erde sei eine Scheibe.

Fällt dir auf, dass der eigentliche Gegenstand verloren gegangen ist,

Ich hatte befragt, was Merschmann mit – paraphrasiert – Sinnzusammenhang der alten BRD meint.

Schluss: Irrationalismen haben in Zeiten, wenn die Herrschaft verschärft zuschlägt, Hochkonjunktur. Sie haben objektiv die Funktion, ohne dass die Apologeten des Irrationalimus wie du oder der Friedensforscher, den ich auf die Hörner genommen habe, davon ein Bewusstsein haben, folgende Funktion:
Kläuschen halt die Klappe, wissen können wir eh nix, jedes und alles hat irgendetwas für sich. Derweil freuen sich die Herrschenden, rüsten z.b. derzeit in Deutschland mächtig auf und dein bewunderter Adenauer, der sich angeblich so sehr über Meinungsvielfalt gefreut hat, hat mit viel Fleiß es als erstes mal geschafft, dass die KPD verboten wird. In meiner Heimatstadt wurde der KPD Chef dort erstmals für 1,5 Jahre ins Gefängnis gesetzt, wurde danach ökonomisch gebrochen erfolgloser staubsaugervertreter – und Mitbegründer der neu entstehenden DKP. Der hat sich bis zur letzten Patrone engagiert.

P.S.: Unter Hitler saß der 3 Jahre in unterschiedlichen KZs, die er im Unterschied zu vielen seiner Genossen sogar und zum Gläck überlebt hat.

Lieber Klaus, ich halte Dir zugute, dass Du mich nicht kennt. Aber wenn ich auch ein Zitat von Adenauer verwende, so bin ich auf keinen Fall sein Bewunderer! Bitte äußere Dich nicht über mich als Mensch, wenn Du nur einen Artikel auf einer Diskussionsplatform von mir gelesen hast. Was hat mein Sohn mal gesagt als er zwölf wurde: Den Menschen fehlt Demut!
Deine “Erkenntnisse” über mich halte ich für oberflächlich.

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