Kategorien
Meinung

Die Jugend jenseits des Radars

Wer glaubt, Fridays for Future, die Grüne Jugend oder die in den etablierten Medien gepushten Bewegungen und Organisationen repräsentierten die Jugend, unterliegt einer Täuschung. Es handelt sich dort um sich dezidiert äußernde Minderheiten, die im großen Spiel der Macht instrumentalisiert werden.

Das, was sich an Kritik bezüglich der Medien breitmacht, die sich in alter Gewohnheit an Funk, Presse und Fernsehen orientiert, ist in vielerlei Hinsicht berechtigt. Mehr noch, durch die einseitige, zumeist schlampig recherchierte und gezielt meinungsbildende Art, die sich die dominierende Fraktion der Kommunikation zu eigen gemacht hat, stößt nicht nur auf Ablehnung, sondern sie trägt auch massiv zu einer gesellschaftlichen Zerrissenheit bei, die auf einen heißen Konflikt hinausläuft.

Diejenigen, die diese Entwicklung kritisch begleiten, sind zunehmend verzweifelt über die anscheinend existierende Teilnahmslosigkeit seitens der Bevölkerung.

Hinter diesem Befund steht nicht nur das beobachtete Abdriften seitens der öffentlichen Kommunikation. Denn dahinter verbirgt sich auch eine im besten Fall zu bezeichnende Lethargie von Parteien und Institutionen. Es ist auch die psychologische Macht, die diese Organe mittlerweile erlangt haben. Denn manch ein Politiker oder Vertreterinnen und Vertreter aus Institutionen und Personen des öffentlichen Lebens überlegen sich zweimal, ob sie sich kritisch zu dieser Entwicklung äußern. Denn machen sie das, dann werden sie vor sich hergetrieben wie zum Abschuss freigegebenes Wild. Daran ändert auch nichts wie der zynische Hinweis, man könne nach wie vor alles sagen.

Die Jugend, die es nicht mehr interessiert

Der Grad der öffentlichen Vernichtung von Individuen und ihrer Position hat eine Dimension angenommen, wie sie in der Geschichte der Republik noch nicht da war. Selbst in den heißesten Zeiten des Kalten Krieges wurde nicht der Versuch unternommen, eine aufgeladene Meute auf die vermeintlichen Delinquenten zu hetzen. Was jedoch kaum auf dem Radar zu vernehmen ist, sind die Reaktionen auf die Entwicklung jenseits der erwähnten Medien.

Was machen eigentlich diejenigen, die als die nachkommende Generation bezeichnet werden? Die nicht daran denken, die in der Republik gealterten Zeitungen in die Hand zu nehmen oder das öffentlich-rechtliche Fernsehen einzuschalten? Ihre Kommunikationsforen haben die Kritiker zumeist nicht auf dem Schirm und es ist ungewiss, wie sie auf die Entwicklung dort, wo sie sich nicht aufhalten, reagieren. Vermeintlich gar nicht, denn wieso sollten sie sich zu etwas äußern, was sie seit Langem nicht mehr interessiert oder noch nie interessiert hat?

Das junge Segment der Gesellschaft, nicht unbedingt repräsentiert von denjenigen, die sich in den etablierten Institutionen bewegen, befindet sich in einer Wahrnehmungsabstinenz, die zu großen Überraschungen führen kann. Denn Analysen über deren Interessen und Haltungen liegen kaum vor. Das, was als solches reklamiert wird, bezieht sich auf das sichtbare Systemimmanente.

Die große Unbekannte

Auffallend ist, dass bei Veranstaltungen, in denen auch diese Menschen zu Wort kommen, zum Teil sehr kritische Positionen zum Vorschein kommen, die zwar in unterschiedliche Richtungen weisen, aber von einer Ablehnung des Bestehenden getragen werden. Insofern kann von einer schweigenden Opposition gesprochen werden, die angesichts der Überhitzung der öffentlichen Debatten innerhalb der etablierten Foren nicht wahrgenommen wird und die niemand so richtig klassifizieren kann.

Wer glaubt, Fridays for Future, die Grüne Jugend oder die in den etablierten Medien gepushten Bewegungen und Organisationen repräsentierten diese Jugend, unterliegt einer Täuschung. Es handelt sich dort um sich dezidiert äußernde Minderheiten, die im großen Spiel der Macht instrumentalisiert werden. Die große Unbekannte jedoch bleibt.

Da es sich tatsächlich um die biologischen Träger der Zukunft handelt, ist es von großer Bedeutung, die Interessen, die Weltbilder und die Haltung dieser gesellschaftlichen Gruppe zu erfahren. Das geht nur im direkten Dialog. Und wieder ein Argument, um die Felder der subventionierten Ideologieschmieden schleunigst zu verlassen.


Ein ruhender Mensch auf einem weißen Bett. (Foto: Ahmet Ali Agir, Unsplash.com)

Alles beginnt mit dem ersten mutigen Schritt!

Journalismus hat eine Zukunft, wenn er radikal neu gedacht wird: Redaktion und Leserschaft verschmelzen zu einem Block – der vierten Gewalt. Alles andere ist Propaganda.


Foto: Jordan Marchand (Unsplash.com)

Politologe, Literaturwissenschaftler und Trainer | Webseite

Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

Von Gerhard Mersmann

Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

Wie ist Deine Meinung zum Thema?

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.