“Immer wieder tauchte nach 1945 die Frage auf, ob es denkbar sei, daß es je zu einem dritten Weltkrieg kommen könne. Ich glaube, wir befinden uns schon mittendrin. Nur bemerkt es offenbar niemand, weil dieser Krieg nicht territorial, sondern zeitlich geführt wird. Wir haben einen erbarmungslosen Krieg gegen unsere eigenen Kinder und Enkel, gegen die kommenden Generationen, entfesselt. Wir werden ihnen eine verwüstete Welt hinterlassen, auf der das Leben für sie sehr schwer sein wird. Aber da sie ja nicht zurückschlagen können, fahren wir damit fort – wir können schon gar nicht mehr anders – und beruhigen unser Gewissen (sofern es nicht ganz zum Schweigen zu bringen ist) mit der Annahme, daß ihnen schon etwas einfallen wird, um unsere Gemeinheiten wiedergutzumachen.” – Michael Ende (1)
Auf Facebook gibt es seit Kurzem eine Seite, die mich sowohl erschreckt als auch hoffen lässt. Sie heißt “Aufstand der letzten Generation”. Der Titel bringt auf den Punkt, was auch andere Initiativen und Bewegungen wie Fridays for Future oder Extinction Rebellion (2) umtreibt: die Sorge vor dem totalen Ökozid.
Angefangen hatte es mit der Gründung der Earth First!-Bewegung im Jahre 1979 im Südwesten der USA (3). Inspiriert von Rachel Carsons Buch Silent Spring (1962) und Aldo Leopolds (4) Essay Land Ethic (1949) plädierte eine Gruppe von Aktivisten für “No Compromise in Defense of Mother Earth!” (deutsch: Kein Kompromiss bei der Verteidigung von Mutter Erde). Ein Kopf der Bewegung war Dave Foreman, der bis dahin Umweltgutachter und aktives Mitglied der australischen Organisation Wilderness Society war (5). Foreman ließ sich nach eigenen Angaben von Edward Abbeys Roman The Monkey Wrench Gang inspirieren (6). Der verstellbare Schraubenschlüssel (englisch: monkey wrench) wurde zum Symbol für Sabotage und Teil des Earth First!-Logos.

Schließlich sah sich die US-Politik bemüßigt, die Notbremse zu ziehen. Earth First! steht seitdem ganz oben auf der Feindesliste (7), aber auch Umweltschutzgruppen aus der bürgerlichen Mitte wie die Earth Liberation Front, die Wilderness Society oder andere Menschenrechts- und Umweltschutzorganisationen werden oder wurden vom FBI seit Jahren als Terrorgruppen eingestuft. Und nach 9/11 galten in den USA als Terroristen plötzlich auch jene Wunderkerzenhinundherschwenker bei Joe Cocker-Konzerten, die schon mal für Greenpeace oder andere “ungesetzliche Kämpfer” spendeten (8).
Dumm gelaufen. So sollte auch der Titel eines etwa 80-seitigen Traktats lauten, das ich zusammen mit dem Gründer des Equilibrismus e. V. (https://equilibrismus.org), Eric Bihl, schreiben wollte. Im Exposé zu dieser Niederschrift, die als Entschuldigung an die nächste Generation gedacht war, heißt es:
“Warum waren wir nicht in der Lage, trotz der über Jahrzehnte hinweg ergangenen Warnsignale erfolgreich gegenzusteuern? Warum ließen wir es zu, dass unseren Kindern und Enkelkindern nichts als soziales Chaos und verbrannte Erde hinterlassen wird? Was sind unsere größten Unterlassungssünden und wie sind sie zu erklären? Sind sie überhaupt zu erklären? Ein Blick zurück auf die kurzen Zeiten des Friedens, auf humanistische Ideale und auf alles, wozu Menschen sich hätten entwickeln können. Ein vorgezogenes Tribunal, das niemanden schuldig spricht, da wir doch alle in unseren kleinen individuellen Geschichten verstrickt sind und gar nicht über die geistigen und seelischen Voraussetzungen verfügen, um die unfassbare Endzeit der Hochzivilisation in unser bescheidenes Weltbild einordnen zu können.”
Ich erinnere mich an einen Spaziergang mit einer Earth-First!-Aktivisten Mitte der Neunzigerjahre als die Pacific Lumber Company die letzten Redwood-Bestände oberhalb San Franciscos “abernten” wollte. Der Widerstand unter Umweltschützern war gigantisch. Die Medien sprachen vom “Eco-War”, vom Öko-Krieg. Damals trieben die Umweltschützer riesige Nägel in die Stämme, an denen sich die Motorsägen die Zähne ausbeißen sollten (9). Mehrere Forstarbeiter wurden verletzt. Die Situation eskalierte, bis zwei Earth First!-Aktivisten bei einem Bombenattentat fast ums Leben kam. Die Rohrbombe, da waren sich alle einig, wurde vom FBI ins Auto gelegt (10).
Und genau in dieser aufgeheizten Stimmung schlenderte ich mit Judi die Dorfstraße von Alderpoint hinunter in ein lang gezogenes Tal, in dem Hunderte bemooster, mannshoher Baumstümpfe in Reih und Glied standen wie Grabmale auf einem Heldenfriedhof. “All das hier war vor vierzig Jahren noch mit majestätischen Urwäldern bedeckt”, sagte Judi, “bis zu zweitausend Jahre alte Redwood-Riesen ragten über hundert Meter hoch in den Himmel. Zwischen Platt Mountain auf der einen und Wool Mountain auf der anderen Seite lebten unzählige Vogelarten, Reptilien und Wildkatzen. In den Bächen tummelten sich Forellen und Lachse. Dort drüben rauschte ein Wasserfall in die Tiefe…”
Meine Begleiterin ging in die Hocke und ließ eine Handvoll staubiger Erde durch die Finger rieseln. Ich stand betreten daneben. Ein kalter Luftzug fuhr in die Niederung. Judi hakte sich bei mir ein, als wollte sie sich stützen. “Wo sind die Pflanzen und Tiere”, fragte sie mit brüchiger Stimme, “wie können wir es nur aushalten ohne sie?”
Ich werde diesen Augenblick nie vergessen, diesen Schmerzabdruck auf ihrem Gesicht nicht und auch die stillen Tränen nicht, die darüber flossen. Ebenso wenig werde ich vergessen, was Julia Butterfly Hill (Jahrgang 1974) in eine Fernsehkamera sprach, nachdem sie 738 Tage in der Baumkrone eines kalifornischen Küsten-Mammutbaums (sie nannte ihn Luna) lebte, um ihn vor der Abholzung zu retten:
“Der eigentliche Grund, alles, was ich in meinem Leben hatte, aufzugeben – meine Freunde, meine Arbeit, meine Karriere, meine Klamotten, mich umzudrehen, alles zu verkaufen und in den Wald zu gehen – war der atemberaubende Anblick dieses riesigen uralten Redwood-Baums, dessen Leben unmittelbar bedroht war. Wenn man so ein Wesen auf einem Foto sieht, kann es einen sehr berühren, aber wenn man davor steht, dann haut es einen einfach um. Dieser Wirklichkeitsschock jenseits der Medienwelt fühlte sich für mich so an, als würde eine Hand meine Eingeweide und mein Herz rausreißen, mich am Nacken packen und ins Geschehen stoßen. Es war nichts Politisches, nichts Wissenschaftliches. Ich glaube, es gibt diese Momente im Leben, wo wir etwas erkennen und ohne jeden Zweifel wissen, dass es falsch läuft und wir etwas unternehmen müssen.”
Quellen und Anmerkungen
(1) Michael Ende (1929 bis 1995) war ein deutscher Schriftsteller. Seine Bücher wie zum Beispiel Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer (1960), Momo (1973) und Die unendliche Geschichte (1979) verkauften sich über dreißig Millionen Mal und wurden in über vierzig Sprachen übersetzt.
(2) Extinction Rebellion (deutsch: Rebellion gegen das Aussterben) ist eine Umweltschutzbewegung, die Regierungen durch Mittel des zivilen Ungehorsams dazu zwingen will, Maßnahmen zu ergreifen gegen das Massenaussterben von Tieren und Pflanzen, der Zerstörung von Lebensräumen sowie das mögliche Aussterben der Menschheit als Folge der sogenannten Klimakrise.
(3) Earth First! ist ein internationales Netzwerk von radikalen Umweltgruppen. Der Ursprung der Earth First!-Bewegung liegt in den USA. 1980 wurde die Bewegung von Dave Foreman, Mike Roselle, Howie Wolke, Bart Koehler und Ron Kezar gegründet. Earth First! verfolgt das Ziel, die Zerstörung der Natur aufzuhalten. Dabei wird nicht auf Regierungen gesetzt, sondern auf die direkte Aktion als zentrales Mittel. Das Spektrum der Aktionen reicht von Protesten und Aufklärungskampagnen, Formen des zivilen Ungehorsams wie zum Beispiel Straßenblockaden und geht weiter bis hin zur Sabotage. Anfang der 1990er-Jahre gründeten Mitglieder von Earth First! die militante Organisation Earth Liberation Front (ELF). Zu den Aktionsformen der ELF gehört die Befreiung von Tieren aus Forschungseinrichtungen und die Beschädigung beziehungsweise Zerstörung von Anlagen, die nach Ansicht der Aktivisten die Umwelt oder Tiere schädigen.
(4) Aldo Leopold (1887 bis 1948) war ein US-amerikanischer Jäger, Forstwissenschaftler, Wildbiologe und Ökologe. Er gilt als einer der Gründer der Naturschutzbewegung. Leopolds Essay “Land Ethic”, 1949 als Abschluss von “A Sand County Almanac” veröffentlicht, ist ein Aufruf zur moralischen Verantwortung gegenüber der natürlichen Welt. Im Kern geht es bei der Idee einer Landethik schlicht um Fürsorge: für die Menschen, für das Land und für die Stärkung der Beziehungen zwischen ihnen.
(5) Dave Foreman (Jahrgang 1947) gilt als einer der kreativsten und effektivsten Naturschützer Nordamerikas. In den letzten Jahrzehnten inspirierte er einige der einflussreichsten Naturschutzorganisationen. Foreman war Herausgeber und Verleger wichtiger Naturschutzzeitschriften und hat seine Sichtweise in viel beachteten Büchern wie The Big Outside und Confessions of an Eco-Warrior dargestellt. In seinem Werk Rewilding North America hat Dave Foreman die globale Ausrottungskrise als die wohl größte ökologischen Bedrohung der Gegenwart beschrieben und Lösungen vorgestellt.
(6) Edward Paul Abbey (1927 bis 1989) war ein US-amerikanischer Naturforscher, Philosoph und Schriftsteller. Sein Roman The Monkey Wrench Gang inspirierte radikale Umweltaktivisten und führte unter anderem zur Gründung der Earth First!-Bewegung.
(7) Anti-Defamation League (ADL-Report): Ecoterrorism – Extremism in the Animal Rights and Environmentalist Movements. Auf https://www.adl.org/education/resources/reports/ecoterrorism (abgerufen am 16.2.2022).
(8) Augsburger Allgemeine (21.9.2010): FBI setzte Greenpeace nach 9/11 auf Terror-Liste. Auf https://www.augsburger-allgemeine.de/politik/FBI-setzte-Greenpeace-nach-9-11-auf-Terror-Liste-id8510906.html (abgerufen am 16.2.2022).
(9) Beim Tree Spiking (oder auch Tree pinning) werden Stäbe aus Metall in den Stamm eines Baumes gehämmert, um seine Fällung zu verhindern. Die Kette einer Kettensäge, welche auf einen solchen Metallstab trifft, wird unbrauchbar oder reißt. Das Fällen des Baumes wird damit erschwert und unwirtschaftlich. Tree Spiking ist eine Form der Sabotage die Dave Forman, Mitgründer der Earth First!-Bewegung, in seinem Buch Ecodefense darstellte.
(10) Am 24. Mai 1990 wurden die Earth First!-Aktivisten Darryl Cherney und Judi Bari verletzt, als eine Rohrbombe in dem Auto, in dem sie unterwegs waren, explodierte. Bari wurde durch die Explosion schwer verletzt. Der Fall wurde vom Federal Bureau of Investigation (FBI) untersucht, das Bari und Cherney beschuldigte, die Bombe selbst gelegt zu haben. Bari und Cherney verklagten daraufhin das FBI und die Beamten der Polizei von Oakland (US-Bundesstaat Kalifornien) wegen Verletzung der Verfassung der Vereinigten Staaten. Cherney und den Erben der zwischenzeitlich an Krebs verstorbenen Bari wurden 4,4 Millionen US-Dollar wegen Verletzung des Ersten Verfassungszusatzes (Redefreiheit) und des Vierten Verfassungszusatzes (Recht auf Freiheit von unrechtmäßiger Verhaftung und unrechtmäßiger Durchsuchung und Beschlagnahme) zugesprochen. 2012 wurde Cherneys Dokumentarfilm “Who Bombed Judi Bari?” veröffentlicht. Durch eine laufende Klage gegen das FBI soll verhindert werden, Beweise zu vernichten, die die DNA des Bombenlegers enthalten könnten. In einem Interview mit Democracy Now!” sagte Cherney, dass er glaubt, das FBI sei nicht nur schuldig, ihm und Judi etwas anzuhängen, sondern auch an einer Vertuschung. An anderer Stelle erklärt er, dass daran glaubt, dass der Bombenleger gefunden werden kann.
Redaktioneller Hinweis: Das Essay von Dirk C. Fleck erschien bei apolut.net unter der Headline “Es gibt diese Momente im Leben …“. Der Text wurde aktualisiert und auf Neue Debatte zweitveröffentlicht. Einzelne Absätze wurden zur besseren Lesbarkeit im Netz hervorgehoben und Hinweise und Anmerkungen ergänzt.

Alles beginnt mit dem ersten mutigen Schritt!
Journalismus hat eine Zukunft, wenn er radikal neu gedacht wird: Redaktion und Leserschaft verschmelzen zu einem Block – der vierten Gewalt. Alles andere ist Propaganda.
Foto: Clay Banks (Unsplash.com) und Earth First! (gemeinfrei)
Dirk C. Fleck (Jahrgang 1943) ist freier Journalist und Autor aus Hamburg. Er machte eine Lehre als Buchhändler, besuchte danach in München die Deutsche Journalistenschule und absolvierte Mitte der 1960er ein Volontariat beim „Spandauer Volksblatt Berlin“. 1976 siedelte er wieder nach Norddeutschland über und arbeitete bei der „Hamburger Morgenpost“, wo er Lokalchef wurde. Später war er Chefredakteur des „Hanse-Journal“, Reporter bei „Tempo“ und Redakteur bei „Merian“. Er arbeitete im Auslandsressort der Wochenzeitung „Die Woche“ und schrieb ab Mitte der 90er Jahre als freier Autor und Kolumnist für Tageszeitungen (u.a. Die Welt) und Magazine wie zum Beispiel Stern, GEO und Spiegel. Seit den 1980ern setzt er sich journalistisch mit den ökologischen Folgen der zügellosen kapitalistischen Wirtschaftsweise auseinander und verarbeitet seine Erfahrungen, Überlegungen und Recherchen in Romanen. Das Buch „Palmers Krieg“ erschien 1992 und beschäftigt sich mit der Geschichte eines Ökoterroristen. „GO! Die Ökodiktatur“ (1993) ist eine Auseinandersetzung mit den Folgen des Ökozid. Außerdem erschienen von Dirk C. Fleck die Bücher „Das Tahiti-Projekt“ (2008), „MAEVA!“ (2011), „Die vierte Macht – Spitzenjournalisten zu ihrer Verantwortung in Krisenzeiten“ (2012) und „Feuer am Fuss“ (2015).
3 Antworten auf „Monkey Wrench: Es gibt diese Momente im Leben …“
das größte massenaussterben in der geschichte des planeten erde hat bereits vor langem begonnen, und der verursacher mensch steht mit auf der schier endlosen liste der aussterbenden tiere und pflanzen, obwohl ers im moment noch nicht glaubt. also alles in ordnung, und der letzte machts licht erstmal aus, ehe die sonne den planeten dann in ca 400 mio jahren gleißendhell grillen wird.
vorerst geht das spiel aber ungehindert, und trotz aller warnungen seit jahrzehnten, erstmal weiter: höher, schneller, weiter, wachsen, noch mehr geld anhäufen, wälder zu wüsten, das weltmeer zur müllkippe, und selbst die atemluft dreht sich mensch selbst langsam ab = wälder adé, und seit den 60gern des vorigen jahrhunderts sind ca 40% des sauerstoffliefernden meeresplanktons bereits vernichtet. schöne neue welt …
Seit Beginn der profitorientierten Industrialisierung, der Mechanisierung und der Digitalisierung erschaffen wir permanent eine parallele Kunstwelt, die sich von der Natur (fast) komplett entkoppelt hat. Allerdings kann selbst diese glitzernde Trugwelt nicht ohne die natürlichen Ressourcen der realen Welt existieren. Umgekehrt ist das sehr wohl möglich.
Es wird Zeit zu erkennen, dass der Mensch nur eine Laune der Natur ist und anscheinend unfähig, eine angemessene „Krönung der Evolution“ zu sein, um seinen Fortbestand zu sichern, geschweige denn die Erde zu respektieren und zu lieben. Natürlich gibt es Ausnahmen, aber die konsumorientierte Globalisierung , also der (gierige) Mensch selbst, wird in ihrer/seiner verblödeten Verblendung auch diese wage Hoffnung vernichten, bis hin zur finalen „Zerstörung“ des Globus‘, sprich Menschheit.
Eine Regeneration kann also nur ohne uns stattfinden, wie man derzeit durch die militante, selbstzerstörerische, krankhafte, virulente Massenpsychose weltweit beobachten kann…
@ morgentau: “…geschweige denn die Erde zu respektieren und zu lieben…”
“lieben” ist schon falsch, weil zuviel des guten, liebe ist besitzergreifend, und alles, das man besitzergreift wird schon durch diesen vorgang verändert, und letztlich so zerstört – beispiel mensch: was immer er im guten oder bösen geistig oder real besitzergreift, endet degradiert und zerstört, der etwa allerschönste garten noch ist eine armselige degradierung dessen, was vorher -wildnis- war. das liegt aber nicht etwa daran, dass mensch “böse, untaugliche zauberhände” hätte, denn jedes beliebige lebewesen modifiziert schon durch sein schieres dasein seine umwelt, sein environment, sondern gerade an der erweiterten sog. “intelligenz” von mensch, die mehr und erweiterte möglichkeiten gibt, das environment zu verändern, was dann immer in zerstörung enden muss = geht nicht anders.
ich würde “liebe” gegen die haltung einer “neutral-bleibenden sympathie” zu allem austauschen wollen (das ist fast buddhistisch), denn eine solche nur-wohlwollende-sympathie zu und mit allem lebt mit, beobachtet mit, ist vollgültig mit und zwischen allem, aber macht nichts kaputt, auch nicht mit guten absichten, die immer desaströs enden, weil “distanzierte wohlwollende sympathie” eben nicht in irgendeiner form besitzergreift.
zudem macht “lieben” stets zwangsläufig traurig, weil wir in einer immer-nur-weiter-werden welt leben, die nie “ist/soist/sobleibt”, sodass liebe immer auch verlierenmüssen bedeutet, abschied nehmen müssen, was ua existentielle wut erzeugt, dass die welt immer den egal-welcher-art lieben davonläuft, weil sie sich weiterentwickeln muss, “liebe” = urangst vor vergänglichkeit, ein problem, das man unter der geisteshaltung “neutraler wohlwollender sympathie” mit allem immer-nur-weiter-werdenden garnicht hat, weil darin das weiter-werden-müssen, von liebenden krass als “vergänglichkeit” erlebt, als trivial ganz selbstverständlich eingeschlossen ist.
der liebende lebt in “zeit”, die neuerdings für ihn in milli- und mikro- sekunden getaktet ist, und ihn wie eine immer engere klammer um den hals langsam erstickt, was praktisch alle seine probleme und untauglichen denkweisen und damit erlebensweisen miterzeugt, der in neutraler sympathie mit allem lebende lebt hingegen in einer art zeitlosigkeit, gibt für ihn garkeine “zeit”, die “wegrennen” könnte, und ihm so “das geliebte” immer wieder erneut entzieht, er kann nichts verlieren, was nicht eh schon in einer immer-nur-weiter-werden-welt eingebettet “verloren” wäre.