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Meinung

Völkerrecht: Die Relativierung der eigenen Prinzipien

Die Rechtsvorstellungen, die zu dem geführt haben, was heute als das Völkerrecht bezeichnet wird, resultierten aus den Erfahrungen unzähliger und lang andauernder Kriege und hatten das Ziel, ebensolche durch die Etablierung eines Kodex weitgehend zu verhindern.

Dass die Vereinigten Staaten nur dann mit dem Völkerrecht argumentieren, wenn es ihnen in den Kram passt, ist eine alte Geschichte. Dass in deutschen Landen seit geraumer Zeit der gleiche Sermon zu hören ist, hat damit zu tun, dass man sich damit abgefunden zu haben scheint, im Windschatten der USA zu existieren, unabhängig davon, ob es in gewissen Situationen zum eigenen Verhängnis wird oder nicht. Dieser Umstand sollte jedoch nicht den USA vorgeworfen werden, sondern der eigenen, bis auf wenige Ausnahmen domestizierten Politikerklasse in die Anklageschrift geschrieben werden.

Aus welchen Motiven die USA jedoch momentan das Völkerrecht brechen oder durch andere Handlungen einen globalen Krieg riskieren, dokumentiert nicht nur den maroden Zustand der Demokraten, sondern auch die Sichtweise des UIS-Präsidenten auf sein Land.

Die Frage, ob die Entführung oder gar Liquidierung von Personen in einem fremden Land, ohne dessen Einwilligung ein Bruch des Völkerrechts bedeutet, ist recht einfach zu bejahen, da das Völkerrecht die jeweils territoriale Souveränität und die damit verbundenen Hoheitsrechte garantiert. Die letztjährige Liquidierung des iranischen Generals Qasem Soleimani im Irak (1) durch einen amerikanischen Raketenangriff war ebenso ein Bruch des Völkerrechts wie die Tötung des al-Qaida Chefs Aiman az-Zawahiri auf afghanischem Boden durch eine US-amerikanische Drohne (2).

Alles was Recht ist

In einem Kommentar war die berechtigte Frage zu lesen, ob angesichts der Schäden, die die getöteten Personen angerichtet hätten, nicht eine mehr oder weniger moralische Autorisierung für den Bruch des Völkerrechts gegeben sei? Mir fiel spontan die Entführung Adolf Eichmanns aus Argentinien (3) durch den israelischen Geheimdienst ein, die sicherlich auch ein Bruch des Völkerrechts war, obwohl diesem zumindest noch der Prozess gemacht wurde.

Anders herum gedacht stellt sich die Frage, ob mit dieser Überlegung nicht dann doch die russische Invasion in der Ukraine gerechtfertigt wäre, da die russische Seite von einem Genozid an den nativen Russen im Donbass und in Luhansk ausgegangen ist und wofür zahlreiche Belege existieren?

Oder man stelle sich vor, von irakischer Seite würde eine Drohne im fernen Texas eingesetzt, die den ehemaligen Präsidenten George W. Bush ins Jenseits beförderte, weil er verantwortlich war für einen Angriffskrieg auf den Irak, dessen Begründung auf einer Lüge basierte und die Hunderttausenden Irakern das Leben gekostet hat?

Völkerrecht oder Einfluss und Macht

Die Beispiele zeigen, wohin die durchaus berechtigte Spekulation führt. An ihrem Ende steht ein rechtloser Zustand, der nur eines garantiert: die Unfähigkeit, sich auch international auf Spielregeln zu einigen und das daraus folgende ständige Kräftemessen mittels militärischer Gewalt. Die Rechtsvorstellungen, die zu dem geführt haben, was heute als das Völkerrecht bezeichnet wird, resultierten aus den Erfahrungen unzähliger und lang andauernder Kriege und hatten das Ziel, ebensolche durch die Etablierung eines Kodex weitgehend zu verhindern.

Der Westen mit seiner Führungsmacht USA, der sich nicht nur auf die Vorstellungen des Römischen Rechts, sondern auf die Aufklärung beruft, hat sich auf sehr abschüssiges Terrain begeben, weil er mit der Relativierung seiner eigenen Prinzipien die Glaubwürdigkeit in anderen Kulturkreisen ruiniert hat.

Stattdessen hat er das Paradigma gewechselt und sich in die Tradition des eigenen Kolonialismus und Imperialismus begeben. Die Berichterstattung über das, was als die Politik des Westens bezeichnet werden muss, ist im Westen selbst immer eingetaucht in das Gefühl der eigenen moralischen Überlegenheit. Im Rest der Welt, täglich nachzulesen, wird es als das charakterisiert, was es aus der Erfahrung vieler Länder immer geblieben ist: Die Gier nach Ressourcen, Einfluss und Macht.

Quellen und Anmerkungen

(1) Qasem Soleimani (1957 bis 2020) war Divisionskommandeur der Quds-Einheit, einer Unterabteilung der iranischen Revolutionsgarde, die Spezialeinsätze außerhalb Irans durchführt. Am 3. Januar 2020 wurde er auf Befehl des US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump unter Einsatz einer Drohne vom US-amerikanischen Militär im Irak umgebracht. Die US-Administration hatte Soleimani indirekt für mehrere Anschläge, darunter den zuvor erfolgten Angriff pro-iranischer Milizen auf die Botschaft der Vereinigten Staaten in Bagdad, verantwortlich gemacht.

(2) Aiman az-Zawahiri (1951bis 2022), ein ägyptischer Islamist, führte die sunnitische Untergrundorganisation al-Dschihad an. Als Nachfolger von Osama bin Laden war az-Zawahiri seit 2011 Chef der terroristischen Organisation al-Qaida. Wegen seiner Mitverantwortung für den Anschlag auf das World Trade Center vom 11. September 2001 sowie weiterer Terrorakte, wurde er von der Administration der Vereinigten Staaten auf eine Liste international gesuchter Terroristen gesetzt. Auf Aiman az-Zawahiri wurde eine Kopfgeld von 25 Millionen US-Dollar ausgelobt. Am 31. Juli 2022, rund ein Jahr nach dem Abzug der US-Streitkräfte und ihrer Hilfstruppen aus Afghanistan, wurde az-Zawahiri in Kabul durch einen US-Raketenangriff umgebracht.

(3) Adolf Eichmann (1906 bis 1962), der in Nazi-Deutschland die Verfolgung, Vertreibung und Deportation der Juden organisierte und nach dem Zweiten Weltkrieg in Südamerika untertauchte, wurde angeblich über Jahre vom israelischen Geheimdienst Mossad gesucht, in Argentinien aufgespürt und in einer spektakulären Aktion entführt. In ihrer Dokumentation “Eichmann, der Mossad und Akten aus Moskau” zeigt die Journalisten Gaby Weber zahlreiche Widersprüche dieser Geschichtsversion auf. Demnach soll Eichmann von Mitgliedern der Regierung von Arturo Frondizi, von 1958 bis 1962 Präsident Argentiniens, verhaftet worden sein. Außerdem soll eine Vereinbarung zwischen Argentinien und Israel über die Abschiebung Eichmanns existieren. In Israel wurde Eichmann für seine Mitverantwortung an der Ermordung von etwa sechs Millionen Menschen angeklagt, abgeurteilt und am 1. Juni 1962 aufgehängt.


Ein ruhender Mensch auf einem weißen Bett. (Foto: Ahmet Ali Agir, Unsplash.com)

Alles beginnt mit dem ersten mutigen Schritt!

Journalismus hat eine Zukunft, wenn er radikal neu gedacht wird: Redaktion und Leserschaft verschmelzen zu einem Block – der vierten Gewalt. Alles andere ist Propaganda.


Foto: Alexander Schimmeck (Unsplash.com)

Politologe, Literaturwissenschaftler und Trainer | Webseite

Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

Von Gerhard Mersmann

Dr. Gerhard Mersmann ist studierter Politologe und Literaturwissenschaftler. Er arbeitete in leitender Funktion über Jahrzehnte in der Personal- und Organisationsentwicklung. In Indonesien beriet er die Regierung nach dem Sturz Soehartos bei ihrem Projekt der Dezentralisierung. In Deutschland versuchte er nach dem PISA-Schock die Schulen autonomer und administrativ selbständiger zu machen. Er leitete ein umfangreiches Change-Projekt in einer großstädtischen Kommunalverwaltung und lernte dabei das gesamte Spektrum politischer Widerstände bei Veränderungsprozessen kennen. Die jahrzehntelange Wahrnehmung von Direktionsrechten hielt ihn nicht davon ab, die geübte Perspektive von unten beizubehalten. Seine Erkenntnisse gibt er in Form von universitären Lehraufträgen weiter. Sein Blick auf aktuelle gesellschaftliche, kulturelle wie politische Ereignisse ist auf seinem Blog M7 sowie bei Neue Debatte regelmäßig nachzulesen.

Eine Antwort auf „Völkerrecht: Die Relativierung der eigenen Prinzipien“

Ein langer Weg hin zur Selbstbestimmung…

Das Völkerrecht basiert NOCH auf dem Menschen, denn die Selbstbestimmung wird dort an 56 Stellen als zentrales Strukturelement des Ganzen aufgeführt.

SELBST ist jedoch das eigene GEISTprinzip, der Götterfunke, wie Schiller es nannte.
Damit ist das Völkerrecht im Naturrecht und darüber hinaus auch im göttlichen (kosmischen) Recht verankert – in dem das Menschenselbst seine Quelle hat.

Das Völkerrecht ist somit – hierarchisch betrachtet – das ERSTE menschengemachte Recht, aber sich auf den Menschen und auf desselben Ursprung (SELBST-Bestimmung) beziehend und hierin auch nur die Würde als solches zu finden ist.

Wer allerdings übergriffig andere bestimmen möchte, benötigt ein “Regelwerk”, welches sich NICHT MEHR AUF MENSCHEN bezieht, sich also somit AUSSERHALB des Natur- und göttlichen Rechtes bewegen muß.

Deshalb werden sogenannte “juristische- und natürliche Personen” erfunden.
Auch wenn z.B. im Grundgesetz Art.25 die sogenannte “Völkerrechtsklausel” enthalten ist, bezieht sich das Grundgesetz selbst NICHT MEHR AUF MENSCHEN.

Die Trennung von res privata und res publica (Privat- und Öffentliches Recht) = römisches Recht !!! – diese Spaltung ja deswegen geschaffen, damit hier eine “Herrenkaste” (herrschende Klasse), die ja dieses Gesetz geschöpft hat, sich damit ÜBER diejenige Klasse stellt, die diesem erfundenen Recht sich unterzuordnen hat.

Einführungsgesetz BGB Art.10
(1) Der Name einer Person unterliegt dem Recht des Staates, dem die Person angehört.

Juristische Personen des öffentlichen Rechts bekommen ihre Rechtsfähigkeit direkt vom Staat verliehen. Hierzu zählen die Körperschaften, die öffentliche Stiftungen und die Anstalten des öffentlichen Rechts. Hinzu kommen die Beliehenen.
• Körperschaft des öffentlichen Rechts
Körperschaften des öffentlichen Rechts sind durch staatlichen Hoheitsakt ins Leben gerufene, mitgliedschaftlich verfasste, aber vom Wechsel der Mitglieder unabhängige Rechtsträger zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben. Hierzu gehören zum Beispiel auch der Bund, die Länder, sowie die Gemeinden.
• Beliehene
Zu den juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehören aber auch die sog. Beliehenen. Beliehene sind natürliche Personen oder juristische Personen des Privatrechts, die durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes einzelne hoheitliche Aufgaben im eigenen Namen wahrnehmen.

Nach Auffassung des BVerfG sind diese juristischen Personen des öffentlichen Rechts nicht grundrechtsfähig, da hinter ihnen keine natürlichen Personen stehen, sondern der Staat.
[Anmerk: eines ist hier schon mal klar: der „Staat“ ist KEINE natürliche Person !]
Der Staat ist nämlich Grundrechtsverpflichteter, nicht Grundrechtsberechtigter.
Ausnahmen ergeben sich allerdings im Bereich der Justiz- und Verfahrensgrundrechte (Art. 19 Absatz 4, Art. 101 Absatz 1 Satz 2, Art. 103 Absatz 1 GG) oder wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts keine öffentliche Aufgabe wahrnimmt.

BGB §13 Verbraucher können grundsätzlich nur natürliche Personen sein. Etwas anderes gilt nur für die sog. GbR (i.S.d. §§ 705 ff. BGB), sofern sie nur natürliche Personen als Gesellschafter haben.
[Anmerk: Umkehrschluß: Juristische Personen können nur Unternehmer sein!]

BGB § 14 Unternehmer sind grundsätzlich nur die dort genannten Personengruppen (sowohl natürliche als auch juristische Personen), soweit sie am Markt planmäßig und dauerhaft Leistungen gegen Entgelt anbieten. Diese Tätigkeit muss jedoch weder mit Gewinnerzielungsabsicht noch hauptberuflich erfolgen.

[Anmerk: Das Staatsangehörigkeitsgesetz ist nach dem §10, Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich vom 31.03.1933, eine Bundesangehörigkeit, denn die Staatsangehörigkeit in Art. 116 GG ist im Rechtsstand 31.12.1937. Bundeskörperschaften können nur juristische Personen verwalten, keine Menschen. Die Einwohner, die Personen, die Richter, Polizisten, Beamte, unechte Gemeinden, Städte, Länder und die Bundesrepublik sind ohne Menschen reine Fiktionen. Nur Menschen können Urheber von Fiktionen sein. Nur eine Gemeinschaft der Menschen kann eine Gesellschaft gründen.]

FAZIT: solange wir MENSCHEN uns FREIWILLIG diesen von Menschen geschaffenen Konstrukten unterwerfen, bekennen wir uns zum SKLAVENTUM.

Ihr Zitat: …Politikerklasse in die Anklageschrift geschrieben werden.

resultiert aus dem Sklavenbewußtsein: denn der Sklave erwartet immer, daß sein Herr irgendeine Verantwortung, eine Schuld oder auch eine Änderung bewirken soll.

WER MENSCH LEBT, lebt in eigener Verantwortung und wird sich weder ANDEREN unterwerfen, noch daß er sich über andere erhebt !!!

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